Benutzer:A. Wagner/Kupferstich-Kabinett (Dresden) Galeriewerk Woermann Mappe 6

Mappe 5 Handzeichnungen alter Meister im Königlichen Kupferstichkabinet zu Dresden (1896–98)
von Karl Woermann
Mappe 7


HANDZEICHNUNGEN
ALTER MEISTER


IM


KÖNIGLICHEN KUPFERSTICHKABINET
ZU DRESDEN[1]


HERAUSGEGEBEN UND BESPROCHEN
VON


DR. KARL WOERMANN


DIREKTOR DER KÖNIGLICHEN GEMÄLDE-GALERIE ZU DRESDEN


SECHSTE MAPPE


MÜNCHEN


FRANZ HANFSTAENGL


1897[2]
ITALIENER DES XVI. UND XVII. JAHRHUNDERTS


TAFEL I Bearbeiten

GIROLAMO GENGA Umbrische Schule Bearbeiten

Geboren zu Urbino 1476; gestorben daselbst den 11. Juli 1551. Schüler Luca Signorelli’s und Pietro Perugino’s.

188. BEIM BADEN ÜBERRASCHTE KRIEGER Bearbeiten

Federzeichnung. Höhe 324, Breite 363 mm. Erworben 1860 auf der Versteigerung des Nachlasses des Kunsthändlers Samuel Woodburn in London.
An dreissig teils noch nackte, teils schon halb angekleidete Krieger füllen den Raum am Ufer des Flusses, der rechts im Vordergrunde angedeutet ist. Dicht gedrängt, sind sie in den verschiedensten Stellungen einander beim Ankleiden behülflich oder mit sich selbst beschäftigt. Einige geraten auch in Streit miteinander. Im Hintergrunde starren Lanzen empor.

Dieses Blatt, welches sich nach Massgabe des Stempels T. L. (unten links) vormals im Besitze des Sir Thomas Lawrence in London befand, wurde bei seiner Erwerbung für die Dresdner Sammlung keinem Geringeren als Andrea Mantegna (1431–1506) zugeschrieben, in Dresden jedoch auf den Namen des Antonio del Pollajuolo (1429–1498) umgetauft. Offenbar aber gehört es dem fortgeschritteneren sechzehnten Jahrhundert an. Lermolieff-Morelli schrieb es in der zweiten Auflage seines bekannten Werkes über die deutschen Sammlungen (1891, S. 367) mit grösster Entschiedenheit dem Girolamo Genga zu. Wenn wir uns dieser Benennung angeschlossen haben, so gestehen wir doch, dass wir vorläufig Morelli die Verantwortung dafür überlassen müssen.

TAFEL II Bearbeiten

RAFFAELLO SANTI DA URBINO ODER GIULIO ROMANO Römische Schule Bearbeiten

Geboren zu Urbino den 7. April 1483; gestorben zu Rom den 6. April 1520, empfing Raphael den ersten Unterricht von seinem Vater Giovanni Santi in Urbino, war dann hauptsächlich Schüler Pietro Perugino’s in Perugia. Unter dem Einfluss von Meistern wie Lionardo da Vinci, Fra Bartolommeo und Michel-Angelo weiterentwickelt, gelangte er schliesslich zur höchsten künstlerischen Selbständigkeit und Freiheit. Bis 1508 arbeitete er hauptsächlich in Perugia und Florenz, nach dieser Zeit in Rom, wo er als der Führer der römischen Malerschule galt.

Sein Hauptschüler Giulio Pippi, genannt Giulio Romano, wurde 1492 in Rom geboren und starb am 1. November 1546 in Mantua, wohin er 1524 übergesiedelt war.

AMOR-STUDIEN FÜR DIE FRESKEN DER FARNESINA Bearbeiten

Rötelzeichnungen. Höhe 172, Breite 209 mm. Erworben 1860 auf der Versteigerung des von Quandt’schen Nachlasses zu Dresden.
189. AMOR NACH LINKS GEWANDT. VORDERSEITE Bearbeiten
Der junge Liebesgott hebt im Fluge den rechten Arm und das linke Bein. Den Bogen fasst er mit der Linken. – Es ist die Studie zu dem Amor auf dem Fresko, das im Lübke-Gutbier’s Raphaelwerk II Tafel 54 links nachgebildet ist. – Unten rechts der Entwurf eines zweiten kleineren Liebesgottes.
190. AMOR VOM RÜCKEN GESEHEN. RÜCKSEITE DESSELBEN BLATTES. Bearbeiten
Der Kopf des bildeinwärts schwebenden kleinen Liebesgottes ist nur leicht angedeutet; nur sein rechter Flügel ist sichtbar. Auf dem Fresko, das in Lübke-Gutbier’s Raphaelwerk II Tafel 55 links nachgebildet ist, fasst er mit beiden Händen den Dreizack des Neptun.

Die Zeichnung der Rückseite, die genau so wichtig ist, wie diejenige der Vorderseite, ist bisher überhaupt nicht beachtet worden, obgleich die Vorderseite, die von 1860–1889 in Dresden öffentlich ausgestellt war, von Braun (76) und Oppenheim (25) photographirt worden. – Dass die Zeichnungen beider Seiten die Originalentwürfe zu den genannten Gestalten in Raphael’s berühmten Fresken der Villa Farnesina zu Rom sind, die der Meister durch seine Schüler zwischen 1516 und 1519 ausführen liess, erscheint uns zweifellos. Dagegen ist eine Meinungsverschiedenheit darüber möglich, ob Raphael, von dem sicher die Gesammtkomposition dieser Fresken herrührt, nicht schon die Vorbereitung der einzelnen Gestalten seinen Schülern überlassen habe. Unser Blatt ist so fein empfunden wie manche andere Rötelzeichnungen, die bisher auf Raphael selbst zurückgeführt wurden, von der neueren italienischen Forschung (besonders von Morelli) aber Giulio Romano zugeschrieben werden. Gehört doch selbst das Blatt mit den beiden aufrecht stehenden nackten Männern in der „Albertina“ zu Wien hierher, das Blatt, das Raphael unserem Dürer geschickt haben soll! Unser schönes Blatt wurde von Lermolieff (Morelli) in der ersten Auflage seines oft genannten Werkes auffallender Weise mit Stillschweigen übergangen. In der zweiten Auflage (1891, S. 366) aber sagt er, sie sei „doch wohl eher“ von Giulio Romano als von Raphael. Die Möglichkeit, dass sie von Raphael selbst herrühre, hat also auch der berühmte italienische Kenner nicht ausschliessen wollen. Hermann Dollmayr („Raphael’s Werkstätte“ im Jahrbuch der Sammlungen des A. H. Kaiserhauses XVI, 1895, S. 310–315) verteilt sämtliche Fresken der Villa Farnesina zwischen Giulio Romano und Giov. Fr. Penni. Die Fresken, zu denen unsere Zeichnungen herrühren, schreibt auch er dem Giulio Romano zu. Unser Blatt wird ihm nicht erinnerlich gewesen sein, wie die Rückseite ihm nicht bekannt gewesen sein kann. Er nennt es nicht, müsste es jedoch, da es den Kopien nach den Farnesinabildern nicht zugerechnet werden kann, nach seinen übrigen Ausführungen Giulio Romano zuschreiben.

TAFEL III Bearbeiten

PERINO DEL VAGA Römische Schule Bearbeiten

Geboren zu Florenz den 28. Juni 1500; gestorben zu Rom den 19. Oktober 1547. Schüler des Ridolfo Ghirlandajo in Florenz, Gehülfe und Nachahmer des Raphael Santi von Urbino in Rom. Thätig hauptsächlich in Genua und in Rom.

191. VERZIERTER SCHÜSSELRAND Bearbeiten

Federzeichnung. Rund. Durchmesser 417 mm. Erworben vor 1764.
In der Mitte das leere Schüsselrund. Der breite Rand ist mit einer reichen Darstellung sagenhafter Meerwesen geschmückt. Oben fährt Neptun, in der Rechten den Dreizack schwingend, mit der Linken seine vier Rosse zügelnd, in einem bootförmigen Wagen über’s Meer. Links feuert ein Triton die Rosse an; rechts hält ein anderer einen wilden Schwan zurück, der sich auf die Rosse stürzen will. Tritonen und Nereiden in lebhaftester Bewegung, fabelhafte Untiere bändigend, auf ihnen reitend, mit ihnen kämpfend, von ihnen verfolgt, füllen den Rest des Randes.

Dieses Blatt wurde 1839 von J. D. Passavant (Rafael von Urbino I S. 189, II S. 436 und S. 530 N. 261) dem grossen Raphael zugeschrieben und vermutungsweise für eine der Zeichnungen erklärt, die dieser 1510 für Agostino Chigi als Entwürfe für zwei Bronzeschüsseln gefertigt, deren Ausführung dem Cesarino di Francesco Rosetti aus Perugia übertragen wurde. Lermolieff (Morelli) äusserte in der ersten Auflage seines Buches (1880, S. 260–261) noch keinen Zweifel an der Urheberschaft Raphael’s. Er nennt das Blatt „ein ganz homerisches Bild“ und „eine herrliche Zeichnung“. Indessen liess sich bei näherer Betrachtung und fortgesetztem Studium der Zeichnungen Raphael’s die „Echtheit“ unseres Blattes nicht aufrecht erhalten; und Morelli selbst gebührt das Verdienst, schliesslich die Hand Perino del Vaga’s in ihm erkannt zu haben. In der zweiten Auflage seines Buches (1891, S. 365) sagt er darüber: „Vor zehn Jahren erschien auch mir dieses Blatt als von der Hand des Urbinaten; nach meinen in der Zwischenzeit fortgesetzten Studien bin ich jedoch zur Einsicht gelangt, dass die Formen auf diesem interessanten Blatt denen Raffael’s durchaus nicht, wohl aber denen auf den Zeichnungen seines geistreichen Nachahmers, Perino del Vaga entsprechen. Denselben Rosstypus gewahren wir überdies ebenfalls auf der schön getuschten Zeichnung Perino’s in der Salle aux boites im Louvre „Moses, der durch das rote Meer zieht“, auch dort fälschlich Raffael zugetheilt (Braun 275), und noch deutlicher auf der andern ganz vorzüglichen Tuschzeichnung des Perino, ebenfalls einen Triumphzug Neptuns darstellend, in der Albertina zu Wien (Braun 21). Die Bewegung Neptuns und der Rossetypus sind auf beiden Zeichnungen dieselben. Ein anderes Blatt Perino del Vaga’s mit einer ähnlichen Komposition befindet sich in der Sammlung der Universität zu Oxford und führt im Robinson’schen Katalog die No. 83 und den Namen des Giulio Romano, während Passavant dieselbe wieder dem Raffael zuerkennt“. Wir schliessen uns diesen Ausführungen an.

TAFEL IV Bearbeiten

ANTONIO ALLEGRI DA CORREGGIO Schule von Parma Bearbeiten

Geboren zu Correggio um 1494; gestorben daselbst den 5. März 1534. Anfangs Schüler des Antonio Bartolotti in seiner kleinen Vaterstadt, scheint er später unter Francesco Bianchi in Modena weiter gebildet worden zu sein. War er also aus der ferraresisch-bolognesischen Schule hervorgegangen, so entwickelte er sich doch bald selbständig zu dem Haupte einer neuen Schule, der Schule von Parma, dem Hauptsitz seiner Thätigkeit.

192. ENTWURF ZUR MADONNA MIT DEM HEIL. GEORG Bearbeiten

Braun getuschte, weiss gehöhte Pinselzeichnung. Höhe 238, Breite 186 mm. Erworben 1860 aus dem Nachlasse des Kunsthändlers Samuel Woodburn in London.
In der Mitte unter der Bogenöffnung thront Maria mit dem Kinde. Die beiden ihr zunächst stehenden Heiligen sind noch nicht näher gekennzeichnet, in den beiden vorderen Heiligen aber erkennt man bereits wie auf dem Dresdener Gemälde, dessen erster Entwurf diese Zeichnung ist, den (hier noch bärtigen) Täufer Johannes und den heil. Georg. Die beiden Engelknaben, die auf dem Bilde vorn die Mitte einnehmen, fehlen hier noch. Die Architektur, die auf der Zeichnung die Darstellung umrahmt, weicht wesentlich von derjenigen des Bildes ab.

Gerade die Abweichungen des Blattes von dem Gemälde lassen es, gegenüber der offenbaren Ähnlichkeit mit demselben, einerseits als Vorstufe zu ihm, eben deshalb aber anderseits auch sicher als eigenhändige Zeichnung des Meisters erscheinen. So auch Morelli-Lermolieff, erste Auflage, 1880, S. 260, zweite Auflage, 1891, S. 369. – Der Stempel T. L. unten links weist darauf hin, dass das Blatt vormals in der Sammlung des 1830 gestorbenen englischen Malers Sir Thomas Lawrence sich befand.

TAFEL V Bearbeiten

CESARE DA SESTO Mailändische Schule Bearbeiten

Geboren um 1480 in Sesto Calende am Lago Maggiore. Wann und wo er gestorben ist nicht bekannt. Er war Schüler Lionardo da Vinci’s, geriet aber später unter den Einfluss der römischen Schule. Er arbeitete teils in Mailand, teils in Rom.

193. HEILIGE FAMILIE Bearbeiten

Rötelzeichnung. Höhe 184, Breite 132 mm. Erworben vor 1764.
Elisabeth und Maria sitzen mit ihrem Knaben unter Bäumen, Elisabeth links, Maria rechts. Johannes spielt mit seinem Lamme. Dem Jesusknaben reicht ein Engel knieend eine Lilie.

Morelli-Lermolieff (Erste Auflage 1880, S. 264): „Diese gute Rötelzeichnung wird mit Recht dem Cesare da Sesto zugeschrieben, dessen Handzeichnungen nicht sehr häufig vorkommen“. Derselbe (Zweite Auflage 1891, S. 370): „Auch vom Mailänder Cesare da Sesto besitzt Dresden eine gute Rötelzeichnung.“ Zu beachten ist auf dem Originalblatt neben dem Kopf der Elisabeth ein verriebenes Pentimento zum Kopfe der Jungfrau.

MAILÄNDISCHE SCHULE Um 1520 Bearbeiten

194. MAGDALENA, DEM HEILAND DIE FÜSSE SALBEND Bearbeiten

Rötelzeichnung. Höhe 186, Breite 200 mm. Erworben 1860 aus dem Nachlass des Kunsthändlers Samuel Woodburn in London.
Der Heiland sitzt, nach links gewandt, in der Mitte auf einer Stufenbank. Magdalena kniet vor ihm und hebt den Saum seines Gewandes empor, um ihm die Füsse zu salben. Der Heiland blickt dem rechts stehenden, spottenden Pharisäer ernst ins Gesicht. Ganz links sitzt ein Jüngling am Tische.

Bei seiner Erwerbung wurde dieses Blatt entweder dem Boltraffio oder dem Albertinelli (!) zugeschrieben. – In Gruner’s Katalog von 1862 der bis 1889 öffentlich ausgestellt gewesenen Zeichnungen gilt es als Arbeit Boltraffio’s, des Schülers Lionardo’s. – Wir können es nur im Allgemeinen der Mailändischen Schule zuschreiben.

TAFEL VI Bearbeiten

AURELIO LUINI Mailändische Schule Bearbeiten

Geboren um 1530 in der Lombardei; gestorben 1593 ebendaselbst. Sohn und Schüler des bekannten Nachfolgers Lionardo’s, Bernardino Luini’s. Doch gehörte er bereits zu den durch die römische Schule (Michelangelo) beeinflussten Manieristen.

195. STUDIENBLATT Bearbeiten

Grün grundierte und weiss gehöhte Federzeichnung. Höhe 261, Breite 179 mm. Erworben 1850 auf der Gräflich von Wacker barth’schen Kunstversteigerung zu Dresden.
In dem unteren Teile des Blattes sind drei verschiedene Gestaltungen des „Christus an der Säule“, im oberen Teile des Blattes sind ein Bein und zwei Köpfe dargestellt.

Die zum grössten Teil abgeschnittene, aber gleichwohl noch erkennbare Bezeichnung „Aurelio Luini“ unten in der Mitte rührt schwerlich vom Künstler selbst her, ist aber glaubwürdig. Auch Morelli bestätigt die Echtheit des Blattes: Lermolieff, zweite Auflage, 1891, S. 370.

TAFEL VII Bearbeiten

BALDASSARE PERUZZI Römische Schule Bearbeiten

Geboren zu Accajano bei Siena den 7. März 1481; gestorben zu Rom den 6. Juni 1536. Berühmt als Baumeister und als Zeichner, weniger bedeutend als Maler. Er war der Erbauer der Villa Farnesina in Rom.

196. STUDIENBLATT MIT RUHENDEM HERCULES Bearbeiten

Federzeichnung. Höhe 267, Breite 141 mm. Erworben vor 1764.
(Etwas verkleinert.)
Auf seine Keule gestützt, steht Hercules in statuarischer Haltung, im Profil nach rechts gewandt, da. Die Keule ruht unter seiner rechten Achsel; der linke Fuss ist abgeschnitten. – Links unten daneben der Entwurf eines mit einer Satyrmaske, einer Fruchtschnur, einem Hahn und einer Gans in erhabener Arbeit geschmückten Steinsockels; links oben der Entwurf eines Kranzgesimses. – Die Bezeichnung links unten rührt nicht vom Künstler selbst her, ist aber glaubwürdig. – Die Rückseite dieses Blattes enthält eine Reihe von Profil-Entwürfen für Gesimse, Gebälke u. s. w.

Dieses hübsche Blatt ist stets als echtes Werk der mittleren Zeit Peruzzi’s anerkannt worden; so auch von Morelli: Lermolieff, erste Auflage (1880) S. 258; zweite Auflage (1891) S. 367–368.

SUOR PLAUTILLA NELLI Florentinische Schule Bearbeiten

Geboren zu Florenz 1523; gestorben daselbst 1587. Als Dilettantin beginnend, schloss sie sich, da sie Nonne und später Priorin des Dominikanerinnenklosters der heiligen Katharina von Siena in Florenz war, hauptsächlich an Fra Bartolommeo, den grossen Dominikanermaler an, dessen Schülerin sie jedoch, da er schon 1517 starb, nicht mehr gewesen sein kann.

197. DIE VERSUCHUNG DES HEIL. ANTONIUS Bearbeiten

Gelb gegrundete, weiss gehöhte Federzeichnung. Höhe 234, Breite 169 mm. Erworben 1860 aus dem Nachlasse des Kunsthändlers Samuel Woodburn in London.
Links sitzt der Heilige auf einer Felsenbank und wehrt mit erhobenen Händen der Versucherin, die ihm von rechts im wallenden Gewände mit einem Weinkelch in der Rechten naht. Die Schrift unten links ist nicht gleichzeitig. – Auf der Rückseite, vielleicht von derselben Hand, ein Renaissanceornament. – Das Blatt befand sich früher, wie die Stempel unten links und unten rechts beweisen, in der Sammlung des Sir Thomas Lawrence, die nach dessen 1830 erfolgtem Tode 1835 verkauft wurde, und in der Sammlung des Richard Cosway, die nach dessen 1821 erfolgtem Tode 1822 verkauft wurde.

Nach der Inschrift, die in Betracht zu ziehen ist, obgleich sie nicht aus dem sechzehnten Jahrhundert stammt, wäre Plautilla Nelli die Urheberin dieses feinen Originalblattes. Gleichwohl wurde es in der Sammlung des Sir Thomas Lawrence dem Giovanni Bellini zugeschrieben und von L. Gruner in Dresden anfangs als „Umbrische Schule“ bezeichnet, später der Plautilla zurückgegeben. Morelli-Lermolieff schloss sich in der ersten Auflage seines Buches (1880, S. 263) dieser Ansicht an; mündlich meinte er 1889, die Zeichnung sei zu gut für Plautilla und könne „fast“ von Fra Bartolommeo selber herrühren. In der zweiten Auflage (1891) kam er nicht auf das Blatt zurück. Es fehlt uns an Vergleichsmaterial, um mit Sicherheit auf der Urheberschaft der Schwester Plautilla bestehen zu können; doch glauben wir, uns an die Inschrift halten zu dürfen.

TAFEL VIII Bearbeiten

ART DES FRA BARTOLOMMEO Florentinische Schule Bearbeiten

Bartolommeo di Paolo di Jacopo del Fattorino, genannt Baccio della Porta, später als Dominikanermönch (seit 1500) Fra Bartolommeo genannt, war 1475 zu Florenz geboren und starb daselbst den 6. Oktober 1517. Schüler des Cosimo Roselli. Selbständig zu einem der bahnbrechenden Meister des sechzehnten Jahrhunderts weiterentwickelt. #

198. STUDIENBLATT. MÄNNLICHER AKT Bearbeiten

Rötelzeichnung. Höhe 390, Breite 191 mm. Erworben vor 1764.
Der unbekleidete Mann steht, gerade vom Rücken gesehen, aufrecht da. Die Linke hält er geöffnet vor sich. In der Rechten hält er ein Messer wie der heil. Bartolomäus.

Das Blatt galt von jeher für eine Originalzeichnung Fra Bartolommeo’s. Morelli schrieb noch 1880 (Lermolieff, Die Werke u. s. w. S. 264) in Bezug auf unsere Zeichnung: „Trefflich ist auch die Rötelzeichnung des Fra Bartolommeo“. In der zweiten Auflage seines Buches (1891) aber übergeht er sie mit Stillschweigen; und schon 1889 hatte er mündlich erklärt, er könne sie entschieden nur mehr für die Arbeit eines Schülers ansehen. Dies zu thun, scheint auch uns geratener zu sein.

TAFEL IX Bearbeiten

BACCIO BANDINELLI Florentinische Schule Bearbeiten

Geboren zu Florenz den 7. Oktober 1488; begraben daselbst den 7. Februar 1559 (1560 nach unserer Rechnung). Bekannter Bildhauer. Sohn und Schüler seines Vaters, der Goldschmied war, später aber des Giovanni Francesco Rustici, des Schülers Lionardo’s.

199. MÄNNLICHE AKTE Bearbeiten

Braun getuschte Federzeichnung. Höhe 373, Breite 257 mm. Erworben vor 1764.
Vorn stehen zwei nur mit kleinen Schultermänteln bekleidete Jünglinge, derjenige zur Linken im Profil nach rechts gewandt, derjenige zur Rechten von vorn gesehen. Neben ihren Köpfen erscheinen noch drei andere Studienköpfe von Jünglingen. Bezeichnet unten links Cavre Baccio Bandinelli fc.

Die Inschrift ist schwerlich gleichzeitig, aber alt und verdient ihrem Inhalt nach kein Mistrauen.

TAFEL X Bearbeiten

JACOPO DA PUNTORMO Florentinische Schule Bearbeiten

Geboren im Mai 1494 zu Puntormo bei Empoli; begraben zu Florenz den 2. Januar 1556 (1557 nach unserer Rechnung). Sein Familienname war Carucci. Schüler Lionardo da Vinci’s, Mariotto Albertinelli’s, Cosimo Roselli’s und schliesslich Andrea del Sarto’s, dessen Genosse und Gehilfe er seit 1512 war.

200. STUDIENBLATT. KNIEENDE GEWANDFIGUR Bearbeiten

Rötelzeichnung. Höhe 340, Breite 228 mm. Erworben vor 1738.
Der bartlose, kurzhaarige Mann im langen Gewande kniet nach links gewandt und stützt sich mit der Linken auf ein mächtiges Buch, das er vor sich hält. – Auf der Rückseite eine stehende nackte Jünglingsfigur, der jedoch die Füsse, der obere Teil des Kopfes und die erhobene rechte Hand durch Beschneiden des Blattes abhanden gekommen sind.

Die Inschriften „J. Pontormo“ auf beiden Seiten des Blattes sind neueren Ursprungs, scheinen aber zutreffend zu sein.

TAFEL XI Bearbeiten

GAUDENZIO FERRARI Mailändische Schule Bearbeiten

Geboren um 1481 zu Valdeggio; gestorben zu Mailand den 31. Januar 1546. Aus der Schule von Vercelli hervorgegangen, entwickelte er sich unter dem Einflusse Lionardo da Vinci’s und Raphael Santi’s zu einem der angesehensten Cinquecentisten Oberitaliens.

201. NACKTE KNABEN IN EINEM PFLANZENORNAMENT Bearbeiten

Federzeichnung. Höhe 187, Breite 262 mm. Erworben vor 1764.
In der Mitte des Ornaments befindet sich eine Satyrmaske, unter welcher Trauben hervorquellen. Aus Orangenzweigen bildet sich zu jeder Seite ein Kreis, in dem ein lebhaft bewegtes nacktes Knäbchen spielt.

Dieses hübsche Blatt war in Dresden seit 1862 offenbar irrtümlich unter Correggio’s Namen öffentlich ausgestellt. Morelli-Lermolieff erklärt es 1889 mündlich und 1891 in der zweiten Auflage seines Werkes (S. 369) für eine der geistvollen Federzeichnungen Gaudenzio Ferrari’s. Im Hinblick auf dieses Meisters Zeichnungen in den Uffizien (z. B. Braun 702 und 703) schliessen wir uns dieser Ansicht bis auf Weiteres an, obgleich Charles Loeser bereits ausgesprochen, dass sie nicht von Gaudenzio selbst, sondern von dessen Schüler Bernardino Lanino herrühre.

STEFANO DELLA BELLA Florentinische Schule Bearbeiten

Geboren zu Florenz den 17. Mai 1610; begraben daselbst den 23. Juli 1664. Als Goldschmiedelehrling anfangs durch Kopieren nach Callot zum Zeichner entwickelt. Dann Schüler G. B. Vanni’s. Berühmt vor allen Dingen als Radierer. Man kennt über 1000 Platten seiner Hand.

202. SEEKÜSTE MIT SCHIFFEN Bearbeiten

Federzeichnung. Höhe 90, Breite 242 mm. Erworben 1860 aus dem Nachlasse des Kunsthändlers Samuel Woodburn in London. Vorher, wie der Stempel T. L. unten links beweist, in der Sammlung des Sir Thomas Lawrence daselbst.
Im Vordergrunde und Mittelgrunde liegen fünf Seeschiffe auf glattem Meere. Ruderböte stossen von ihnen ab oder nahen sich ihnen. Rechts vorn ist ein Stückchen des Strandes sichtbar, von dem ein Boot ins Meer gelassen wird.

Gutes Blatt der früheren Zeit des Meisters, noch unter dem Einflusse Callot’s.

TAFEL XII Bearbeiten

ANTONIO TEMPESTA Florentinische Schule Bearbeiten

Geboren zu Florenz 1555; gestorben daselbst 1630. Schüler des Santi di Tito daselbst. Schlachten- und Landschaftsmaler. Hauptsächlich jedoch als Zeichner und Radierer bekannt.

203. LANDSCHAFT MIT JUDA UND THAMAR Bearbeiten

Braun getuschte Federzeichnung. Höhe 76, Breite 142 mm. Erworben 1728 mit der Wagner’schen Sammlung aus Leipzig.
Links nähert Juda sich der unter einem Baume sitzenden Thamar. Rechts eine Flusslandschaft mit Palastruinen.

ANDREA BOSCOLI Florentinische Schule Bearbeiten

Geboren zu Florenz 1553; gestorben daselbst um 1606. Schüler des Santi di Tito daselbst. Besonders als Zeichner bekannt.

204. SALMAKIS UND DER HERMAPHRODIT Bearbeiten

Braun getuschte Federzeichnung. Höhe 250, Breite 183 mm. Erworben 1860 auf der Versteigerung des von Quandt’schen Nachlasses zu Dresden.
In prächtiger Waldlandschaft sitzt der Hermaphrodit rechts am Flusse und badet sich die Füsse. Die Nymphe Salmakis steht links im Vordergrunde und betrachtet ihn freudig überrascht. Rechts im Hintergrunde verfolgt die Nymphe den Zwittermenschen. Unter der Nymphe steht „Salmace“, unter dem Hermaphroditen „Ermafrodito“. Bezeichnet unten rechts: Andrea Boscholo Fiorentino.

Wenn die Inschrift auch nicht gleichzeitig mit der Zeichnung entstanden ist, so kann sie doch von dem Künstler selbst darauf gesetzt sein. Jedenfalls ist sie glaubwürdig.

TAFEL XIII Bearbeiten

DOMENICO CAMPAGNOLA Venezianische Schule Bearbeiten

Geboren in Venedig, erzogen von Giulio Campagnola, nachgewiesen von 1511 bis 1543. Gehilfe Tizian’s bei der Ausführung seiner Gemälde im Carmine und im Santo zu Padua. Als Landschaftsmaler und Federzeichner (auch für den Holzschnitt), sowie als Radierer bekannt.

205. DIE STADT AM WASSER Bearbeiten

Federzeichnung. Höhe 241, Breite 375 mm. Erworben 1860 aus dem Nachlasse des Kunsthändlers Samuel Woodburn in London. Vorher, wie der Stempel T. L. unten links bezeugt, in der Sammlung des Malers Sir Thomas Lawrence.
Auf einer See- oder Flussinsel liegt eine getürmte Stadt, an deren Staden zahlreiche Schiffe löschen oder laden, während andere unter Segel gehen. Die Wasserstrasse, die die Insel vom Festland trennt, ist auf diesem rings von bergigem, felsigem und baumreichen Ufer begrenzt. Vorn in der Mitte zwei Söldner neben alten Gebäudetrümmern.

Dieses interessante Blatt galt in den Sammlungen Lawrence und Woodburn, sowie in den bisherigen Dresdner Verzeichnissen, als Originalzeichnung Tizian’s. Als solche war sie auch 1860–1889 in Dresden öffentlich ausgestellt und auch von Crowe und Cavalcaselle (Leben Tizian’s, Deutsch von Max Jordan, S. 548) anerkannt. Erst Giovanni Morelli (Lermolieff, Die Werke u. s. w., erste Auflage 1880, S. 254, zweite Auflage 1891, S. 371–372) wies unseres Erachtens überzeugend nach, dass auch dieses Blatt zu den vielen irrtümlich auf Tizian bezogenen Zeichnungen gehört, die dem Domenico Campagnola zurückzugeben sind. Als dessen Eigentum ist es inzwischen allgemein anerkannt worden.

TAFEL XIV Bearbeiten

GIROLAMO MUZIANO Venezianische Schule Bearbeiten

Geboren zu Brescia 1530; gestorben zu Rom den 27. April 1592. Anfänglich Schüler des Girolamo Romanino in Brescia, geriet er in Rom früh unter den Einfluss der dortigen Schule.

206. DER HEIL. ONUPHRIUS IN DER WÜSTE Bearbeiten

Braun getuschte, weiss gehöhte Pinselzeichnung auf blaugrauem Papier. Höhe 198, Breite 146 mm. Erworben 1860 auf der Versteigerung der von Quandt’schen Kunstsachen zu Dresden.
Links der Felsenaltar, dem zugewandt der nackte Heilige betend kniet. Hinter ihm steigt ein baumbewachsener Felsen auf. Die Inschrift unten rechts ist von zweifelhafter Echtheit und Lesart.

Die Echtheit des Blattes erkannte Giovanni Morelli in der ersten Auflage seines Werkes (Lermolieff, 1880, S. 255) ausdrücklich an. Der dargestellte Heilige wurde bisher als der heil. Hieronymus bezeichnet. Doch wird er, da ihm die Attribute des letzteren fehlen, eher als Onuphrius zu erklären sein.

DOMENICO CAMPAGNOLA Venezianische Schule Bearbeiten

Geboren in Venedig. Nachgewiesen von 1511–1543. Thätig in Padua. Näheres zur vorigen Tafel

207. DER DENKSTEIN Bearbeiten

Federzeichnung. Höhe 125, Breite 182 mm. Erworben 1860 aus dem Woodburn’schen Nachlasse in London. Vorher, wie der Stempel T. L. unten links besagt, in der Sammlung des Sir Thomas Lawrence daselbst.
Links ragt der mit einer Inschrift versehene Denkstein empor. Vor ihm steht ein Alter neben einem Reiter mit wallendem Helmbusch. Beide deuten mit der Rechten auf die Inschrift. Unter dem Reiter blickt ein Frauenkopf hindurch. Rechts eine Stadt am Meere, über der die Sonne untergeht.

Auch dieses Blatt galt bisher als Zeichnung Tizian’s. Man vergleiche daher jedoch alles zur vorigen Tafel Bemerkte. Es gilt auch von dieser Zeichnung.

TAFEL XV Bearbeiten

TINTORETTO Venezianische Schule Bearbeiten

Jacopo Robusti, genannt il Tintoretto. Geboren zu Venedig 1519; gestorben daselbst den 31. Mai 1594. Schüler Tizian’s. Weiterentwickelt unter Michelangelo’s Einfluss. Hauptsächlich in Venedig thätig, suchte er die Eigenart der römischen Schule mit derjenigen der venezianischen zu verschmelzen, blieb aber im Grunde seines künstlerischen Wesens doch Venezianer.

208. DAS ABENDMAHL Bearbeiten

Braun getuschte, weiss gehöhte Feder- und Pinselzeichnung auf graublauem Papier. Höhe 335, Breite 278 mm. Erworben 1860 aus dem Nachlass des Kunsthändlers Samuel Woodburn in London. Vorher, wie die Stempel zeigen, in den Sammlungen des Sir Thomas Lawrence und des Sir Joshua Reynolds daselbst.
Der Heiland sitzt links am oberen Ende der Tafel, die sich schräg durch den mit einem Kamin geschmückten Saal zieht. Rechts am unteren Ende der Tafel kniet einer der lebhaft bewegten Apostel mit ausgebreiteten Armen. Eine weibliche Nebenfigur rechts vorn am Boden. Auf den Gewändern der Apostel sind mit Rotstift die Farbenangaben geschrieben. Eine ähnliche Inschrift auf der Rückseite des Blattes.

Die Echtheit dieses schönen Blattes ist bisher allgemein zugegeben worden, auch von Morelli (Lermolieff, Werke, erste Auflage 1880, S. 255). Es wird für den Originalentwurf zu einem der Gemälde Tintoretto’s in der Scuola di San Rocco zu Venedig gehalten.

TAFEL XVI Bearbeiten

PIETRO DELLA VECCHIA Venezianische Schule Bearbeiten

Geboren zu Venedig 1605; gestorben daselbst 1678. Schüler Varotari’s.

209. MARIA MIT DEM JESUSKNABEN Bearbeiten

Federzeichnung. Höhe 308, Breite 179 mm. Erworben 1728 aus dem Nachlasse des Baumeisters Wagner in Leipzig.
Hochthronend sitzt Maria da. Den nackten, stehenden, lebhaft bewegten Knaben hält sie mit beiden Händen auf ihrem Schoosse fest. Unten zu ihren Füssen ein Flügelkopf. Die Bezeichnung P. della Vecchia unten rechts ist mit anderer Tinte, vielleicht jedoch vom Künstler selbst daraufgesetzt.

TAFEL XVII Bearbeiten

PAOLO FARINATI Veronesische Schule Bearbeiten

Geboren zu Verona 1522; gestorben daselbst 1606. Schüler Nicolo Giolfino’s. Später unter dem Einflusse des jüngeren Paolo Caliari, des eigentlichen Paolo Veronese, mit dem er sich im Ganzen parallel entwickelte.

210. DAS MENSCHENOPFER Bearbeiten

Braun getuschte Federzeichnung. Höhe 168, Breite 221 mm. Erworben 1860 aus dem Nachlasse des Kunsthändlers Samuel Woodburn in London. Vorher, wie der Stempel T. L. unten links besagt, in der Sammlung des Sir Thomas Lawrence daselbst.
Der gefesselte Gefangene hält knieend den Kopf über das Becken, in das der gegenüberstehende Henker das Schwert taucht. Acht männliche und weibliche Zuschauer. Vorn links ein Mann mit einem Kinde, ein Hund neben einem Dreifuss. Rechts im Mittelgrunde harren andere gefesselte Gefangene.

Obgleich dieses Blatt früher allgemein dem grossen Paolo Caliari Veronese zugeschrieben wurde, auch noch von Giovanni Morelli in der ersten Auflage seines bekannten Buches (Lermolieff, Werke, 1880 S. 225), so glauben wir doch eher die Hand Paolo Farinati’s in ihm zu erkennen.

PIETRO DA CORTONA Römische Schule Bearbeiten

Pietro Berrettini da Cortona. Geboren zu Cortona den 1. November 1596; gestorben zu Rom den 16. Mai 1669. In Florenz unter Andrea Cornodi und Poccetti gebildet, gewann er als geschickter Wand- und Deckenmaler doch vor allen Dingen in der römischen Schule Einfluss.

211. CHRISTUS MIT DER SAMARITERIN AM BRUNNEN Bearbeiten

Braun getuschte, weiss gehöhte Federzeichnung auf braunem Papier. Höhe 195, Breite 264 mm. Erworben in England vor 1862.
In der Mitte der Ideallandschaft steht der Brunnen unter hohen Bäumen. Der Heiland sitzt in lebhafter Geberdensprache links am Rande des Brunnens. Nach rechts schreitet die Samariterin davon. Die Apostel sind links und rechts im Mittelgrunde skizziert. – Das Blatt trägt unten links den Stempel R. H., der auf die um 1765 in London verkaufte Sammlung des Richard Houlditch hinweist, dessen Namen auch die Rückseite des Blattes nennt. Unten rechts trägt es den Stempel J. C. R., der auf die Sammlung John Charles Robinson deutet, die allerdings erst 1868 verkauft wurde. Das Blatt war in Dresden aber vor 1862 bis 1889 öffentlich ausgestellt. Da es ausserdem auf der Rückseite den Stempel der Sammlung Thomas Dinsdale trägt, die der Kunsthändler Woodburn 1824 nach dessen Tode kaufte, so gehört es wahrscheinlich doch zu den 1860 aus Woodburn’s Nachlasse erworbenen Zeichnungen, obgleich es in dem Dresdner Verzeichnis der damals dort erworbenen Blätter nicht aufgeführt ist.

TAFEL XVIII Bearbeiten

LORENZO LIPPI Florentinische Schule Bearbeiten

Geboren zu Florenz um 1606; gestorben daselbst 1664. Schüler des Santi di Tito. Bekannt als Dichter und als Maler, sowie als Freund Salvator Rosa’s. Seine Hauptwerke schuf er in Florenz.

212. SINNENDER JÜNGLING Bearbeiten

Rötelzeichnung. Höhe 387, Breite 263 mm. Erworben 1860 in Dresden aus dem von Quandt’schen Nachlasse. Vorher, nach Massgabe des Stempels T. L. u. I. in der Sammlung des Sir Thomas Lawrence zu London.
Im Profil nach links gewandt sitzt der bartlose junge Mann ohne Kopfbedeckung da. Er trägt einen Mantel über vorn geknöpftem langen Rock und Schleifen an den Schuhen. Hinter ihm werden die Umrisse einer zweiten, anscheinend weiblichen Gestalt sichtbar. Die Bezeichnung „Di Lorenzo Lippi“ ist von späterer Hand hinzugefügt. Das Blatt aber ist echt.

TAFEL XIX Bearbeiten

GUIDO RENI Bolognesische Schule Bearbeiten

Geboren den 4. November 1575 zu Bologna; gestorben daselbst den 18. August 1642. Er ging durch die Schulen Dionigio Calvaerts, des tüchtigen Manieristen, und Ludovico Carracci’s, des Erneuerers der italienischen Kunst, um schliesslich selbst das gefeierte Haupt der bolognesischen Schule des siebzehnten Jahrhunderts zu werden.

213. STUDIE ZUR KREUZIGUNG PETRI Bearbeiten

Weiss gehöhte Kreidezeichnung auf bläulichem Papier. Höhe 407, Breite 255 mm. Erworben 1860 aus dem Nachlasse Woodburn’s in London. Vorher nach Massgabe der links und rechts unten angebrachten Stempel in den Sammlungen des Marquis de Lagry zu Aix, des Grafen Moritz von Fries in Wien und des Sir Joshua Reynolds in London.
Ausgeführte Studie zu dem oben am Kreuze beschäftigten jungen Henker mit einer Kappe auf dem Kopf. Mit den Beinen hält er sich am Kreuzesstamm fest, in der Rechten hält er den Hammer, mit der Linken hält er den Nagel über dem rechten Fusse des Apostels Petrus, von dem nur die nach oben gekehrten Beine sichtbar sind. Links die Andeutungen des Oberkörpers des Gehilfen des Henkers.

Das Blatt ist allgemein als eine Studie zu Guido Reni’s berühmtem Bilde der Kreuzigung Petri in der vatikanischen Galerie anerkannt. Auch Morelli bezeichnete es mündlich 1889 als echt und wertvoll.

TAFEL XX Bearbeiten

GIOVANNI LANFRANCO Bolognesische Schule Bearbeiten

Geboren zu Parma 1580; gestorben zu Rom den 29. November 1647. Aus der Schule des Carracci hervorgegangen, entwickelte er sich in Rom und Neapel zu einem Breitmaler eigener Richtung.

214. DIE BARKE PETRI Bearbeiten

Braun getuschte, weiss gehöhte Pinselzeichnung auf gelblichem Papier. Höhe 400, Breite 277 mm. Erworben 1728 aus dem Nachlasse des Baumeisters Wagner in Leipzig.
Links vorn steht der Heiland am Ufer und reicht dem durch die Brandung auf ihn zuschreitenden Petrus, der im Begriffe ist, in die Wogen einzusinken, die Rechte. Im Mittelgrunde die Barke mit den übrigen Aposteln, von denen einige zur Linken im Begriffe sind, ein Netz aus dem See emporzuziehen.

Das ausgeführte, durch Stiche von Audran, Dorigny und Aquila bekannte Gemälde befand sich in der Peterskirche zu Rom, ging jedoch schon im siebzehnten Jahrhundert durch Feuchtigkeit zu Grunde, worauf es durch eine Mosaik-Copie ersetzt wurde. – Dass unser Blatt Lanfranco’s Originalskizze zu dem Bilde sei, wird in der Regel nicht bestritten. Einige Abweichungen an dem Gemälde (von denen das Fehlen des himmlischen Engelreigens in erster Linie genannt zu werden verdient) scheinen in der That für diese Ansicht zu sprechen. Die Inschrift Lanfranco unten rechts aber rührt nicht vom Künstler her, und die Möglichkeit, dass die Skizze nach dem Bilde copiert sei, erscheint uns nicht ausgeschlossen.

TAFEL XXI Bearbeiten

GIOV. FRANCESCO BARBIERI, GENANNT IL GUERCINO Bolognesische Schule Bearbeiten

Getauft zu Cento den 8. Februar 1591; gestorben zu Bologna den 22. Dezember 1666. – Er bildete sich im Anschluss an die Carracci in Rom und Bologna zu einem der kräftigsten und selbständigsten Meister der bolognesischen Schule aus.

215. STUDIENBLATT. WEIBLICHE HALBFIGUR Bearbeiten

Rötelzeichnung. Höhe 207, Breite 153 mm. Erworben vor 1764.
Das junge Mädchen in modischem Kleide und Schleier steht im Profil nach rechts gewandt da, wendet aber den Kopf zum Beschauer herüber. Die rechte Hand ist erhoben.

BENEDETTO GENNARI D. J. Bolognesische Schule Bearbeiten

Geboren zu Cento 1633; gestorben zu Bologna 1715. Schüler Guercino’s. Ausser in Bologna, war er auch eine zeitlang in Paris und London thätig.

216. STUDIENBLATT. MÄNNLICHE HALBFIGUR Bearbeiten

Rötelzeichnung. Höhe 180, Breite 157 mm. Erworben vor 1764.
Der bärtige Mann trägt ein loses Gewand und einen Turban. Nach rechts gewandt, sitzt er vor einem aufgeschlagenen Buche und blickt sinnend gen Himmel.

Die Bezeichnung „Gennari“ oben links ist von späterer Hand, scheint aber eine richtige Überlieferung wiederzuspiegeln.

TAFEL XXII Bearbeiten

GIOVANNI FRANCESCO GRIMALDI, GEN. IL BOLOGNESE Bolognesische Schule Bearbeiten

Geboren zu Bologna 1606; gestorben wahrscheinlich zu Rom 1680. Er ist der eigentliche Landschafter der bolognesischen Schule des siebzehnten Jahrhunderts. Von seinen Lebensumständen ist nur bekannt, dass er 1648 in Paris arbeitete, vorher und nachher aber in Rom lebte. Er hat auch als Radierer einen Namen.

217. DORFLANDSCHAFT Bearbeiten

Federzeichnung. Höhe 215, Breite 320 mm. Erworben vor 1764.
In hügeliger Gegend liegen ländliche Häuser nordischer Bauart unter Bäumen verstreut. Rechts im Mittelgrunde eine kleine gotische Kirche mit zwei Spitztürmen. Vorn in der Mitte auf dem Wege zwei Leute.

Die Bezeichnung „Bolognese“ unten rechts ist zweifelhaften Ursprungs, scheint aber jedenfalls auf guter Überlieferung zu beruhen. Dass Grimaldi diesseits der Alpen gereist, ist bekannt.

TAFEL XXIII Bearbeiten

JUSEPE DE RIBERA, GEN. LO SPAGNOLETTO Spanische Schule Bearbeiten

Geboren zu Játiva in Spanien den 12. Januar 1588; gestorben zu Neapel 1656. Aus der Schule von Valencia hervorgegangen, entwickelte er sich, nicht unbeeinflusst durch den Naturalismus Caravaggio’s, zu einem Hauptmeister der realistischen Richtung des siebzehnten Jahrhunderts. Er wirkte als angesehenes Schulhaupt in Neapel.

218. DER HEIL. HIERONYMUS Bearbeiten

Braun getuschte Federzeichnung. Höhe 150, Breite 180 mm. Erworben wahrscheinlich 1728 aus dem Nachlasse des Baumeisters Wagner in Leipzig. Der Stempel J. H. oder J. K. unten links, der auf den Vorbesitzer deutet, ist nicht bekannt.
Der unbekleidete Heilige sitzt nach links gewandt auf seinem Mantel unter einem Baume. Mit beiden Händen hält er das auf seinen Schooss gestützte mächtige Buch, in dem er liest. Links zu seinen Füssen der Löwe. Rechts die Inschrift „J. Ribera“.

Das Blatt wurde bisher allgemein für echt angesehen.

DOMENICO ZAMPIERI, GENANNT IL DOMENICHINO Bolognesische Schule Bearbeiten

Geboren den 21. Oktober 1581 zu Bologna; gestorben den 15. April 1641 zu Neapel. Er ging, wie Guido Reni, aus der Schule des Dionigio Calvaert in diejenige des Carracci über und wurde einer der bedeutendsten Meister dieser Schule.

219. BERGLANDSCHAFT Bearbeiten

Federzeichnung. Höhe 175, Breite 304 mm. Erworben vor 1764.
Kahle, einsame, plastisch gestaltete Berggipfel. Etwas Wald links und rechts vorn, sowie in der Mittelschlucht. Ganz links auf einem Felsen ein Kirchlein.

Das Blatt wird Domenichino wahrscheinlich mit Recht zugeschrieben.

TAFEL XXIV Bearbeiten

LUCA CAMBIASO Genuesische Schule Bearbeiten

Geboren zu Genua den 18. Oktober 1527; gestorben zu Madrid um 1585. Als Schüler seines Vaters entwickelte er sich zu dem ersten genuesischen Meister von Weltruf. Ausser in seiner Vaterstadt, arbeitete er besonders in Madrid.

220. MARIA IN WOLKEN Bearbeiten

Blau getuschte Federzeichnung. Höhe 434, Breite 253 mm. Erworben 1728 aus dem Nachlasse des Baumeisters Wagner in Leipzig.
Maria thront mit dem nackten Jesusknaben auf ihrem Schoosse in Wolken. Vier Engel sind um sie bemüht. Hinter ihr flattern zwei von ihnen und versuchen ihren Mantel fortzuziehen, um das Christkind zu erspähen; einer steht zu ihrer Rechten in den Wolken und schaut mit verschränkten Armen und eifersüchtiger Miene zu, wie der Jesusknabe sich liebkosend dem vierten Engel zuwendet, der vorn rechts an den Wolken hinaufklettert.

Charakteristisches Blatt.

TAFEL XXV Bearbeiten

GIOVANNI BENEDETTO CASTIGLIONE Genuesische Schule Bearbeiten

Geboren zu Genua 1616; gestorben zu Mantua 1670. – Aus der Schule G. B. Paggi’s und G. A. Deferrari’s zu Genua hervorgewachsen, wandte er sich selbständig der Tiermalerei zu, die er geeigneten geschichtlichen Stoffen unterzuschieben liebte.

221. EIN HIRTENZUG Bearbeiten

Braun getuschte Rötelzeichnung. Höhe 262, Breite 382 mm. Erworben 1860 aus dem Nachlasse des Kunsthändlers Samuel Woodburn in London. Vorher, nach Massgabe des Stempels T. L. unten links, in der Sammlung des Sir Thomas Lawrence daselbst.
Eine Hirtin reitet mit zwei Kindern auf einem Pferde in einer Schafherde. Zwei grössere Kinder, von denen eines die Schalmei bläst, das andere tanzt, folgen dem Zuge, der sich von rechts nach links bewegt. Rechts Bäume und Büsche.

Charakteristisches Blatt des Meisters.