Bekanntmachung, betreffend die Betriebsordnung für die Haupteisenbahnen Deutschlands

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Titel: Bekanntmachung, betreffend die Betriebsordnung für die Haupteisenbahnen Deutschlands.
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Rechtsmaterie:
Fundstelle: Deutsches Reichsgesetzblatt Band 1892, Nr. 36, Seite 691–722
Fassung vom: 5. Juli 1892
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Bekanntmachung: 21. Juli 1892
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(Nr. 2043.) Bekanntmachung, betreffend die Betriebsordnung für die Haupteisenbahnen Deutschlands. Vom 5. Juli 1892.

Gemäß der vom Bundesrath in der Sitzung vom 30. Juni 1892 auf Grund der Artikel 42 und 43 der Reichsverfassung gefaßten Beschlüsse tritt an die Stelle des Bahnpolizei-Reglements für die Eisenbahnen Deutschlands vom 30. November 1885 nachstehende

Betriebsordnung
für die
Haupteisenbahnen Deutschlands.

I. Zustand, Unterhaltung und Bewachung der Bahn.

§. 1. Fahrbarer Zustand der Bahn.

(1) Die Bahn ist fortwährend in einem solchen baulichen Zustande zu halten, daß jede Strecke, soweit sie sich nicht in Ausbesserung befindet, ohne Gefahr mit der von der Aufsichtsbehörde für die betreffende Strecke festgesetzten größten Geschwindigkeit (§. 26) befahren werden kann.
(2) Bahnstrecken, auf welchen zeitweise die sonst für dieselben zulässige Fahrgeschwindigkeit ermäßigt werden muß, sind durch Signale als solche zu kennzeichnen, [692] und unfahrbare Strecken, auch wenn kein Zug erwartet wird, durch Signale abzuschließen.
(3) Die Bahnhöfe und Haltestellen sind durch Signale geschlossen zu halten und nur für die Einfahrt oder Durchfahrt der Züge zu öffnen (§. 46(1)).

§. 2. Umgrenzung des lichten Raumes.

(1) Sämmtliche Gleise, auf denen Züge bewegt werden, sind von baulichen Anlagen und lagernden Gegenständen mindestens bis zu derjenigen Umgrenzung des lichten Raumes frei zu halten, welche für die freie Bahn, sowie innerhalb der Stationen für die Ein- und Ausfahrtsgleise der Züge mit Personenbeförderung auf Anlage A, für die sonstigen Gleise der Stationen auf Anlage B dargestellt ist. Dabei ist in Krümmungen auf die Spurerweiterung und die Ueberhöhung der äußeren Schiene Rücksicht zu nehmen. Bei Gleisen, welche innerhalb der Stationen zur Ein- und Ausfahrt von Militärzügen dienen, ist eine Abweichung von der Umgrenzung des lichten Raumes – Anlage A – hinsichtlich der Höhe der obersten Stufe über das Maaß von 0,760 Meter zulässig.
(2) Die bis zu 50 Millimeter über Schienenoberkante hervortretenden unbeweglichen Gegenstände müssen außerhalb des Gleises im Allgemeinen mindestens 150 Millimeter von der Innenkante des Schienenkopfes entfernt bleiben; bei unveränderlichem Abstande derselben von der Fahrschiene darf dies Maaß auf 135 Millimeter eingeschränkt weiden. Innerhalb des Gleises muß ihr Abstand von der Innenkante des Schienenkopfes mindestens 67 Millimeter betragen, jedoch kann dieser Abstand bei Zwangsschienen nach dem mittleren Theile hin allmälig bis auf 41 Millimeter eingeschränkt werden. In gekrümmten Strecken mit Spurerweiterung muß der Abstand der innerhalb des Gleises hervortretenden unbeweglichen Gegenstände von der Innenkante des Schienenkopfes um den Betrag der Spurerweiterung größer sein, als die vorgenannten Maaße.
(3) An Ladegleisen kann nach der Art ihrer Benutzung eine Einschränkung der Umgrenzung des lichten Raumes von der Aufsichtsbehörde zugelassen werden.
(4) Inwieweit im Uebrigen Abweichungen von der vorgeschriebenen Umgrenzung des lichten Raumes zu gestatten sind, bestimmt der Bundesrath.

§. 3. Vorrichtungen zur Sicherung der Weichen, beweglichen Brücken und Bahnkreuzungen, Schiebebühnen und Drehscheiben.

(1) Weichen, welche außerhalb der Bahnhöfe und Haltestellen liegen, sind durch Signale zu decken. Werden solche Weichen für gewöhnlich verschlossen gehalten, so muß mindestens ihre Stellung durch geeignete Signale kenntlich gemacht sein.
(2) Die innerhalb eines Bahnhofes oder einer Haltestelle liegenden Weichen, welche von ein- oder durchfahrenden Personenzügen im regelmäßigen Betriebe [693] gegen die Zungenspitze befahren werden, müssen durch Signalvorrichtungen gesichert sein, und zwar darf das Fahrsignal erst erscheinen können, nachdem die Weichen für den vorgeschriebenen Weg gestellt sind; auch müssen die Weichen in richtiger Lage festgelegt sein, solange das Fahrsignal steht.
(3) Alle übrigen in den Hauptgleisen der Bahnhöfe und Haltestellen liegenden Weichen müssen, sofern sie nicht ebenfalls mit den Signalen zur Sicherung der spitz zu befahrenden Weichen in gegenseitiger Abhängigkeit stehen, mit besonderen Signalen verbunden sein, welche die jedesmalige Stellung der Weichen kenntlich machen.
(4) Bewegliche Brücken, mit Ausschluß derjenigen, welche nur ausnahmsweise bei vorübergehender Außerbetriebsetzung der betreffenden Gleise geöffnet werden, sind nach beiden Richtungen durch Signale abzuschließen, welche mit der Verriegelungsvorrichtung der Brücke dergestalt in gegenseitiger Abhängigkeit stehen, daß das Fahrsignal nur bei genauer und völlig sicherer Feststellung der Brücke erscheinen kann.
(5) Die Hauptgleise dürfen nicht durch Schiebebühnen mit versenkten Gleisen unterbrochen sein; Drehscheiben in den Hauptgleisen sind nur in besonderen Fällen mit Genehmigung der Landes-Aufsichtsbehörde zulässig.
(6) Bahnkreuzungen in Schienenhöhe außerhalb der Bahnhöfe und Haltestellen sind durch Signale, welche in gegenseitiger Abhängigkeit von einander stehen, nach jeder Richtung zu sichern.

§. 4. Einfriedigungen der Bahn.

(1) Einfriedigungen müssen da angelegt werden, wo die gewöhnliche Bahnbewachung nicht hinreicht, um Menschen oder Vieh vom Betreten der Bahn abzuhalten.
(2) Zwischen der Eisenbahn und Wegen, welche unmittelbar neben derselben in gleicher Ebene oder höher liegen, sind Schutzwehren erforderlich. Als solche können nach näherer Bestimmung der Landes-Polizeibehörde auch Gräben mit Seitenaufwurf angesehen werden.
(3) Die Uebergänge in Schienenhöhe müssen mit leicht sichtbaren Schranken in angemessener Entfernung von dem nächsten Gleise versehen sein. An Uebergängen für Fußgänger kann die Aufsichtsbehörde Drehkreuze oder andere in gleicher Weise sichernde Verschlüsse zulassen.
(4) Die Schranken dürfen auch während des Oeffnens und Schließens nicht in die Umgrenzung des lichten Raumes der Bahngleise (§. 2(1)) hineinreichen.
(5) Die Zugschranken müssen auch mit der Hand geöffnet und geschlossen werden können. Jeder durch Zugschranken abzuschließende Uebergang muß mit einer Glocke versehen sein, mit welcher vor dem Schließen der Schranken zu läuten ist. Zugschranken in mehr als 50 Meter Entfernung von dem Standorte des bedienenden Wärters sind nur bei Uebergängen mit geringem Verkehr anzuwenden und müssen vom Standorte des Wärters aus zu übersehen sein. [694]
(6) In angemessener Entfernung vor den Wegeübergängen in Schienenhöhe müssen Warnungstafeln aufgestellt sein, welche zugleich die Stelle des Weges bezeichnen, wo Fuhrwerke, Reiter und Viehherden anhalten müssen, wenn die Schranken geschlossen sind.

§. 5. Bewachung der Bahn.

(1) Die Bahn muß solange bewacht werden, als noch Züge oder einzeln fahrende Lokomotiven zu erwarten sind.
(2) Sämmtliche Bahnstrecken müssen durch die Wärter täglich mindestens dreimal auf ihren ordnungsmäßigen Zustand untersucht werden. Ausnahmen hiervon können für einzelne Bahnlinien mit geringem Verkehr von der Aufsichtsbehörde zugelassen werden. Gefahrdrohende Stellen sind ständig zu bewachen.
(3) Bei der Untersuchung ist insbesondere auch auf die Dienstfähigkeit der Weichen- und Signalvorrichtungen zu achten.
(4) Die Wegeschranken sind rechtzeitig vor Ankunft des Zuges zu schließen.
(5) Die Schranken an nicht besonders bewachten Uebergängen von Privatwegen sind unter Verschluß zu halten (§. 58).
(6) Die Schranken an Uebergängen mit geringem Verkehr können mit Genehmigung der Landes-Polizeibehörde geschlossen gehalten werden, müssen dann aber mit einem Glockenzug versehen sein, mittelst dessen der Wärter zum Oeffnen der Schranken aufgefordert werden kann. Auf Verlangen hat der Wärter die Schranken zu öffnen, sobald dies ohne Gefahr geschehen kann.
(7) Die Uebergänge in Schienenhöhe innerhalb der Stationen sind während der Dauer des Betriebes zu überwachen.
(8) Der Schrankendienst kann, wenn er von dem Dienst der Gleisüberwachung getrennt ist, auch weiblichen Personen anvertraut werden.
(9) Die Uebergänge der verkehrsreicheren öffentlichen Fahrstraßen müssen bei geschlossenen Schranken im Dunkeln beleuchtet sein. Dasselbe gilt von sämmtlichen Zugschranken, soweit sie nicht unter Verschluß gehalten werden.
(10) Die Anfahrten auf den Stationen und die Bahnsteige sind bei Dunkelheit mindestens eine halbe Stunde vor Ankunft eines jeden zur Personenbeförderung bestimmten Zuges zu beleuchten. Auf den Anfangsstationen solcher Züge hat die Beleuchtung mindestens eine halbe Stunde vor deren Abfahrt zu beginnen.

§. 6. Abteilungszeichen, Neigungszeiger, Merkzeichen.

(1) Die Bahn muß mit Abtheilungszeichen versehen sein, welche Entfernungen von ganzen und zehntel Kilometern angeben.
(2) Die Neigungen der einzelnen Bahnstrecken und die Längen derselben zwischen den Wechselpunkten müssen neben den letzteren durch Neigungszeiger kenntlich gemacht sein. [695]
(3) Zwischen zusammenlaufenden Schienensträngen muß ein Merkzeichen angebracht sein, welches die Stelle angiebt, über die hinaus auf dem einen Gleise Fahrzeuge mit keinem ihrer Theile vorgeschoben werden dürfen, ohne daß der Durchgang von Fahrzeugen auf dem anderen Gleise gehindert wird.

II. Zustand, Unterhaltung und Untersuchung der Betriebsmittel.

§. 7. Zustand der Betriebsmittel.

Die Betriebsmittel müssen fortwährend in einem solchen Zustande gehalten werden, daß die Fahrten mit der größten für die letzteren zulässigen Geschwindigkeit (§. 26) ohne Gefahr stattfinden können.

§. 8. Einrichtung der Lokomotiven.

(1) Für jede Lokomotive ist nach Maßgabe ihrer Bauart eine Fahrgeschwindigkeit vorzuschreiben, welche in Rücksicht auf die Sicherheit niemals überschritten werden darf. Diese Geschwindigkeit muß an der Lokomotive angezeichnet sein.
(2) Die zur Beförderung von Zügen mit mehr als 45 Kilometer Geschwindigkeit in der Stunde bestimmten Lokomotiven mit besonderem Tender, deren sämmtliche Achsen vor der Feuerbuchse liegen, müssen mit Vorrichtungen zur Verhütung des Schlingerns versehen sein.
(3) An jedem Lokomotivkessel muß sich eine Einrichtung zum Anschluß eines Prüfungsmanometers befinden, durch welches die Belastung der Sicherheitsventile und die Richtigkeit der Federwaagen und Manometer geprüft werden kann.
(4) Jede Lokomotive muß versehen sein:
a) mit mindestens zwei zuverlässigen Vorrichtungen zur Speisung des Kessels, welche unabhängig von einander in Betrieb gesetzt werden können, und von denen jede für sich während der Fahrt im Stande sein muß, das zur Speisung erforderliche Wasser zuzuführen. Eine dieser Vorrichtungen muß geeignet sein, auch beim Stillstande der Lokomotive dem Kessel Wasser zuzuführen;
b) mit mindestens zwei von einander unabhängigen Vorrichtungen zur zuverlässigen Erkennung der Wasserstandshöhe im Innern des Kessels. Bei einer dieser Vorrichtungen muß die Höhe des Wasserstandes vom Stande des Führers ohne besondere Proben fortwährend erkennbar und eine in die Augen fallende Marke des niedrigsten zulässigen Wasserstandes angebracht sein;
c) mit wenigstens zwei Sicherheitsventilen, von welchen das eine so eingerichtet sein soll, daß die Belastung desselben nicht über das bestimmte Maaß gesteigert werden kann. Die Sicherheitsventile sind so einzurichten, daß sie vom gespannten Dampf nicht weggeschleudert [696] werden können, wenn eine unbeabsichtigte Entlastung derselben eintritt. Die Einrichtung der Sicherheitsventile muß denselben eine senkrechte Bewegung von drei Millimeter gestatten;
d) mit einer Vorrichtung (Manometer), welche den Druck des Dampfes zuverlässig und ohne Anstellung besonderer Proben fortwährend erkennen läßt. Auf den Zifferblättern der Manometer muß der höchste zulässige Dampfüberdruck durch eine in die Augen fallende Marke bezeichnet sein;
e) mit einer Dampfpfeife.

§. 9. Abnahmeprüfung und wiederkehrende Untersuchungen der Lokomotiven und Tender.

(1) Neue oder mit neuen Kesseln versehene Lokomotiven dürfen erst in Betrieb gesetzt werden, nachdem sie einer technisch-polizeilichen Abnahmeprüfung unterworfen und als sicher befunden sind. Der hierbei als zulässig erkannte höchste Dampfüberdruck sowie der Name des Fabrikanten der Lokomotive und des Kessels, die laufende Fabriknummer und das Jahr der Anfertigung müssen in leicht erkennbarer und dauerhafter Weise an der Lokomotive bezeichnet sein.
(2) Nach jeder umfangreicheren Ausbesserung des Kessels, im Uebrigen in Zeitabschnitten von höchstens drei Jahren, sind die Lokomotiven nebst den zugehörigen Tendern in allen Theilen einer gründlichen Untersuchung zu unterwerfen, mit welcher eine Kesseldruckprobe zu verbinden ist. Diese Zeitabschnitte sind vom Tage der Inbetriebsetzung nach beendeter Untersuchung bis zum Tage der Außerbetriebsetzung zum Zweck der nächsten Untersuchung zu bemessen.
(3) Bei den Druckproben ist der Kessel vom Mantel zu entblößen, mit Wasser zu füllen und mittelst einer Druckpumpe zu prüfen. Der Probedruck soll den höchsten zulässigen Dampfüberdruck um fünf Atmosphären übersteigen. Bei Lokomotiven, für welche ein geringerer Probedruck bis zum Inkrafttreten dieser Bestimmungen als zulässig erachtet worden ist, kann es mit Genehmigung der Aufsichtsbehörde hierbei verbleiben.
(4) Kessel, welche bei dieser Probe ihre Form bleibend ändern, dürfen in diesem Zustande nicht wieder in Dienst genommen werden.
(5) Bei jeder Kesselprobe ist gleichzeitig die Richtigkeit der Manometer und Ventilbelastungen der Lokomotiven zu prüfen.
(6) Der angewendete Probedruck ist mittelst eines Prüfungsmanometers zu messen, welches in angemessenen Zeitabschnitten auf seine Richtigkeit untersucht werden muß.
(7) Längstens acht Jahre nach Inbetriebsetzung eines Lokomotivkessels muß eine innere Untersuchung desselben vorgenommen werden, bei welcher die Siederohre zu entfernen sind. Nach spätestens je sechs Jahren ist diese Untersuchung zu wiederholen.
(8) Ueber die Ergebnisse der Kesseldruckproben und der sonstigen mit den Lokomotiven und Tendern vorgenommenen Untersuchungen ist Buch zu führen. [697]

§. 10. Bahnräumer, Aschkasten, Funkenfänger.

(1) An der Stirnseite der Lokomotiven und an der Rückseite der Tender und Tenderlokomotiven müssen Bahnräumer angebracht sein.
(2) Jede Lokomotive muß mit einem verschließbaren Aschkasten und mit Vorrichtungen versehen sein, welche den Auswurf glühender Kohlen aus dem Aschkasten und dem Schornstein zu verhüten bestimmt sind.

§. 11. Bremsen der Lokomotiven und Tender.

(1) Tenderlokomotiven und Tender müssen ohne Rücksicht auf etwa vorhandene anderweite Bremsvorrichtungen mit einer Handbremse versehen sein, die jederzeit leicht und schnell in Thätigkeit gesetzt werden kann.
(2) Diejenigen Lokomotiven, welche zur Beförderung von Personenzügen mit mehr als 60 Kilometer Geschwindigkeit in der Stunde (§. 26) dienen, müssen mit Vorrichtungen versehen sein, welche es ermöglichen, daß ihre Bremse zugleich mit den Wagenbremsen vom Führerstande aus in Thätigkeit gesetzt werden kann.

§. 12. Beschaffenheit der Fahrzeuge und Kuppelungen.

(1) Sämmtliche Wagen, mit Ausnahme der nur in Arbeitszügen laufenden, müssen mit Tragfedern, sowie an beiden Stirnseiten mit federnden Zug- und Stoßvorrichtungen versehen sein.
(2) Sämmtliche Räder müssen Spurkränze haben, deren Höhe über den mittleren, 750 Millimeter von der Mitte der Achse entfernt anzunehmenden Laufkreisen der Räder (Absatz (3)) nicht weniger als 25 Millimeter, und auch im Zustande der größten Abnutzung der Radreifen nicht mehr als 36 Millimeter betragen darf.
(3) Die Stärke der Radreifen muß bei Lokomotiven und Tendern, Personen-, Post- und Gepäckwagen sowie bei Güterwagen, welche vorzugsweise zur Einstellung in Personenzüge bestimmt sind, mindestens 24 Millimeter, bei allen übrigen Fahrzeugen mindestens 20 Millimeter betragen, und zwar in der senkrechten Ebene des Laufkreises gemessen. Bei Rädern, deren Reifen durch eine Befestigungsnuth unter der der Abnutzung unterworfenen Fläche geschwächt sind, müssen noch an der schwächsten Stelle die bezeichneten Maaße innegehalten werden.
(4) Sämmtliche Fahrzeuge müssen sich in doppelter, von einander unabhängiger Weise so mit einander verbinden lassen, daß beim Bruch irgend eines Theiles der angespannten Kuppelungsvorrichtung die Sicherheitskuppelung in Wirksamkeit tritt.
(5) Ob und unter welchen Bedingungen einzelne Theile der Hauptkuppelungsvorrichtung zugleich für die Sicherheitskuppelung verwendet werden dürfen, entscheidet die Landes-Aufsichtsbehörde nach Verständigung mit dem Reichs-Eisenbahn-Amt. [698]
(6) Alle Kuppelungen und Verbindungsvorrichtungen müssen, wenn sie herabhängen, beim niedrigsten zulässigen Bufferstande noch mindestens 75 Millimeter von der Schienenoberkante entfernt bleiben.
(7) Jeder mit mehr als 60 Kilometer Geschwindigkeit in der Stunde fahrende Personenzug muß mit durchgehender Bremse versehen sein, welche folgenden Bedingungen zu entsprechen hat:
a) Die Bremse muß durch den Lokomotivführer, den Zugführer und den Wagenwärter, sowie von jeder Personenwagenabtheilung aus in Thätigkeit gesetzt werden können.
b) Die Bremse muß selbstthätig wirken, sobald der Zusammenhang der Bremsleitung aufgehoben wird.
Am Schlusse eines solchen Zuges dürfen einzelne Wagen ohne durchgehende Bremse mitgenommen werden, deren gesammte Achsenzahl jedoch nie mehr als sechs betragen darf. Sofern in diesem Falle der letzte Wagen nach Maßgabe des §. 33(1) eine bediente Bremse haben muß, hat die Bedienung derselben durch einen Bremser zu erfolgen.
(8) Die Bremsen eines mit durchgehender Bremse versehenen Zuges müssen in der nach §. 13 erforderlichen Anzahl auch einzeln mit der Hand bedient werden können.

§. 13. Zahl der Bremsen eines Zuges.

(1) In jedem Zuge müssen außer den Bremsen am Tender und an der Lokomotive so viele Bremsen bedient sein, daß durch die letzteren mindestens der aus nachstehendem Verzeichnisse zu berechnende Theil der im Zuge befindlichen Wagenachsen gebremst werden kann.
Auf Neigungen Bei einer Fahrgeschwindigkeit von
von
… ‰
vom
Verhältniß
25 30 35 40 45 50 60 70 80 90
Kilometer in der Stunde
müssen von je 100 Wagenachsen zu bremsen sein
 0 1:∞  6  6  6  6  8 10 17 25 36 48
 2,5 1:400  6  6  7  9 11 14 21 30 41 54
 5,0 1:200  6  7  9 12 14 18 25 35 46 59
 7,5 1:133  8 10 12 15 18 21 29 39 51 ·
10,0 1:100 10 13 15 18 21 25 33 44 56 ·
12,5 1: 80 13 15 18 21 25 29 38 48 · ·
15,0 1: 66 15 18 21 24 28 32 42 53 · ·
17,5 1: 57 18 21 24 27 32 36 46 · · ·
20,0 1: 50 20 23 27 31 35 39 50 · · ·
22,5 1: 44 22 26 30 34 38 43 · · · ·
25,0 1: 40 25 29 33 37 42 47 · · · ·
[699]
(2) Bei der hiernach auszuführenden Berechnung der Zahl der zu bremsenden Wagenachsen ist Folgendes zu beachten:
a) Für Fahrgeschwindigkeiten und Neigungen, welche zwischen den in dem Verzeichnisse aufgeführten liegen, gilt jedesmal die größte der dabei in Frage kommenden Bremszahlen.
b) Die Anzahl der zu bremsenden Wagenachsen ist für die stärkste, auf der fraglichen Strecke vorkommende Bahnneigung (Steigung oder Gefälle), welche sich ununterbrochen auf eine Länge von 1.000 Meter oder darüber erstreckt, zu bestimmen. Erreicht die stärkste vorkommende Neigung an keiner Stelle die Länge von 1.000 Meter, so ist die gerade Verbindungslinie zwischen denjenigen zwei Punkten des Längenschnitts, welche bei 1.000 Meter Entfernung den größten Höhenunterschied zeigen, als stärkstgeneigte Strecke anzusehen.
c) Als maßgebende Fahrgeschwindigkeit ist diejenige anzunehmen, welche der Zug auf der betreffenden Strecke höchstens erreichen darf.
d) Sowohl bei Zählung der vorhandenen Wagenachsen, als auch bei Feststellung der erforderlichen Bremsachsen, ist eine unbeladene Güterwagenachse als halbe Achse zu rechnen. Die Achsen von Personen-, Post- und Gepäckwagen sind stets voll in Ansatz zu bringen.
e) Der bei der Berechnung der erforderlichen Anzahl der zu bremsenden Wagenachsen sich etwa ergebende überschießende Bruchtheil ist stets als ein Ganzes zu rechnen.
(3) Bei Militärzügen sind mindestens die für eine Fahrgeschwindigkeit von 40 Kilometer angegebenen Bremszahlen anzunehmen.
(4) Für Bahnstrecken, welche stärkere Neigungen als 25 ‰ (1:40) haben, sind für das Bremsen der Züge von der Landes-Aufsichtsbehörde besondere Vorschriften zu erlassen.
(5) Den im äußeren Betriebsdienst beschäftigten Stationsbeamten sowie den Lokomotiv- und Zugführern ist bekannt zu geben, der wievielte Theil der Wagenachsen auf jeder Strecke bei den vorgeschriebenen Fahrgeschwindigkeiten muß gebremst werden können.

§. 14. Verschluß und Erleuchtung der Personenwagen.

(1) Die Thüren, welche sich an den Langseiten der Personenwagen befinden, müssen mit mindestens doppelter, nur von der Außenseite zu schließender Verschlußvorrichtung versehen sein, deren einer Theil aus einem Vorreiber oder Einreiber besteht. Sämmtliche Thüren an den Personenwagen dürfen nur so verschlossen werden, daß das Oeffnen derselben den Insassen des Wagens möglich ist. [700]
(2) Im Innern der Personenwagen müssen an den Thüröffnungen Schutzvorrichtungen gegen das Einklemmen der Finger angebracht sein.
(3) In den Personenwagen mit einer äußeren Kastenbreite von mehr als 2,900 Meter muß an jedem zum Oeffnen eingerichteten Seitenfenster, sofern nicht durch besondere Vorrichtungen das Hinauslehnen aus demselben unmöglich gemacht ist, ein Anschlag angebracht sein, welcher dieses Hinauslehnen verbietet.
(4) Die Personenwagen müssen mit Vorrichtungen zur Erleuchtung im Innern versehen sein.

§. 15. Signallaternenstützen.

(1) Sämmtliche Personen-, Post- und Gepäckwagen, sowie die als Schlußwagen laufenden Güterwagen müssen mit den erforderlichen Laternenstützen versehen sein, welche so anzubringen sind, daß die aufgesteckte Laterne entweder zur Seite des Wagens oder über die Decke desselben hervorragt.
(2) Der Abstand der Oberkante dieser Stützen über Schienenoberkante darf im ersteren Falle höchstens 3,000 Meter, im letzteren höchstens 3,600 Meter betragen, während die senkrechte Mittelachse der Stützen im ersteren Falle höchstens 1,400 Meter, im letzteren höchstens 1,200 Meter von der Mitte des Wagens entfemt sein darf.
(3) Die Laternenstützen müssen die Form einer abgestumpften Pyramide mit quadratischem Querschnitt von im Lichten 46 Millimeter oberer und 35 Millimeter unterer Länge und Breite bei 76 Millimeter Höhe derselben haben und diagonal zur Achse des Wagens gestellt werden. Der größte Querschnitt des Laternenkastens, dessen Seitenflächen parallel den Wagenflächen liegen müssen, darf nicht über 250 Millimeter Breite und 280 Millimeter Höhe betragen und derjenige des Laternenaufsatzes (Schornstein) nur 140 Millimeter Breite und 120 Millimeter Höhe haben.

§. 16. Bedeckung der Güterwagen.

Alle mit leicht feuerfangenden Gegenständen beladenen Güterwagen müssen mit einer sicheren Bedeckung versehen sein, soweit nicht Ausnahmen durch die Verkehrsordnung für die Eisenbahnen Deutschlands gestattet sind.

§. 17. Untersuchung der Wagen.

(1) Neue Wagen dürfen erst in Gebrauch genommen werden, nachdem sie untersucht und als sicher befunden sind.
(2) Jeder Wagen ist von Zeit zu Zeit einer gründlichen Untersuchung zu unterwerfen, bei welcher die Achsen, Lager und Federn abgenommen werden müssen. Diese Untersuchung hat spätestens drei Jahre nach der ersten Ingebrauchnahme oder nach der letzten Untersuchung zu erfolgen, bei den Personen-, Gepäck- und Postwagen jedoch spätestens nach jedesmaliger Zurücklegung eines Weges von 30.000 Kilometer. [701]

§. 18. Bezeichnung der Wagen.

(1) Jeder Wagen muß Bezeichnungen haben, aus welchen zu ersehen ist:
a) die Eisenbahn, zu welcher er gehört;
b) die Ordnungsnummer, unter welcher er in den Werkstätten geführt wird;
c) das eigene Gewicht einschließlich der Achsen und Räder und ausschließlich der losen Ausrüstungsgegenstände;
d) bei Güter- und Gepäckwagen das Ladegewicht und die Tragfähigkeit;
e) der Zeitpunkt der letzten Untersuchung;
f) der Radstand;
g) das ewaige Vorhandensein von Lenkachsen und die Verschiebbarkeit der Mittelachse;
h) bei Wagen, deren Achslager für periodische Schmierung eingerichtet sind, der Zeitpunkt der letzten Schmierung.
(2) Diese Bezeichnungen sind bei den im §. 17 vorgeschriebenen Untersuchungen der Wagen, sowie außerdem bei jeder geeigneten Gelegenheit, insbesondere nach umfangreicheren Ausbesserungen und bei Auswechselung von Achsen einer erneuten Prüfung und erforderlichenfalls der Berichtigung zu unterziehen.
(3) Jeder Personenwagen muß mit Merkmalen versehen sein, welche dem Reisenden das Auffinden der Wagenklasse wie der benutzten Wagenabtheilung erleichtern.
(4) Außerdeutschen Bahnen zugehörige Wagen können von der Verwaltung der anschließenden deutschen Bahn, sofern letztere dieselben für betriebssicher erachtet, ohne Rücksicht auf die Bestimmungen der §§. 17 und 18 in den Betrieb genommen und auf andere deutsche Bahnen übergeführt werden. Durch Staatsverträge in dieser Beziehung getroffene Bestimmungen werden hierdurch nicht berührt.

§. 19. Mitführung von Geräthschaften zur Beseitigung von Schäden am Zuge.

In jedem Zuge müssen diejenigen Geräthschaften vorhanden sein, mittelst welcher die während der Fahrt an dem Zuge vorgekommenen Beschädigungen zum Zweck der Weiterfahrt thunlichst beseitigt werden können.

III. Handhabung des Betriebes.

§. 20. Stationsnamen und Uhren.

(1) Der Name der Station muß am Stationsgebäude oder an anderer geeigneter Stelle in einer für die Reisenden in die Augen fallenden Weise angebracht sein. [702]
(2) Auf jeder Station muß an einer dem Publikum sichtbaren Stelle eine Uhr angebracht sein, welche nach der den veröffentlichten Fahrplänen entsprechenden Zeit täglich richtig gestellt werden muß. Auf größeren Bahnhöfen müssen die Zeitangaben sowohl von dem Zugange zum Bahnhofe, als von der Bahnseite bei Tage und auch im Dunkeln erkennbar sein.
(3) Die Zugführer, Lokomotivführer, Bahnmeister und Bahnwärter müssen im Dienst beständig eine richtig gehende Uhr bei sich tragen.

§. 21. Rechtsfahren der Züge.

(1) Auf doppelgleisigen Bahnstrecken sollen die Züge und einzeln fahrende Lokomotiven das in ihrer Fahrtrichtung rechts liegende Gleis befahren.
(2) Bereits bestehende Ausnahmen dürfen bis auf weiteres beibehalten werden.
(3) Von der bestehenden Fahrweise sind Ausnahmen zulässig:
a) nach vorgängiger Verständigung zwischen benachbarten Stationen:
1. bei Gleissperrungen,
2. für Arbeitszüge,
3. mit Genehmigung der Aufsichtsbehörde zwischen einer Station und einer auf der anschließenden freien Bahnstrecke liegenden Einmündungsweiche eines Anschlußgleises;
b) unter Verantwortlichkeit des dienstthuenden Stationsbeamten:
1. auf Stationen,
2. für Hülfszüge und Hülfslokomotiven,
3. für Lokomotiven, welche zum Nachschieben eines Zuges gedient haben.

§. 22. Schieben der Züge.

(1) Das Schieben von Zügen, an deren Spitze sich eine führende Lokomotive nicht befindet, ist, sofern nicht von der Landes-Aufsichtsbehörde weitere Einschränkungen bestimmt werden, in folgenden Fällen gestattet:
a) Bei langsamen Rückwärtsbewegungen des Zuges auf den Stationen oder in Nothfällen auf freier Strecke.
b) Bei Arbeitszügen, dienstlichen Sonderzügen und – unter den von der Aufsichtsbehörde festgestellten Bedingungen – bei Zügen nach und von benachbarten Gruben und sonstigen gewerblichen Anlagen unter Innehaltung einer Geschwindigkeit von höchstens 25 Kilometer in der Stunde (§. 26(7)), wobei jedoch der vorderste Wagen mit einem wachthabenden Beamten oder verpflichteten Arbeiter zu besetzen ist. [703]
(2) Bei Zügen mit einer führenden Lokomotive an der Spitze ist das Nachschieben nur zulässig:
a) zum Ersteigen stark geneigter Bahnstrecken;
b) bei Ingangbringung der Züge in den Stationen oder in Nothfällen auf freier Strecke.
(3) Wird einem Zuge eine Schiebelokomotive mitgegeben, so ist dies entsprechend vorzumelden.

§. 23. Stärke der Züge.

Mehr als 150 Wagenachsen sollen in keinem Eisenbahnzuge laufen. Personenzüge sollen nicht über 100 Wagenachsen stark sein. Militärzüge und solche Güterzüge, welche fahrplanmäßig zur Personenbeförderung mitbenutzt werden, dürfen, sofern ihre Fahrgeschwindigkeit nicht über 45 Kilometer in der Stunde beträgt, bis 110 Wagenachsen stark sein.

§. 24. Fahrt der Lokomotive mit dem Tender voran.

(1) Bei Zügen ist die Fahrt der an der Spitze befindlichen Lokomotive mit dem Tender voran nur dann gestattet, wenn die Geschwindigkeit des Zuges 45 Kilometer in der Stunde nicht übersteigt (§. 26(6)).
(2) Bei Tenderlokomotiven fällt die vorerwähnte Beschränkung fort.

§. 25. Abfahrt der Züge.

(1) Kein Zug darf ohne Erlaubniß des dienstthuenden Stationsbeamten von einer Station abfahren. Diese Erlaubniß darf, abgesehen von Störungsfällen, nicht ertheilt werden, solange nicht festgestellt ist, daß der letzte, in derselben Richtung voraufgefahrene Zug die nächste Station oder die nächste Blockstation erreicht hat. Einzeln fahrende Lokomotiven sind hierbei den Zügen gleich zu behandeln.
(2) Kein zur Beförderung von Personen bestimmter Zug darf vor der im veröffentlichten Fahrplan bekannt gegebenen Zeit die Station verlassen.
(3) Das Oeffnen der nach außen aufschlagenden Thüren an den Langseiten der Wagen ist während der Fahrt nur in Fällen dringenden Bedürfnisses zulässig und darf bei zweigleisigen Bahnen nur nach der äußeren Seite des Gleises erfolgen.

§. 26. Fahrgeschwindigkeit.

(1) Die Fahrgeschwindigkeit darf niemals diejenigen Grenzen übersteigen, welche [704]
a) für die einzelnen Lokomotiven je nach ihrer Bauart gemäß §. 8(1) festgesetzt sind;
b) der in den Zügen vorhandenen Anzahl der zu bremsenden Wagenachsen nach §. 13 entsprechen;
c) durch die Besonderheiten der einzelnen Bahnstrecken geboten sind.
(2) Die Erfüllung vorstehender Bedingungen vorausgesetzt, ist als größte zulässige Fahrgeschwindigkeit in der Stunde anzunehmen:
a) für Personenzüge:
      1. ohne durchgehende Bremse 60 Kilometer,
      2. mit durchgehender Bremse:
           im Allgemeinen 80 Kilometer,
           unter besonders günstigen Verhältnissen mit Genehmigung der Landes-Aufsichtsbehörde 90 Kilometer;
b) für Güterzüge:
      im Allgemeinen 45 Kilometer,
      unter besonders günstigen Verhältnissen mit Genehmigung der Aufsichtsbehörde:
           bei einer Zugstärke
                bis zu höchstens 100 Wagenachsen 50 Kilometer,
                bis zu höchstens  80 Wagenachsen 55 Kilometer,
                bis zu höchstens  60 Wagenachsen 60 Kilometer;
c) für Arbeitszüge:
      1. wenn die in denselben laufenden Wagen nicht durchweg den Bestimmungen im §. 12 entsprechen 30 Kilometer;
      2. andernfalls 45 Kilometer;
d) für einzeln fahrende Lokomotiven (abgesehen von Probefahrten, für welche keine Beschränkung stattfindet) 50 Kilometer,
jedoch können für dieselben mit Genehmigung der Aufsichtsbehörde größere Fahrgeschwindigkeiten bis zu der nach §. 8(1) festgesetzten Geschwindigkeitsgrenze gestattet werden.
(3) Für jeden Zug ist diejenige Fahrzeit zu ermitteln, welche in Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Verhältnisse von Station zu Station mindestens verwendet werden muß. Diese kürzeste Fahrzeit sowie die Fahrgeschwindigkeit, nach welcher die Anzahl der zu bremsenden Wagenachsen berechnet werden soll, ist dem Zugpersonal und den im äußeren Betriebsdienst beschäftigten Stationsbeamten neben der planmäßigen Fahrzeit des Zuges anzugeben.
(4) Bei Berechnung der kürzesten Fahrzeit ist die größte zulässige Geschwindigkeit auf fallenden und auf gekrümmten Bahnstrecken wie folgt anzunehmen: [705]
a) beim Herabfahren von Gefällstrecken von:
 2,5 ‰ (1:400) 90 Kilometer in der Stunde,
 5,0 ‰ (1:200) 85 Kilometer in der Stunde,
 7,5 ‰ (1:133) 80 Kilometer in der Stunde,
10,0 ‰ (1:100) 75 Kilometer in der Stunde,
12,5 ‰ (1: 80) 70 Kilometer in der Stunde,
15,0 ‰ (1: 66) 65 Kilometer in der Stunde,
17,5 ‰ (1: 57) 60 Kilometer in der Stunde,
20,0 ‰ (1: 50) 55 Kilometer in der Stunde,
22,5 ‰ (1: 44) 50 Kilometer in der Stunde,
25,0 ‰ (1: 40) 45 Kilometer in der Stunde;
b)beim Durchfahren gekrümmter Bahnstrecken in Krümmungen mit einem Halbmesser von:
1000 Meter 90 Kilometer in der Stunde,
 900 Meter 85 Kilometer in der Stunde,
 800 Meter 80 Kilometer in der Stunde,
 700 Meter 75 Kilometer in der Stunde,
 600 Meter 70 Kilometer in der Stunde,
 500 Meter 65 Kilometer in der Stunde,
 400 Meter 60 Kilometer in der Stunde,
 300 Meter 55 Kilometer in der Stunde,
 250 Meter 50 Kilometer in der Stunde,
 200 Meter 45 Kilometer in der Stunde,
 180 Meter 40 Kilometer in der Stunde;
c) für Gefälle und Krümmungen, welche zwischen den vorstehend aufgeführten liegen, gilt jedesmal die kleinere der dabei in Betracht kommenden Geschwindigkeitszahlen;
d) bei fallenden und zugleich gekrümmten Bahnstrecken ist die kleinere der nach a und b sich ergebenden Geschwindigkeiten als größte zulässige Fahrgeschwindigkeit anzusehen.
(5) Für die Fahrt durch Stationen, in welchen die Züge durch den krummen Strang einer Weiche oder gegen die Spitze einer nicht verriegelten oder verschlossenen Weiche zu fahren haben, sowie auf Strecken, in welchen eine Drehbrücke liegt oder welche aus einem sonstigen Grunde stets mit besonderer Vorsicht befahren werden müssen, ist die größte zulässige Geschwindigkeit für die einzelnen Zuggattungen besonders festzusetzen.
(6) Bei Zügen, an deren Spitze die Lokomotive mit dem Tender voran fährt, darf die Fahrgeschwindigkeit 45 Kilometer in der Stunde nicht übersteigen (§. 24(1)).
(7) Züge, welche geschoben werden, ohne daß sich an ihrer Spitze eine führende Lokomotive befindet, dürfen höchstens mit einer Geschwindigkeit von 25 Kilometer in der Stunde fahren (§. 22(1)). [706]
(8) Wird bei einem Zuge mit durchgehender Bremse letztere unterwegs ungangbar, so darf die Fahrt ohne Verminderung der sonst dafür zugelassenen Geschwindigkeit fortgesetzt werden, sofern die Bedienung der nach §. 13 erforderlichen Anzahl von Bremsen mit der Hand bewirkt wird und eine Zugleine entsprechend der Bestimmung im §. 48(2) angebracht ist. Wird eine Zugleine nicht angebracht, so darf der Zug mit höchstens 45 Kilometer Geschwindigkeit weiter fahren.
(9) Die festgesetzten Fahrzeiten sind den Neigungs- und Krümmungsverhältnissen der Strecke entsprechend zu verwenden.
(10) Wenn ein Signal zum Langsamfahren gegeben ist oder ein Hinderniß auf der Bahn bemerkt wird, muß die Fahrgeschwindigkeit in einer den Umständen angemessenen Weise ermäßigt werden.

§. 27. Ueberfahren von Bahnkreuzungen.

(1) Bahnkreuzungen in Schienenhöhe außerhalb der Stationen dürfen von den Zügen erst befahren werden, nachdem die letzteren vor dem Haltsignal zum Stillstand gebracht sind und sodann durch den Aufsichtsbeamten oder in dessen Auftrag das Fahrsignal gegeben ist.
(2) Bei der Kreuzung einer Hauptbahn durch eine Nebeneisenbahn genügt es, wenn mit Genehmigung der Landes-Aufsichtsbehörde die Verpflichtung des Anhaltens vor der Durchkreuzung lediglich den Zügen der letzteren Bahn auferlegt wird.

§. 28. Beschaffenheit ber Betriebsmittel bei schnellfahrenden Personenzügen.

Bei denjenigen Personenzügen, bei welchen eine Geschwindigkeit von mehr als 60 Kilometer in der Stunde zur Anwendung kommen soll, müssen sich die Betriebsmittel in einem vorzugsweise tüchtigen Zustande befinden. Außerdem müssen die Wagen so beschaffen sein, daß sie sowohl unter sich als auch mit dem Tender so fest sich verkuppeln lassen, daß sämmtliche Zug- und Bufferfedern etwas angespannt sind.

§. 29. Vorrang von Sonder- und schnellfahrenden Zügen.

Die Sonderzüge der Allerhöchsten und Höchsten Herrschaften sowie die schnellfahrenden Züge haben behufs besonders pünktlicher Beförderung überall den Vorrang vor den anderen Zügen.

§. 30. Beförderung von Gütern mit Personenzügen.

(1) Die Beförderung von Gütern mit den Personenzügen ist nur unter folgenden Bedingungen zulässig:
a) Das Auf- und Abladen von Gütern, ebenso wie das An- und Abschieben von Güterwagen darf niemals Veranlassung zur Verlängerung [707] des Aufenthalts auf den Stationen sein, sofern nicht als sicher angenommen werden kann, daß die entstehende Verspätung bis zur nächsten Anschluß- oder bis zur Endstation wieder beseitigt werden wird.
b) Die Mitnahme von Güterwagen darf eine Verlängerung der planmäßigen Fahrzeit nicht herbeiführen.
c) Die Reisenden dürfen durch die Mitbeförderung von Gütern nicht belästigt werden.
(2) Inwieweit Eilgut mit Personenzügen befördert werden darf, bei welchen eine Fahrgeschwindigkeit von mehr als 60 Kilometer in der Stunde zur Anwendung kommen soll, bestimmt die Aufsichtsbehörde.

§. 31. Beförderung von Personen mit Güterzügen.

Im Bedürfnißfalle kann mit den Güterzügen auch Personenbeförderung stattfinden; jedoch darf deshalb keine Erhöhung der für den betreffenden Zug zugelassenen größten Fahrgeschwindigkeit eintreten.

§. 32. Fahrbericht der Zugführer.

Jeder Zugführer hat einen Fahrbericht zu führen, in welchem die Abgangs- und Ankunftszeiten auf den einzelnen Anhaltepunkten und außergewöhnliche Vorkommnisse genau zu verzeichnen sind.

§. 33. Bildung der Züge.

(1) Bei Bildung eines Zuges muß sorgfältig darauf gehalten werden, daß die im §. 13 vorgeschriebene Anzahl bedienter Bremsen sich in demselben befindet und daß letztere thunlichst gleichmäßig vertheilt sind. Kommt auf einer Strecke eine Neigung von mehr als 5 ‰ (1:200) ununterbrochen in einer Länge von 1.000 Meter oder darüber vor, oder ist die gerade Verbindungslinie zwischen denjenigen zwei Punkten des Längenschnitts, welche bei 1.000 Meter Entfernung den größten Höhenunterschied zeigen, stärker als 5 ‰ (1:200) geneigt (§. 13 (2)b), so muß der letzte Wagen eine bediente Bremse haben; hinter demselben kann ausnahmsweise bei Güterzügen noch ein beschädigter leerer Wagen eingestellt werden, sofern derselbe zwar lauffähig ist, aber inmitten des Zuges nach Art seiner Beschädigung nicht eingestellt werden kann.
(2) Ferner sind die Wagen unter sich und der Tender mit dem nächstfolgenden Wagen in doppelter Weise gehörig zu verkuppeln (§. 12(4 und 5)), die Zugleine, soweit dieselbe nach §. 48(2) erforderlich ist, anzubringen, die Verbindungen der etwa vorhandenen durchgehenden Bremse (§. 12(7)) herzustellen, die Belastung in den einzelnen Wagen thunlichst gleichmäßig zu vertheilen, die [708] nöthigen Signale anzubringen und das Innere der zur Beförderung von Personen benutzten Wagen während der Fahrt bei Dunkelheit und in Tunneln, zu deren Durchführung mehr als 2 Minuten gebraucht werden, angemessen zu erleuchten.
(3) In den Zügen, welche mit einer Geschwindigkeit von mehr als 45 Kilometer in der Stunde fahren, müssen die Fahrzeuge so fest mit einander gekuppelt sein, daß, wenn der Zug im geraden Gleise steht, die gegenüberstehenden Bufferpaare sich berühren. Bei denjenigen Personenzügen, bei welchen eine Fahrgeschwindigkeit von mehr als 60 Kilometer in der Stunde zur Anwendung kommen soll, müssen die Wagen unter sich und der Tender mit dem nächstfolgenden Wagen so fest gekuppelt sein, daß sämmtliche Zug- und Bufferfedern etwas angespannt sind (§. 28).
(4) In Zügen, welche sowohl zur Güter- als auch zur Personenbeförderung bestimmt sind, dürfen Wagen, deren Ladung über zwei oder mehr Wagen reicht, und Wagen mit ungewöhnlicher Kuppelung nicht unmittelbar vor oder hinter Personenwagen gestellt werden.
(5) Bevor der Zug die Abgangsstation verläßt, ist derselbe sorgfältig zu untersuchen und darauf zu achten, daß die über die Bildung der Züge gegebenen Vorschriften gehörig befolgt sind. Diese Untersuchung ist unterwegs bei jeder Veränderung in der Zusammensetzung des Zuges und so oft der Aufenthalt es gestattet, zu wiederholen.

§. 34. Schutzwagen und Postwagen.

(1) In jedem zur Beförderung von Personen bestimmten Zuge, dessen Fahrgeschwindigkeit 45 Kilometer in der Stunde übersteigt, hat der erste Wagen des Zuges als Schutzwagen zu dienen und darf als solcher nicht mit Reisenden besetzt werden. Bei den mit geringerer Geschwindigkeit fahrenden derartigen Zügen ist letzteres unter der Beschränkung gestattet, daß mindestens die vordere Abtheilung des betreffenden Wagens von Reisenden freigehalten wird. In beiden Fällen kann jedoch die vorübergehende Benutzung eines im Schutzwagen befindlichen Abortes während der Fahrt den Reisenden gestattet werden. Die zur Bedienung oder Begleitung des Zuges berufenen Beamten des Eisenbahn- und Postdienstes, sowie die etwa im Zuge mitfahrenden Eisenbahnbeamten, welchen die Ueberwachung des baulichen Zustandes oder des Betriebes auf der betreffenden Strecke obliegt, endlich auch die Begleiter von Viehtransporten, welche in dem Viehtransportwagen Platz nehmen, sind nicht als Reisende anzusehen.
(2) Bei Zügen, welche von einer anschließenden Nebeneisenbahn auf die Hauptbahn übergehen, kann von der Freihaltung der vorderen Abtheilung des betreffenden Wagens abgesehen werden, sofern diese Züge auf der Hauptbahn mit keiner größeren Geschwindigkeit verkehren, als für dieselben auf der Anschlußbahn zugelassen ist.
(3) Bei dienstlichen Sonderzügen kann von der Einstellung eines Schutzwagens Abstand genommen werden. [709]
(4) Bei der dem Postwagen zu gebenden Stellung ist, soweit der Bahnbetrieb dies gestattet, auf die Bedürfnisse des Postdienstes Rücksicht zu nehmen; auch ist die Verwendung des Postwagens als Schutzwagen thunlichst zu vermeiden.

§. 35. Sonderzüge.

(1) Sonderzüge dürfen nur befördert werden, wenn die Bahn bewacht, der Zug den Bahnwärtern vorher angekündigt und der nächsten Station ordnungsmäßig gemeldet ist.
(2) Ausnahmen sind nur in den im §. 45 näher bezeichneten Fällen zulässig.

§. 36. Arbeitszüge.

(1) Arbeitszüge dürfen nur auf bestimmte Anordnung der mit der Leitung des Betriebes betrauten verantwortlichen oberen Beamten oder deren Vertreter und in fest abgegrenzten Zeiträumen auf der Bahn fahren.
(2) Die Vorsteher der beiden angrenzenden Stationen müssen von der Anwesenheit solcher Züge auf freier Strecke Kenntniß erhalten. Dies gilt auch von einzelnen Fahrzeugen, welche auf der freien Strecke durch Menschenkräfte bewegt werden; dieselben müssen einem verantwortlichen Begleiter unterstellt sein und mindestens 15 Minuten vor der zu erwartenden Ankunft eines Zuges von dem Fahrgleise desselben entfernt werden.

§. 37. Schneepflüge.

(1) Schneepflüge oder Wagen zum Brechen des Glatteises dürfen bei Zügen, welche mit einer Geschwindigkeit von mehr als 30 Kilometer in der Stunde fahren, nicht vor die Lokomotiven der Züge gestellt werden. Wo das Bedürfniß eintritt, sind diese Schneepflüge oder Wagen dem Zuge in Stations- beziehungsweise Blockabstand (§. 25(1)) mit besonderen Lokomotiven vorauszuschicken.
(2) Fest mit der Zuglokomotive verbundene Schneepflüge, welche nicht auf besonderen Rädern gehen, sind zulässig.

§. 38. Mitfahren auf der Lokomotive.

Ohne Erlaubniß der zuständigen Beamten darf außer den durch ihren Dienst dazu berechtigten Personen niemand auf der Lokomotive mitfahren.

§. 39. Stillstehende Lokomotiven und Wagen.

(1) Bei angeheizten Lokomotiven muß, solange sie stillstehen, der Regulator geschlossen, die Steuerung in Ruhe gesetzt und die Bremse angezogen sein. Die Lokomotive muß dabei stets unter Aufsicht stehen. [710]
(2) Stehende, nicht mit einer Lokomotive verbundene Wagen sind zur Vermeidung unbeabsichtigter Bewegung mittelst Vorlagen, Bremsen oder anderer Vorrichtungen so festzustellen, daß sie nicht in Bewegung gesetzt werden können.

§. 40. Zugsignale.

(1) Jeder geschlossen fahrende Zug muß mit Signalen versehen sein, welche bei Tage den Schluß, bei Dunkelheit aber die Spitze und den Schluß desselben erkennen lassen; Gleiches gilt für einzeln fahrende Lokomotiven.
(2) Am Schlusse eines jeden im Dunkeln fahrenden Zuges muß außerdem ein nach hinten und nach vorn leuchtendes Laternensignal angebracht sein.
(3) Der Abfahrt eines jeden Zuges muß ein Achtungssignal vorhergehen.
(4) Einzelne Fahrzeuge müssen auf freier Bahn bei Dunkelheit durch Lichtsignale gekennzeichnet sein.

§. 41. Signale auf freier Strecke.

Auf der Bahn müssen die Signale gegeben werden können:
der Zug soll langsam fahren und
der Zug soll halten.

§. 42. Signale des Wagenpersonals.

Das Wagenpersonal muß ein Nothsignal an den Lokomotivführer geben können.

§. 43. Signale des Lokomotivpersonals.

Das Lokomotivpersonal muß die Signale geben können:
Achtung,
Bremsen anziehen und
Bremsen loslassen.

§. 44. Elektrische Verbindungen.

(1) Die Bahnhöfe und Haltestellen müssen zur Verständigung unter einander mit elektrischen Telegraphen ausgerüstet sein. Auch müssen sämmtliche Wärter zwischen je zwei Stationen durch elektrische Signale von dem Abgange der Züge benachrichtigt werden können.
(2) Zum Herbeirufen von Hülfslokomotiven auf elektrischem Wege müssen entweder in den Zügen oder an geeigneten Stellen der Bahn entsprechende Vorichtungen vorhanden sein. [711]

§. 45. Signalisirung der nicht fahrplanmäßigen Züge.

(1) Nicht fahrplanmäßige Züge oder Lokomotiven müssen in der Regel durch ein Signal an dem in der einen oder anderen Richtung zunächst vorher gehenden Zuge oder schriftlich den Bahnwärtern angekündigt werden.
(2) Kann eine solche Ankündigung nicht stattfinden, so dürfen nicht fahrplanmäßige Züge oder Lokomotiven nur abgelassen werden, wenn eine bezügliche Verständigung der beiden betreffenden Stationen stattgefunden hat und die Wärter zeitig vorher von dem Abgang derselben durch elektrische Signale benachrichtigt sind.
(3) Von den vorstehenden Bestimmungen sowie von der Vorschrift im §. 35 kann – unter persönlicher Verantwortlichkeit des Stationsvorstehers oder des sonst zuständigen Betriebsbeamten – abgesehen werden bei Hülfszügen und Hülfslokomotiven, welche aus Anlaß von Eisenbahnunfällen, Feuersbrünsten oder sonstigen außerordentlichen Ereignissen plötzlich erforderlich werden. Dieselben dürfen in solchen Fällen nur mit einer Geschwindigkeit von höchstens 30 Kilometer in der Stunde fahren.

§. 46. Signale für die Ein- und Ausfahrt der Züge.

(1) Bevor das Signal zur Ein- oder Durchfahrt für einen Zug gegeben oder ein Zug von der Station abgelassen wird, ist genau zu prüfen, ob die Gleise, welche derselbe zu durchlaufen hat, frei und die betreffenden Weichen richtig gestellt sind (§. 1(3)).
(2) Das Einfahrtssignal für einen Zug darf nur durch den dienstthuenden Stationsbeamten selbst oder im jedesmaligen Auftrage desselben durch einen anderen Beamten oder verpflichteten Arbeiter gegeben werden. Kann dieser Auftrag nicht mündlich ertheilt werden, so ist durch geeignete Einrichtungen eine zuverlässige Uebermittelung desselben zu ermöglichen.
(3) Falls die von einem Zuge zu durchfahrenden Weichen von einem Stellwerk aus gestellt oder verriegelt werden, muß dem dienstthuenden Stationsbeamten durch Signale, deren Stellung mit derjenigen der Weichen in gegenseitiger Abhängigkeit steht, oder auf andere geeignete Weise die Möglichkeit gewährt sein, sich bei Ertheilung der Erlaubniß zur Ein-, Aus- oder Durchfahrt des Zuges von der richtigen Stellung jener Weichen zu überzeugen.
(4) Für die Weichen in den Hauptgleisen ist eine bestimmte Grundstellung als Regel vorzuschreiben.

§. 47. Signale an Wasserkrahnen.

Die Stellung der drehbaren Ausgußröhren muß im Dunkeln durch Signale kenntlich gemacht sein. [712]

§. 48. Verständigung des Zugpersonals unter sich.

(1) Das Zugpersonal darf während der Fahrt nur einem, für die Ordnung und Sicherheit des Zuges vorzugsweise verantwortlichen Beamten untergeordnet und muß so vertheilt sein, daß dadurch die Uebersicht über den ganzen Zug mit Erkennung der Signale und die Verständigung des Wagenpersonals mit dem Lokomotivführer ermöglicht wird.
(2) Bei allen Zügen muß eine mit der Dampfpfeife der Lokomotive oder mit einem Wecker an der Lokomotive verbundene Zugleine oder eine andere geeignete Vorrichtung angebracht sein, welche bei Personenzügen über den ganzen Zug und bei Güterzügen, wie bei Zügen, welche fahrplanmäßig sowohl zur Güter- als auch zur Personenbeförderung bestimmt sind, sowie bei Militärzügen mindestens bis zum wachthabenden Fahrbeamten geführt sein muß.
(3) Bei Personenzügen, die mit durchgehenden Bremsen ausgerüstet sind, welche bei einer Zugtrennung selbstthätig in Wirksamkeit treten und es außer dem Lokomotivführer auch dem wachthabenden Fahrbeamten und den Reisenden ermöglichen, den Zug zum Stehen zu bringen, darf von der Mitführung der Zugleine oder der dieselbe ersetzenden anderen Vorrichtung (Absatz (2)) Abstand genommen werden.
(4) Dasselbe gilt von Zügen, welche von einer anschließenden Nebeneisenbahn auf die Hauptbahn übergehen und daselbst mit keiner größeren Geschwindigkeit verkehren, als für dieselben auf der Anschlußbahn zugelassen ist.

§. 49. Maßregeln bei betriebstörenden Ereignissen.

Wenn in Folge eines betriebstörenden Ereignisses ein Zug auf der Bahn liegen bleiben muß, sind in der Richtung, aus welcher andere Züge sich auf dem versperrten Gleise nähern könnten, sichere Maßregeln zu treffen, durch welche solche Züge zeitig genug von dem Orte, wo der Zug liegt, in Kenntniß gesetzt werden.

§. 50. Signalordnung.

(1) Für die gemäß §§. 40 bis 49 erforderlichen Signale sind die Vorschriften der Signalordnung für die Eisenbahnen Deutschlands maßgebend.
(2) Führen mehrere Bahnlinien neben einander her, so ist den Signalen an denselben eine Stellung zu geben, welche der Lage der Bahnlinien zu einander entspricht.

§. 51. Stellung und Bedienung spitzbefahrener Weichen.

(1) Jede Weiche, gegen deren Spitze fahrplanmäßige Züge fahren, muß während des Durchgangs des Zuges entweder verriegelt oder verschlossen gehalten werden oder von einem Weichensteller bewacht sein. [713]
(2) Den Weichenstellern an der Einfahrt in größere Stationen oder Zweigbahnen, sowie an den auf freier Bahn gelegenen Ausweichungen, ebenso den auf der Fahrt befindlichen Lokomotivführern, Heizern und Bremsern dürfen Geschäfte, durch welche die sorgfältige Wahrnehmung ihres Dienstes beeinträchtigt werden könnte, nicht aufgetragen oder gestattet werden.

§. 52. Bedienung und Führung der Lokomotiven.

(1) Jede angeheizte Lokomotive muß während ihrer Bewegung mit einem Führer und einem Heizer besetzt sein.
(2) Die Führung der Lokomotiven darf nur solchen Personen übertragen werden, welche mindestens 21 Jahre alt und unbescholtenen Rufes sind und ihre Befähigung als Lokomotivführer unter Beachtung der vom Bundesrath darüber erlassenen Vorschriften nachgewiesen haben.
(3) Die Heizer müssen mit der Handhabung der Lokomotiven mindestens soweit vertraut sein, um dieselben erforderlichenfalls still- oder zurückstellen zu können.

IV. Bestimmungen für das Publikum.

§. 53. Allgemeine Bestimmungen.

Die Eisenbahnreisenden und das sonstige Publikum müssen den allgemeinen Anordnungen nachkommen, welche von der Bahnverwaltung behufs Aufrechthaltung der Ordnung innerhalb des Bahngebiets und bei der Beförderung von Personen und Sachen getroffen werden, und haben den dienstlichen Anordnungen der in Uniform befindlichen oder mit einem Dienstabzeichen oder einem sonstigen Ausweis über ihre amtliche Eigenschaft versehenen Bahnpolizeibeamten (§. 66) Folge zu leisten.

§. 54. Betreten der Bahnanlagen.

(1) Das Betreten der Bahn einschließlich der zugehörigen Böschungen, Dämme, Gräben, Brücken und sonstigen Anlagen ist ohne Erlaubnißkarte nur den Aufsichtsbehörden und deren Vertretern, den in der Ausübung ihres Dienstes befindlichen Beamten der Staatsanwaltschaften, den Forstschutz- und Polizeibeamten, den zur Wahrnehmung des Zoll-, Steuer- oder Telegraphendienstes innerhalb des Bahngebiets berufenen Beamten, sowie den zu Besichtigungen dienstlich entsendeten deutschen Offizieren gestattet; dabei ist jedoch die Bewegung wie der Aufenthalt zwischen den Schienen eines jeden Gleises zu vermeiden. Die bezeichneten Personen, sowie die nach §. 55 zum Betreten der dem übrigen [714] Publikum nicht geöffneten Stations- und Diensträume berechtigten Beamten haben, sofern sie nicht durch ihre Uniform kenntlich sind, sich durch eine Bescheinigung ihrer vorgesetzten Dienstbehörde auf Erfordern auszuweisen.
(2) Das Publikum darf die Bahn nur an den zu Uebergängen bestimmten Stellen überschreiten, und zwar nur solange, als dieselben nicht durch Schranken geschlossen sind. Die mit Drehkreuzen oder anderen in gleicher Weise sichernden Verschlüssen versehenen Uebergänge (§. 4(3)) dürfen nur überschritten werden, wenn kein Zug in Sicht ist.
(3) In allen Fällen ist jeder unnöthige Verzug zu vermeiden.
(4) Die Gewährung von Erlaubnißkarten zum Betreten der vorstehend bezeichneten Bahnanlagen bedarf der Genehmigung der Aufsichtsbehörde.
(5) Es ist untersagt, die Schranken oder sonstigen Einfriedigungen eigenmächtig zu öffnen, zu überschreiten oder zu übersteigen, oder etwas darauf zu legen oder zu hängen.

§. 55. Betreten der Stationen.

(1) Außerhalb der bestimmungsmäßig dem Publikum für immer oder zeitweise geöffneten Räume darf niemand die Station ohne Erlaubnißkarte betreten, mit Ausnahme der in Ausübung ihres Dienstes befindlichen Chefs der Militär- und Polizeibehörde, sowie der im §. 54 gedachten und der Postbeamten.
(2) Den Offizieren und in Uniform befindlichen Beamten der deutschen Festungsbehörden ist gestattet, die Stationen sowie den Bahnkörper innerhalb des Festungsbereichs bis zur äußersten Grenze der Tragweite der Geschütze zu betreten.
(3) Für das Anhalten von Wagen behufs Aufnahme oder Absetzung von Personen, sowie zur Abholung oder Zufuhr von Gütern sind nur die dafür bestimmten Stellen auf den Vorplätzen der Stationen und auf den Plätzen an den Ladegleisen und den Güterschuppen zu benutzen.
(4) Die Ueberwachung der Ordnung auf diesen für die Fuhrwerke bestimmten Plätzen steht den Bahnpolizeibeamten zu, insofern in dieser Beziehung nicht besondere Vorschriften ein Anderes bestimmen.

§. 56. Hinüberschaffen von Gegenständen über die Bahn.

Das Hinüberschaffen von Pflügen und Eggen, sowie von Baumstämmen und anderen schweren Gegenständen über die Bahn darf, sofern solche nicht getragen werden, nur auf Wagen oder untergelegten Schleifen erfolgen.

§. 57. Betreten der Bahn durch Vieh.

(1) Für das Betreten der Bahn und der dazu gehörigen Anlagen durch Vieh bleibt derjenige verantwortlich, welchem die Aufsicht über dasselbe obliegt. [715]
(2) Das Treiben von größeren Viehherden über die Bahnübergänge ist innerhalb 10 Minuten vor dem erwarteten Eintreffen eines Zuges nicht mehr gestattet.

§. 58. Benutzung von Privatübergängen.

Privatübergänge dürfen nur von den Berechtigten unter den von der Aufsichtsbehörde genehmigten Bedingungen benutzt werden (§. 5(5)).

§. 59. Geschlossene Uebergänge.

Solange die Uebergänge geschlossen sind, müssen Fuhrwerke, Reiter, Treiber von Viehherden und Führer von Lastthieren bei den aufgestellten Warnungstafeln halten. Das Gleiche gilt, sobald die Glocken an den mit Zugschranken versehenen Uebergängen ertönen. Fußgänger dürfen sich den geschlossenen Schranken nähern, dieselben aber nicht öffnen.

§. 60. Bahnbeschädigungen und Betriebsstörungen.

Jede Beschädigung der Bahn und der dazu gehörigen Anlagen mit Einschluß der Telegraphen, sowie der Betriebsmittel nebst Zubehör, imgleichen das Auflegen von Steinen, Holz und sonstigen Sachen auf das Planum, oder das Anbringen sonstiger Fahrthindernisse ist verboten, ebenso die Erregung falschen Alarms, die Nachahmung von Signalen, die Verstellung von Ausweichevorrichtungen und überhaupt die Vornahme aller, den Betrieb störenden Handlungen.

§. 61. Verhalten der Reisenden beim Ein- und Aussteigen und während der Fahrt.

(1) Solange ein Zug sich in Bewegung befindet, ist das Ein- und Aussteigen und der Versuch dazu, sowie das eigenmächtige Oeffnen der an den Langseiten der Wagen befindlichen Thüren verboten.
(2) Es ist untersagt, Gegenstände, durch welche Personen oder Sachen beschädigt werden können, während der Fahrt aus dem Wagen zu werfen.

§. 62. Bestrafung von Uebertretungen.

Wer den Bestimmungen der §§. 53 bis 61 und den nachfolgenden Bestimmungen der Verkehrsordnung für die Eisenbahnen Deutschlands zuwiderhandelt, welche also lauten:
„Feuergefährliche sowie andere Gegenstände, die auf irgend eine Weise Schaden verursachen können, insbesondere geladene Gewehre, [716] Schießpulver, leicht entzündliche Stoffe und dergleichen, sind von der Mitnahme ausgeschlossen.
Die Eisenbahnbediensteten sind berechtigt, sich von der Beschaffenheit der mitgenommenen Gegenstände zu überzeugen.
Jägern und im öffentlichen Dienste stehenden Personen ist die Mitführung von Handmunition gestattet.“
wird mit Geldstrafe bis zu einhundert Mark bestraft, sofern nicht nach den allgemeinen Strafbestimmungen eine härtere Strafe verwirkt ist.

§. 63. Befugnisse der Bahnpolizeibeamten.

(1) Die Bahnpolizeibeamten (§. 66) sind befugt, einen Jeden vorläufig festzunehmen, der auf der Uebertretung der im §. 62 gedachten Bestimmungen betroffen oder unmittelbar nach der Uebertretung verfolgt wird und sich über seine Person nicht auszuweisen vermag. Derselbe ist mit der Festnahme zu verschonen, wenn er eine angemessene Sicherheit bestellt. Die Sicherheit darf den Höchstbetrag der angedrohten Strafe nicht übersteigen.
(2) Enthält die strafbare Handlung ein Verbrechen oder Vergehen, so kann sich der Schuldige durch eine Sicherheitsbestellung der vorläufigen Festnahme nicht entziehen.

§. 64. Verfahren im Falle einer Festnahme.

(1) Der Festgenommene ist unverzüglich, sofern er nicht wieder in Freiheit gesetzt wird, dem Amtsrichter oder der Polizeibehörde desjenigen Bezirks, in welchem die Festnahme erfolgt, vorzuführen.
(2) Erfolgt die Ablieferung des Festgenommenen nicht durch Bahnpolizeibeamte, so hat der die Ablieferung anordnende Beamte eine mit seinem Namen und seiner Dienststellung bezeichnete Festnehmungskarte mitzugeben, auf welcher der Grund der Festnahme anzugeben ist.

§. 65. Aushang von Vorschriften. Beschwerdebuch.

Ein Abdruck der §§. 53 bis 65 dieser Vorschriften und der §§. 13, 15, 18, 20, 21 und §. 29(5) der Verkehrsordnung für die Eisenbahnen Deutschlands ist in jedem Warteraum auszuhängen. Bei jedem Stationsvorstande ist ein dem Publikum zugängliches Beschwerdebuch auszulegen. [717]

V. Bahnpolizeibeamte.

§. 66. Benennung.

(1) Zur Ausübung der Bahnpolizei sind zunächst berufen diejenigen Personen, welche mit den Verrichtungen betraut sind der:
1. Betriebsdirektoren und Oberingenieure,
2. Betriebsinspektoren und Bauinspektoren,
3. Baumeister und Ingenieure,
4. Bahnkontrolöre und Betriebskontrolöre,
5. Stationsvorsteher, Stationsaufseher und Stationsassistenten,
6. Rangirmeister,
7. Bahnmeister,
8. Haltestellenaufseher und Weichensteller,
9. Haltepunktwärter und Bahnwärter,
10. Zugführer,
11. Packmeister,
12. Schaffner,
13. Wagenwärter und Bremser,
14. Stationsdiener,
15. Nachtwächter.
(2) Die Bahnpolizeibeamten müssen bei Ausübung ihres Dienstes die vorgeschriebene Dienstuniform oder das festgestellte Dienstabzeichen tragen oder mit einem sonstigen Ausweis über ihre amtliche Eigenschaft versehen sein.

§. 67. Dienstanweisung.

Allen im §. 66 genannten Bahnpolizeibeamten, welche in der zur Sicherung des Betriebes erforderlichen Anzahl angestellt werden müssen, sind von der Eisenbahnverwaltung über ihre Dienstverrichtungen und ihr gegenseitiges Dienstverhältniß schriftliche oder gedruckte Anweisungen zu ertheilen.

§. 68. Befähigung.

(1) Alle zur Ausübung der Bahnpolizei berufenen Beamten müssen mindestens 21 Jahre alt und unbescholtenen Rufes sein, lesen und schreiben können, und die sonst zu ihrem besonderen Dienste erforderlichen Eigenschaften besitzen. Diese müssen bezüglich der im §. 66 Nr. 5 bis 15 aufgeführten Beamten den vom Bundesrath erlassenen Bestimmungen über die Befähigung von Eisenbahnbetriebsbeamten entsprechen. [718]
(2) Die Bahnpolizeibeamten werden von der zuständigen Behörde vereidigt. Sie treten alsdann in Beziehung auf die ihnen übertragenen Dienstverrichtungen dem Publikum gegenüber in die Rechte der öffentlichen Polizeibeamten.
(3) Auf die Offiziere und Mannschaften der militärischen Formationen für Eisenbahnzwecke finden obige Vorschriften über das Alter und die Vereidigung keine Anwendung.

§. 69. Pflichten gegen das Publikum. Personalakten.

(1) Die Bahnpolizeibeamten haben dem Publikum gegenüber ein besonnenes, anständiges und rücksichtsvolles Benehmen zu beobachten und sich insbesondere jedes herrischen und unfreundlichen Auftretens zu enthalten.
(2) Unziemlichkeiten sind von den Vorgesetzten nöthigenfalls durch angemessene Strafen zu ahnden.
(3) Diejenigen Bahnpolizeibeamten, welche sich als zur Ausübung ihres Dienstes ungeeignet zeigen, müssen sofort von der Wahrnehmung polizeilicher Verrichtungen entfernt werden.
(4) Die Bahnverwaltung ist verbunden, über jeden Bahnpolizeibeamten Personalakten anzulegen und fortzuführen.

§. 70. Bezirk der Amtsthätigkeit.

Die Amtsthätigkeit der Bahnpolizeibeamten erstreckt sich ohne Rücksicht auf den ihnen angewiesenen Wohnsitz auf die ganze Bahn, die dazu gehörigen Anlagen und soweit, als solches zur Handhabung der für den Eisenbahnbetrieb geltenden Polizeiverordnungen erforderlich ist.

§. 71. Gegenseitige Unterstützung der verschiedenen Polizeibeamten.

Die sonstigen Polizeibeamten sind verpflichtet, die Bahnpolizeibeamten auf deren Ersuchen in der Handhabung der Bahnpolizei zu unterstützen. Ebenso sind die Bahnpolizeibeamten verbunden, den übrigen Polizeibeamten bei der Ausübung ihres Amts innerhalb des im vorhergehenden Paragraphen bezeichneten Gebiets Beistand zu leisten, soweit es die den Bahnbeamten obliegenden besonderen Pflichten zulassen.

VI. Aufsichtsbehörden.

§. 72.

Welche Behörden in jedem Bundesstaate unter der Bezeichnung Landes-Aufsichtsbehörde und Aufsichtsbehörden im Sinne dieser Vorschriften zu verstehen [719] sind, wird von der Centralbehörde des Bundesstaates bestimmt und dem Reichs-Eisenbahn-Amt mitgetheilt. Für die Reichs-Eisenbahnen in Elsaß-Lothringen erfolgt diese Festsetzung und Mittheilung durch die zuständige oberste Reichsbehörde.

VII. Uebergangs- und Ausnahmebestimmungen.

§. 73.

(1) Sofern auf einer Bahn einzelne in diesen Vorschriften vorgesehene Einrichtungen noch nicht bestehen, auch ihre Herstellung ohne besondere Schwierigkeiten bis zu dem im §. 74 bestimmten Zeitpunkt nicht zu bewirken ist, können für deren Ausführung von der betreffenden Landes-Aufsichtsbehörde mit Zustimmung des Reichs-Eisenbahn-Amts angemessene Fristen bewilligt werden.
(2) Befristungen, welche bereits auf Grund der bisher gültigen Vorschriften bewilligt sind, werden hiervon nicht berührt.
(3) Für die an den Grenzen Deutschlands gelegenen Strecken, welche von ausländischen Bahnverwaltungen betrieben werden, können Ausnahmen bezüglich dieser Vorschriften von der betreffenden Landes-Aufsichtsbehörde unter Zustimmung des Reichs-Eisenbahn-Amts bewilligt werden.
(4) Das Reichs-Eisenbahn-Amt ist ferner ermächtigt, für gewisse Züge und Zuggattungen einer Hauptbahn auf Antrag der zuständigen Landes-Aufsichtsbehörde erleichternde Abweichungen von einzelnen Bestimmungen dieser Vorschriften zuzulassen.

VIII. Schlußbestimmungen.

§. 74.

(1) Diese Betriebsordnung tritt mit dem 1. Januar 1893 in Kraft und findet Anwendung auf allen dem öffentlichen Verkehr dienenden Eisenbahnen Deutschlands mit Ausnahme derjenigen, für welche nach der Entschließung der zuständigen Landes-Aufsichtsbehörde mit Zustimmung des Reichs-Eisenbahn-Amts die Bahnordnung für die Nebeneisenbahnen Deutschlands maßgebend ist.
(2) Dieselbe wird durch das Reichs-Gesetzblatt veröffentlicht.
(3) Die von den Bundesregierungen oder Eisenbahnverwaltungen erlassenen Ausführungsbestimmungen sind dem Reichs-Eisenbahn-Amt mitzutheilen.
(4) In der Betriebsordnung sind
a) unter der Bezeichnung Station folgende Unterarten zu unterscheiden:
1. Bahnhöfe als Stationen mit bedeutenderem Verkehr, [720]
2. Haltestellen als Stationen mit geringerem Verkehr, welche mit mindestens einer Weiche für den öffentlichen Verkehr versehen sind,
3. Haltepunkte als Stationen, welche mit Weichen für den öffentlichen Verkehr nicht versehen sind;
b) als Hauptgleise der Bahnhöfe und Haltestellen diejenigen Gleise anzusehen, welche von geschlossenen Zügen im regelmäßigen Betriebe befahren werden.
Berlin, den 5. Juli 1892.
Der Reichskanzler.

Graf von Caprivi.

Anlagen