Bekanntmachung, betreffend die Bekämpfung der Reblaus in einigen Weinbaugegenden

Gesetzestext
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Titel: Bekanntmachung, betreffend die Bekämpfung der Reblaus in einigen Weinbaugegenden.
Abkürzung:
Art:
Geltungsbereich:
Rechtsmaterie:
Fundstelle: Deutsches Reichsgesetzblatt Band 1905, Nr. 32, Seite 690 - 694
Fassung vom: 7. Juli 1905
Ursprungsfassung:
Bekanntmachung: 13. Juli 1905
Inkrafttreten:
Anmerkungen:
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[690]

(Nr. 3153.) Bekanntmachung, betreffend die Bekämpfung der Reblaus in einigen Weinbaugegenden. Vom 7. Juli 1905.

Nachdem die Unterdrückung der Reblaus in den nachstehend bezeichneten Gegenden, nämlich

1. dem thüringischen Seuchengebiete, bestehend aus
den Kreisen Querfurt, Naumburg, Weißenfels, Stadtkreis Erfurt, Landkreis Erfurt, Langensalza, Weißensee und Eckartsberga der Provinz Sachsen,
dem Großherzogtume Sachsen,
den Herzogtümern Sachsen-Meiningen, Sachsen-Altenburg, Sachsen-Coburg-Gotha, mit Ausnahme der Exklaven Königsberg in Franken, Erlsdorf und Nassach,
den Fürstentümern Schwarzburg-Rudolstadt und Schwarzburg-Sondershausen;
2. dem sächsischen Seuchengebiete, bestehend aus
dem Stadtkreise Dresden und den amtshauptmannschaftlichen Bezirken Großenhain, Meißen, Dresden-Altstadt, Dresden-Neustadt, Pirna, Oschatz und Grimma des Königreichs Sachsen;
3. dem Seuchengebiete bei Metz, das ist dem nach Norden und Osten durch die Gemarkungen Amanweiler, Norroy le Veneur, Woippy, Maxe, Arqancy, Chailly, Antilly, Sanry, St. Barbe, Servigny, Nouilly, Noisseville, Vantoux, Borny, Peltre, Chesny, Fleury, Verny, Pommérieux und Louvigny des Landkreises Metz, im Süden und Westen durch die französische Grenze abgeschlossenen Gebiete;
4. der Gemarkung Montdidier, Kreis Chateau Salins, in Lothringen

als nicht mehr durchführbar erkannt ist, hat der Bundesrat auf Grund des § 13 Abs. 2 des Gesetzes, betreffend die Bekämpfung der Reblaus, vom 3. Juli 1904 die folgenden Anordnungen erlassen:

A. Beschränkung der gesetzlichen Maßregeln zur Bekämpfung der Reblaus.

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Für die bezeichneten Seuchengebiete werden
1. die Landesregierungen ermächtigt,
a) die nach § 1 des Gesetzes vorgeschriebene Beaufsichtigung auf die Beobachtung und Feststellung des äußerlich wahrnehmbaren Rückganges der Rebpflanzungen zu beschränken, insbesondere von der Begehung der dem Weinbaue dienenden Rebpflanzungen durch [691] Kolonnen – Nr. 4 der Ausführungsgrundsätze, Zentralblatt für das Deutsche Reich 1905 Nr. 11 – abzusehen;
b) die durch § 2 Abs. 1 des Gesetzes den zuständigen Behörden auferlegte Tätigkeit unter Berücksichtigung der zum Schutze des übrigen Weinbaues in den nachstehenden §§ 2 bis 6 gegebenen Anordnungen darauf zu beschränken, daß durch geeignete Maßregeln der Verbreitung der Reblaus auf andere Gegenden tunlichst vorgebeugt werde;
2. die folgenden Vorschriften des Gesetzes außer Anwendung gesetzt:
a) § 1, § 2 Abs. 1, soweit sie den unter 1 getroffenen Anordnungen entgegenstehen;
b) § 2 Abs. 4, § 3 Abs. 3, soweit es sich um den Verkehr innerhalb eines der Seuchengebiete oder um die Einfuhr in eines derselben oder um den Verkehr zwischen dem thüringischen und dem sächsischen Seuchengebiete handelt, § 4; den zuständigen Behörden bleibt jedoch unbenommen, entsprechende, den örtlichen Bedürfnissen angemessene Vorschriften auf Grund des § 2 des Gesetzes zu erlassen.

B. Schutz des übrigen Weinbaues.

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In den bezeichneten Seuchengebieten sind durch die zuständigen Behörden, unbeschadet der aus dem Gesetze sich ergebenden weiteren Obliegenheiten, die in den §§ 3 bis 6 bestimmten Maßregeln durchzuführen.
Teile eines Seuchengebiets dürfen mit Teilen des übrigen Weinbaugebiets nicht in einem Weinbaubezirke vereinigt werden.
Die Anzucht von Reben in oder in Verbindung mit Handelsgärtnereien, Handelsbaumschulen oder anderen Betrieben, in welchen Pflanzen zum Zwecke des Handels herangezogen werden, sowie die Anzucht von Reben zum Zwecke des Handels ist zu untersagen.
Ausnahmen sind zulässig für Anlagen des Staates sowie für Anlagen von Gemeinden, sofern sie unter unmittelbarer Aufsicht der Landesbehörden stehen. Die Bewilligung weiterer Ausnahmen bedarf der Zustimmung des Reichskanzlers.
Rebpflanzungen, deren Anlage hiernach unzulässig wäre, sind zu vernichten.
Die von dem Verbote des Abs. 1 betroffenen Betriebe sind in einer Zeitfolge von höchstens drei Jahren der Kontrolle durch amtlich bestellte Sachverständige zu unterwerfen. [692]
Personen, die mit bewurzelten Pflanzen Handel treiben, ist die Abgabe und der Versand von Reben in ihrem Geschäftsbetriebe zu untersagen.
Zu untersagen ist außerdem die Ausfuhr
a) von Reben oder Rebteilen mit Einschluß des trockenen Rebholzes, soweit sie nicht bereits durch § 3 Abs. 3 des Gesetzes untersagt ist, von gebrauchten Rebpfählen, Rebbändern oder Weinbaugerätschaften, von Dünger, Kompost oder aus Rebpflanzungen entnommene Erde oder einzelnen Bodenbestandteilen;
b) von bewurzelten Pflanzen oder unterirdischen Teilen von Pflanzen, die im Gemenge mit Reben oder in der Nähe von Reben gewachsen sind – § 2 Abs. 2 Nr. 4 des Gesetzes, Nr. 23 Abs. 3 der Ausführungsgrundsätze –,
aus den bezeichneten Seuchengebieten. Die Bewilligung von Ausnahmen bedarf der Zustimmung des Reichskanzlers. Diese Vorschriften finden keine Anwendung auf den Verkehr zwischen dem thüringischen und dem sächsischen Seuchengebiete.
Der Verkehr innerhalb jedes einzelnen Seuchengebiets unterliegt der Regelung durch die zuständigen Behörden und, soweit verschiedene Bundesstaaten in Frage kommen, der Vereinbarung unter den beteiligten Bundesregierungen.
Zum Schutze der dem Seuchengebiete bei Metz nördlich benachbarten Weinbaugebiete sind außerdem die in den §§ 8 bis 13 bestimmten Maßregeln durchzuführen.
Innerhalb des die Gemarkungen Fentsch, Lommeringen, Neunhäuser, Kneutingen, Hayingen, Marspich, Ersingen, Rangwall, Flörchingen, Schremingen, Fameck, Ückingen, den nördlich der Ortschaft gelegenen Teil der Gemarkung Reichersberg, des Kreises Diedenhofen-West, Illingen, Bertringen, Niederginingen, Buß außer Blettingen, Stückingen, Wolsdorf, Rörchingen außer Monterchen, Metzerwiese, Metzeresch, Lüttingen, Endorf, Bettsdorf des Kreises Diedenhofen-Ost, Vigy, Villers-Bettnach, Vry, Charleville, Haiß des Landkreises Metz, Gehnkirchen, Ruplingen, Heinkingen, Bolchen, Helsdorf, Hallingen, Dentingen, Momersdorf, Teterchen, Kuhmen, Niederwiese, Hargarten, Gertingen, Falk, Merten und Kreuzwald des Kreises Bolchen umfassenden Landstrichs – Schutzzone – sind die vorhandenen Rebpflanzungen zu vernichten; die Anpflanzung von Reben ist zu verbieten.
Die Vernichtung der Rebpflanzungen muß bis zum 1. Mai 1906 erfolgen. [693]
Von der Vernichtung dürfen ausgenommen werden
a) Zierreben und einzeln stehende Spalierreben an Häusern und in eingefriedigten Gärten, wenn sie mit anderen Rebpflanzungen nicht in Verbindung stehen;
b) die Rebpflanzungen am Justberg in der Gemarkung Fameck sowie die Rebpflanzungen in den Gemarkungen Reichersberg, Endorf, Villers-Bettnach, Charleville, Dentingen, Kuhmen, Hargarten.
Von dem Verbote der Anpflanzung von Reben darf ausgenommen werden die Ausbesserung der Rebpflanzungen am Justberg in der Gemarkung Fameck.
Geringfügige Abweichungen von diesen Anordnungen können durch den Reichskanzler zugelassen werden.
In den nördlich der Schutzzone liegenden lothringischen Gemarkungen sowie in den preußischen Kreisen Saarlouis, Merzig, Saarburg und Saarbrücken ist die Anpflanzung von Reben zur Gewinnung von Rotwein zu untersagen.
Aus den Gemarkungen Rettel, Oberkontz, Sierck und Apach des Kreises Diedenhofen-Ost ist ein besonderer Weinbaubezirk zu bilden.
Die nördlich des Metzer Seuchengebiets in Lothringen liegenden Rebpflanzungen sind ebenso wie die Rebpflanzungen in den benachbarten Kreisen der Rheinprovinz alljährlich durch Kolonnen von Sachverständigen zu begehen – Nr. 4 der Ausführungsgrundsätze –; bei jeder Begehung sind Wurzeluntersuchungen in der Art vorzunehmen, daß in regelmäßigem Wechsel mindestens in dem vierten Teile der Rebpflanzungen je der vierte Teil der Rebstöcke angeschlagen wird.
In der gleichen Zeitfolge sind innerhalb der Schutzzone die Spalier- und Zierreben durch Sachverständige zu untersuchen.
In dem im § 11 bezeichneten Gebiete sind die bei der Bekämpfung der Reblaus bewährten Maßregeln nach Maßgabe der Grundsätze für die Ausführung der §§ 1 bis 3 des Gesetzes mit besonderem Nachdrucke zur Anwendung zu bringen; außerdem ist
a) die Neuanlage von Reben – Nr. 21 der Grundsätze – von behördlicher Genehmigung abhängig zu machen;
b) eine strenge Kontrolle des zur Anlage und zur Ausbesserung der Rebpflanzungen dienenden Materials durchzuführen; [694]
c) die Desinfektion dieses Materials vor der Verwendung anzuordnen und zu überwachen;
d) anzuordnen, daß Abfallholz von Reben an Ort und Stelle verbrannt werden muß.
Die Maßregeln zur Durchführung des § 11 Abs. 1 und des § 12 sind für die benachbarten preußischen und elsaß-lothringischen Landesteile tunlichst einheitlich zu gestalten.
Berlin, den 7. Juli 1905.
Der Reichskanzler.

In Vertretung:
Graf von Posadowsky.