Beim Präsidium des „Ulk“ in Haspe

Textdaten
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Autor: F. B.
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Titel: Beim Präsidium des „Ulk“ in Haspe
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aus: Die Gartenlaube, Heft 39, S. 613–615
Herausgeber: Ernst Keil
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Erscheinungsdatum: 1868
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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Beim Präsidium des „Ulk“ in Haspe.

„Bitte, was ist das?“ wurde ich auf meiner letzten Reise tief im Innern Rußlands gefragt, und der Sprecher, ein langbärtiger Mönch, legte mir die große Moskauer Zeitung vor die Augen. Seine hagern Finger ruhten auf den beiden einzigen deutschen Worten in der Riesennummer, und diese groß und fett gedruckten Worte hießen: Ulk und Haspe.

Ich konnte dem wißbegierigen Klosterbruder nur ungenügende Auskunft über die beiden geflügelten Worte geben, die hier fern von den Gestaden deutschen Geisteslebens gleich einer Degenspitze aus dem mir noch ungeläufigen Idiom hervorzuckten. Ich wußte selbst nichts weiter, als daß sich unter dem Namen Ulk in Haspe in Westphalen eine Gesellschaft witziger Männer gebildet hatte, welche von Zeit zu Zeit durch die Kundgebungen ihrer Laune auch in weiteren Kreisen Aufmerksamkeit erregte.

Eine Ausschußsitzung der Gesellschaft „Ulk“ in Haspe.
Nach einer Photographie.

Nach meiner Rückkehr auf die rothe Erde hatte ich selbstverständlich das Verlangen, mit dieser Gesellschaft – und zwar durch das Präsidium selbst – näher bekannt zu werden, als es der Mönch der schwarzen Erde durch mich geworden. Der Zug brauste vom Hagener Bahnhof ab und hielt nach wenigen Minuten an dem romantisch an der Enneper Straße liegenden Haspe, aus dessen Fabrikschloten der Rauch weithin wirbelte. Ich konnte nicht aussteigen und mich aufhalten, denn ich hatte diesmal keine Zeit dazu, ich musterte aber den Bahnhof und seine Umgebungen mit Argusaugen, um etwa den humoristischen Kopf zu entdecken, der auf die Schultern des Präsidiums des Ulk paßte. Verlorene Mühe! Der Bahnhof lag wie ausgestorben. Außer dem Mann im blauen Kittel, der den Glockenstrang hielt, um den Zug abzuläuten, sah ich nur die Gepäckschieber, sonst Niemand. Ich stimmte meine Wünsche herab. Wenn nur irgend ein verspätetes Mitglied des Ulk einstieg, so war ich schon zufrieden. Nichts! Die Tropenhitze hielt Jeden unter Dach und Fach. Nur der Rauch der Fabrikschornsteine spottete der Tagesgluth, ballte sich – so schien es wenigstens – zu humoristischen Köpfen und schnitt schadenfroh Gesichter in der Luft. Die Minute Aufenthalt war längst vorüber. Wozu hielt der Zug noch? Da wurde das Zeichen zur Abfahrt gegeben. Die Glocke läutete. Die Locomotive pfiff. Ich sank in die Kissen des Coupés zurück, und der Zug begann sich zu bewegen. Plötzlich wurde meine Coupéthür hastig geöffnet und wieder geschlossen. Ein Herr war eingestiegen.

Der Herr hatte einen sehr charakteristisch ausgeprägten Kopf. Sollte er aus Haspe, sollte er vielleicht gar ein Mitglied des Ulk sein? „Sie sind aus Haspe, mein Herr?“ frug ich nach einiger Zeit. Er verbeugte sich mit einem eigenthümlichen Lächeln, das meine Vermuthung bestärkte. „Ah Haspe, wo die Gesellschaft Ulk ihr Wesen treibt – vielleicht selbst Mitglied der Gesellschaft?“ ging ich nach einer weitern Pause direct auf das Ziel los. Abermaliges eigenthümliches Lächeln und abermals bejahendes Nicken. Ich sah mir meinen Mann noch schärfer an. Der ist am Ende gar der Präsident des Ulk selbst! Sicher, der und kein Anderer! [614] kam es jetzt über mich wie eine Offenbarung. „Sie sind der – Präsident des Ulk!“ platzte ich heraus.

„Warum nicht!“ erwiderte er, warf den Strohhut vom erhitzten Haupte und sah mich mit seinen bebrillten, stechenden Augen prüfend an. Dann flog ein pikantes humoristisches Lächeln über sein volles, blondbärtiges Gesicht; er machte mir eine neue Verbeugung, und ich erwiderte dieselbe. Hierauf erzählte ich mein Begegniß mit dem russischen Mönch und knüpfte daran die für das Präsidium höchst überraschende Mittheilung, daß die Namen Ulk und Haspe wie zwei räthselhafte Hieroglyphen ebenso oft in den entferntesten Winkeln der schwarzen Erde auftauchen, wie die Gesellschaft auf der rothen Erde ein neues Ehrenmitglied ernenne.

„Der Mönch wußte fast mehr, als ich!“ sprach ich fort. „Er fragte mich, warum denn das ,Kind von Frankreich’ zum Ehrenpräsidenten des Ulk ernannt worden?“

„Und was erwiderten Sie?“ fragte das Präsidium.

„Ich erwiderte einfach, daß solches in Folge der Ernennung des ,Kindes’ zum Präsidenten der Weltausstellung geschehen sei.“

„Und damit gab sich doch auch der Mönch zufrieden?“ sagte das Präsidium.

„Das that er durchaus nicht!“ sagte ich. „Er fragte, warum denn das ,Kind’ für den barocken Gedanken des Vaters habe büßen müssen?“

„Und darauf hatten Sie keine Antwort?“

„Nein, ich hatte keine! Bitte, geben Sie mir jetzt dieselbe!“ sagte ich.

Da hielt der Zug in Gevelsberg, und zwar in einem für das Präsidium höchst günstigen Augenblick, denn die Antwort bedurfte wenigstens einer Minute Ueberlegung.

„Wie, Sie steigen aus?“ fragte ich das Präsidium.

„Ich habe hier einen Bau zu besichtigen.“

„Bitte, laden Sie mich so bald als möglich zu einer Sitzung des Ulk ein. Hier ist meine Karte.“

„Soll gern und soll bald geschehen!“

Mit diesen Worten verschwand das Präsidium, und der Zug brauste weiter. –

Einige Tage später erhielt ich folgenden Brief: „Es wird mich recht freuen, wenn Sie mich morgen früh mit Ihrem Besuch beehren wollen. Wie ich aus Ihrem Briefe sehe, beabsichtigen Sie mit dem zweiten Zuge weiter zu reisen; sollten Sie hiermit den Zug, der um neun Uhr hier durchkommt, meinen, so mache ich Sie darauf aufmerksam, daß dieser Zug, der in Hamm den Berliner Schnellzug erreicht, hier nicht anhält. Wenn Sie Ihr Gepäck mit dem ersten Zuge bis Hagen durchgehen lassen, so können Sie den zweiten Zug in Hagen nur dadurch erreichen, daß Sie den Weg von hier bis dahin (eine halbe Stunde) zu Fuß machen, in welchem Falle ich Sie begleiten werde.

Ich hoffe, Sie werden länger Zeit haben und bis zum Zuge zehn Uhr und siebenzehn Minuten hier bleiben können.

Freundlichst grüßt 
der Vorstand der Gesellschaft Ulk.“

Ich fuhr denn an dem betreffenden Tage mit dem Frühzug nach Haspe. Das Städtchen lag sonntagstill da. Ich glaubte, auf dem Bahnhof vom Ausschuß des Ulk, oder doch vom Präsidium, empfangen zu werden, aber Niemand hatte sich zu meinem Empfange eingestellt. Eigenthümliche Gedanken durchkreuzten meinen Kopf. Mir war vor etlichen Tagen, und zwar von wohlunterrichteter Seite, mitgetheilt worden, daß schon Mancher, der den Ulk in Haspe sehen wollte, froh gewesen, mit einem blauen Auge wieder davongekommen zu sein. Selbst nach einem höflich abgefaßten und rechtzeitig eingegangenen Einladungsschreiben war doch das Endresultat nur eine „lange Nase“ gewesen. War doch ganz Hagen schon einmal – wie mir wohlbekannt – vom Ulk in’s Bockshorn gejagt worden.

Als sich nämlich der Riese Murphy in Elberfeld zeigte, wollte eine Schauspielertruppe in Hagen ihn ebenfalls fehen lassen. Der Riese aber meinte, es lohne sich nicht, die Siebenmeilenstiefel zum Zurücklegen einer so undankbaren mikroskopischen Entfernung anzuziehen, und sagte ab. Da kündigte plötzlich die Gesellschaft Ulk in Haspe an, daß sie den Riesen Murphy zu einem Besuch bewogen habe. Das große Hagen ärgerte sich über das kleine Haspe, dennoch strömten die Hagener schaarenweise nach der Metropole des Ulk. Der Ausstellungssaal war überfüllt. Jeder harrte gequetscht und schwitzend der Dinge, die da kommen sollten. – Der Vorhang rollte in die Höhe, – und was war zu sehen? Ein Paar auf einer Leiter stehende Riesenstiefel, daraus ein Paar riesige ausgestopfte Hosenbeine in eine Draperie emporragten. Der Riese selbst könne sich nicht sehen lassen, weil die geringe Höhe des Saales ihn daran hindere – so mußten sich jetzt die Hagener in die Ohren raunen lassen. – Ein Anderer, der aus weiter Ferne gekommen, um den Ulk „à tout prix“ zu sehen, soll in die Höhlen des Uebergangskalkgebirges bei Haspe und Milspe gelockt und hier bei vollkommener Finsterniß von einer satanischen Katzenmusik empfangen worden sein. – Noch ein Anderer hatte in Haspe den Ulk nirgends finden können und mußte, nachdem er „von Pontius zu Pilatus“ geschickt worden, dürstend und müde wie ein gehetzter Hirsch wieder abziehen, denn überall, wo er sich etwas für seinen bellenden Magen geben ließ, bekam er Ungenießbares.

Solche und ähnliche Bilder, besonders das geheimnißvolle: „Hast Du meiner Mutter Schlafmütze nicht gesehen?“ – „Nein, ich habe Deiner Mutter Schlafmütze nicht gesehen!“ welches mit der Virtuosität des Spottvogels in allen Tonarten, oft an öder Stelle am Felsenpfade, von einem Mitgliede oder einer ganzen Abtheilung des Ulk variirt wird, beschäftigten lebhaft meine Phantasie, als ich einsam wie ein Grenzpfahl vor dem Wirthshause stand, welches dem Hasper Bahnhof gegenüberliegt.

Die Wohnung des Präsidiums war mir von einem Elberfelder Schriftsteller, einem geheimen Mitgliede des Ulk – so vermuthete ich – als am oder im Hasper Bruch gelegen bezeichnet worden. Das Präsidium sollte auch Schmidt heißen, ein verfänglicher Name! Ich hatte einfach an den Vorstand der Gesellschaft Ulk adressirt und vom Vorstande Antwort erhalten. Da kam ein kleines Mädchen des Weges; es war im Sonntagsstaat und lächelte wie der junge Frühling.

„Mein Kind, wo wohnt hier Herr Schmidt?“ fragte ich.

Das Kind zeigte in verschiedenen Richtungen zu den Hasper Dächern empor und sagt: „Da und da und da wohnt ein Herr Schmidt.“

Hm! wenn das Präsidium einen Namen trug, der einer Unsumme von Erdenbewohnern anklebt, mußte ich doppelt vorsichtig sein. Ich wagte eine für das Kind allzu gelehrte Frage.

„Ist nicht ein Herr Schmidt Vorstand der Gesellschaft Ulk?“

„Ja, der Baumeister Schmidt am Hasper Bruch!“ antwortete das Mädchen rasch und machte große, helle Augen.

„Kind, das ist der richtige. Zu diesem Schmidt führe mich!“

Es geschah. Ich trat nach längerer Wanderung in ein geschmackvolles Haus, das entweder einem Baumeister gehören, oder doch von einem Baumeister mit ganz besonderer Sorgfalt herausgeputzt sein mußte. Mit der einen Seite lächelte es in einen hübschen Garten hinein, und mit der andern grüßte es zu den bewaldeten Höhen empor.

Das Präsidium war abwesend; es war nach dem Bahnhof gegangen. Wir hatten uns also verfehlt. Zur Strafe dafür mußte die Spitze der Gesellschaft Ulk in der Tropenhitze einsam heimwandern, und ich mußte bis zu ihrer Rückkehr mit furchtbarer Nüchternheit vor dem duftigsten Kaffee, den ein Menschenkind bereitet, lechzend sitzen. Ha, da erschien er in der Thür, der lächelnde humoristische Kopf, und bot die Hand zum Gruß. Er ließ sich und mich keinen Augenblick länger auf das Köstlichste warten, was es nach ausgestandener Drangsalshitze für einen Nüchternen Magen giebt, und bald sprudelte der duftende Trank Arabiens in die großen geblümten Tassen. Erst als eine hinreichende Anzahl von festlichen Kuchenschnitten das Zeitliche gesegnet und der Weihrauch der Havanna mit dem Duft des Mokka emporstieg, ging das Gespräch, welches anfangs nur in abgerissenen Sätzen mit Pantomimenbegleitung gepflogen wurde, in eine fesselndere Unterhaltung über.

„Ich glaubte, ich würde heute einer Sitzung des Ulk beiwohnen können!“ brach ich vom Zaun.

„Gewiß, sogar einer Ausschußsitzung! Belieben Sie sofort?“

„Ja, sofort, wenn ich bitten darf!“

Der Präsident erhob sich, näherte sich mit mir einer Thür und enthüllte eine durch eine Portière verhängte Glasscheibe. Ich sah hinein. Eine Ausschußsitzung des Ulk tagte. In einem sehr schön [615] decorirten Zimmer saßen drei Herren an einem Tische, darauf sich eine riesige Rheinweinflasche schlank wie der Straßburger Münster erhob. Neben diesem Riesenquell der Begeisterung und des sprudelnden Humors standen die mit dem goldigen Blut der Reben gefüllten Gläser.

„Mein Gott, Sie haben ja einen Doppelgänger?“ fragte ich erschreckt den Präsidenten.

Er nickte ernst und schweigend mit dem Kopfe.

An dem Tische saß wirklich eine Gestalt, die dem Präsidium glich, wie Hamlet’s Geist dem Geiste Hamlet’s. Sie sah mit den stechenden Augen, die hinter der classischen Brille lagen, an der Riesenflasche vorbei und zu einer vierten Gestalt hinüber, die an dem Tische, die Hände auf die Stuhllehne gestützt, mit einer Miene stand, mit welcher der Delinquent vor dem Richter zu stehen, pflegt, wenn dieser sich erhebt, um das Urtheil über Leben und Tod zu sprechen. Ja, diese vierte Gestalt sah nicht so heiter drein, wie das Triumvirat an der Tafel. Die ernsten Augen in dem marmorblassen Antlitz blickten zu Boden, oder senkten sich doch bis auf die Spitze des langen, langen Bartes hernieder. Die heroische, aber dabei doch unglückselige Figur legte feierlich Protest ein gegen ihre Aufnahme als Ehrenmitglied des Ulk, und ihre wahrscheinlich mit dumpfer Grabesstimme gesprochenen Worte wurden auf Befehl des Präsidenten von dem Schriftführer vermittelst einer Riesenfeder in das Manuscript der folgenden Nummer des Ulk-Kladderadatsches eingetragen. Dieses Urorgan des Humors, dieser würdige Sproß des Berliner Gelehrten-Kladderadatsches, hing in einem Exemplare einsam an der Wand, während der Berliner College kopfüber von der Tischkante herniederhing. Hinter dem Sitzungstisch prangten die von zwei Ehrenbüsten gehüteten Tafeln der Mitglieder und Ehrenmitglieder des Ulk. Ich konnte auf der ersteren nur den Namen des Präsidiums und auf der letzteren nur die Namen Wartensleben und Wantrup lesen. Wahrscheinlich folgten Eich (der vielgenannte Bürgermeister von Longerich), von Dücker (Rödinghausen), Urner, Grafe, Klug (Elberfeld), Hülsmann, Eickelberg, Löbbecke (Iserlohn), Graf Platen-Plappermund (Contrasignateur aller Ulk-Erlasse) und Knak („Sonnenschieber“ in Berlin). Rechts von dem Sitzungstisch hing an einem Hutständer der weiße angetriebene Hut jenes Bürgermeisters von Longerich; ein schwarzer Frack, aus dessen Schooßtasche eine riesige Ergebenheits-Adresse hervorragte, die Welfenhose und – ein Stück ungebrannte Asche. Auf der andern Seite befand sich die „Knakuhr“ mit festgebundenem Perpendikel.

„Ich danke Ihnen für die Ueberraschung!“ sagte ich zum Präsidium und ließ die Portière wieder über das Glas des reizenden Stereoskopbildes – es war nichts Anderes – fallen.

„Das hatte ich Ihnen zugedacht, weil in der Tropengluth des Sommers der Ulk nicht in corpore tagt. Nehmen Sie das Bild zur Erinnerung mit nach Berlin.“

Ich dankte und bat dann das Präsidium, mir auch in aller Kürze die Geschichte der geheimnißvollen, in jüngster Zeit so weltberühmt gewordenen Gesellschaft mitzutheilen.

„Die ist höchst einfach,“ sagte der Präsident. „Wir constituirten uns im Herbst 1857, um die bevorstehenden langen Winterabende bei derbem Humor zu verbringen. Unsere Mitglieder vermehrten sich bald wie die Sauerstoffperlen in einem Glase abgestandenen Wassers …“

„Mit diesem Glase des erquicklichen Getränks meinen Sie Haspe?“

„Ja, Haspe und Umgegend!“

„Richtig! was weiter?“

„Wir constituirten uns parlamentarisch, und jedes Mitglied wurde nach Befähigung und Neigung einer der drei Fractionen der Gesellschaft, die in einem glücklichen Augenblick ‚Ulk‘, das heißt Spaß, getauft ward, zugewiesen. Obenan stand die Fraction U, oder der Unsinn; dann kam das L oder der Leichtsinn, und schließlich das K, oder der Kneipsinn. Wenn Sie jetzt addiren, so erhalten Sie den ULK. Die erste Fraction umfaßte die Häupter majorum gentium …“

„Oder die Gelehrten des Ulk!“ fiel ich ein. „Wieviel gab es deren?“

„Das weiß ich nicht genau,“ antwortete der Präsident nach einigen Zögern.

„Sie concentrirte sich in Ihrem Kopfe allein; das ist mir genug,“ sagte ich. „Die Mitgliederzahl der Fractionen Leicht- und Kneipsinn wünsche ich nicht zu erfahren.“

„Der Verein entschlief nach zweijährigem Bestehen Anno 1859 aus Mangel an Theilnahme,“ fuhr das Präsidium fort.

„Und nur der Kopf lebte weiter!“ betonte ich.

„Als aber die Erweckungen im Waisenhause zu Elberfeld vor sich gingen, schlief der Ulk nicht länger. Sie kennen seine Thätigkeit nach jenen ,spittelsupperlichen’ Tagen. Dixi!“

„Außer den jetzigen thätigen Mitgliedern in Haspe, deren Zahl ich nicht wissen will, weil ich, um technisch zu reden, wenig geneigte Linien nicht gern auf den Horizont reducire, hat doch der Ulk etliche feine Fühlfäden in den Metropolen Europas? Lassen Sie mich das noch wissen.“

Der Präsident nickte, statt zu antworten, so bedeutungsvoll und humoristisch mit dem Kopfe, daß ich unwillkürlich mit einem „Wir verstehen uns!“ nachnicken mußte. Dann trat ein Diener in das Zimmer und überreichte einen Brief mit der Aufschrift: „An den Vorstand der Gesellschaft Ulk in Haspe.“

Der Brief mußte sofort beantwortet werden, und während dieses geschah, that ich einen tiefen Blick in den ausgedehnten Briefwechsel des Ulk. Der Ulk correspondirte mit den berühmtesten und berüchtigtsten Gesellschaften aller Welttheile, am interessantesten jedoch mit der ‚zigeunerbraunen Schwefelbande‘ in Böhmen, deren prachtvolles Diplom mich wahrhaft entzückte. Unter allen Scripturen aber fesselte mich der Dankbrief einer bekannten Größe für Uebersendung der Ulk-Rettungsmedaille und zwar für umsichtige Rettung aus höchsteigener Lebensgefahr am meisten. –

Beim Abschiede erhielt ich aus den Händen des Präsidiums den Ulkorden. Derselbe verleiht mir unter Anderm das Recht, der Gesellschaft zur Zeit ein Ehrenmitglied vorzuschlagen. Das Siegel des Ordens hat die Größe eines sächsischen Zweithalerstücks und stellt einen Bock dar, der eine Trommel hält. Die Eule, der Vogel der Weisheit, bearbeitet das Instrument. Dabei wird der Eulenlaut hörbar oder die Siegelumschrift: UUUUUUUUULK sichtbar.

F. B.