Textdaten
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Autor: Jodocus Donatus Hubertus Temme
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Titel: Baggus Speckin
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aus: Die Volkssagen von Pommern und Rügen. S. 107–109
Herausgeber:
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1840
Verlag: Nicolaische Buchhandlung
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Erscheinungsort: Berlin
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Originalherkunft:
Quelle: Google und Scans auf Commons
Kurzbeschreibung:
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69. Baggus Speckin.

Vor vielen Jahren lebte in Pommern ein wüster Raubritter, Namens Baggus Speckin. Wie der des Gutes genug zusammengeraubt hatte, da ließ er sich in der Gegend von Grimmen nieder, und bauete allda eine Burg, in welche er sich mit seinen vielen Reichthümern zurückzog. Auch legte er rund um seinen Burgsitz ein Dorf an, welches noch jetzt besteht und von dem Ritter den Namen Baggendorf führt, und weil es ein Pfarrdorf ist, gewöhnlich Kirch-Baggendorf genannt wird. In seinen alten Tagen wurde der Raubritter aber trübsinnig, und er fühlte sich bettelarm in der Mitte aller seiner großen Schätze. Er fing nun an zu fasten und sich zu geißeln, aber er konnte dadurch keine Ruhe gewinnen, und er fühlte, daß er durch Fasten und Kasteien allein den Himmel für seine vielen Unthaten nicht versöhnen könne. Da kam er zuletzt auf den Gedanken, daß er von seinem geraubten Gute drei Kirchen im Lande wolle erbauen lassen, hoffend, auf solche Weise den ewigen Zorn Gottes von sich abzuwälzen. Um nun zu wissen, wo er die Kirchen solle aufrichten lassen, ließ er eine Eule dreimal fliegen, und wo die sich jedesmal niederließ und einen Ruheplatz suchte, da glaubte er auch zur Ruhre seiner Seele eine Kirche hinsetzen lassen zu müssen. Die Eule ließ sich nieder zu Baggendorf, Glevitz und Vorland, und allda ließ er nun die drei Kirchen bauen, die [108] noch jetzt dort stehen. Alle drei Kirchen ließ er auf gleiche Weise bauen, wie man denn auch gegenwärtig ihre Aehnlichkeit sehen kann. In der Kirche zu Baggendorf war vor etwas mehr denn hundert Jahren das Bildniß des Baggus Speckin noch zu sehen. Auf einem großen hölzernen Schwibbogen über der Kanzel sah man nämlich die Gestalt eines geharnischten Ritters, der ganz vom Schmerz niedergedrückt war, und seinen entblößten Rücken einem Menschen darbot, welcher mit einer Geißel hinter ihm stand. In dieser Kirche war auch bis vor hundert Jahren die Thüre nach der Nordseite hin fest zugemauert. Man erzählt sich, daß während des Baues der Kirche der Ritter alle Tage sey hingeritten, um sich zu überzeugen, daß die Bauleute ihre Schuldigkeit thäten, und dabei sey er, um zu sehen, ob auch inwendig Alles in Ordnung sey, durch jene Thüre jedesmal in das Innere des Baues hineingeritten. Darüber starb er aber, noch bevor die Kirche fertig war; und nun begab sich nach seinem Tode auf einmal das Wunder, daß der Ritter, der keine Ruhe im Grabe hatte, allnächtig auf einem Pferde durch die besagte Thüre in die Kirche hineinreiten mußte. Das dauerte so lange, bis man zuletzt auf den Einfall kam, die Thüre vermauern zu lassen. Dadurch bekam der Ritter Ruhe, und der Spuk hörte von da an auf. Deshalb hatte auch viele hundert Jahre lang kein Mensch gewagt, die Thüre wieder zu öffnen, weil man fürchtete, daß dann auch der Ritter aus seinem Grabe heraus, und seine alten Ritte wieder werde beginnen müssen. Als aber in der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts die Dänen das Land besetzt hielten, so öffneten diese aus Vorwitz die Thüre wieder, und der Ritter muß seine Ruhe erhalten haben, denn die Thüre wird seitdem zum ordentlichen Kirchgange gebraucht, ohne daß man ihn jemals wieder gesehen hat.

[109] In der Gegend von Baggendorf sind an der Trebel auch noch einzelne Berge, welche die Speckinenberge heißen, und von jenem Raubritter ihren Namen haben sollen. Ebenso soll er auch in Wendisch-Baggendorf ein Raubnest gehabt haben, nämlich auf dem runden Berge, den man nahe bei diesem Dorfe sieht, den er soll haben aufwerfen und mit einem Graben umziehen lassen. Unter dem alten Gemäuer seiner Burg zu Kirch-Baggendorf hat man vor einigen Jahren beim Nachgraben noch einen tiefen Brunnen gefunden, und viele Fußeisen, von denen man glaubt, daß er seine Gefangenen damit habe fesseln lassen.

Mündlich, und
Biederstedt, Beiträge zur Geschichte der Kirchen und Prediger in Pommern, I. S. 86. 87.