BLKÖ:Walterskirchen, Robert Wilhelm

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 53 (1886), ab Seite: 39. (Quelle)
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20. Sein älterer Bruder Robert Wilhelm (geb. 20. Februar 1839) diente auch zuerst, 1856–1858, bei Ficquelmont-Dragonern und machte den Feldzug 1866 in Böhmen als Freiwilliger mit. Nachdem er durch mehrere Arbeiten, in welchen er großes volkswirthschaftliches Wissen offenbarte, die öffentliche Aufmerksamkeit auf sich gezogen hatte, betrat er im October 1873, von dem Stadtwahlbezirke Judenburg in Steiermark in das Abgeordnetenhaus gewählt, die parlamentarische Laufbahn. Bald zählte er zu den hervorragendsten Mitgliedern seiner Partei – der Fortschrittspartei. Er sprach wirkungsvoll bei vielen Gelegenheiten, und sind von seinen Reden insbesondere jene über den Berliner Vertrag, den Zolltarif und das Staatsbudget hervorzuheben. Er war auch Mitglied der wichtigsten Ausschüsse des Abgeordnetenhauses, so des Ausschusses für die Ausgleichsvorlagen und der Regnicolardeputation und seit 1876 alle Jahre Mitglied der Reichsrathsdelegation, wo er entschieden für die Herabminderung der Heeresausgaben eintrat. Außer seinen Reden in den parlamentarischen Körpern haben auch einige, die er außerhalb des Parlamentes in verschiedenen Versammlungen gehalten, großen Wiederhall gefunden. Doch enttäuscht über den Unbestand der Parteien, entsagte er dem öffentlichen Leben und soll entschlossen sein, nicht mehr aus der Ruhe, in die er sich zurückgezogen, in dasselbe zurückzukehren. Zu besserem Verständniß der parlamentarischen Thätigkeit des Freiherrn Robert Wilhelm berufen wir uns auf ein neuestes Werk des Grafen Paul Vasili: „Die Wiener Gesellschaft“; daselbst heißt es S. 180: „Freiherr von Walterskirchen ist eine Ausnahmsnatur; ich könnte sagen, ein Mensch von höherer Art. Er bekennt sich zu sehr entschiedenen liberalen Ideen und besitzt dabei ein ausgesprochenes Unabhängigkeitsgefühl. so daß die Autokratie des Herrn Herbst ihm stets mißfallen hat. Vor etwa drei Jahren wollte Herr von Walterskirchen eine neue politische Partei gründen, die deutsche Volkspartei. Sein Zweck war, in gewissem Maße den allmächtigen Einfluß der liberalen deutschen Partei bei der freisinnigen Bevölkerung deutscher Nationalität zu paralysiren. Jene Partei sollte unter gewissenhaftester Währung ihres deutschen Charakters eine viel freisinnigere, tolerantere, offenere Politik befolgen, als die der liberalen Deutschen und mit den nichtdeutschen Nationalitäten des Reiches eine Verständigung auf Grundlage der Rechtsgleichheit anstreben. Das war ein ebenso schöner als hochherziger und des ritterlichen Abgeordneten aus Steiermark durchaus würdiger Gedanke. Er konnte unglücklicher Weise nicht zur Entwickelung gelangen. Herbst und die deutsche Partei sahen in dieser Bewegung nicht ohne Grund eine Drohung für ihre Kirche und beeilten sich, die Grundsteinlegung zu einem anderen Gebäude zu verhindern. Freiherr von Walterskirchen und die wenigen Menschen, die zu ihm hielten, wurden auf das grausamste angegriffen, verleumdet, mir Koth beworfen. Man ging so weit im Wahlbezirk des Herrn von Walterskirchen, eine künstliche, aber geräuschvolle Agitation gegen ihn in Scene zu setzen, welche übertriebene [40] Gewissensscurpel in seinem Gemüth erweckten und ihn veranlaßten, sein Wahlmandat niederzulegen. So wurde die deutsche Volkspartei gestürzt, ehe sie noch auf den Beinen stand“. „Aber“, fährt Graf Paul Vasili fort, „Soll dies heißen, daß diese Partei unter den gegenwärtigen Umständen in Oesterreich keine Zukunft hat? Ich glaube das Gegentheil und habe die feste Ueberzeugung, daß sie trotz des Widerstandes der deutschen liberalen Partei in Bälde wieder erstehen wird.“ –