BLKÖ:Vukassovich, Joseph Philipp Freiherr

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Vukassovich, David
Band: 52 (1885), ab Seite: 22. (Quelle)
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Vukassovich, Joseph Philipp Freiherr (k. k. Feldmarschall-Lieutenant und Ritter des Maria Theresien-Ordens, geb. zu St. Peter in der Militärgrenze 1755, erlegen seinen in [23] der Schlacht bei Wagram (5. Juli 1809) erhaltenen Wunden in Wien am 9. August 1809). Er wird auch öfter Wukassovich oder gar, wie in älteren k. k. Militär-Schematismen, Vukassevich geschrieben. Der Sohn eines Grenzofficiers in der Licca, wurde er in einem Regiments-Erziehungshause – aber nicht in der Wiener Neustädter Militärakademie, wie Hirtenfeld in seinem Werke „Maria Theresien-Ritter“ Bd. I, S. 237 und Leitner von Leitnertreu in der „Geschichte der Wiener Neustädter Militärakademie“ S. 479 berichten – für seinen Beruf herangebildet. In einer solchen Anstalt, wahrscheinlich zu Wien, stellte man der Kaiserin den jungen Vukassovich als bravsten Zögling vor, und sie beschenkte ihn dafür mit zwölf Ducaten. Sie sollte aber nicht blos sein braves Wesen, sondern auch sein kindliches Gemüth kennen lernen, denn als sie nach kurzer Zeit wieder im Erziehungshause erschien und den Jüngling fragte, was er mit den zwölf Ducaten angefangen, erfuhr sie aus seinem Munde, daß er dieselben seinem Vater geschickt habe, der ohne Pension kümmerlich in Dalmatien lebe. Die über diese That des Jünglings hocherfreute Kaiserin machte ihm nun vierundzwanzig Ducaten zum Geschenke und wies dem Vater eine Jahrespension an, durch welche dieser aus seiner bisherigen bedrängten Lage befreit wurde. Nach einigen Jahren kam Vukassovich als Officier in ein Grenzregiment, in welchem er den bairischen Erbfolgekrieg 1778 und 1779 mitmachte, und als nach dessen Beendigung das Regiment in die Militärgrenze zurückkehrte, hatte er 1787 Gelegenheit, als Lieutenant Montenegro zu bereisen und sich eine genaue Kenntnis dieses bis dahin so wenig gekannten Landes zu erwerben, was ihm später bei Beginn des Türkenkrieges (1788–1789) in gefährlichster Lage so sehr zu Statten kommen sollte. Dieser Krieg brach aus, und der mittlerweile zum Hauptmann im Liccaner Regimente vorgerückte Vukassovich, der mit demselben in Cattaro stand, erhielt von hoher Stelle den Auftrag, mit dem Pascha von Scutari, mit den Bewohnern von Montenegro, Albanien und der Hercegovina zu verhandeln und Verträge und Bündnisse gegen die Türkei zu schließen. Im März befand er sich in den schwarzen Bergen, deren Bewohner ihm anfangs, so lange sie in ihm den Befreier vom türkischen Joche sahen, auch getreu zur Seite standen. Aber als er von allen Seiten von den überlegenen Streitkräften der Türken umringt wurde, flohen sie einzeln nach Hause, und nicht Einer blieb zurück, um ihm bei seinem Rückzüge als Führer zu dienen durch die dädalischen Windungen der phantastischen Gebirgsformen, welche vor der kleinen Truppe lagen, und durch welche diese den Weg nach Cettinje und Cattaro zurückfinden sollte. Aber Vukassovich verlor nicht den Muth; an der Spitze seiner Leute schritt er, dieselben durch seine Rede ermunternd, durch die Wildniß; im steten Kampfe mit den Moslems, deren Vesten, erst Zabljak, dann Sputz, er in Flammen aufgehen ließ. Ihre Verwundeten luden die rüstigen Liccaner auf die Schultern, um sie nicht der Gewalt der Türken zu überlassen. Indessen hatten Letztere auch den Wald angezündet, und zu den vielen Schrecken gesellte sich nun noch dieser neue. Schon war das Bataillon, mit welchem er das Innere des Landes betreten, auf 117 Mann herabgesunken, und die Gefahr wurde immer drohender. Die Montenegriner, so lange sie glaubten, die Abtheilung Vukassovich’s [24] sei nur die Vorhut einer starken Heeressäule, durch deren Hilfe sie endlich des verhaßten türkischen Joches ledig zu werden hofften, verhielten sich bei aller Unterstützung, welche sie dem Bedrängten gewährten, immer in so schlauer und listiger Weise, daß sie nie Anlaß boten, die Türken gegen sich zu reizen. Als sie aber die Entdeckung machten, Vukassovich’s Zug sei nur ein vereinzelt dastehendes Wagestück, das Heer komme noch immer nicht und werde gar nicht kommen, da warfen sie die Maske weg und hielten zu den Türken. Und als der Pascha von Scutari einen Boten an sie sandte, der ihnen volle Verzeihung zusicherte, wenn sie die nach Montenegro zurückgekehrten Oesterreicher vernichten würden, so waren sie sofort dazu bereit, das blutige Schauspiel zu verwirklichen. Von nun an mehrten sich die Bedrängnisse in bedrohlichster Weise. Die Wuth der Montenegriner steigerte sich zum Fanatismus, weil Vukassovich das Unmögliche, die Befreiung vom Osmanenjoche, nicht hatte möglich machen können. Dies war in ihren Augen ein unverzeihliches, der höchsten Rache würdiges Verbrechen. So standen die Dinge. Aber er behielt die Augen offen, gewahrte bald die Sinnesänderung der Bewohner der Berge und trachtete, mit dem Häuflein, das ihm noch geblieben, so schnell als möglich das Meer zu erreichen. Bei jeder Gelegenheit brachen die Montenegriner aus ihren versteckten Schlupfwinkeln her vor und decimirten durch ihre aus sicherem Hinterhalt gefeuerten Schüsse die bereits so herabgeminderte Schaar. Zu welchen Mitteln Vukassovich greifen mußte, um sich und die Seinigen zu retten, sei hier von den vielen nur das eine erzählt. Er benutzte zum Abmarsch von Cettinje die Zeit, zu welcher sich die meisten bewaffneten Eingebornen entfernt hatten, um an einem im Innern des Landes stattfindenden Feste theilzunehmen, und schleppte überdies 60 Montenegriner gebunden als Geiseln für seine Sicherheit mit; als dann im Thale von Njegoschtje eine wild aufheulende Schaar von Söhnen der Berge einen Angriff auf ihn unternahm, stellte er die Leiber jener Sechzig als lebendige Brustwehr vor seine Colonne. Dies wirkte, und er konnte seinen Marsch unbehindert fortsetzen. Endlich erreichte er die Landthore von Cattaro, und nun löste er auch die Bande seiner sechzig Geiseln, die sofort den Berg über San Nicolo erklommen und in wenigen Augenblicken auf den Höhen verschwanden. Eine ausführliche Darstellung dieses merkwürdigen Zuges, dem es auch an einer höchst romantischen Episode nicht fehlt, enthält aus der Feder des nachmaligen Feldmarschall-Lieutenants von Kempen [Bd. XI, S. 163] die von Schels redigirte „Oesterreichische militärische Zeitschrift“ im Jahrgange 1828, Heft 5 und 6. Mit wenigen, aber höchst bezeichnenden Worten, schildert Kempen diese Unternehmung als mit „ruhmwürdiger Kühnheit begonnen, mit Geistesgegenwart und Schlauheit geführt und ebenso ehrenvoll als besonnen aufgegeben, nachdem die Zweckmäßigkeit mit ihrer Fortsetzung verschwand“. Da aus diesem Zuge, ungeachtet der großen Verluste an Mannschaft, den Unseren manche Vortheile erwachsen waren, Vukassovich durch kluge Anstalten bedeutende Gelder den Feinden zu entziehen und Vorräthe aufzutreiben gewußt hatte, wurde er für sein ruhmvolles Verhalten in der 15. Promotion vom 15. November 1788 mit dem Ritterkreuze des Maria Theresien-Ordens ausgezeichnet; auch erfolgte seine [25] Ernennung zum Major. Bald darauf errichtete er theils aus Montenegrinern, theils aus in der Licca und in dem österreichischen Küstenlande Angeworbenen das sogenannte Gyulay-Freicorps zu zwölf Compagnien Infanterie und vier Schwadronen Huszaren in der Gesammtstärke von 3000 Mann und wurde Oberstlieutenant und Commandant desselben. 1790 kam er dann in gleicher Eigenschaft zum Liccaner Grenzregimente zurück und rückte in demselben 1794 zum Obersten vor. In den Kriegen gegen Frankreich befehligte er das zusammengesetzte Karlstädter Bataillon, vertheidigte 1795 im Treffen bei Laono das Kloster La Certosa, welches der Feind in seinem Rücken ließ, durch neun Stunden, wurde jedoch durch Uebermacht zur Capitulation gezwungen und gefangen genommen. Im Feldzuge 1796 zeichnete er sich bei Voltri und Massona aus, wurde dann am 12. April auf den Monte Fazole entsendet und erhielt Befehl, schleunigst auf Dego aufzubrechen, um an dem Gefechte daselbst theilzunehmen. Ein Irrthum im Datum des Befehls veranlaßte, daß er erst am 15. April auf dem Kampfplatze erschien, indeß das unglückliche Gefecht bei Dego schon tags vorher stattgefunden hatte. Er brachte aber bei seinem verspäteten, dem Feinde doch völlig unerwarteten Erscheinen mit seinen fünf Bataillons, die nicht einmal ein Geschütz mit sich führten, eine beispiellose Verwirrung in die französische Armee, indem diese das ganze Corps Beaulieu vor sich wähnte. Er benutzte nun diese Verwirrung, eroberte 18 Kanonen und 28 Munitionswagen, machte 500 Gefangene und vertheidigte sich mit den dem Feinde abgenommenen Geschützen volle zwei Stunden gegen das mittlerweile zusammengezogene von Masséna selbst in drei Colonnen angeführte französische Heer. Endlich gezwungen, der großen Uebermacht zu weichen, trat er über Spigno nach Acqui den Rückzug an. Nun warf er sich nach Mantua, unternahm von hier aus am 16. Juli einen gelungenen Ausfall, mit dem auch eine Fouragirung verbunden war, und half an Wurmser’s Seite diesen Platz vertheidigen, bei welcher Gelegenheit er durch tüchtige mathematische Kenntnisse die wichtigsten Dienste leistete. Zum Generalmajor vorgerückt, commandirte er im September desselben Jahres eine Brigade in Tirol. Am 3. dieses Monats wurde er bei San Marco durch einen Sturz vom Pferde verwundet. Neue Lorbern pflückte er im Feldzuge 1799: er nahm bei Verderio den französischen General Serrurier gefangen, eroberte als Commandant der Avantgarde Novara, Vercelli, Arona, Ivrea, die Castelle Bardo, Verva, die Citadelle von Casale; besetzte Turin, nahm Cherasko, entsetzte das belagerte Ceva und bemächtigte sich Mondovis. Nun zum Feldmarschall-Lieutenant befördert, stand er als solcher im Feldzuge 1800 bei Bellinzona, um Bonaparte den Uebergang über den St. Gotthard zu wehren. Von den andrängenden Massen des übermächtigen Feindes zum Rückzuge nach Mailand gezwungen, führte er denselben in musterhafter Ordnung aus, alle Vorräthe rettend, die sich in Mailand und auf seinem ferneren Marsche nach Mantua vorfanden. Nach dem Rückzuge über den Mincio übernahm er ein Corps in Tirol. Im Feldzuge 1805 commandirte er in Italien in den tessinischen Bergen; in jenem des Jahres 1809 kämpfte er mit seiner Division bei Aspern und zuletzt bei Wagram; in letzterer Schlacht am 6. Juli tödtlich [26] verwundet, wurde er zur Pflege nach Wien gebracht, wo er am 9. August seine Heldenseele aushauchte. Aber nicht blos als Held an der Spitze seiner Truppen zwingt uns Vukassovich Bewunderung ab, auch als Techniker ersten Ranges hat er sich erprobt. Er erbaute die herrliche Straße über den Wratnigg nach Zengg und die berühmte Luisenstraße über Karlstadt nach Fiume, und haben beide bis heute in die Aera der Eisenbahnen das Andenken an seinen Namen bewahrt. Jemand, der Vukassovich persönlich kannte, entgegnete, als man auf die kaum zu bezwingenden Hindernisse wies, welche sich demselben beim Baue dieser Straßen entgegenstellten: „Für den Straßenbauer Vukassovich gab es kein Hinderniß des Terrains“. 1799 verlieh der Kaiser dem tapferen General das neu errichtete Infanterie-Regiment Nr. 48, heute Erzherzog Ernst. Vukassovich zählt zu jenen Generälen der kaiserlichen Armee, welche, indem sie selbst Muster der militärischen Tugenden in Tapferkeit und Kenntnissen waren, den Waffen-Ruhm unseres Heeres in einer Zeit erglänzen machten, als es schien, daß des Corsen leuchtendes Gestirn alles Andere, was zu strahlen versuchte, ins Dunkel zurückdrängen wolle.

Austria, Kalender für 1845 (Wien, gr. 8°.) 1845, S. 92. – Baur (Samuel). Allgemeines historisch-biographisch-literarisches Handwörterbuch aller merkwürdigen Personen, die in dem ersten Jahrzehnt des neunzehnten Jahrhunderts gestorben sind (Ulm 1816, Stettini, gr. 8°.) Bd. II, Sp. 665. – Frankl (Ludw. Aug.), Sonntagsblätter (Wien, 8°.) II. Jahrg. (1843) S. 131: „Beispiel kindlicher Liebe“ [eine Umschreibung des in den „Feierstunden“ enthaltenen Aufsatzes, nur erhält in den letzteren der Vater eine Pension von 500 fl., in den „Sonntagsblättern“ aber blos von 200 fl.]. – Feierstunden für Freunde der Kunst, Wissenschaft und Literatur, Redigirt von Ebersberg (Wien, 8°.) 28. October, 1831, Nr. 12: „Gott segnet den guten Sohn“. – Oesterreichische militärische Zeitschrift. Herausgegeben von Schels (Wien 1828, 8°.) Bd. II, S. 170 und 263: „Die Sendung des österreichischen Hauptmanns Vukassovich nach Montenegro im Jahre 1788“. – Oesterreichische National-Encyklopädie von Gräffer und Czikann Bd. V, S. 585 [nach dieser gestorben am 3. Juli 1809]. – Rheinische Blätter für Unterhaltung und gemeinnütziges Wirken. Ein Beiblatt zum „Mainzer Journal“ (4°.) 9. Jänner 1834. Nr. 7 und 8: „Vukassovich in Montenegro“ [ein aus dem „Lloyd“ in diese Blätter übergegangener Aufsatz, welcher damals die Runde durch die deutschen Blätter machte). – Szöllösy (Joh. Nep.). Tagebuch gefeierter Helden und wichtiger kriegerischer Ereignisse der neuesten Zeit u. s. w. (Fünfkirchen 1837, gr. 8°.) S. 267 [nennt ihn irrig Vukassevich und läßt ihn am 8. Juli 1745 geboren sein].
Porträt. Unterschrift: Wukassowick (sic). Publicato in Venezia da Giuseppe Sardili 12 Settembre 1796 (8°., Medaillonbild) selten.
Stammtafel der Freiherren von Vukassovich.
Joseph Philipp 1785 Freiherr [S. 22]
geb. 1755, † 9. August 1809.
Johanna Pulcheria geborene Gräfin Malfatti von Kriegsfeld,
Stiegenberg und Büchelgrund
geb. 8. August 1779, † 22. December 1854.
Philipp
† 26. October 1844.
Hermine Freiin von Vlassits
geb. 5. August 1825,
wiederverm. Theobald Freiherr Seenuß v. Freudenberg.
Johanna
geb. 30. October 1809,
† um 1865,
vm. Ludwig Neelmayer.