BLKÖ:Unterthiner, Wilhelm

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 49 (1884), ab Seite: 104. (Quelle)
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Unterthiner, Wilhelm (Franciscanermönch und Missionär, geb. zu Klausen in Tirol am 2. October 1809, gest. zu Cincinnati in Nordamerika am 17. Jänner 1857). Allem Anscheine nach ein Verwandter der vorgenannten Margarethe Unterthiner. Das Gymnasium beendete er zu Bozen. Am 3. September 1827 trat er in den Franciscanerorden ein, in welchem er am 13. October 1830 die Gelübde ablegte. Indessen setzte er eifrig die theologischen Studien im Kloster fort, erlangte am 9. September 1832 die Priesterweihe und trat nun zunächst in die Seelsorge, während eines Zeitraumes von acht Jahren das Amt eines Pfarrpredigers und zugleich das eines Professors der Exegese des neuen Testaments in seinem Kloster versehend. Allmälig wurde der Wunsch in ihm rege, seine Kräfte der nordamerikanischen Mission zu widmen, und nachdem er die Bewilligung seiner Ordensoberen eingeholt hatte, sagte er im Frühjahr 1843 der alten Heimat Lebewohl und schiffte sich in Hâvre mit mehreren anderen Ordensbrüdern nach den Vereinigten Staaten ein. Zu New-York in der Kirche zum allerheiligsten Erlöser hielt er seine erste Predigt. Bald wurde er für die Diöcese Cincinnati bestimmt, und zwar als Hilfspriester an der Dreifaltigkeitskirche in der Stadt Cincinnati. Daselbst erwarb er sich als [105] Prediger, Beichtvater und Katechet einen großen Ruf, und dieser trug außerordentlich bei zum raschen Aufblühen der neuen St. Johannesgemeinde, an welche Pater Wilhelm Anfangs 1846 als Pfarrer berufen wurde. Aus allen Theilen der Stadt zogen an Sonntagen Massen von Katholiken nach der ferngelegenen Kirche des Franciscanermönchs. Die Gemeinde war in ihrem Entstehen ziemlich klein, aber bald wuchs sie in einer Weise, wofür kein zweites Beispiel in den Vereinigten Staaten zu finden ist. Um die Kirche des P. Wilhelm herum, wo es damals noch leere Bauplätze in Menge gab, siedelten deutsche Katholiken sich an, in wenigen Jahren war der District stark bewohnt und die Gemeinde zu St. Johannes eine der stärksten in Cincinnati. Schon gegen Ende 1846 mußte P. Wilhelm einen Mitgehilfen erbitten, den er auch in P. Edmund Etschmann erhielt. Von jetzt an schritt nicht nur die St. Johannesgemeinde immer rascher vorwärts, es wurden auch die nöthigen Schritte gethan zur Gründung eines Franciscanerklosters auf St. Bernard, in der Nähe von Cincinnati. Mittlerweile kamen auch mehrere Ordenspriester aus dem Mutterkloster in Cincinnati an: die PP. Otto Jaix, Pirmin Eberhard, Sigismund Koch, Anselm Koch, Nicolaus Wachter und mehrere Laienbrüder. P. Wilhelm wirkte in der langen Reihe von Jahren, welche er in der amerikanischen Mission weilte, nicht allein als Seelsorger und Kanzelredner, sondern auch als Schriftsteller. Er hat zwar keine Bücher herausgegeben, aber in der periodischen Presse, im „Wahrheitsfreund“ eine große Menge wissenschaftlicher, belehrender und erbaulicher Aufsätze veröffentlicht. Nebenbei hielt er bei passenden Anlässen über verschiedene zeitgemäße Themas Vorträge, welche großen Beifall fanden. Wenige Monate vor seinem Hinscheiden begann er zu kränkeln, und der sich rasch entwickelnden Lungenschwindsucht vermochte alle Kunst der Aerzte nicht Einhalt zu thun. P. Wilhelm erlag ihr im Alter von 48 Jahren. Sein Tod riß eine empfindliche Lücke in die Mission. Seine Leichenfeier bewies, wie hoch er in Ehren gehalten wurde. Tausende strömten herbei, ihm die letzte Ehre zu erweisen. Der Erzbischof selbst celebrirte das feierliche Seelenamt. Der älteste deutsche Priester Cincinnatis, der Pfarrer von der St. Marienkirche Herr Hammer, des Verstorbenen langjähriger Freund, hielt die Leichenrede. Der Erzbischof aber sprach angesichts der Leiche die Worte: „Wir haben an dem Verstorbenen alle einen treuen Freund verloren, der Bischof einen aufrichtigen und verläßlichen Rathgeber, seine Mitbrüder und Mitpriester einen treuen und wahren Bruder, die St. Johanneskirche einen guten und milden Vater, die Diöcese aber verlor an ihm einen großen Priester“.

Salzburger Kirchenblatt (gr. 4°.) 1857, Nr. 11. – Katholisches Repertorium (Innsbruck, 4°.) 1857, Nr. 18: „Nekrolog“.