Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 43 (1881), ab Seite: 6. (Quelle)
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Tacchi, Gaetano (Industrieller, geb. in Borgo di Santa Maria del Carmine zu Roveredo 14. September 1768, gest. in Roveredo 1. December 1828). Der Sohn eines Kaufmannes betrat er nach Beendigung der philosophischen Studien die Laufbahn des Vaters, auf welcher er mit solchem Eifer und so umsichtigem Gebaren vorging, daß im Jahre 1807, als dieser starb, das Handlungshaus Tacchi eines der ansehnlichsten in Roveredo war. Mit seinem Bruder Johann Baptist führte er nun die Leitung des Geschäftes in dem ererbten Geiste fort. Namentlich betrieb er das Seidengeschäft im großartigen Maßstabe. Als aber die Seidenfärbereien in Deutschland in Folge der Entdeckungen der Chemie immer mehr in Flor kamen und auch den Handel mit der Rohseide an sich zogen, da war es Gaetano, welcher es unternahm, der drohenden Concurrenz Trotz zu bieten. Seine ganze Energie entfaltend, erbaute er eine der großartigsten – damals wohl der größten – Seidenspinnereien in Roveredo, wodurch er nicht [7] nur zur Hebung des Seidenhandels, sondern auch zu jener des durch Arbeitsmangel bereits gesunkenen Wohlstandes der Gegend wesentlich beitrug. Aber die in dem benachbarten Oberitalien nicht seltenen Seidenmißernten, in Folge deren trotz seiner sonstigen Bemühungen oft Stockungen in der Arbeit eintraten, welche die Existenz von hundert und hundert Familien bedrohten, trieben ihn zu energischerer Abhilfe, und so knüpfte er im Verein mit anderen Handelshäusern Roveredo’s Verbindungen mit London an und ließ nun Seide aus dem fernen Bengalen kommen, wodurch er dem drohenden Uebelstande einer Arbeitsstockung ein für alle mal abhalf. Solches Vorgehen zur Förderung des allgemeinen Besten steigerte nur den Einfluß Tacchi’s, der überdies durch die Weise, wie er von seinen Reichthümern an die Dürftigen ohne viel Aufhebens abgab, nur täglich mehr die Liebe und Sympathie der Bevölkerung gewann. Dazu gesellte sich auch das Vertrauen derselben, welches sich zunächst darin aussprach, daß sie ihn in allen wichtigen Dingen zu ihrem Vertreter und Rathgeber erwählte. So war er in den Jahren 1809 und 1810 einer der Räthe in der außerordentlichen Bürgerdeputation, welche bei den militärischen Ausnahmszuständen jener Tage die Leitung der öffentlichen Angelegenheiten führte; während der italienischen Regierung bekleidete er das Amt eines Präsidenten des Handelsgerichtes in Roveredo; im Jahre 1813 wurde er Municipalrath, und nach der neuen Organisation der städtischen Behörde, Magistratsrath, in welcher Eigenschaft er bis 1828, 15 Jahre lang, wirkte. Von dem Momente an, als Roveredo wieder der Grafschaft Tirol einverleibt wurde, führte er die Oberaufsicht über die öffentlichen Vorräthe, welche er bei ihrer Uebernahme im unzulänglichsten Zustande fand, bei seinem Ableben aber in voller Blüthe zurückließ. Er war eines der Mitglieder der Deputation, die einen Plan zur Tilgung der öffentlichen Schuld entwerfen half, und zählte dann zu jener Deputation, welche die Ausführung dieses Planes besorgte. Als im Jahre 1816 die allgemeine Hungersnoth Europa heimsuchte, war es Tacchi, dem es durch seine Umsicht gelang, den Druck dieses Ereignisses für Roveredo möglichst herabzumindern. Eine so vielseitige und anstrengende Thätigkeit rieb aber vor der Zeit seine Kräfte auf, und schon im Alter von 60 Jahren ward er durch den Tod seiner Familie und der Stadt, zu deren Zierden er zählte, entrissen. – Sein jüngerer[WS 1] Bruder Johann Baptist (gest. zu Roveredo im Februar 1855) führte nach ihm das Geschäft in rüstiger Weise fort und erweiterte es noch durch Errichtung einer großen Papierfabrik, welche sich bald zu einer der ersten ihrer Art im Kaiserstaate emporschwang. Indessen ging die Seidenspinnerei seines Hauses ihren alten Gang fort und leistete so Vortreffliches, daß sie auf der Pariser Weltausstellung des Jahres 1855 für ihre Erzeugnisse mit der Medaille erster Classe betheilt wurde. Aber nicht nur seinen vielverzweigten industriellen Geschäften widmete er seine Thätigkeit, auch die Gemeindeangelegenheiten nahmen ihn in Anspruch; so war die Errichtung eines Armenhauses in Roveredo zum größten Theile sein Werk; die Sparcasse, so lange er lebte, sein Schooskind, hatte er gegründet und mit reichlichen Mitteln ausgestattet; die technischen und Lyceal-Schulen Roveredo’s erfreuten sich seiner angelegentlichsten Förderung; ihm vornehmlich [8] verdankt seine Vaterstadt den Bau der großen Brücke über den Etschfluß, welche Mori und Roveredo verbindet, und die Eröffnung einer schönen öffentlichen Promenade, welche bis dahin der Stadt gefehlt. Auch ein Förderer des religiösen Cultus war Tacchi, indem er für die Kirche zu Unserer lieben Frau vom Berge (Donna del monte) eine hinreichend dotirte Caplanstelle stiftete. In Folge dieser um das Gemeindewohl erworbenen Verdienste erbat die Stadtrepräsentanz für ihren würdigen Bürger von Seiner Majestät den Adel, der ihm auch verliehen wurde. Johann Baptist starb zu Roveredo im hohen Alter. – Sein gleichnamiger Sohn führt das Seidengeschäft fort, welches mit eigenen Filanden und Filatorien rohe Seide von grünen Cocons (japanesischer Race) und von gelben Cocons (inländischer Race). Organzin und Trama aus denselben verarbeitet. Das Geschäft besitzt zur Zeit eine Niederlage in Wien und erzeugt jährlich 7000 Kilogramm Rohseide und 9000 Kilogramm gearbeitete Seide, es arbeitet mit Dampf- und Wasserkraft, beschäftigt 14364 Spindeln und 570 Arbeiter.

Florilegio scientifico-storico-letterario del Tirolo Italiano [von Jacopo Galvagni] (Padua 1856, Angel. Sicca) Trimestre II, pag. 301: „Necrologia di Gaet. Tacchi“ [von B. G. Stoffella della Croce]. – Gazzetta del Tirolo Italiano (Roveredo, Fol.) 1855, Nr. 32, im Appendice. – Weltausstellung 1873 in Wien. Amtlicher Katalog der Ausstellung der im Reichsrathe vertretenen Königreiche und Länder Oesterreichs (Wien 1873, Verlag der General-Direction, 8°.) S. 177. Nr. 914.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: jüngererer.