Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 34 (1877), ab Seite: 168. (Quelle)
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Seybel, Emil (Industrieller, Geburtsort und Jahr unbekannt, Zeitgenoß). Seybel ist ein Stiefsohn des bekannten Chemikers Dr. K. Wagenmann (geb. 1787, gest. 1867), welch’ Letzterer im Jahre 1815 die ersten chemischen Zündrequisiten lieferte. Es waren jene bis heute noch im Andenken gebliebenen Zündhölzchen mit rothen Köpfen, deren Zündmasse (chlorsaures Kali mit Zinnober) erst beim Eintauchen des Köpfchens in mit Schwefelsäure getränkten Asbest Feuer gab, und den Schwefel, womit die Hölzchen getränkt waren, entzündete. Wagenmann gründete im Jahre 1828 in Liesing nächst Wien die chemische Fabrik[WS 1], welche seit 1841 unter [169] die Leitung seines Stiefsohnes E. Seybel kam, unter welcher sie zu großartiger Entwickelung gedieh. Anfänglich war die Fabrik nur für Bereitung von Essig und essigsauren Salzen eingerichtet, später wurde die Schwefelsäure-Fabrication, Chlorkalk- und Salzsäure-Bereitung eingeführt. Schon im Jahre 1855 verwendete Seybel in seinen Fabriken die ammoniakalischen Wasser auf das nützlichste und machte in dieser Richtung Ansprüche auf Priorität und Originalität systematischer Benützung und Verwerthung gegenüber Mallet in Belleville und Paris und Laming in Clichy. Er producirte jährlich an Ammoniaksalzen aus Gaswassern allein 15–1600 Wiener Centner. Ferner umwandelte S. seit 1840 die Rückstände seiner Chlorbereitung, bestehend in Schwefel, Mangan und ferner Schwefelsäure durch Anwendung von steyrischem Magnesit in Schwefel und Magnesia und zerlegte diese im Winter durch Kochsalz. So wurden im Durchschnitte jährlich circa 50.000 Centner Schwefelsäure erzeugt. Ein großer Theil dieser Säuren wurde zur Zerlegung von 10.000 Centner Kochsalz und 7000 Centner Salpeter verwendet. Ferner wurden Bleizucker, Eisen-, Kupfer- und Zinkvitriol, Chlorat und Chlorid, zinnsaures Natron und andere Zinnpräparate, später chromsaures Kali und verschiedene andere Chromprärarate und zuletzt Anilin erzeugt. Der Gesammtwerth der erzeugten Producte bezifferte sich bereits im Jahre 1862 auf über eine Million Gulden. In den folgenden Jahren wuchs der Betrieb der Seybel’schen Fabriken nur noch mehr und hat sich S. hauptsächlich durch die Fabrication der Weinsäure große Verdienste erworben. Bisher hatte man Weinsäure vornehmlich aus Nürnberg eingeführt und dadurch große Summen dem Auslande geopfert. Im Jahre 1867 verarbeitete die Seybel’sche Fabrik in Liesing 6000 Centner Weinstein und 8000 Centner Weinhefe, deren Verwerthung S. zuerst durchgeführt und dadurch einen für Oesterreich wichtigen Industriezweig geschaffen hat. Die Fabrik hat fünf Bleikammer-Systeme mit 340,000 Kubikfuß Inhalt, 3 Platinkessel, 2 Sulfatöfen für die Zersetzung von 24.000 Centner Kochsalz u. s. w. In der Wiener Weltausstellung 1873 hatte S. nur Chrom-Erze derb und aufbereitet und Magnesit aus Kraubath in Steiermark ausgestellt. An Auszeichnungen erhielt S. für die Einführung der Weinsäure-Fabrication in Oesterreich im Jahre 1844 von Seite des niederösterreichischen Gewerbevereins die goldene Medaille. Auf den Ausstellungen in München und Paris war die Firma außer Concurs, weil Seybel Mitglied der Jury war, in welche er auch für die Classe IV, animalische und vegetabilische Substanzen, für die Londoner Ausstellung 1862 gewählt worden. Von Frankreich aus ist S. mit dem Orden der Ehrenlegion ausgezeichnet worden. -

Arenstein (Jos. Dr.), Oesterreichischer Bericht über die internationale Ausstellung in London 1862 (Wien 1863, Staatsdruckerei, Lex.-8°.). S. XLI, XLIX, 70, 140. – Exner (Wilhelm Franz Dr. Prof.). Beiträge zur Geschichte der Gewerbe und Erfindungen Oesterreichs von der Mitte des 18. Jahrhunderts bis zur Gegenwart (Wien 1873, Braumüller, 8°.) Erste Reihe: Rohproduction und Industrie. S. 115. – Jonák (Eberhard Dr.), Bericht über die allgemeine Agricultur- und Industrie-Ausstellung zu Paris im Jahre 1855 (Wien, Staatsdruckerei 1857–1858, 8°.) Bd. I, Classe 10, S. 31, 33, 39. – Internationale Ausstellung zu Paris 1867. Katalog der österreichischen Abtheilung (Wien, Gerold, gr. 8°.). S. 123 (V. Gruppe, 40. Classe), Nr. 159; S. 157 (V. Gruppe, 44. Classe), Nr. 140.

Anmerkungen (Wikisource)