BLKÖ:Semlin, Johann Joseph Freiherr von
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich | |||
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Band: 34 (1877), ab Seite: 82. (Quelle) | |||
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Victoria von Großbritannien die Nachricht über einen Sohn Nadir Schah’s von Persien, der in der k. k. österreichischen Armee gedient. Der Kern der erwähnten Mittheilungen ist folgender: Nadir Schah, Beherrscher Persiens, unternahm im Jahre 1738 einen großen Kriegszug nach Indien, um dieses Reich zu erobern und es zu einer Secundogenitur seines Hauses zu machen. Zum Beherrscher wollte er ihm seinen jüngsten Sohn Ali geben, der damals kaum noch zwei Jahre alt [also wäre er im Jahre 1736 geboren] war. Nachdem er in Delhi seinen feierlichen Einzug gehalten und dann die Stadt der Plünderung seines Heeres überlassen hatte, bekam er Nachricht von dem Heranrücken eines großen Entsatzheeres, was ihn zwang, die Stadt schleunigst zu räumen. Er kehrte nun wieder nach Persien zurück mit dem Entschlusse, die Eroberung Indiens, welche diesesmal nicht gelungen, in einer späteren Zeit wieder aufzunehmen. Bald nach seiner Rückkehr nach Persien fielen aber er und viele Mitglieder seiner Familie durch Mörderhand, und nur mit großer Mühe, schreibt die unten citirte Quelle, wäre sein erwähntes Söhnlein Ali, das er zum Kaiser von Indien bestimmt hatte, gerettet worden. Das gerettete Kind kam zunächst nach Constantinopel, später nach Semlin, um es dort erziehen zu lassen. Die Kaiserin Maria Theresia nahm sich des verwaisten Prinzen an, ließ ihn taufen und verlieh ihm dann auch den Titel eines „Barons von Semelin“. Derselbe zeichnete sich im siebenjährigen Kriege sehr aus und starb als österreichischer Invalide gegen Ende des vorigen Jahrhunderts. Kinder hat er keine hinterlassen, [83] wohl aber Schriften, und sollen dieselben, wie dem Berichterstatter im Orient mitgetheilt worden, im kaiserlichen Familienarchive in Wien sich befinden. Eine Aufsuchung und Durchsichtung derselben, meint unser mehrerwähnter Erzähler, dürfte sich sehr lohnen, da sich darunter auch Schriftstücke von der Hand des Nadir Schah selbst befinden sollen. Dieser Mittheilung folgte schon in der nächsten Nummer ein „Eingesendet“, welches durch die obigen Notizen und den darin ausgesprochenen Wunsch: „über den Sohn des Schah Nadir und das Ende desselben mehr Licht zu bringen“ angeregt, dieselben in folgender Weise ergänzt: „Am 4. März 1759 wurde den niederösterreichischen Ständen intimirt, daß Johann Joseph von Semlin in den Freiherrnstand erhoben worden sei. Als Baron Semlin als k. k. Major sich wegen seiner im siebenjährigen Kriege erhaltenen Wunden pensioniren ließ, siedelte er sich im Markte Mödling bei Wien an, wo er öfter laut erklärte: „Wie glücklich fühle ich mich, im ruhigen Bürgerleben niedrig zu stehen und den gigantischen Schicksalen entronnen zu sein, welche einige Zeit die Aufmerksamkeit der Welt auf meine Familie gelenkt haben“. Alt geworden, zog er nach Wien und starb in der Leopoldstadt (Praterstraße, im Hause mit der damaligen Nummer 19, später 46, heute 62, beschildet „zum grünen Thor“) am 13. Februar 1824, alt 100 Jahre, an Altersschwäche. (Danach wäre er im Jahre 1724 geboren, was mit der früheren Angabe einen Unterschied von 10 Jahren ergibt.) Seine Witwe, Rosa Freiin v. Semlin, starb in der Leopoldstadt (Große Pfarrgasse, im Hause mit der alten Nummer 143, dann 177, heute Nr. 9 neben dem Pfarrhof) am 6. October 1837, alt 62 Jahre, ebenfalls an Altersschwäche“. Diese beiden Notizen, verbunden mit der folgenden in Kneschke’s „Neues allgemeines Adelslexikon“ Band VIII, S. 465, welche über den erblichen österreichischen Freiherrnstand des Freiherrn „Semling“ (sic) berichtet: „Daß mit Diplom von 1759 Joseph von Semlin, Hauptmann im k. k. Dragoner-Regimente Erzherzog Johann, wegen seines alten, von einem der vornehmsten und heldenmüthigsten Geschlechter des persischen Reiches abstammenden Herkommens“ in den erblichen österreichischen Freiherrnstand erhoben worden, bestimmten mich zu unmittelbaren Nachforschungen im Wiener Adelsarchiv, und das Ergebniß aus den dort befindlichen Adelsacten ist wörtlich das Folgende: „Johann von Semlin, k. k. Hauptmann unter dem Erzherzog Josephinischen Dragoner-Regiment, stammt nach „eingelangten glaubwürdigen Nachrichten von einem der vornehmsten und heldenmüthigsten Geschlechter des persischen Reiches ab, gerieth nach den „in diesem Reiche vorgegangenen großen Veränderungen in türkische Bothmäßigkeit“, flüchtete hierauf, „aus sehnlichem Verlangen zum Christenthum“, von Belgrad nach Slavonien, wurde deßhalb von Maria Theresia besonders protegirt, in Gratz getauft, adelig erzogen, endlich in der Wiener Militär-Akademie zum Kriegsdienste ausgebildet. Im Jahre 1757 wurde er als Fähnrich im Gaisrukischen Regimente angestellt. Bis zum Jahre 1759 hatte er Gelegenheit, sich im Felde auszuzeichnen – bei Breslau und Hochkirchen – wobei er zweimal verwundet wurde, dann avancirte er zum Hauptmann. Was seine Abstammung von Schah Nadir Kuli Chan betrifft, so wurde, wie aus den Acten sich ergibt, [84] nur constatirt, daß er sich selbst dafür ausgegeben, jedoch ohne den mindesten Beleg dafür zu liefern, und es scheine daher, wie es in dem an die Kaiserin aus diesem Anlasse erstatteter Vortrage heißt, „nicht rathsam und anständig, ihn durch ein ordentliches Diplom für einen persischen Prinzen zu erklären“; in Folge dessen in den Text nur die Worte: „von einem der vornehmsten und heldenmüthigsten Geschlechter des persischen Reiches“ aufgenommen wurden. Auf das beschränkt sich das Ergebniß der Adelsacten. Es bleibt also der Erforschung noch Manches zu enthüllen übrig, so z. B. über den Inhalt seiner oberwähnten Schriften, über die Familie seiner Gattin und noch sonst über seinen Lebensgang u. s. w.
Semlin, Johann Joseph Freiherr von (k. k. Major, geb. in Indien, Geburtsjahr unbestimmt, gest. in Wien 13. Februar 1824). In letzterer Zeit (1876) brachten die Wiener Blätter anläßlich der Annahme des indischen Kaisertitels von Seite der Königin- Fremden-Blatt (Wien, 4°.). Von Gustav Heine, vom 11. Jänner 1877, Nr. 9, unter den „Tages-Neuigkeiten“. – Dasselbe Nr. 10, unter „Eingesendet“. – Freiherrnstands-Diplom ddo. 24. März 1759.
- Wappen. Ein mit einem schwarzen Kreuze belegter und viergetheilter Schild und in jedem dieser goldenen Felder ein geflügelter, schwebender rother Drache. Auf der Mitte des schwarzen Kreuzes ruht ein silbernes Herzschild, einen goldgekrönten, schwarzen Adler mit ausgebreiteten Flügeln und Waffen enthaltend. Auf dem Hauptschilde ruht ein mit der Freiherrnkrone gezierter Turnierhelm. Ober der Helmkrone erscheint ebenfalls ein geflügelter rother Drache mit aufgesperrtem feuerspeienden Rachen. Hinter dem ganzen Wappenschild sind zwei kreuzweise gesetzte Fahnen unterlegt, von denen die rothe, rechts hervorragende die Namenschiffre des Kaisers, die schwarze zur Linken die Chiffre der Kaiserin mit goldenen Buchstaben enthält. Die Helmdecken sind rechts roth, mit Gold, links schwarz, mit Silber unterlegt, [Die Drachen wurden als Anspielung auf Semlin’s Herkunft aus Indien, das Kreuz als Zeichen des Uebertrittes zum Christenthum, Adler und kaiserliche Namenschiffre zur Erinnerung an den ah. Schutz gegeben.]