Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Seiche, Lorenz
Band: 33 (1877), ab Seite: 329. (Quelle)
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Sejcek, auch Seyczek, Lorenz (Wetterprophet, gest. zu Rostock im November 1873.) In seiner früheren Zeit war S., dessen Name durch seine Wetterprophezeiungen, denen man seit Jahren in verschiedenen Blättern begegnete, eine gewisse Volksthümlichkeit besaß, seines Zeichens Schriftenmaler. Was ihn veranlaßt hatte, sein Handwerk aufzugeben, ist nicht bekannt. Er lebte nun in dürftigen Verhältnissen und besuchte mehrere Jahre hindurch das „Café Wien“ in Prag, wo er sich aus den meteorologischen Berichten, welche die in- und ausländischen Blätter zu bringen pflegen, eifrig Notizen machte. Allmälig begann er seine meteorologischen Berichte zu veröffentlichen, die denn auch zufällig öfter zutrafen, wenn aber einmal seine Wetterprophezeiungen, so z. B. ein von ihm in Aussicht gestellter und sehnsüchtig erwarteter Regen, ein Wolkenbruch oder von Brauern und Eissportlers herbeigewünschter Frost ausblieben, dann blieb auch S. für einige Zeit unsichtbar und kam erst zum Vorscheine, wenn er annehmen konnte, daß seine falsche Prophezeiung vergessen war. Um das Jahr 1868 gab S. eine eigene Monatsschrift über Wetter, Ernte u. s. w. in čechischer Sprache unter dem Titel: „Prorok povetrnosti“, d. i. Der Wetterprophet, heraus, welche aber so wenig Theilnehmer sind, daß sie bald zu erscheinen aufhörte. Im genannten Jahre seiner in den Journalen niedergelegten Orakelsprüche über das Wetter überdrüssig, richtete er an das damalige Staatsministerium ein Gesuch, worin er dasselbe bat, ihn auf der Prager Sternwarte als Witterungsbeobachter und Berichterstatter anzustellen. Er meinte in diesem Gesuche, daß die sechszehn vom österr. Staate unterhaltenen Sternwarten, welche zunächst die erschienenen Witterungen und wehenden Winde zu beobachten hätten, jährlich enormes Geld verschlingen, für die nutzlose Arbeit, über ein Wetter, das bereits vorüber, Aufzeichnungen zu machen. Er wolle nicht nur die künftige Witterung voraus berechnen, sondern verpflichte sich auch, sein Geheimniß dem k. k. Staatsministerium mitzutheilen und zugleich 16 Zöglinge, Einen für je eine Sternwarte in der Monarchie, in der Meteorologiewissenschaft zu unterrichten. Das Gesuch blieb erfolglos und verstimmte dieser Erfolg den Propheten nicht minder, als der Umstand, daß seine Prophezeiung schönen Wetters zur Feier der Grundsteinlegung des čechischen Nationaltheaters von der nationalen Partei unberücksichtigt geblieben war. Denn, so argumentirte S., da das von ihm prophezeite Wetter wirklich eingetroffen war, war auch der Fremdenzufluß nach Prag ein sehr großer, in Folge desselben der Charakter der Feier ein großartig nationaler und habe er demnach gerechten Anspruch auf eine Nationalbelohnung. Als auch darauf, wie zu erwarten, kein günstiger Bescheid erfolgte, war er damals auf die „Nation“ nicht eben gut zu sprechen. Mit besonderer Vorliebe behauptete S., [330] daß die Schlacht bei Königgrätz nicht verloren worden wäre, hätte Benedek seine ihm in’s Feldlager mitgetheilte Prophezeiung, nämlich den „Nebel von Chlum“ beachtet. Thatsächlich besaß Sejcek ein aus Gratz datirtes Schreiben Benedek’s, welches er auf eine nach dem ersten Jahrestage der Schlacht an den General gestellte Anfrage erhalten hatte, worin aber Benedek erklärte, ein Schreiben S.’s vom 1. Juli 1866 nie erhalten zu haben. Gewiß ist es, daß S.’s Wetterprophezeiungen, die er oft mehrere Tage voraus kundgab, in nicht seltenen Fällen zutrafen; daß auch bei besonderen Anlässen von Einzelnen und privaten Corporationen Anfragen wegen des anzuhoffenden Wetters an ihn gestellt wurden; endlich, daß er bei seinen Wetterverkündigungen aus langjährigen Beobachtungen sich ein bestimmtes System gebildet hatte. Worin aber dasselbe bestand, ist Geheimniß geblieben, denn der Tod hatte ihn in Rostock während seiner meteorologischen Beobachtungen überrascht und so seine Kunst mit in’s Grab genommen.

Fremden-Blatt. Von Gust. Heine (Wien 4°.) 1868, Nr. 119.