BLKÖ:Schwanthaler, Franz
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich | |||
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Band: 32 (1876), ab Seite: 280. (Quelle) | |||
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Johann Georg S. aus Gmunden, vergleiche die Quellen S. 284. Franz ist der älteste von drei Brüdern: Franz, Anton, Peter. Franz, von dem unten mehr, verließ später die Heimat. Anton gesellte sich in der Folge zu ihm. Peter hingegen blieb in Ried, übte daselbst seine Kunst aus und arbeitete viel für Kirchen in der nächsten und ferneren Umgebung Rieds. Franz ist auch der Vater des berühmten Münchener Künstlers Ludwig S., dessen Bildnerhand Wien den herrlichen Brunnen auf der Freiung mit den vier Statuen der Hauptflüsse [281] des Erzherzogthums verdankt. Franz hatte offenbar im Elternhause die erste Anleitung in der Kunst erlangt, in welcher sein Sohn epochemachend dasteht. Dann kam er, noch ziemlich jung, nach Gmunden am Traunsee und darauf nach Salzburg, wo er einige Zeit arbeitete. Von Salzburg begab er sich zunächst nach München und nach längerem Aufenthalte daselbst nach Augsburg, wo er bei dem berühmten Bildhauer Ignaz Ingerl, von dessen Meißel mehrere schöne Grabmonumente in Augsburgs Kirchen, unter anderen das durch Schleich’s Stich bekannte des kais. russischen Gesandten von Peterson in der evangelischen St. Annakirche herrühren, einige Zeit arbeitete. In Augsburg besuchte Schwanthaler auch die damals dort bestandene Kunstakademie, auf welcher er nicht weniger denn drei Preise errang. Von Augsburg kehrte er nach München zurück und ließ sich daselbst 1785 bleibend nieder; da er bald reichlich Arbeit hatte, berief er seinen jüngeren Bruder Anton aus Ried zu sich und führte in Gemeinschaft mit ihm zahlreiche Aufträge aus, daher die Zahl seiner selbstständigen Werke eben keine große, aber immer noch groß genug ist, um das nicht unbedeutende, bahnbrechende Talent des Künstlers, der noch in der Zeit crassen Zelotismus zu schaffen berufen war, zu würdigen. Durch seine Werke, deren bedeutendere sogleich näher bezeichnet werden sollen, wuchs sein Ruf und S. erhielt wiederholte Berufungen in’s Ausland, so 1795 eine nach Weimar, welche alle er bei seiner Anhänglichkeit an seine zweite Heimat, wo er seine Ehegefährten gefunden und sich seine Häuslichkeit begründet hatte, ablehnte. Ein Holzrelief: „Die Engel verkünden den Hirten die Geburt Christi“, war die letzte Arbeit, er schnitzte es sich zur Feier seiner letzten Weihnachten, sollte es aber nicht mehr vollenden, da ihn vorher noch der Todesengel abrief. Er starb im Alter von 60 Jahren. Zu Franzens Zeit fand die Bildhauerkunst in München verhältnißmäßig wenig Beschäftigung, und auch diese wäre noch geringer gewesen, wenn nicht Franz einen neuen Brauch begründet und an Stelle der bisherigen düsteren eisernen Grabeskreuze, mit denen bis dahin die Münchener Friedhöfe besäet waren, die freundlichen Grabmonumente aus Stein und Marmor eingeführt hatte. Es sollte ihm aber der Sieg über diesen durch Jahrhunderte von Mönchen und Geistlichen genährten Glaubensfanatismus nicht leicht gemacht werden. Im Jahre 1790 hatte S. das erste steinerne Denkmal, eine über eine Urne gebeugte trauernde weibliche Gestalt, auf einer Grabstätte des Münchener Friedhofs aufgestellt. Das war eine Verwegenheit, die nicht ungeahndet bleiben durfte. Das war Gräberfrevel. In nächtlicher Weile wurde das Denkmal zerstört und eines Morgens fand man nur mehr Trümmer vor, welche von Menschen helleren Sinnes gerettet und als traurige Trümmer geistiger Befangenheit aufbewahrt wurden. Vielleicht war diese Unthat von einem Schlosser begangen, der sich in Anfertigung seiner Grabeskreuze beeinträchtigt sah. Aber damit war auch der Bann gebrochen; man fand die Idee des Künstlers weder unreligiös noch sonst unangemessen, und der ersten Bestellung mit unglücklichem Ausgange folgten alsbald mehrere, welche unangetastet blieben und noch heute auf dem älteren Münchener Friedhofe in freilich schon stark verwahrlostem Zustande zu sehen sind. Wohl an ein halbes Hundert und vielleicht auch mehr solcher Grabdenkmale [282] hatte Meister Franz gemeißelt, von denen jedoch mehrere, da der Tegernsee’r und Füssener Marmor den Einflüssen der Temperatur stark nachgibt, andere wegen erloschener Familienrechte auf die Leichenplätze, weggeräumt worden, nicht mehr vorhanden sind. Es sind aber immer noch mehrere beachtenswerthe da, von denen jene des schottischen Naturforschers Johnston, des Hofmalers Ferdinand Kobell, des Baron von Kreitmayer, der Familie Krempelhuber, dann ferner die von Santini, Sauer, des Grafen von Tattenbach u. s. w. genannt sein mögen. Aber auch für außerhalb München hatte er Bestellungen, und so finden sich seine Denkmäler mit Figurenreliefs in Marmor oder Sandstein zu Ansbach, Käfering, Moosburg, Passau, Rottenburg an der Tauber u. s. w. Von anderen Werken des Künstlers sind erwähnenswerth: die Büsten des Königs Maximilian und seiner Gemalin Karoline – der Trauergenius aus weißem Marmor in der Theatinerkirche zum Andenken an den 1800 verstorbenen Prinzen Max Joseph Friedrich – die vier Löwen in Sandstein nebst der Büste des Mars am Neuthore – der Genius aus weißem Marmor am Eingange zum englischen Garten – das Denkmal des berühmten Humanisten Grafen Rumford ebenda, mächtig der Vernichtung entgegeneilend – die kolossalen römischen Rüstungen und Kränze am Durchfahrtsbogen der Arcaden des Hofgartens, welche S. nach Klenze’s Zeichnungen ausgeführt; – die Figuren nebst den reichen Capitälern und Friesen am Proscenium des neuen Hoftheaters, vor dem Brande unter Beihilfe des Münchener Gießers Regnault aus Blei gegossen. Ferner hat S. viele Ornamente, Candelaber und zahlreiche Modelle zu Figürchen, sämmtlich in Holz geschnitten, für die königliche Porzellan-Manufactur in München vollendet. Da er überdieß, um nicht beschäftigungslos zu sein, auch Ornamentalarbeiten übernahm, so sei noch der Decorationen und Ornamente in den Prachtgemächern der kön. Residenz, welche er unter der Leitung des kön. Hofbaumeisters Puille ausgeführt, und der nach den Zeichnungen des Professors Fischer im römischen Style vollendeten des neuen Hoftheaters in Kürze gedacht. Schwanthaler’s Wirken in seiner Kunst fällt in eine Zeit, als dieselbe stark im Verfalle begriffen, nur durch ihre Geschmacklosigkeit in bedauerlicher Weise sich bemerkbar machte. So ist denn Schwanthaler, der in Augsburg an der Akademie, wo er sich in guten Werken mit der Antike vertraut gemacht, künstlerisch herangebildet worden, der Begründer einer besseren Geschmacksrichtung, welche aber erst mit seinem Sohne Ludwig eine Stufe erreichte, welche zu ersteigen freilich nur dem Genius beschieden ist, wenn ihm fürstliche Munificenz fördernd die Hand bietet.
Schwanthaler, Franz (Bildhauer, geb. zu Ried im Innviertel Oberösterreichs im Jahre 1760, gest. zu München im Jahre 1820). Aus einer alten Bildhauerfamilie, von welcher Lipowski in seinem „Bayerischen Künstler-Lexikon“ berichtet, daß sie bereits über 300 Jahre in der Bildhauerkunst berühmt sei. Uebrigens befinden sich Träger dieses Namens hie und da in Oberösterreich zerstreut, und über einen sehr geschickten älteren Holzschnitzer dieses Namens,- Nagler (G. K. Dr.), Neues allgemeines Künstler-Lexikon (München 1839, E. A. Fleischmann, 8°.) Bd. XVI, S. 96. – Meyer (J.), Das große Conversations-Lexikon für die gebildeten Stände (Hildburghausen, Bibliogr. Institut, gr. 8°.) Zweite Abtheilg. Bd. VIII, S. 157, Nr. 1; S. 164, Nr. 3.