BLKÖ:Schmitt, Franz Ritter von

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 30 (1875), ab Seite: 238. (Quelle)
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29. Schmitt, Franz Ritter von (Industrieller, geb. zu Braunau in Böhmen im Jahre 1816). Das Gymnasium beendete er in seiner Vaterstadt, dann ging er nach Prag, wo er technische Chemie an dem dortigen Polytechnicum betrieb und nebenbei sich besonders eifrig in Sprachen ausbildete. Nun eignete er sich in verschiedenen großen Fabriken des In- und Auslandes die erforderlichen Kenntnisse zum Betriebe der Fabrication und Druckerei von Schafwollwaaren an, und errichtete im Jahre 1843 zu Böhmisch-Aicha eine eigene Fabrik derselben, im Anbeginne im kleinsten Maßstabe. Schon nach einem Jahrzehend war es seinem unermüdlichen Eifer und seiner rastlosen Thätigkeit gelungen, eine mechanische Weberei mit 400 Webestühlen sammt der damit in Verbindung stehenden Appretur, Färberei und Druckerei in’s Leben zu rufen, an welcher über 2000 Arbeiter beschäftigt wurden. Eine ähnliche Anstalt begründete er gleichzeitig zu Zittau in Sachsen, jedoch in etwas kleinerem Maßstabe, da an derselben etwa 600 Arbeiter Beschäftigung fanden. Nachdem diese beiden Fabriken im besten Gange waren, errichtete S. um die Mitte der Fünfziger-Jahre zu Semil eine großartige Baumwollspinnerei mit 28.000 Spindeln, eine mechanische Weberei für Wollstoffe mit 500 Webestühlen und eine Schafwolldruckerei, in welchen verschiedenen Arbeitsstätten nahezu 4000 Arbeiter beschäftigt wurden. Unter seiner einerseits ebenso energischen, als andererseits umsichtigen und humanen Leitung gediehen sämmtliche Unternehmungen zu Böhmisch-Aicha und Semil in Böhmen, wie zu Zittau in Sachsen zu einer erfreulichen Blüthe; die Erzeugnisse derselben genossen ob ihrer Güte und Vortrefflichkeit wegen einen weitverbreiteten Ruf – so wurden, um nur Ein Beispiel aus den vielen anzuführen, von einer in Schmitt’s Fabriken erzeugten Gattung Thibettuch eine Million Exemplare nach allen Richtungen der Windrose versendet – und der großartige Vertrieb derselben in den entferntesten – ja überseeischen – Ländern förderte den Aufschwung von Jahr zu Jahr und steigerte den Absatz der Erzeugnisse zu außerordentlichen Zahlen. Die Vorzüglichkeit der Erzeugnisse aus S.’s Fabriken wurde auf den verschiedenen Welt-Industrie-Ausstellungen anerkannt, denn sie wurden auf jenen zu Paris in den Jahren 1855 und 1867, und zu London 1862 durch Preismedaillen ausgezeichnet, [239] und anläßlich der letztgenannten wurde S. in Würdigung seiner Leistungen in Schafwollfabrication mit dem Ritterkreuze des Franz Joseph-Ordens geschmückt. Aber nicht blos auf industriellem Gebiete, auf welchem es doch nur seinen eigenen Vortheil galt, ragt S.’s Name hervor, auch als Herr seiner Arbeiter schuf er sich ein bleibendes Andenken, bleibt er an den Orten seiner unmittelbaren Thätigkeit unvergeßlich. Ein edler Humanist in des Wortes voller Bedeutung, behielt er das materielle und geistige Wohl seiner Arbeiter, welche nach Tausenden zählen, unverrückt im Auge. Er förderte dasselbe durch Errichtung von Wohnhäusern, Krankenhäusern, Schulen und anderer auf der Basis reiner Humanität beruhenden Anstalten in ebenso uneigennütziger als ungemein wohlthuender Weise. Die Liebe und Verehrung der Tausende, die in seinem Brote stehen, zeigten sich am lebendigsten, als dieselben in den letzten Tagen des Juli 1868 das Jubelfest des 25jährigen Bestandes der Schmitt’schen Industrie begingen und die Bescheerungen und Beweise der Liebe und Verehrung ihres Fabriksherrn kein Ende nehmen wollten. Innerhalb 25 Jahren hatte sich das kleine Unternehmen, das im Jahre 1843 mit einem Dampfkessel von 25 Pferdekraft und einem Personale von 30 bis 40 Arbeitern begonnen und noch keine festen Absatzquellen hatte, zu einer Anstalt erhoben, in welcher nun 4 Dampfmaschinen von 20, 75, 120 und 350 und 5 Turbinen mit zusammen 490 Pferdekraft Tag und Nacht arbeiten und außerdem über 4000 Arbeiter beschäftigt sind, welche außer ihren Hauptbetriebsstätten in Böhmisch-Aicha, Semil und Zittau noch ihre besonderen Niederlagen in Prag und Wien, ihre Agenturen in vielen Städten Böhmens, Mährens und der Steiermark und außerdem in Triest, Mailand, Neapel, Hamburg, Paris, St. Petersburg und Moskau besitzt, außer glatten, faconnirten und bedruckten Orleans-, Mohair- und Alpaccastoffen glatte und bedruckte Kaschmirs, Italian-Cloths, Kaschmir- und Zephirshawls und Baumwollgarne erzeugt, und unter den in anderen Fabriken ähnlichen Dampfmaschinen, als eine nur in derselben vorkommende Eigenthümlichkeit, eine Druckmaschine mit Reliefdruck ihr Eigen nennt, welcher selbstthätig mit einer Passage acht Farben druckt. Das Alles und noch mehr kam in jenen Tagen in Festreden, Trinksprüchen, Inschriften der Triumphpforten und Transparenten zum Ausdrucks. Wenige Tage vor dem Feste hatte S. für Schulzwecke einen Betrag von 10.000 fl. gespendet, ein Geschenk, mit dessen Interessen den dunklen Zwecken der Volksverdummer am besten entgegen gearbeitet wird. Mit kais. Cabinetschreiben ddo. 28. Juli 1868, wenige Tage nach obigem Jubelfeste, wurden S.’s Verdienste um die Industrie und um seine Arbeiter durch Verleihung des Ordens der eisernen Krone 3. Classe gewürdigt, welcher wenige Monate später statutengemäß die Erhebung in den erbländischen Ritterstand folgte.

Ritterstands-Diplom ddo. Wien 7. December 1868. – Neues Wiener Tagblatt 1868, Nr. 214, im Feuilleton: „Ein Jubelfest der Industrie“. – Wappen. Ein quadrirter Schild, 1 und 4: in Schwarz ein goldener Löwe mit ausgeschlagener rother Zunge; 2 und 3: in Blau sechs senkrechte silberne Pfähle. Auf dem Schilde ruhen zwei zueinander gekehrte gekrönte Turnierhelme, jede der beiden Kronen trägt einen geschlossenen Adlerflug, der auf dem rechten Helm ist vorn schwarz, mit einer auffliegenden goldenen Biene belegt, und hinten golden; jener auf dem linken ist vorn von Silber über Blau, hinten abgewechselt quer getheilt und [240] zwischen denselben erwachsen sechs golden Kornähren an ihren von einander verbreiteten Halmen. Die Helmdecken des rechten Helms sind schwarz mit Gold, jene des linken blau mit Silber unterlegt und unter dem Wappenschilde zieht sich ein goldenes Band mit der Devise in schwarzer Lapidarschrift: „Per angusta ad augusta“.