Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 23 (1872), ab Seite: 245. (Quelle)
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Prediger, Joseph (Orgelbauer, geb. zu Albrechtsdorf im nördlichen Böhmen). Zeitgenoß. Ob die Familie Prediger eine ursprünglich böhmische oder aber aus dem Anspach’schen nach Böhmen eingewanderte, läßt sich nicht bestimmen. Ein Orgelbauer, Namens Prediger, verfertigte 1694–1696 in der Stadtkirche zu Anspach eine Orgel von 24 Stimmen für 2 Manuale und Pedal mit 4 Bälgen, für welche er den damals ansehnlichen Betrag von 6000 Thalern erhielt. In Böhmen stand es mit dem Orgelbaue bis vor kurzer Zeit nicht am besten bestellt und wurde die Ausführung von Orgeln meist Ausländern anvertraut. In neuerer Zeit stellt die Familie Prediger tüchtige Orgelbauer. Schon der Vater des obigen Joseph P., Ignaz (gest. 10. August 1854) war ein tüchtiger Meister seines Faches, und ebenso stand dessen Vetter Michael im Rufe eines [246] geschickten Orgelbauers, beide führten viele bedeutende Reparaturen – denn neue Orgeln werden als sehr kostspielig selten gebaut – aus und erbauten auch 1824 die große Orgel mit 24 Stimmen zu Polaun. Das Geschäft gewann später durch den Sohn Joseph noch mehr Aufschwung, so daß er bis zum Jahre 1856 bereits an 20 neue Orgeln erbaut, und gegen 40 größere Reparaturen an verschiedenen Orgeln in Böhmen vorgenommen hat. Als besonders gelungen sind unter den neuen Orgeln die beiden zu St. Joseph und St. Raphael in Prag, jede mit 13 klingenden Stimmen, und eine mit 26 klingenden Stimmen auf der Fürst Rohan’schen Herrschaft Repin zu bezeichnen. Ein Fachmann, der Reichenberger Stadtorganist Anton Proksch, bezeichnet die Orgel bei St. Joseph als eine vortreffliche Arbeit. Als besonders sinnreich an derselben findet er die zweckmäßige Einrichtung des innern Mechanismus bei so beschränktem Raume. Das Principal, 8 Fuß im Gesicht, von Zinn, trägt einen vollen, kräftigen und männlichen Charakter, ingleichen sind Flöte 8 Fuß und Salcional 8 Fuß von weicher, zarter Intonation, und dem Charakter ganz entsprechend gearbeitet. Das volle Werk ist kräftig und durchdringend, füllt den Raum der Kirche vollkommen aus, und spielt sich sehr leicht. Ueberhaupt sind alle Stimmen fleißig gearbeitet. Nebst einer Pedalcoppel besitzt sie in Manualen sowie im Pedal vollständige Octav; enthält somit im Ganzen 15 klingende Stimmen auf zwei Claviere und Pedal nebst dem Manual und Pedalcoppel, welche von 2 Bälgen hinreichenden Wind erhalten.

Bohemia (Prager polit. und Unterhaltungsblatt, 4°.) 1856, S. 582: „Die Orgelbaukunst in Böhmen“.