BLKÖ:Ostrowski, Ladislaus Thomas Graf

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Ostoich, Nicolo
Band: 21 (1870), ab Seite: 121. (Quelle)
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Ostrowski, Ladislaus Thomas Graf (der letzte Reichsmarschall von Polen, geb. zu Warschau 7. März 1790). Entstammt einem alten polnischen Geschlechte, dessen Sprossen vornehmlich im Befreiungskampfe des Jahres 1830 vielgenannt worden sind. Der obige Graf Ladislaus Thomas, oder gewöhnlich nur Wladislaw, erhielt in der Warschauer Adelsschule und später am Lyceum seine Ausbildung. Im Jahre 1808 trat er als Unterlieutenant bei der Artillerie in den Stab des Generals Pelletier, wurde schon im folgenden Jahre Hauptmann und zeichnete sich als solcher in der Schlacht von Raszyn aus, worauf er das polnische Militärkreuz erhielt. Im Feldzuge des Jahres 1812 befand sich O. bei dem 10. Armeecorps unter den Befehlen des Marschalls Macdonald. Er that sich nun besonders in den Gefechten bei Piktupenen, Schublau, Labiau, Rosenberg und Praust hervor. Bei dem Rückzuge bildete seine Batterie immer die äußerste Nachhut bis zu ihrer Rückkehr nach Danzig, und Graf O. leistete so Ungewöhnliches, daß ihm die Ehrenlegion verliehen und er zum Escadronschef befördert wurde. Nach Bildung des neuen Königreichs Polen verließ der Graf den Militärdienst, lehnte die ihm vom Hofe und der Regierung angebotenen Stellen ab und widmete sich ausschließlich gelehrten und wissenschaftlichen Arbeiten. Er übersetzte mehrere Gedichte von Ossian, Lord Byron, Schiller, Goethe, Salis, Matthisson und Anderen und wurde Mitglied vieler in- und ausländischer Gesellschaften. Als nun der Landtag des denkwürdigen Jahres 1830 zusammentrat, erschien er auf demselben als Abgeordneter von Petrikau; als solcher versetzte er die Minister des Krieges und der Justiz in Anklagestand und hatte die Absicht, einen Gesetzentwurf über die Verantwortlichkeit der Prinzen [122] von Geblüt einzubringen, wurde aber nur durch eindringliche Vorstellungen mehrerer seiner Collegen davon abgehalten. Bei Ausbruch der Revolution vom 29. November 1830 wurde O. von dem Ministerrathe zugleich mit Czartoryski, Lubecki und Lelewel an den Großfürsten Constantin entsendet und verlangte von diesem die Räumung Polens von Seite der Russen, worein der Großfürst einwilligte. Am 18. December wurde der Graf zum Präsidenten der Landbotenkammer ernannt, verzichtete aber vorhinein auf die mit dieser Würde verknüpften Repräsentationskosten. Als bald darauf an die Stelle der provisorischen Regierung ein Nationalrath eingesetzt wurde, wurde auch Ostrowski Mitglied desselben und erhielt das Departement des öffentlichen Unterrichts zugewiesen. Das Verhalten Ostrowski’s während der ganzen Revolution war edel, muthvoll, uneigennützig, aufopfernd, kurz tadellos, ehrenvoll. Als der Landtag zur Wahl eines neuen National-Regierungs-Präsidenten schritt, war von vielen Seiten das Augenmerk auf ihn gerichtet, doch fiel die Wahl nicht auf ihn. Nach der Eroberung Warschaus durch die Russen verließ O. mit der Regierung die Stadt Plock und überschritt am 26. September 1831 die preußische Grenze. Seine letzte rettende That war, daß er das ganze Archiv des Landtages den Händen des Siegers entzogen und fortgeschafft hatte. Ohne Kenntniß der Niederlage Ramorinos und Rożyckis suchte er nach Krakau zu kommen, welchen Ort alle Repräsentanten zum Sammelplatze bestimmt hatten, wurde aber an der galizischen Grenze arretirt und nach Grätz geführt. Dort lebte er über drei Jahrzehnde im Exil. Daselbst war der edle Polenheld eine stadtbekannte und seiner Originalität wegen vielgenannte Persönlichkeit. Von aller Politik fern, lebte er in stiller Zurückgezogenheit, und dieses sein Leben schilderte jüngst erst Karl von Holtei in seiner jeden Leser anmuthenden Weise in „Ueber Land und Meer“ (XXII, Bd. [11. Jahrg. 1869], Beilage zu Nr. 36: „Bilder aus Gratz“). Im Jahre 1860 hieß es plötzlich, der Graf habe den Entschluß gefaßt, in päpstliche Dienste zu treten. Doch scheint er denselben nach der Hand aufgegeben zu haben. Wohl aber erhielt er bald darauf von der Regierung die Erlaubniß, zu Verwandten nach Galizien zu ziehen, welche Erlaubniß er benützte. Dort lebt er bis zur Stunde, wie eben der oberwähnte Aufsatz Holtei’s Kunde gibt, in welchem ein neuestes Schreiben des Grafen an eine Dame in Gratz mitgetheilt wird. Die schweren Schläge des Schicksals haben diesem ausgezeichneten Charakter den Stempel des Sonderlings aufgedrückt, ohne jedoch jene Liebenswürdigkeit zu verwischen, welche die Polenhelden des Jahres 1830 mehr oder minder alle auszeichnet.

Straszewicz (Joseph), Die Polen und die Polinen der Revolution vom 29. November 1830 (Stuttgart 1832–1837, Schweizerbart, gr. 8°.) S. 358–384. – Prager Zeitschrift. Chronik für österreichische Literatur (4°.) 1851, Nr. 6: „Bilder aus Gratz“. – Salzburger Kirchenblatt (4°.) 1860, S. 173. – Porträte. 1) G. Küstner lith. (8°.); – 2) Lithogr. ohne Angabe des Zeichners (G. Schultze), Fol. –