BLKÖ:Nowakowski, Johann Nepomuk

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Nowak (Schreibart)
Band: 20 (1869), ab Seite: 418. (Quelle)
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Nowakowski, Johann Nepomuk (Schauspieler und Compositeur, geb. zu Lemberg im Jahre 1797, gest. ebenda 21. Jänner 1865). Der Sohn eines Lemberger Bürgers, der Vater war Orchestermitglied des dortigen Stadttheaters und unterrichtete auch seinen Sohn in der Musik. Dieser machte so gute Fortschritte, daß er als Knabe von acht Jahren bereits die zweite Violine im Theaterorchester spielte. Dieser tägliche Theaterbesuch weckte N.’s Neigung für die dramatische Laufbahn und schon im Jahre 1811, damals noch Gymnasiast, betrat er in einem polnischen Singspiele zum ersten Male die Bühne. In Folge des Lampenfiebers fiel aber dieser erste Versuch ziemlich kläglich aus, jedoch ließ N. sich durch diesen Mißerfolg ganz und gar nicht abschrecken, und als der berühmte J. N. Kamiński [Bd. X, S. 417], Director des Lemberger Theaters, in ihm ein nicht gewöhnliches Talent für die Bühne erkannte, widmete er sich mit um so größerem Eifer den Studien der selbstgewählten Laufbahn. Unter Kamiński’s Leitung machte er die Schule durch und entwickelte sich zu einem der ersten Künstler der polnischen Nationalbühne. Welche Bedeutung innerhalb der drei Jahrzehende, in welchen Kamiński die Direction des Lemberger Theaters führte, dasselbe erlangte, ist ausführlich in der oberwähnten Biographie Kamiński’s dargestellt worden. Nowakowski, obgleich damals noch Hörer der philosophischen Studien, machte sich bereits in mehreren Rollen durch seine Darstellungsgabe bemerkbar. Im Jahre 1823 begab er sich nach Warschau und wurde Mitglied des dortigen Nationaltheaters und von da ab datirt seine künstlerische Bedeutung. Im Spiele und im Gesange, als Darsteller wie als Sänger, immer blieb er Künstler, und da er auf eine zeitgemäße Wiedergeburt der polnischen Bühne entscheidenden Einfluß nahm, erscheint er auch als Begründer einer neuen und guten Geschmacksrichtung in derselben. Fachkritiker nehmen keinen Anstand, den Ausspruch zu thun: Was Adam Mickiewicz in der polnischen Literatur, das ist Nowakowski in der polnischen Dramaturgie; Mickiewicz aber hat die polnische Literatur von den Fesseln des absoluten, fast mittelalterlichen Pseudoclassicismus, in denen sie noch bis zu den Dreißiger-Jahren steckte, befreit und die neue romantische Schule, an deren Spitze er selbst stand, feierte nun ihren Sieg ganz und gar. Die politischen Ereignisse der Jahre 1830 und 1831 in Polen vertrieben auch [419] Nowakowski aus Warschau, und zuerst begab er sich nach Krakau, dann aber in seine Vaterstadt Lemberg zurück, wo er nun bis 1847 als eines der ersten Mitglieder an der dortigen Bühne wirkte. Im letztgenannten Jahre erhielt er neuerdings einen Ruf an die Warschauer Bühne, den er auch annahm; aber sein Auftreten mußte unterbleiben, da der damalige russische Theater-Intendant, Avramovic, hinter dem Wunsche des Publicums, das dem Auftreten seines einstigen Lieblings mit Spannung entgegensah, politische Motive witterte. So kehrte denn N. nach Lemberg zurück, im Jahre 1854 verließ er aber die Bühne und lebte von nun an als Privatmann, bis er sich im Jahre 1857 entschied, die Direction des Lemberger Theaters zu übernehmen, welche er auch bis zu seinem im Alter von 68 Jahren erfolgten Tode führte, nachdem er nicht weniger denn 53 Jahre erfolgreich für die polnische Dramaturgie gewirkt hatte. Als Schauspieler, namentlich in komischen Rollen, war N. ausgezeichnet, in Darstellung echt nationaler polnischer Typen einzig in seiner Art. Als Theaterdirector übernahm er die Traditionen des unvergeßlichen Kamiński und führte die Leitung im Geiste desselben. Zugleich war N. als Compositeur thätig und schrieb für viele Singspiele und beliebte Operetten, als Marnotrowca (der Verschwender), Staroświeczyzna (der alte Schlendrian), Złoty krzyżyk (das goldene Kreuz), Zagroda sobkowa (das einsame Haus), Karpaccy Gorale (die Goralen in den Karpathen) und einige andere die Musik, woraus mehrere Lieder volksthümlich geworden sind; auch die Offenbach’sche Operette: „Die Hochzeit bei Laternenschein“ nationalisirte er und schrieb dafür eigene Gesangsstücke. Wie als Künstler einer der Ersten seiner Zeit, so stand er als Staatsbürger und im Privatleben in allgemeiner Achtung.

Slavische Blätter, herausgegeben von Abel Luksić (Wien, 4°.) 1865, S. 153. –