BLKÖ:Neuberg, Johann Norbert Ritter von

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Neuberger, Joseph
Band: 20 (1869), ab Seite: 242. (Quelle)
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Neuberg, Johann Norbert Ritter von (Kunstfreund und Alterthumsforscher, geb. in Böhmen im Jahre 1798, nach Anderen schon im Jahre 1795, gest. zu Prag 3. August 1859). Entstammt einer altadeligen Familie Böhmens, in welcher sich namentlich die letzten Sprossen durch ihre besondere Liebe zum Vaterlande, die sie in mannigfacher Weise bethätigt haben, bemerkbar machen. Schon Norbert’s Vater wird in der „Oesterreichischen Biedermanns-Chronik“ gerühmt als „Liebhaber, Beförderer und sozusagen Mäcen der böhmischen Literatur und Gelehrten, der Alles, was in diesem Fache selten und kostbar [243] ist, besitzt, es zum freien Gebrauche der Wißbegierigen gibt“. Er war auch ein Freund Dobrowsky’s. In der That besaß auch Ritter von N. in seinen Sammlungen höchst werthvolle Manuscripte, alte Drucke, wahrhaft kostbare Reliquien der älteren čechischen Literatur, darunter manches Unicum in seiner Art. Der Sohn trat in die Fußtapfen seines Vaters. Als zu Ende der Dreißiger-Jahre die Regungen der Nationalität in Böhmen schon gar mächtig zu pulsiren begannen, war es N., der zu den Matadoren dieser Richtung gehörte und sie mit allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln förderte. Im Jahre 1841 wurde er zum Curator der böhmischen „Matice“ gewählt und bekleidete dieses Amt bis zum Jahre 1852, gerade in der Periode ihrer größten Entwickelung, an welcher er selbst einen wesentlichen Antheil hatte. Aber selbst dann, nachdem er seine Würde schon niedergelegt, blieb er nicht unthätig und that Alles, um die reinnationalen Zwecke dieser Körperschaft mit allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln zu fördern und namentlich den Eifer der Mitglieder durch öftere Versammlungen zu wecken und in bleibender Thätigkeit zu erhalten. Nicht geringe Verdienste erwarb er sich als Präses des archäologischen Vereins um die Sammlungen des böhmischen Museums, vornehmlich in archäologischer Hinsicht. Gleichfalls im Jahre 1841 zu dieser Würde berufen, ließ er auf seine Kosten des Professors Wocel Schrift über die Wichtigkeit historischer Denkmäler und über die Nothwendigkeit, sie vor dem Untergange zu bewahren, drucken und unter das Volk vertheilen; ebenso erschien auf seine Kosten Wocel’s Werk: „Grundzüge der böhmischen Alterthumskunde“, wodurch ein in Böhmen bereits abgewelkter Zweig des Wissens von Neuem zu blühen begann. Nicht minder ersprießlich wirkte er als Ausschußmitglied des böhmischen Museums, auch seit 1841 dazu gewählt und dann in den Jahren 1850–1852 als Präsident desselben. Besonders thätig bewies er sich beim Baue des neuen Musealgebäudes, dann dadurch, daß er die Sammlungen mit ansehnlichen Beiträgen vermehrte, indem er unter anderem seine schöne Waffensammlung dem Museum schenkte. Im Jahre 1848 spielte er eine nicht unbedeutende Rolle, besonders durch seine Betheiligung am böhmischen National-Ausschusse und am Slavencongresse, noch mehr aber durch seine Energie gegenüber den durch die Uebergriffe der nationalen Partei hervorgerufenen Gewaltmaßregeln des Belagerungszustandes, namentlich in den blutigen Pfingsten, wo eben sein entschiedenes Vorgehen und sein männliches Auftreten zur Herstellung der Ruhe und zu einer Verständigung zwischen den damaligen Gewalthabern und dem aufgeregten Volke wesentlich beitrug. Bei den Wahlen des Jahres 1848 in den österreichischen Reichstag candidirte er, nachdem der früher gewählte Abgeordnete Max Berger sein Mandat niedergelegt, im nämlichen Bezirke und wurde gewählt. Nach Auflösung des Reichstages in Kremsier nahm er noch einige Zeit lebhaften Antheil an den nationalen Angelegenheiten, gab aber später, nachdem die Reaction zur alten Macht wieder gelangt war, jede fernere thätige Betheiligung daran auf. Als einer der einflußreichsten Herren des böhmischen Adels – N. bekleidete auch die Stelle des Oberstlandschreibers von Böhmen – nahm er aber noch immer Theil an den politischen und nationalen Ereignissen seines Vaterlandes und lebte den größten Theil des [244] Jahres in Prag, die übrige Zeit auf seiner Besitzung Czettitz im Jungbunzlauer Kreise, wo ihn auch ein plötzlicher Tod im Alter von 64 Jahren überraschte. Ein großer Freund der Kunst und Wissenschaft, war er ein eifriger Sammler von böhmischen Alterthümern, Münzen u. dgl. m., besaß eine an kostbaren Werken, wichtigen Handschriften und manchem slavischen Unicum reiche Bibliothek, was nach seinem Tode Alles in das Erbe seines einzigen Sohnes Johann Eduard überging.

Wiener Zeitung (gr. 4°.) 1859, Abendblatt Nr. 181 [nach dieser gestorben im Alter von 64 Jahren]. – Slovník naučný. Red. Dr. Frant. Lad. Rieger, d. i. Conversations-Lexikon. Redigirt von Dr. Franz Ladisl. Rieger (Prag 1859, Kober, Lex. 8°.) Bd. V, S. 795 [nach dieser gestorben im Alter von 61 Jahren].