Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 18 (1868), ab Seite: 121. (Quelle)
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50. Mayer, Hermann Dr. (Naturforscher, geb. zu Kralup im Egerer Kreise Böhmens 10. April 1813, gest. zu Komotau in Böhmen 27. April 1853). Sein Vater stand als Oberförster in Diensten des Grafen Wolkenstein. Der Sohn Hermann bezog, 11 Jahre alt, das Gymnasium zu Komotau und begab sich im Jahre 1830 nach Prag, wo er die philosophischen Studien beendete. Zu seinem Berufsstudium wählte er die Medicin und erlangte am 18. Mai 1839 daraus die Doctorwürde. Er betrat nun – so sehr es ihn lockte, die rein wissenschaftliche Richtung einzuschlagen, aber Vermögensrücksichten sprachen dringender als seine Vorliebe – die Laufbahn des praktischen Arztes, verließ Prag, zog zuerst nach Saaz, welches er aber nach kurzer Zeit schon verließ, um sich in der Nähe seiner Anverwandten in Komotau niederzulassen, wo er durch zwölf Jahre, bis an seinen Tod, als Arzt in segensvoller Weise wirkte, aber auch als Mann der Wissenschaft, von welcher Seite er hier zunächst in nähere Betrachtung kommt, thätig blieb. Noch während seiner Studienzeit begann er mit der Abfassung eines Lehrbuches der Mineralogie nach der analytischen Methode, wovon er im Jahre 1839 als Inaugural-Dissertation die erste Abtheilung erscheinen ließ. Das Ganze kam unter dem Titel: „Clavis analytica zur Bestimmung der Mineralien nach einer einfachen und sicheren Methode nebst einer vollständigen Charakteristik. Entworfen und nach den Bedürfnissen eines praktischen Selbstunterrichtes tabellarisch bearbeitet“ (Prag 1839–1842, Borrasch u. André, gr. 8°.) heraus. Seiner besonderen, bereits in seinen Studienjahren gehegten Vorliebe für die Astronomie ließ er, nachdem er selbstständig geworden und als gesuchter praktischer Arzt mit den nöthigen Mitteln versehen war, vollends die Zügel schießen. Er errichtete in seiner Wohnung eine eigene, kleine Warte, versah dieselbe mit den nöthigsten Instrumenten zur Beobachtung, und beobachtete mit ununterbrochener Sorgfalt alle wichtigeren Erscheinungen am Sternenhimmel, auf die er nicht nur immer früher aufmerksam machte, sondern dann auch das Ergebniß der Beobachtungen stets in öffentlichen Blättern mittheilte. Dabei arbeitete er eine Menge von Tabellen, Zeichnungen, Berechnungen, einige von allgemeinem, andere von bloß örtlichem Interesse aus, die sich in seinem schriftlichen Nachlasse vorfanden, als da sind: ein Planetarium zur anschaulichen Ermittelung der allzeitigen Stellungen und Constellationen der Planeten unter einander und zur Erde, sowohl geocentrisch als auch heliocentrisch in Länge und Breite, sowie in den scheinbaren Abständen, bis auf Bruchtheile eines Grades durch mehrere Jahrhunderte verläßlich; dieses Werk, die Frucht [122] mehrjähriger Mühe, wurde von M. noch während der Tage seiner Krankheit, welche mit seinem Tode endete, zum Drucke vorbereitet; – Jovilabium, zur Versinnlichung des Laufes und des wahren Ortes der Jupiter-Trabanten und ihrer Finsternisse; – Eine für die Polhöhe von Komotau berechnete Tafel für die zeitgemäße wahre Höhe und das Azimuth jedes beliebigen, innerhalb des 30. Grades nördlicher und südlicher Abweichung beobachteten Gestirnes nach Maßgabe seiner Declination und des Stundenwinkels. Die Reconstruction der alten massiven Stadtthurm-Uhr, im Jahre 1847 veranlaßte ihn zu tief eingehenden Studien über die Theorie der Schwere, wobei er dem Meister bei diesem Erstlingsversuche im größeren Uhrenbau durch seine mathematischen und physikalischen Kenntnisse ein willkommener Rathgeber wurde. Mayer selbst aber veröffentlichte eine kurze Beschreibung des Compensationspendels und anderer seltener Vorrichtungen dieser vorzüglichen Thurmuhr in der Prager Zeitschrift Bohemia 1848, Nr. 34. Mit einer von ihm selbst construirten Elektrisirmaschine und anderen zu diesem Zwecke angeschafften Apparaten machte er wissenschaftliche Versuche über Elektricität und Magnetismus. Endlich veranlaßte ihn ein in der medicinischen Vierteljahrschrift für praktische Heilkunde von Dr. Jos. Engel mitgetheilter Aufsatz: „Ein Beitrag zur Physik des Auges“, zu einem mehrmonatlichen Studium der Theorie des Lichtes, welches damit schloß, daß er nach zahllosen Experimenten, gegen jene von Dr. Engel ausgesprochene Ansicht auftrat und in ebenderselben Zeitschrift in zwei Abhandlungen seine Ansichten darlegte, nämlich im VII. Jahrg. (1850), 4. Band, in der außerordentlichen Beilage: „Ein Beitrag zur Physik des Auges, nebst Beweisen für ein willkürliches Accomodationsvermögen. Mit einer lith. Tafel“, und im VIII. Jahrg. (1851), 4. Band, S. 92 u. S. 130: „Zur Physik des Auges“, mit 1 lith. Tafel. Eine dritte Abhandlung hat sich, unvollendet, im Nachlasse gefunden. Schließlich muß noch seiner Verdienste um das Komotauer Gymnasium gedacht werden, das er nicht nur vor der Herabsetzung auf vier Classen, wo nicht gar vor gänzlicher Auflassung rettete, sondern zu einem achtclassigen Obergymnasium vervollständigen half, wie er denn auch die vollständige Ausstattung des physikalischen Cabinetes besorgt hatte. Seit dem Frühlings 1852 bereits leidend, nahm sein Uebel unausgesetzt so sehr zu, daß er zuletzt fortwährend das Zimmer hüten mußte, bis endlich der Tod dieses der leidenden Menschheit und der Wissenschaft gewidmete Leben im schönen Mannesalter von erst 40 Jahren endete. Er ließ eine Witwe mit 6 Kindern, deren ältestes erst zehn Jahre zählte, zurück.

Programm des k. k. Obergymnasiums zu Komotau für das Schuljahr 1853 (Prag 1853, Gottl. Haase Söhne, 4°.) S. 3: „Dr. Hermann Mayer. Biographische Skizze“, von Thimotheus Faßl.