BLKÖ:Maschierevics, Samuel

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 17 (1867), ab Seite: 81. (Quelle)
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Maschierevics, Samuel (Patriarch der griechisch-orientalischen Kirche und Metropolitan-Bischof von Karlowitz). Zeitgenoß. Ein von deutscher Bildung durchdrungener, toleranter und humaner Kirchenfürst, bekleidete er vordem die Würde eines Bischofs von Temesvár und befand sich zu jener Zeit – zur Zeit des Ministeriums Bach – in Opposition gegen den nationalgesinnten Patriarchen Rajačić. Als er im Jahre 1860 in den erweiterten Reichsrath berufen wurde. war er mit Bischof Schaguna Vertreter der griechisch-nicht unirten Serben, und den Gedanken der Reichseinheit vor Allem betonend, stellte er sich als entschiedener Gegner der Einverleibung der serbischen Woiwodschaft und des Temeser Banates in ein an Zahl überwiegendes fremdes (das magyarische) Volkselement. Nach dem Tode des Patriarchen Rajačić wurde M. zum Patriarchats-Verweser ernannt. In der Generalsynode, welche im Jahre 1861 in Karlowitz abgehalten wurde, befand er sich in Opposition mit dem Bischofe Athanaczkowics, der die nationale Partei, zugleich aber auch das lichtscheue Popenthum vertrat. Als endlich im August 1864 der serbische Nationalcongreß einberufen wurde, um die seit dem Tode des Patriarchen Rajačić vacante Stelle des Metropolitan-Bischofs von Karlowitz und das damit in Zusammenhang stehende Patriarchat über die griechisch-orientalische Kirche in Oesterreich zu besetzen, fiel in der zusammenberufenen Synode die Wahl für die Bischofswürde auf M. Mit dieser Würde ist jene des Patriarchen nicht unmittelbar verbunden, denn die Regierung hat das Recht, jeden anderen griechisch-orientalischen Bischof oder Metropoliten mit der zeitlichen Würde eines Patriarchen zu belehnen. Nun aber war seit dem 15. December 1848 die Patriarchenwürde dem Metropoliten von Karlowitz verliehen worden und somit bis zum Tode des Bischofs Rajačić war der Metropolitan-Bischof von Karlowitz zugleich auch der Patriarch der griechisch-orientalischen [82] Kirche. Als nun aus der Wahl der Synode der Bischof Maschierevics als Metropolit von Karlowitz hervorging, erfolgte mittelst kaiserlichen Handschreibens vom 25. August 1864 die Bestätigung seiner Wahl; zugleich aber wurde er im Confirmations-Decrete zum Patriarchen, jedoch nicht der griechisch-orientalischen Kirche überhaupt, sondern nur zum Patriarchen der Serben griechischen Ritus ernannt. Dieser Vorgang war neu und dadurch ein längst gehegter Wunsch der Rumänen erfüllt worden, welche nunmehr kirchlich oder hierarchisch von den Serben getrennt und deren Eximirung von der geistlichen Jurisdiction des neu ernannten Patriarchen der serbischen Nation im Confirmations-Diplom ausdrücklich ausgesprochen worden war. Die weitere Regelung dieser Kirchenangelegenheit, namentlich die Feststellung der serbischen und rumänischen Metropolie bildete den Gegenstand fortgesetzter Berathungen der Synode und gab noch Anlaß zu manchen Zwischenfällen, welche die endgiltige Lösung dieser übrigens sehr verwickelten Frage in nicht geringem Maße erschwerten. Späteren Nachrichten zufolge soll nach längeren Verhandlungen, welche in Wien mit M. unmittelbar gepflogen wurden, dieser in die Aufhebung des neu geschaffenen serbischen Patriarchates eingewilligt haben, in Folge dessen also kein selbstständiges serbisches Patriarchat, sondern ein Patriarchat der griechisch-orientalischen Kirche in Oesterreich besteht. Was die politischen Ansichten des Patriarchen M. betrifft, so hat er denselben in seiner im verstärkten Reichsrathe 1860 in der Sitzung vom 26. September gehaltenen Rede Ausdruck gegeben. Er sagte unter anderem: „Der oberste Grundsatz und mein Glaubensbekenntniß ist: Kräftigung der Reichseinheit. Die Gruppirung der einzelnen Kronländer des Kaiserstaates fordert eben heute mehr als sonst eine innige Verbindung zu einem mächtigen Ganzen. Nun lassen die inneren Zustände unseres großen Vaterlandes und die Verschiedenheit der Länder und Völkerschaften eine einheitliche, eine einförmige innere Verwaltung derselben nicht als sehr wünschenswerth ansehen, und berechtigen zu der Hoffnung, daß eine dem Zeit- und Volksgeiste angemessene Verwaltung von einem glücklichen Erfolge begleitet werde. Schon der Grundsatz einer autonomen, den Sitten und Gebräuchen angemessenen Verwaltung schließt den Begriff einer Particularität in sich und erfordert bei der ausgesprochenen Gleichberechtigung Aller gleiche Rücksichten für Alle und für Jeden. Die gleiche Behandlung schließt die Suprematie eines Volksstammes über den anderen aus, und macht unter gewissen Umständen eine gegenseitige Nachgiebigkeit zur unabweisbaren Nothwendigkeit. Die Vereinigung unter einer Centralregierung in allen den Gesammtstaat betreffenden Angelegenheiten und eine volksthümliche neue Verwaltung für alle Länder[WS 1] und Völker ist das einzige System, welches für die Dauer bestehen und gedeihen könne. Jede Präponderanz des Einen über den Anderen läßt sich mit dem Zeitgeiste und den Bedürfnissen nicht vereinbaren.“ In analoger Weise behandelt er die eben damals aufgeworfene Frage der historischen Rechte und erklärt die consequente Durchführung des Grundsatzes eines historischen Rechtes für unhaltbar und müßte ein solcher Vorgang auch vom Standpuncte des Rechtes angefochten werden. Was die Lösung der Frage, ob die serbische Wojwodschaft ein selbstständiges Kronland [83] bilden oder aber sich einem anderen Kronlande anschließen soll, in diesem Puncte erklärt er die Wünsche, die Berechtigung, die Intelligenz der Mehrheit respectiren zu wollen. Diese stimmen aber nicht mit den Wünschen der ungarischen Nation überein. Und in der Sprachenfrage paralisirt er die ungarischen Gelüste einer allgemeinen Magyarisirung mit der Bemerkung, daß die „treue serbisch-romanische Nation“, welche sich stets als solche erwiesen und auch in der Zukunft als dieser Bezeichnung würdig erweisen werde, es nicht verdiene, mit dem Sprachzwange bestraft, viel weniger geopfert zu werden. M., eine bei den Serben sehr beliebte Persönlichkeit[WS 2], gilt als ein freisinniger Mann und als ein besonderer Verehrer der deutschen Wissenschaft, und möchte noch berufen sein, bei Lösung der immer weiter aus den Grenzen des Rechtes und der Billigkeit ausschreitenden ungarischen Frage noch eine wichtige Rolle zu spielen.

Waldheim’s Illustrirte Blätter (Wien, 4°.) Jahrg. 1864, Nr. 38, S. 301: „Metropolitan-Bischof Maschierevics“. – Verhandlungen des österreichischen verstärkten Reichsrathes 1860. Nach den stenographischen Berichten (Wien 1860, Manz, kl. 8°.) Bd. I, S. 29, 182, und Bd. II, S. 240 u. 389. – Presse (Wiener polit. Blatt) 1864, Nr. 242; 1865, Nr. 146 u. 185. – Porträt. Holzschnitt. Nach einer Photographie, auf S. 301 der Waldheim’schen Illustrirten Blätter 1864. Ohne Angabe des Xylographen.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Ländeer.
  2. Vorlage: Persönlichlichkeit.