Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Maier, Alois
Band: 18 (1868), ab Seite: 74. (Quelle)
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1. Majer, Adalbert (Schriftsteller, geb. zu Krakau 20. April 1806, gest. ebenda 6. September 1861). Der Sohn achtbarer Eltern, die, da sie ihm kein Vermögen zu hinterlassen im Stande waren, für eine ausgezeichnete Erziehung Sorge trugen. An der Pfarrschule auf dem Piasek und am Gymnasium zu St. Anna erhielt er den Unterricht in den Elementen des Wissens. 17 Jahre alt, begann er den Besuch der philosophischen Collegien an der Krakauer Hochschule und im Jahre 1827 beendete er die juridischen Studien daselbst, denen er sich mit besonderem Eifer zugewendet. Anfang November 1827 trat er als Praktikant – oder, wie sie dort genannt wurden, Applikant – beim Tribunal erster Instanz in Krakau ein. Nach zweijähriger Praxis erhielt er bereits ein selbstständiges Referat in der Polizeiabtheilung. Mittlerweile beendete er die Prüfungen zur Erlangung des Diploms eines Magisters der Rechte – nicht zu verwechseln mit jenem eines Doctors – und erhielt dasselbe am 1. December 1830 und am 16. August 1833 von der Prüfungs-Commission des Appellationsgerichtes das Qualificationszeugniß zum Richteramte, zum Notariat und zur Advocatur. Seine Vermögensverhältnisse gestatteten es ihm nicht, auf eine Anstellung im Richteramte, wohin sein Streben gerichtet war, mehrere Jahre zu warten, und so nahm er denn im Jahre 1833 seine Ernennung zum Commissar bei dem Polizeigerichte der Krakauer Direction an. Am 17. Mai 1838 wurde M. Stellvertreter des Unterprocurators bei dem Tribunal erster Instanz, aber schon im folgenden Jahre erfolgte seine Ernennung zum wirklichen Procurator. Gleichen Schritt mit der Ausübung seines amtlichen Berufes hielt seine wissenschaftliche Fortbildung und am 22. April 1840 promovirte er zum Doctor beider Rechte. In Folge seiner [75] ausgezeichneten Verwendung im Dienste wurde er bereits am 21. Mai 1842 zum Präses des Tribunals erster Instanz im damaligen Freistaate Krakau ernannt. 14 Jahre früher war M. als Praktikant bei derselben Stelle eingetreten, deren höchstes Amt er nun, erst 36 Jahre alt, bekleidete. Mit der Einverleibung Krakau’s in den österreichischen Staatenverband ging auch M. in österreichische Dienste über, in welchen er, nachdem im Jahre 1855 das Tribunal erster Instanz in Krakau, mit dessen Leitung M. durch 13 Jahre betraut gewesen, aufgehoben worden, bei der neuen Gerichtsorganisation im nämlichen Jahre zum Appellationsrath in Krakau ernannt wurde. In dieser Zeit war M. sowohl in der Periode des Freistaates als nach der Einverleibung desselben in das österreichische Staatsgebiet, an den verschiedenen Organisirungs- und Gesetzgebungs-Arbeiten wesentlich betheiligt. So arbeitete er den Entwurf des Bergrechtes für das Krakauer Gebiet aus, welchen die gesetzgebende Versammlung des Freistaates zum Gesetze erhoben hat, das dann auch in die österreichische Gesetzgebung aufgenommen und in’s Deutsche übertragen wurde. Sein wesentlicher Antheil bei der Bearbeitung des neuen österreichischen Strafgesetzes erhellt aus dem an Majer gerichteten Decrete vom 27. October 1850 des Ministers Schmerling, in welchem es heißt: „Ich habe mit wahrem Danke entgegengenommen Ihre schätzbaren Bemerkungen über die wünschenswerthen Textberichtigungen und Abänderungen des Entwurfs zum neuen Strafgesetze, worüber neuerliche Berathungen, größtentheils mit dem Erfolge der Annahme Ihrer Ansichten stattgefunden haben“, und aus einem Schreiben vom 8. October d. J. des gegenwärtigen Ministers der Justiz, Ritter von Hye-Glunek, worin es heißt: „für die inhaltreichen Bemerkungen über noch anzubringende Verbesserungen und Berichtigungen in dem Entwurfe der revidirten Ausgabe des Strafgesetzes dankend, habe auch ich die Ehre zu eröffnen, daß die scharfsinnigen, von so gründlichen und combinirenden Studien zeugenden Mittheilungen, welche noch meritorische Abänderungen bezielten, zum Gegenstande neuerlicher Berathungen erhoben, und dass hierbei sehr viele Ihrer Vorschläge acceptirt worden sind“. Bei so wichtigen und anstrengenden Arbeiten seines Berufes blieb M. verhältnißmäßig nur sehr wenig Zeit zu anderen wissenschaftlichen Facharbeiten, jedoch hat er folgende Schriften durch den Druck veröffentlicht: „O stósowaniu ustaw nowych“, d. i. Von der zweckmäßigen Abfassung neuer Gesetze (Krakau 1846, D. E. Friedlein); – „Kilka uwag w przedmiocie częšci rozrządzalnéj i zachowku“, d. i. Einige Bemerkungen hinsichtlich des Pflichttheils (ebd. 1845, Universitäts-Druckerei) – und im Jahrbuch der Krakauer gelehrten Gesellschaft (rocznik towarżystwa naukowego krakowsk.), Bd. XIX (1849), S. 390: „Rzecz o istancyach sądowych i sądzie kasacyinym“, d. i. Abhandlung von den richterlichen Instanzen und vom Cassationshofe. In seinem Nachlasse aber befand sich eine Abhandlung des Titels: „Rzecz o granicach między oszustwem cywilném a karygodnem“, worin er mit dem seinen Arbeiten eigenen Scharfsinne das Verbrechen des Betruges erörtert. Wichtig endlich sind seine nach seinem Ableben noch benützten reichen Vorarbeiten zu einer rechtswissenschaftlichen Terminologie seiner Muttersprache, welche er mit staunenswerthem Fleiße und seltenem [76] Geiste aus den Rechts- und Gesetzbüchern des polnischen Volkes, aus dem Wörterbuche von Linde [s. d. Bd. XV, S. 198] und aus der gesammten rechtswissenschaftlichen Literatur der Polen zusammengetragen hat. Diese verdienstvolle Thätigkeit fand höchsten Ortes und sonst in gelehrten und wissenschaftlichen Kreisen verdiente Würdigung. Mit Diplom vom 22. April 1854 zeichnete ihn Se. Majestät der Kaiser mit dem Orden der eisernen Krone 3. Classe aus, die Krakauer gelehrte Gesellschaft ernannte ihn im Jahre 1842 zum correspondirenden, im Jahre 1848 zu ihrem wirklichen Mitgliede, und auch andere humanistische und wohlthätige Vereine nahmen ihn in den Schooß ihrer Mitglieder auf, abgesehen davon, daß er während der Dauer seiner amtlichen Thätigkeit in verschiedene berathende legislative Commissionen berufen wurde.

Koczyński (M. Dr.), Żywot Wojciecha Majera ze szczegółowym rozbiorem jego prac naukowych, d. i. Das Leben des Adalbert Majer, mit einer ausführlichen Analyse seiner wissenschaftlichen Arbeiten (Krakau 1865, Jagiellonische Universitäts-Buchdruckerei, 8°.).