BLKÖ:Magnis, Valerianus

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Magnis, Karl Graf
Band: 16 (1867), ab Seite: 271. (Quelle)
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6. Valerianus (geb. im Jahre 1586, gest. zu Salzburg 27. Juli 1661). Ein Sohn des Freiherrn Constantin und der Octavia Carcasolla. Er [272] trat, 15 Jahre alt, in den Kapuzinerorden und wurde bald eine Zierde desselben. Als Mönch immer nach seinem Taufnamen genannt, ist er nach dem Familiennamen nur wenig bekannt geworden. Er machte im Kloster gründliche theologische und naturwissenschaftliche Studien, war dann Novizenmeister, Guardian mehrerer Klöster seines Ordens und lehrte auch in denselben Philosophie und Theologie. Da er in der Controverse besonders ausgezeichnet war, ernannte ihn Papst Urban VIII. zum apostolischen Missionär für ganz Deutschland, Polen, Böhmen und Ungarn und zum Oberhaupte sämmtlicher Missionen des Nordens. Ob seiner Geschicklichkeit in der Staatskunst bedienten sich seiner Zeit besonders aber der Kaiser Ferdinand II. und III. und Ladislaus König von Polen seiner zu diplomatischen Missionen, die er stets mit glücklichem Erfolge ausführte. Der Papst würde ihm wohl auch den Cardinalshut verliehen haben, wenn er nicht die Jesuiten zu seinen erbittertsten Gegnern gehabt hätte. Diese hatte er sich aber zu Feinden gemacht, indem er mit aller Kraft und allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln die Unterdrückung des eben entstandenen Ordens der Jesuitinen beförderte und auf die gegen ihn vorgebrachten Klagen der hochwürdigen Herren PP. auf eine Weise antwortete, die in der Geschichte der kirchlichen Polemik des Katholicismus vielleicht einzig in seiner Art dasteht. Er beschuldigte sie geradezu der Ketzerei und der Corruption in der Moral, seine Anschuldigungen durch Beweise erhärtend. Ihm war es gelungen, durch die Schärfe seiner Controverse Ernst den Landgrafen von Hessen in den Schooß der katholischen Kirche zurückzuführen. Ungeachtet seines Ansehens bei den Fürsten gelang es den Jesuiten doch, ihn zur Haft zu bringen und er wurde zu Wien in’s Gefängniß geworfen. Die Hauptbeschuldigung die man gegen ihn vorbrachte war, daß er läugne, es könne der Primat des Papstes aus der heil. Schrift erwiesen werden. Er hatte diese Behauptung in einem Schreiben an einen seiner Ordensbrüder ausgesprochen und dasselbe zugleich im Jahre 1652 an die Congregation de propaganda fide nach Rom geschickt. Die Suprematie und Unfehlbarkeit des Papstes war seiner Ansicht nach auf Tradition gestützt. Nur durch den Machtspruch des Kaisers wurde er endlich aus seiner Haft entlassen. Als ihm die Jesuiten, nachdem sie zuvor eine Stelle in seinen Schriften gefälscht hatten, Ketzerei vorwarfen, erwiederte ihnen Valerianus: „Wie soll ich Beschuldigungen widerlegen, die man nicht einmal beweisen kann. Aber doch, es gibt noch ein Mittel, und zwar: daß ich feierlich und offen erkläre, daß jene, die mich bedrohen, ausgezeichnete und geschickte Betrüger, ebenso arglistige als unverschämte Lügner sind, wenn sie diese Verbrechen nicht vor aller Welt beweisen“. Pascal in seinen „lettres provinciales“ findet diese Methode vortrefflich und bemerkt in einer gegen die Jesuiten gerichteten Stelle ausdrücklich: „Dieser Mönch hat das Geheimniß gefunden, Euch den Mund zu stopfen, man muß sich dieses Mittels in allen Fällen bedienen, wenn ihr Jemanden ohne Beweis anklagt. Man hat dann einem Jeden von euch nur zu antworten wie es dieser Kapuziner gethan: „Du lügst unverschämt“ (mentiris impudentissime).“ Valerianus hat viele theologische und philosophische Schriften herausgegeben, als: „Judicium de Acatholicorum regula credendi libri VI“ (Viennae 1628, vermehrt 1641); – „Ocularis demonstratio loci sine locato, corporis successive moti in vacuo et luminis nulli corpori inhaerentis“ (Venetia 1639); – „De luce mentium et ejus imagine“ (Romae 1642); – „Organum theologicum“ (Viennae 1643); – „Absurditatum Echo“ (Cracoviae 1646); – „De atheismo Aristotelis“ (Varsoviae 1647), in dieser Schrift wiederholt M. einige der Versuche Torricelli’s und soll, heißt es, Anspruch machen auf dessen nach ihm benannte Erfindung. Roberval hätte ihn jedoch des Gegentheils überwiesen; – „De Peripatu libri duo, de Logica etc. etc.“ (Varsoviae 1648); – „Acta Rheinsfeldensia“ (Coloniae 1652), sie enthalten die Bekehrungsgeschichte des Landgrafen von Hessen und noch vieles andere. Nachdem Valerianus aus seiner Gefangenschaft befreit worden, begab er sich nach Salzburg, wo er seine Lebenstage im Alter von 75 Jahren beschloß. [Relatio veridica de pio obitu R. Patris Valeriani (S. 662, 12°.). – Jöcher’s Gelehrten-Lexikon, Bd. IV, Sp. 1409 unter Valerianus. – Korthold (Christian), Valerianus confessor. – Bayle, Dictionnaire, Ausgabe vom J. 1740 (Fol.) Bd. III, S. 254. – Dupin (Elies), Bibliotheque des Auteurs ecclesiastiques (Paris 1698 et seq.), in der Abtheilung „Histoire ecclesiastique du XVII siècle“. – Allgemeines historisches Lexikon [273] (Leipzig 1731, Thom. Fritschen’s sel. Erben, Fol.) Bd. III, S. 342, und 1. Fortsetzung, S. 838.]