BLKÖ:Langenau, Wilhelm Eduard Georg von

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 14 (1865), ab Seite: 105. (Quelle)
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Langenau, Wilhelm Eduard Georg von (k. k. Feldmarschall-Lieutenant, geb. zu Dresden 14. October 1787, gest. zu Wien 26. December 1860). Bruder des Freiherrn Friedrich Karl [s. d. Vorigen]. Erhielt eine militärische Erziehung und trat, siebzehn Jahre alt, in die sächsische Armee, in welcher er zehn Jahre diente und die Feldzüge der Jahre 1809 in Deutschland und 1812, als Sachsen der Verbündete Rußlands war, in Rußland mitmachte. In letzterem Kriege erkämpfte er sich die Ehrenlegion und sächsischer Seits den Militär-Heinrich-Orden. Später in Rußland kriegsgefangen und bis nach Astrachan geschleppt, litt während einer zehnmonatlichen Gefangenschaft seine Gesundheit so sehr, daß er nach seiner Rückkehr den Abschied aus der königlichen Armee zu nehmen gezwungen war. Nach Jahresfrist hatte er sich aber so weit erholt, daß er wieder Dienste zu nehmen im Stande war und dem Rufe seines Bruders Friedrich Karl folgte, der seit 1813 in der kais. österreichischen Armee als General-Major diente. L. trat nun als Lieutenant in das Infanterie-Regiment Nr. 62 (damals Vacquant) ein, wurde aber sofort im Hauptquartier zugetheilt, mit welchem er die Feldzüge der Jahre 1813–1815 mitmachte, in dieser Periode zum Hauptmann im 2. Infanterie-Regimente vorrückte und nach dem zweiten Pariser Frieden zum 3. Jäger-Bataillon übersetzt wurde. Seine noch immer geschwächte Gesundheit vertrug aber den anstrengenden activen Dienst nicht, er vertauschte diesen demnach mit der Diplomatie und wurde im Jahre 1816, gleichzeitig zum Kämmerer ernannt, der kais. Gesandtschaft in Cassel attachirt. Zehn Jahre blieb er auf diesem Posten, rückte in der Zwischenzeit zum Legationssecretär vor und kam als solcher im Jahre 1826 an den königl. dänischen Hof nach Kopenhagen, wo er bald darauf zum Chef der kaiserlichen Gesandtschaft und Geschäftsträger ernannt wurde. In dieser Stellung diente L. 18 Jahre unter zwei Königen: Friedrich VI. und Christian VIII. bis zum August 1846, in welchem seine Abberufung aus Kopenhagen mit dem Vorbehalt weiterer Verwendung erfolgte. Indessen war er im Februar 1830 Major im 42. Infanterie-Regimente, im Mai 1833 Oberstlieutenant, im Juli 1839 Legationsrath und im Mai 1840 Oberst geworden. Bei seiner Abberufung aus Kopenhagen erhielt er den Orden der eisernen Krone 2. Classe. Die Hoffnungen zu einer Wiederanstellung wurden immer schwächer und nach den Märztagen 1848 schwanden sie ganz. Als aber im November letztgenannten Jahres das Militär-Gouvernement zu Wien in’s Leben trat, wurde L. Präses einer zusammengesetzten Commission, welche sich mit Erhebungen der revolutionären Verzweigungen zu befassen hatte. Zwei Jahre versah er diese Stelle. Man rühmt ihm auf diesem wichtigen Posten Humanität, Milde, wenn er es mit seinem Gewissen vereinbaren konnte, [106] und Gerechtigkeit nach. Viele, hieß es, verdankten seiner Vermittlung Freiheit und die kürzeste Procedur. Im October 1849 erhielt er den ehrenvollen Auftrag, dem damaligen Könige Friedrich VII. das Großkreuz des St. Stephan-Ordens zu überbringen. Als im Juni 1851 bei dem Wiener Militär-Gouvernement eine politisch-polizeiliche Abtheilung eingerichtet und dieser auch die Presse zugewiesen wurde, erfolgte Langenau’s Ernennung zum Vorstande derselben. Diesen Posten bekleidete L. bis zu der im Jahre 1855 erfolgten Auflösung des Militär-Gouvernements, worauf er in der bisherigen Verwendung der obersten Polizei-Behörde zugetheilt wurde. Daselbst verblieb er bis zum Austritte des Feldzeugmeisters Kempen [Bd. XI, S. 163]. Als dieser im August 1859 seines Dienstes enthoben wurde, bat L. im September d. J. um Versetzung in den Ruhestand, welche am 8. October d. J. mit der Verleihung des Feldmarschall-Lieutenants-Charakters ad honores erfolgte. L. bekleidete in einer politisch wichtigen und schwürigen Zeit schwierige Aemter, in welchen ihm seine diplomatischen Talente zur Ausgleichung mannigfacher Mißverständnisse zwischen den Regierenden und den Regierten förderlich waren. Der Grundsatz: consequente Charaktere und Verfechter der freisinnigsten Ideen sind weniger zu fürchten als Diejenigen, die nach Verhältnissen ihre Gesinnungen und Ansichten wechseln, kennzeichnet seinen polizeilichen Standpunct. Mit allen Diplomaten und Behörden in enger Verbindung, hielt er mit der Zeit gleichen Schritt und zeigte sich von der jeweiligen Situation stets so unterrichtet, daß er immer sie und nicht sie ihn beherrschte, wodurch sein Ansehen in den maßgebenden Kreisen kein geringes war. Aus der Zeit seiner Gesandtschaft in Kopenhagen ist noch bemerkenswerth, daß er im Jahre 1842 die erste katholische Kirche in Dänemark in’s Leben gerufen und bei der Leitung des Baues einen solchen Eifer entwickelt hatte, daß ihm in Anerkennung für diese den kaiserlichen Unterthanen bei Ausübung ihres Gottesdienstes bewiesene Sorge im Jänner 1843 das Ritterkreuz des Leopold-Ordens verliehen wurde. L. war ein sehr unterrichteter und in Kriegsgeschichte und Politik wissenschaftlich gebildeter Diplomat. Es verlautete bald nach seinem Tode, daß sich in seinem Nachlasse interessante Aufzeichnungen, zu denen er offenbar Gelegenheit genug gehabt, vorgefunden hätten. Ob sich diese Angabe bestätigte und was in diesem Falle mit dem Nachlasse geschehen, ist nicht bekannt geworden. Als charakteristischer Strich zu seiner Skizze diene die Thatsache, daß er den von Napoleon ihm verliehenen Ehrenlegion-Orden nie trug, nie daran erinnert sein wollte und, als im Militär-Schematismus wider seinen Willen derselbe mit den übrigen Orden, die er besaß, auch angeführt erschien, entschieden auf der Streichung desselben für die Zukunft beharrte.

Militär-Zeitung, herausg. von Hirtenfeld (Wien, 4°.) XIV. Jahrg. (1861), Nr. 28: „Nachruf an den FML. von Langenau“. – Oesterreichischer Militär-Kalender, herausg. von J. Hirtenfeld (Wien, kl. 8°.) XIII. Jahrg. (1862), S. 161–171. – Wiener Zeitung 1860, Abendblatt Nr. 220, S. 880. – Pester Lloyd 1861, Nr. 1.