Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Hadziewicz (Maler)
Band: 7 (1861), ab Seite: 173. (Quelle)
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Häfner, Leopold (Redacteur des Journals „Die Constitution" im Jahre 1848, geb. in Wien im Jahre 1820). Der Sohn eines Wiener Victualien-Kleinhändlers, in der Volkssprache „Greisler“ genannt, nach Anderen eines Hausmeisters, beides Typen, wie sie in seiner Vollendung nur das Wiener Volksleben hervorbringt. H. studirte die Rechte in Wien, trat dann nach Einigen als Prakticant in ein Amt, nach Anderen in die Praxis bei einem Advocaten. Diese Beschäftigung sagte ihm aber wenig zu. H. wurde Schriftsteller, schrieb anonym für den Leipziger Büchermarkt, der vor 1848 stark in Artikeln machte, welche die Uebelstande Oesterreichs schonungslos enthüllten. Waren dergleichen Schriften mehr gewürdigt und mit Beseitigung des darin enthaltenen Scandals, das Wahre und Gute, das sie enthielten, benützt worden, das große Oesterreich stünde jetzt nicht da, bedroht von außen, zerrissen von Parteien und Bürgerkriegen im Innern. In Wien schrieb H., wie es damals Mode war, Theaterkritiken und belletristische Bagatellen, welche unbeachtet blieben. In den Märztagen des Jahres 1848 trat er aber mit einem Male sehr bemerkbar hervor. Mit dem ersten Tage der Preßfreiheit erschien auch das erste Blatt der von H. herausgegebenen politischen Zeitung, „Die Constitution“. Die Wirkungen dieses Blattes in der kürzesten Zeit waren ungeheuer und ungeheuerlich. Aus einem kleinen Octavblättchen entpuppte sich in einem Vierteljahre ein auf dem größten Folioformat engbedrucktes Parteiblatt der entschiedensten Fassung und grellsten Farbe, das 40.000 Auflage hatte. Anläßlich der Flucht des Kaisers aus Wien am 18. Mai wäre H. bald dem Tode der Lynchjustiz verfallen; denn als er mit der Nachricht von der Flucht in einem Wagen zu den Arbeitergruppen in den Vorstädten eilte und überall von der Nothwendigkeit einer provisorischen Regierung sprach, hieß es allgemein, er wolle die „Republik" proclamiren. Die getreue, wenngleich aufgeregte Bevölkerung, war über ein solches Ansinnen entsetzt; von allen Seiten schrie man: „Aufhängen! aufhängen!“ Nur durch seine Verhaftung, welche von Seite des Nationalgarde-Lieutenants A. Mayer in Gumpendorf bei der Hornbostel’schen Fabrik in dem Augenblicke erfolgte, als er eben wieder die Massen vom Wagen aus mit einem Genossen aufwiegelte, entging er einem grauenhaften Geschicke, da die Erbitterung gegen den Agitator eine unbeschreiblich große war, und die thätlichen Mißhandlungen, die er erfuhr, es nothwendig machten, ihn der Volkswuth zu entreißen. Er kam in das Criminalgebäude, wurde daselbst in Gewahrsam gehalten, und am 23. Mai wegen Hochverrathes gegen ihn das Criminalverfahren eingeleitet. Als aber in der weiteren Entwicklung der Wiener Revolution eine Durchführung seines Processes, wie auch seine längere Haft unmöglich geworden waren, gab man ihn frei. Sein Journal wurde indessen ohne Unterbrechung fortgesetzt und gestaltete sich als Macht, gegen die es keine Appellation gab. Während der October-Revolution verließ er auf einem Dampfschiffe Wien, wurde aber erkannt, verhaftet und kam sodann [174] auf eine Festung. Sieben Monate saß er auf derselben; nach seiner Entlassung sollte er sich in die Heimat begeben. H. schlug aber den Weg in’s Ausland ein und verschaffte sich in Dresden einen Auswanderungspaß. Dort wurde er nach den Maitagen (1849) verhaftet, konnte aber einer Theilnahme am Aufruhre (3. Mai), deren er beschuldigt ward, nicht überwiesen werden. Der Auswanderungspaß schützte ihn vor der Auslieferung nach Oesterreich. Mittelst Escorte wurde er noch nach Leipzig in’s Stockhaus gebracht, und von dort nach Hamburg, um sich dort nach Amerika einzuschiffen. Das Letztere scheint er jedoch unterlassen zu haben und in Europa geblieben zu sein; denn später verlautete es, anfänglich wie ein Geheimniß, dann als eine mehr oder weniger bekannte Thatsache, daß er sich in Paris befinde und daselbst einem unheimlichen Geschäfte mit allem Eifer obliege, welches mit den von ihm im Journal „Constitution", dessen Seele er war, ausgesprochenen Grundsätzen im entschiedensten Widerspruche steht.

Dresdener Journal (1849, Fol.) 22. Juli: „Notizen über den Wiener Wühlhuber L. Häfner. Aus der Mappe eines durchgebrannten Literaten“. – Allgemeine Theater-Zeitung von Ad. Bäuerle (Wien, Folio) 1848, Nr. 122, S. 491: „Wahrhafte Darstellung der Arretirungsart des Häfner“. – Austria oder österreichischer Universal-Kalender (Wien, Klang, gr. 8°.) für das Jahr 1849 (X. Jahrg.) S. 336, 344.