BLKÖ:Chybiorz, Paul
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich | |||
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Band: 14 (1865), ab Seite: 419. (Quelle) | |||
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Chybiorz, Paul (blinder Rechenkünstler, geb. zu Schwarzwasser im Teschener Kreise in Oesterreichisch-Schlesien im Jahre 1827). Seine Eltern waren arme Taglöhner, nahmen das erst wenige Monate alte Kind öfter auf’s Feld mit, auf dem sie um Taglohn arbeiteten, ließen es unvorsichtiger Weise unbedeckt in der Sonne liegen, so daß sich bei dem Kinde eine heftige Augenkrankheit entwickelte, welche mit gänzlicher Blindheit endete. Im Alter von sieben Jahren kam Ch. in ein Privat-Blinden-Institut nach Brünn, wo er unter mancherlei Entbehrungen doch einigen Unterricht, insbesondere in der Musik, erhielt. Mit seinen blinden Zöglingen unternahm dann der Director der Anstalt öfter Kunstreisen und die von der Blindencapelle gegebenen Concerte brachten ihm schöne Einnahmen und reichlichen Ersatz der für die Erziehung der Blinden, die er ja eben aus Speculation in sein Haus aufnahm, gemachten Auslagen. Später zog Ch. selbst mit mehreren seiner blinden Collegen musicirend durch verschiedene deutsche Länder. Erst auf diesen Fahrten entwickelte sich sein wunderbares Rechnungstalent. Seine Collegen hatten ihn nämlich zum Cassier ihrer Einnahmen bestellt. Anfänglich legte er täglich, später aber monatlich aus dem Gedächtnisse die Rechnung über die sämmtlichen Geldangelegenheiten der Gesellschaft, durch welchen Umstand sich seine Gedächtnißkraft in ungewöhnlicher Weise übte. Da stürzte er eines Tages von einer Brücke, lag an den Folgen dieses Sturzes lange darnieder und wurde zuletzt so schwach, daß er gar nicht mehr sein Instrument spielen konnte. In dieser traurigen Lage gerieth er auf den Gedanken, sein Rechnungstalent zu verwerthen und gab in verschiedenen Städten Vorstellungen. Aber das Schicksal hatte dem armen Rechenkünstler noch manche schwere Prüfung vorbehalten, so wurde im Jahre 1858 von einer aus einem zweiten Stockwerke herabfallenden Axt einer seiner Füße schwer verletzt, und als er wieder nach seinem Geburtsorte Schwarzwasser zurückgekehrt war, wäre er beinahe in den Flammen umgekommen, welche den kleinen Ort in Asche legten, und später wieder fuhr ihm ein Wagen über den Fuß, aber auch diese Verletzung hatte er überstanden. Nun zieht er ohne Führer in der Welt umher und gibt, wo er Halt macht, Proben seines außerordentlichen Rechentalentes. Er addirt z. B. zwei Zahlen von je 27 Ziffern im Kopfe rasch zusammen, auch gelingt ihm dasselbe mit 2 Zahlen von je 60 Ziffern. Aehnliche Aufgaben löst er mit den drei übrigen Species. Aus Zahlen von 14 Ziffern zieht er mit Leichtigkeit die Kubikwurzel und löst überdieß im Kopfe die schwierigsten kubischen Gleichungen.
- Mährischer Correspondent (Brünner politisches Blatt) 1863, Nr. 255: „Ein blinder Rechenkünstler“.