Aus dem Leben Philipp Mainländers

Textdaten
Autor: Fritz Sommerlad
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Aus dem Leben Philipp Mainländers.
Untertitel: Mitteilungen aus der handschriftlichen Selbstbiographie des Philosophen.
aus: Zeitschrift für Philosophie und philosophische Kritik, Band 112, Seite 74–101
Herausgeber: Dr. Richard Falckenberg
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1898
Verlag: C. E. M. Pfeffer.
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Leipzig
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans auf Commons
Kurzbeschreibung:
Siehe: Philipp Mainländer
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
unkorrigiert
Dieser Text wurde noch nicht Korrektur gelesen. Allgemeine Hinweise dazu findest du bei den Erklärungen über Bearbeitungsstände.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
[[index:|Indexseite]]


[74]

Aus dem Leben Philipp Mainländers.
Mitteilungen aus der handschriftlichen Selbstbiographie des Philosophen.
Von Dr. Fritz Sommerlad (Giessen).


Der Verfasser des an anderer Stelle[1] von mir kurz besprochenen ebenso inhaltsvollen wie merkwürdigen Werkes „Die Philosophie der Erlösung“ hat unter seinen Papieren einen zusammenhängenden Bericht über sein leider so kurzes Leben hinterlassen, der uns diese ganz eigenartige Persönlichkeit ausserordentlich nahe zu bringen vermag. Es liegt in diesem Leben z. T. auch geradezu der Schlüssel zum Verständnisse der philosophischen Anschauungen [75] Mainländers; und namentlich aus diesem Grunde glaube ich den Lesern dieser Zeitschrift eine willkommene Gabe zu bieten, wenn ich, die gütige Erlaubnis des Besitzers des Nachlasses, des Herrn Georg Hübscher in Köln[2], benutzend, das Wichtigste aus jenen interessanten Blättern hier mitteile. Mainländer hatte das Tagebuch selbst zur Herausgabe bestimmt; er starb, und seine Schwester, die den 2. Band seines Hauptwerkes bearbeitet und herausgegeben hat, kam auch nicht mehr dazu, die Biographie zu veröffentlichen. Es bleibt auch die Frage, ob das Ganze geeignet wäre, einem grösseren Leserkreise zugeführt zu werden; der Verfasser selbst bemerkt am Schlusse: „Ein Vorwurf (gegen diese Lebensgeschichte) hätte Begründung: der, dass ich mehreres erzählte, was mich allein interessieren kann. Dieser Zwischenbemerkungen wegen bitte ich im Verzeihung. Ich habe sie nicht ausgelassen, weil ich auch für mich geschrieben habe.“ — Seinen Anhängern, Freunden und Landsleuten würde ja freilich manche Einzelheit aus seinem Leben, mancher kleine Charakterzug, manche gelungene Schilderung den Verfasser noch teurer machen; ich kann hier davon absehen; die Persönlichkeit hebt sich auch so in ihrer Tiefe, Grösse und Reinheit deutlich genug hervor. — Um den Eindruck, den das Original macht, nicht zu schwächen, lasse ich, soweit es angeht, den Verfasser selbst sprechen; ich sehe auch hier ganz und gar davon ab, den versuch einer Charakterzeichnung meines Landsmannes zu machen; ich beschränke mich auf die Thätigkeit des einfachen Mitteilens.[3]

Zunächst ganz kurz einen Überblick über den äusseren Lebensgang des Philosophen! — Philipp Batz (sein echter Name) ist am 5. Oktober 1841 zu Offenbach am Main geboren. Er war das jüngste Kind unter fünf Geschwistern, drei Söhnen und zwei Töchtern. Seine erste Bildung erhielt er auf der Realschule zu Offenbach. 1856 kam er auf die Handelsschule in Dresden. Am 1. Juni 1858 reiste er über Frankreich nach Italien, um eine Stelle in einem Handelshause in Neapel anzutreten. Dort hielt er sich 5 Jahre auf. Er kehrte dann nach Offenbach zurück und war im Geschäfte seines Vaters thätig. 1868 ging er nach [76] Berlin, wo er im Bankhause Martin Magnus Anstellung fand. 1872 verliess er Berlin, kehrte nach Offenbach zurück und nahm dann abermals eine Stelle in Berlin an. 1874 vollendete er in Offenbach sein Hauptwerk und trat dann freiwillig bei den Halberstädter Kürassieren ein. Am 1. November 1875 nach Offenbach zurückgekehrt schloss er sein Werk mit einem 2. Bande ab und gab sich Ende März 1876 selbst den Tod.

Mainländer ist sich bewusst, von Abstammung und Geburt her viel von dem mitbekommen zu haben, was ihn später in einen Gegensatz zur umgebenden Welt treten liess. Er hält daher in seiner Biographie eine „Umschau in seinem Ahnensaal“ und berichtet einige Zeilen über sein „Leben vor der Geburt“. Er führt selbst verschiedene Eigenschaften auf seine Vorfahren zurück in folgendem umgebildeten Verschen Göthes:

„Der Vater gab ein gutes Herz.
Mitleid mit Mensch und Tieren.
Die Mutter melancholisch Blut
Und Lust, zu spekulieren.
Urahnherr war voll wildem Trotz,
Das spukt so hin und wieder,
Urahnfrau liebte myst'sche Glut.
Das zuckt wohl durch die Glieder.“

Ein eigentümliches Licht auf die Entstehung seiner Lehre von der Welterlösung durch die „Virginität“ wirft die Mitteilung, dass seine Grossmutter mütterlicherseits, durch besondere Verhältnisse — einen förmlichen Roman —getrieben, ohne Liebe heiratete. Er sagt darüber: „Ich lege auf letzteren Umstand ein grosses Gewicht; denn nur aus ihm ist mir der Grundzug im Charakter meiner Mutter erklärlich. Diese ging mit grossem Widerstreben in die Ehe und war in derselben von einer Zurückhaltung und Keuschheit, als ob sie keine Frau, sondern eine Jungfrau gewesen wäre.“ Von der Grossmutter heisst es, sie habe später ihren ersten Geliebten, einen französischen Offizier, noch einmal gesehen und sei dann in eine stille Apathie verfallen; sie habe sich nachher mit voller Seele dem Glauben hingegeben und dieser habe in ihr allmählich die grösste Verinnerlichung bewirkt, bis das überreizte Gefühlsleben im Meere des Mysticismus versunken und in visionäres Schauen ausgebrochen sei. — Einen ähnlichen Zug überliefert er uns von seiner Mutter. „Als Mädchen“, sagt er, „war sie die schönste in Offenbach. Sie war eine geniale [77] Frau; aber der Diamant in ihrem prachtvoll gewölbtem Schädel blieb ungeschliffen, die Perle in ihrem Haupte würde in der Jugend nicht sorgfältig gereinigt. Wäre diese bedeutende Intelligenz, diese herrliche Phantasie von Kunst und Wissenschaft befruchtet worden, so würde eine Dichterin in die Erscheinung getreten sein, deren Ruhm neben dem der Sappho und dem der Corinna stand gehalten hätte.“ Auch sie wurde, wie oben schon gesagt, gegen ihren Willen in die Ehe hineingetrieben. Mainländer bemerkt bei Gelegenheit dieser Mitteilungen, dass er diese Angelegenheit nur des wissenschaftlichen Interesses wegen berührte, mit demselben Widerstreben, mit dem man den Körper eines teuren Toten den Ärzten zur Zerstückelung überlasse. „Die Jungfrau hüllte sich als Frau gleichsam in einen zweiten undurchdringlichen Schleier; zum instinktiven Schleier gesellte sich der Schleier der Reflexion. Es mussten entsetzliche Kämpfe stattfinden unter dem feindseligsten Grusse der Planeten. Mir fällt dabei Kaul-bachs grossartige Skizze: die Erzeugung des Dampfes ein. Wir tragen alle das Gepräge eines wilden Konfliktes. Wir sind keine Kinder der Liebe, sondern Kinder ehelicher Notzucht.“ — Nachdem die leidenschaftliche, dann still in Christus ergebene Mutter zwei Söhne und zwei Töchter geboren hatte, von denen der zweite Sohn ihr Schmerzenskind war, erklärten die Ärzte, wie Mainländer erzählt, ein neues Kindbett werde sie für immer ins Irrenhaus bringen. „Sie verfiel, als sie sich nun wieder Mutter fühlte, in tiefste Melancholie; sie starrte entsetzt in die kalte Nacht des Wahnsinns.“ Die Aussage der Ärzte bestätigte sich nicht; sie gebar glücklich, wenn auch schwer, ihr fünftes Kind — ihren Sohn Phillip. —

Vom Grossvater und Vater kurz folgendes. An den ersteren erinnerte sich Mainländer noch: „ein silberhaariger Greis mit lieben grossen blauen.“ Er war nach Aussage seiner Bekannten ein sanfter Mann, nachsichtig, gefällig, höflich, zart empfindend, herzensgut — der gerade Gegensatz zu dem Grossvater mütterlicherseits, „dem alten Heim“, einem feurigen, wilden, jähzornigen Mann. Er war Silberschmied. Sein Sohn erbte von ihm „das gute Herz und den vollendeten Formensinn“.

Von den Geschwistern Mainländers ist ein Bruder, ein talentvoller, feuriger, sinnlich-phantasievoller Mann, noch vor ihm, und eine hochbegabte Schwester, die Herausgeberin des zweiten Bandes [78] der Philosophie der Erl., seine Gehilfin, Mitdenkerin und Mitarbeiterin, später freiwillig in den Tod gegangen.

Der Vater bestimmte den Knaben zuerst zum Chemiker, nachher zum Kaufmann. Auf den Rat Gutzkows, der mit der Familie befreundet war, kam Philipp nach Dresden auf die Handelsschule; er wohnte dort in Pension bei Prof. Dr. Helbig, Oberlehrer an der Kreuzschule, dem der Zögling eine unbegrenzte Verehrung bewahrte. Mainländer sagt über ihn: „Wie verehre ich das Walten des Schicksals, dass es mich zu diesem vortrefflichen Manne führte. Als er einen regen Wissensdrang in mir entdeckte, erfasste er mich mit seiner treuen Hand und führte mich nach durchdachtem Plane in das grosse geistige Universum. Er war kein Fluchlehrer, wie Jean Paul sagt, der den Trank früher giebt als den Durst. Er gönnte der jungen Seele stille Stunden. Er liess mich nicht vorzeitig mit unreifen Organen in das grosse Reich der Wahrheiten und Schönheiten treten und bereitete mir vorsichtig ein „großes Jahr“. Helbig wollte den Vater bestimmen, den Sohn umsatteln zu lassen; der alte Batz ging nicht darauf ein. Mainländer ist damit zufrieden. Darüber folgende bemerkenswerte Stelle: „Übrigens verehre ich auch hierein das Walten des Schicksals. Auf der besten Grundlage stehend habe ich mich später fortgebildet und mich weiter gebracht, als mich alle Universitäten der Welt hätten bringen können. Ich habe ferner als Kaufmann die Welt gesehen, einen umfassenden weltmännischen Blick gewonnen und blieb verschont vom giftigen Hauch der Philosophieprofessoren und einem trockenen wurmartigen kurzsichtigem Gelehrtentum, der Vielwisserei, wie Heraklit verächtlich zu sagen pflegte.“ — Ästhetische Bildung gewann er in den Vorlesungen Prof. Hettners über Kunst und Ästhetik; daneben durch fleissigen Besuch der Gallerien und des Theaters. Auf der Handelsschule verehrte er besonders den Dr. Odermann. „Wäre ich“, sagt Mainländer, „anstatt auf die Handelsschule in ein dumpfes kaufmännisches Comptoir gekommen, so wäre aus einem klaren Philosophen ein verworrener Prophet, ein wunderlicher Heiliger geworden. In Dresden habe ich mir Gebiss und Sporn für meine Phantasie geholt und ein helles weitsehendes Auge, das ein festes Ziel ergriff und nicht eher losliess, als bis es erreicht war.“ Über den Einfluss Gutzkows, dessen Familie, wie schon gesagt, ihm bekannt war, teilt er folgendes [79] mit: „Ich verkehre mit den scharfnegierenden Geiste Gutzkows, dessen Stern damals am hellsten leuchtete. Ging ich auch nur selten hin, woran die Schuld lediglich an mir lag, denn ich fand bei der liebenswürdigen reizenden Landsmännin (der zweiten Frau Gutzkows, einer Frankfurterin) jederzeit die herzlichste Aufnahme und der „Gewaltige“ beschäftige sich herablassend mit dem unbedeutenden Handelsschüler, so kehrte ich doch stets mit einer Summe von Anregungen und gepfefferten Reizen zurück. Ich muss offen gestehen, dass mich Gutzkows suffinantes Wesen gegen andere (nicht gegen mich) furchtbar abstiess und mich oft vor seiner Thür wieder umkehren liess. Wer ihn damals gesehen und kennen gelernt hat, wird mir recht geben. — In dieser Dresdener Zeit verfasste Mainländer ein Drama „Tarik“ (noch unter seinen Papieren erhalten); er bezeichnet es als „selbstverständlich ohne allen poetischen Wert“; doch sei es insofern interessant, als es ein beredtes Zeugnis seiner frühzeitigen Kämpfe des Zweifels mit dem Glauben und seiner schon sehr alten Lesingischen Toleranz in Glaubenssachen abgäbe.

1858 nahm er eine Stelle in Neapel an und nachdem er die zärtliche Mutter mit Bitten bestürmt hatte, ihn ziehen zu lassen — „sie gab schließlich nach, aber zum Tode betrübt“ — reiste er am 1. Juni ab. Italien machte einen unbeschreiblichen Eindruck auf ihn; er wurde in den fünf Jahren seines Aufenthaltes dort ganz heimisch und lernte Land und Volk durch und durch kennen. Während seines anfangs sehr zurückgezogenen Lebens arbeitete er nach Schluss des Geschäftes viel für sich, lernte italienisch und neapolitanisch, studierte Dante, Petrarca, Boccaccio, Ariost, Tasso, Leopardi. „Am meisten“, sagt er, „zog mich Leopardi an. Als ich in seiner Biographie die Worte las: quest' uomo si portò intatto uce sepolcro il fiore della sua verginità[WS 1], erzitterte meine Seele.“ — Viele Ausflüge wurden gemacht. Eine Reihe von Gedichten, meist in antikem Versmasse, entstand. — Das Jahr 1859 beginnt Mainländer in der Biographie mit den Worten: „In diesem Jahre wurde meine Seelenliebe (zu einem Offenbacher Mädchen) bis in die Wurzeln erschüttert und mein Herz zwei tödliche Wunden. Sie sind zwar jetzt vernarbt, aber sie schmerzen noch immer von Zeit zu Zeit. Meine Seele trug fortan einen leichten schwarzen Flor, zu dem später ein noch dichterer trat.“ Er erfuhr, dass sein Bruder sich in Messina [80] selbst das Leben genommen hatte — in einem erst später in Mainländers Hände gekommenen Briefe hatte ihn dieser beschworen, zu ihm zu kommen, in einem zweiten ihm mitgeteilt, er werde sich, weil er nicht gekommen sei, den Tod geben. Zur selben Zeit erfuhr er, dass sich das Mädchen seiner stillen Liebe verlobt habe. Er geriet in tiefste Seelenqual und wollte, einer alten Neigung getreu, Soldat werden und auf dem Schlachtfelde den Tod suchen. Der Friede von Villafranca machte ihm es unmöglich. „Ich versank in tiefste Melancholie und fand nur Trost in der herrlichen Natur und in der Poesie.“ Später suchte er Zerstreuungen; er trat dem „Deutschen Verein“ bei und half einen ästhetischen Zirkel gründen, in dem namentlich italienische Klassiker, meistens Dramen gelesen wurden. Im Jahre 1860 machte er für das Geschäft eine sechsmonatige Reise, auf der er die schönsten Länder Europas besuchte, auch seine Familie wieder sah. Unterwegs las er Schopenhauer. Wie er zu dessen Schriften gekommen ist, darüber berichtet er folgendes: „In der Abschiedsrede des Dr. Helbig kam auch vor: Besonders warne ich Sie vor der Philosophie. Lassen Sie sich von der poetischen Litteratur aller Zeiten und Völker und von dem Dufte des Blümleins in ihrer Seele das Leben verschönern und die Sorgen nehmen. Das ist Ihr Feld, dazu haben Sie Trieb und Anlagen. Meiden Sie dagegen die Philosophie wie die Pest. — Aber der Dämon, der Dämon in mir! Der hatte seinen eigenen Willen und setzte ihn durch. Kaum war ich sechs Monate in Neapel, als ich mir den Spinoza kaufte und mit Heisshunger verschlang. Der tractatus politicotheologicus, der so klar und fasslich geschrieben ist, brachte eine Revolution in mir hervor. Es war mir, als fielen tausend Schleier von meinen Augen, als sänken undurchdringliche Morgennebel und ich sähe die Sonne strahlend aufgehen. Ich war siebzehn Jahre alt, und wie muss ich das Walten des Schicksals darin verehren, dass diese Abhandlung des grossen Mannes die erste philosophische Schrift war, die mir in die Hände fiel. Die Ansichten Spinozas über Naturrecht und Staat gingen sofort in mein Fleisch und Blut über, und als ich später an die elenden Faseleien der anderen Philosophen über diese wichtigen Materien ging, war ich dreifach gepanzert gegen die Lüge und Dummheit. — Die Ethik verstand ich nicht. Sie zu erfassen, war ich zu unreif. Ich las sie aber gewissenhaft Zeile um Zeile, sehr bedächtig, sehr [81] langsam, oft das Buch sinken lassend und stundenlang über einem Satze brütend. Damönisch unbewusst lehnte sich mein Inneres jedoch schon damals gegen den Pantheismus auf. Ich spürte, dass mich nie ein Gott in der Welt befriedigen könne. Diese Aversion arbeitete im Stillen weiter. — Das Leben Spinozas begeisterte mich. Ich nahm mir den Teuren zum Vorbild, und oft, sehr oft war das Urbild des echten praktischen Philosophen mein Retter in grosser Gefahr. — Im Februar 1860 kam der grosse, der bedeutungsvollste Tag meines Lebens. Ich trat in eine Buchhandlung und durchblätterte die frisch aus Leipzig eingetroffenen Bücher. Da finde ich Schopenhauers Welt als Wille und Vorstellung. Schopenhauer? Wer war Schopenhauer? Den Namen hatte ich noch nie gehört. Ich blättere in dem Werke, ich lese vom Verneinen des Willens zum Leben, finde zahlreiche mir bekannte Citate in einem Texte, der mich traumbefangen macht. Ich vergesse meine Umgebung und versinke. Endlich sage ich: „Was kostet das Buch?“ „6 Dukaten.“ „Hier ist das Geld.“ — Ich ergreife meinen Schatz und stürze wie ein Verrückter nach Hause, wo ich den ersten Band in fieberhafter Hast aufschnitt und von vorne zu lesen anfing. Es war heller Tag, als ich aufhörte; ich hatte die ganze Nacht in einem fort gelesen. — Ich erhob mich und fühlte mich wie neu geboren. Das war eine andere Befruchtung meines Geistes, als die durch Büchners Kraft und Stoff, welches ich schon in Offenbach gelesen hatte — das war ein anderes Werk als Oersteds Geist in der Natur, welches Werk ich lange Zeit als die reine Wahrheit verehrte. — Ich befand mich im seltsamen Zusdtande. Ich ahnte, dass ich zu diesem Schopenhauer noch in das innigste Verhältnis treten würde, dass etwas von unermesslicher Bedeutung in mein Leben getreten sei. — Und war es nicht reiner Zufall, der mich seine Bekanntschaft machen liess? Wäre ich nur eine Viertelstunde später in die Buchhandlung getreten, so würde ich das Buch nicht gefunden haben, und was wäre dann aus mir geworden? Ich schaudere, wenn ich mir die Folgen hiervon vorstelle, wenn ich mir vorstelle, dass ich Hegel damals, wo mein junges Gehirn jeden Eindruck so treu bewahrte, vor Schopenhauer studiert hätte. Und die Gefahr war vorhanden; schon hatte ich einem lieben Freunde, einem begeisterten Anhänger Hegels, versprochen, mir die Phänomenologie des Geistes [82] zu kaufen. — So jung ich war, so grenzenlos ich Schopenhauer im Fortgange der Lektüre verehren lernte, so machte ich ihm doch schon damals in vielen Punkten heftig Opposition. Seine politischen Aussagen belächelte ich sogar, auf Spinoza gestützt, mitleidig. Seinen halben Monismus verurteilte ich instinktiv ohne geistige Klarheit, dagegen hielt ich mich mit voller Überzeugung an seine Aussprüche über die Individualität. Sie liessen meine sich damals bildende philosophische Saite hell mitschwingen und befriedigten mich tief. — Auf meiner Reise las ich das Werk zum zweitenmale. Es war meine Pallas Athene und machte meine Reise wertvoll. An wieviel kostbaren Dingen wäre ich ohne dasselbe teilnahmslos vorbeigegangen; in wieviel Gruben, wo ich die Eumeniden für ein ganzes Leben gefunden hätte, wäre ich ohne es gefallen!“ — Auch als er wieder nach Italien zurückgekehrt war, studierte er Schopenhauer fleissig weiter. „Ich hatte mir alle seine unsterblichen Schriften gekauft und nahm sie in meinem Geist als Ferment auf. Zu einer selbstständigen philosophischen Arbeit war die Zeit noch nicht gekommen. Nicht einmal eine Notiz machte ich mir. Vielen Ansichten des grossen Mannes stimmte ich bei, vielen machte ich die heftigste Opposition; aber alles blieb in meinem Kopfe und fand keinen Weg aufs Papier.“ — Indessen lebte der junge Philosoph jetzt lange nicht mehr so eingezogen wie früher; er war eifriges Mitglied des deutschen Ruderklubs, beteiligte sich an einer republikanisch gesinnten politisch-ästhetisch thätigen Gesellschaft, die den unheimlichen Namen „Räuberbande“ trug und war bei Ausflügen, Kneipereien und Tanzvergnügungen durchaus kein kopfhängerischer Spielverderber. Ende des Jahres 1862 bereitete er sich auf eine Reise nach Rom vor, die seinen Aufenthalt in Italien abschliessen sollte. Dass er jetzt das schöne Land verlassen musste, betrachtete er später als einen Vorzug; damals war er freilich sehr niedergeschlagen darüber. Die Worte, die sich darüber in dem Tagebuche finden, setze ich hierher; sie beweisen sein tiefes Heimatsgefühl, dem er ja auch in seinem Werke, namentlich im 2. Bande, Ausdruck verliehen hat.„Ich segne mein Schicksal, dass es mich aus den Gärten der Armida gerissen hat. Denn wäre ich geblieben, was würde ich jetzt sein? Nur nach einer einzigen Richtung neben vielen will ich mich charakterisieren: ich wäre einer jener tristen Gesellen, die kein Vaterland [83] mehr haben, die untergehend im Zauber Italiens keine rechten Italiener und keine rechten Deutschen sind. Betreten sie Deutschland, so sehen sie alles schief an, weil sie für nichts mehr den richtigen Standpunkt haben; sie haben eines der kostbarsten Kleinode des Mannes verloren: die verzehrende glühende Vaterlandsliebe. Verhöhnt es nur, verspottet es nur, ihr Deutsch-Amerikaner, Deutsch-Engländer, Deutsch-Italiener, dieses grosse herrliche Deutschland und dünkt euch die Weisesten der Weisen, die Glücklichsten der Glücklichen – ich tausche doch nicht mit euch für alles Geld der Welt. Nicht für alle Freuden dieser Erde und des Paradieses verliesse ich die heilige Erde, wo ich geboren und gesäugt wurde; dort ist mein Platz an der „Brust des Staates“. Ihr Armen, die ihr die Wonne am blauen Golfe Neapels, die fessellose Freiheit in den Vereinigten Staaten dem trauten Verkehr mit eurer schönen, süssen, wenn auch nicht fehlerfreien Mutter vorzieht; ihr einfältigen Schwärmer, die ihr die ganze Welt euer Vaterland nennt und dabei vergesst, dass für die Menschheit nur der wirken kann an dem Busen des engen Landes, wo seine Wiege stand.“ Er nimmt Abschied von seinem Neapel mit den Worten: „Auch will ich Neapel nicht wiedersehen. Sähe ich es wieder, so würde meine Erinnerung ihren Schmelz verlieren; sie würde wie ein Schmetterling sein, dessen zarten Flügelstaub man abgewischt hat. Den Eindruck der jungen Organe, des Jünglingsauges soll der Eindruck des Mannes nicht retouchieren. Du seliger Traum meiner schönsten Jugendzeit sollst rein und klar unberührt und keusch mir leuchten bis in meine letzte Stunde, wie du mir seither geleuchtet hast im Heiligtum meiner Seele.“ – Er reiste nun nach Rom (1863), das mächtig auf ihn einwirkte. Eine kleine Stelle aus der Beschreibung dieses Aufenthalts setzte ich hierher: Bei Gelegenheit des Besuches der Kirche Santa Maria degli Angeli sah er die Statue des heiligen Bruno. Er ist entzückt: „das weiss ich ganz bestimmt“, bemerkt er, „lebten wir noch im Mittelalter, so würde ich ein Karthäusermönch werden. – Die Statue ist die verkörperte Heiligkeit, der verkörperte Herzensfriede, das verkörperte Heimweh nach einer besseren Welt. – Das Christentum ist die reinste Offenbarung Gottes durch das menschliche Herz; die reinste Offenbarung durch den Geist muss noch kommen.“ – Er reist in die Heimat ab. [84] „Als Italien hinter mir versunken war und ich hinab in das wilde Reussthal blickte, beschlich mich das Gefühl, dass die Zeit, wo ich „selig spielte im Sonnenschein der Güte Gottes“, vorbei sei und der herbe Kampf des Lebens beginne. Es währte lange, bis das „es muss sein“ die Wehmut besiegte und das Vertrauen in meine Kraft erwachte. Und mächtig erwachte es; es grüsste mein Blut aufwallend die mit ihm verwandte herbe Luft der Heimat.“ – Zu Hause lebte er „wie ein Gefangener“, ohne allen Verkehr, fast ohne das Haus zu verlassen, in immer zärtlicherem, innigerem Verkehr mit der leidenden Mutter. „Es entwickelte sich mächtig der asketische Zug in mir, den der blaue Golf mit goldenen Zauberfäden übersponnen hatte.“ Eine eigentümliche Stelle, die für seine „Politik“ von Wert ist, will ich hier anführen: ein Gespräch mit seiner Mutter. Er streitet, halb scherzend, mit ihr: „Du willst eine Christin sein und hängst noch mit tausend dicken Seilen an der Welt; an Geld, Besitz, Ansehen u. s. w. Ich erkläre dir aber: alle diese Seile müssen vollständig durchgeschnitten werden, wenn du deinem Heilande folgen willst. Wer ihm folgen will, darf nicht zurücksehen; er verlangt sogar, dass du deine Kinder nicht mehr liebst als ihn, ja, dass du sie garnicht mehr liebst.“ – „Meine Kinder“, rief sie und ihre Augen funkelten wie die einer angegriffenen Löwin. „Das verlangt Christus nicht, das konnte er nicht verlangen.“ „Doch, doch! Das ist ja alles leicht aus seinen Reden zu beweisen, und du weisst es so gut wie ich. Du steckst aber wie der Vogel Strauss den Kopf in den Sand und willst nicht sehen. Du bist eine Heidin, ein Weltkind, eine grosse Sünderin und wirst dereinst in die Hölle kommen.“ Und was war ihre Antwort? „Wenn ich nur dort meine Kinder habe, so werde ich zufrieden sein!“ – „Schon damals“, bemerkt Mainländer hierzu, „entstand – jedoch nur als Schaum auf trüber Gedankenflut – die Übersetzung in mir, dass der wilde Instinkt der Mutterliebe in der Menschheit ausgerottet werden müsste, sollte die Erlösung der Menschheit möglich werden. Das „Wie“ war aber für mich mit voller Nacht bedeckt.“ – Schwere Kämpfe und Sorgen begannen nun für ihn, namentlich in der Familie. „Die trotzigen leidenschaftlichen Charaktere rieben und stiessen sich und meine 22jährigen Hände sollten die wilden Kräfte auf einen Punkt lenken. War ich ein Engel? Nichts weniger als das. Ich trug dasselbe Blut in mir, das in allen kochte: wildes Heimisches [85] Blut; aber ich hatte durch Erziehung und philosophische Bildung eine furchtbare Gewalt über mich selbst. Oft stand ich bleich, zitternd, mit geballten Händen da, aber kein Wort kam über meine Lippen, während die anderen ihr ganzes Herz ausschütteten. Das gab mir ein großes Übergewicht.“

Das Ende des Jahres 1863 brachte für den jungen Mainländer die Begeisterung für Schleswig-Holstein. Aber nicht mit den Offenbacher Turnern zusammen liess er sich militärisch ausbilden. „Meine Individualität verlangte gebieterisch den einsamen Weg.“ Um seine Mutter nicht ängstlich zu machen, giebt er vor, fechten lernen zu wollen, lässt sich aber statt dessen von einem Unteroffizier militärisch „drillen“; er trägt ihm ausdrücklich auf, ihn nicht zu schonen, er wolle nicht spielen. – Im Jahre 1864 dichtete er an seinen „letzten Hohenstaufen.“[4] Er hatte sich in den letzten Jahren seines italienischen Aufenthalts besonders mit deutscher Geschichte des Mittelalters beschäftigt; das Schicksal der Hohenstaufen, besonders der letzten: Enzios, Manfreds und Conradins zog ihn hauptsächlich an. Er hatte in Italien, oft noch in hellen Mondnächten unherwandelnd auf dem Boden, wo jene gestritten und gelitten, im Geiste das Werk schon entworfen. Am 4. Januar 1864 „küsste ihn die Muse.“ Er schrieb in ganz kurzer Zeit den Enzio. Im Frühjahr 1865 erfolgte die Abfassung des Manfred – „ich war glücklich dabei“ – im Mai 1866 die des Conradin. – „Die in mich gefallenen Körper der Philosophie“, heisst es, „hielten in diesem und im folgenden Jahre (1864-1865) Samenruhe. Ich las zuweilen in Schopenhauers Werk wie ein Frommer die Bibel liest: zur Stärkung. Ich hatte zu viele Sorgen und der poetische Trieb war zu wach, um kritisch an das Werk Schopenhauers herantreten zu können. Hierzu war eine furchtbare Aufrüttelung nötig und die kam.“ – 1865 von einer kleinen Rheinreise zurückgekehrt fand er seine Mutter sterbend. An seinem Geburtstage verschied sie, infolge eines Leidens, das ihr seine Geburt gebracht hatte. Mainländer bemerkt hierbei: „Giebt es Unterschiede im Gefühl der Liebe, im Enthusiasmus des Herzens? Ganz bestimmt nicht. Unterschiede giebt es nur in den Motiven. Auf alle Motive, welche grosse Liebe erzeugen, antwortet das Herz immer mit dem gleichen Erguss, [86] und nur vom Stande der Motive aus kann man von Kinderliebe, Geschlechtsliebe, Elternliebe, Vaterlandsliebe, christlicher Liebe u. s. w. sprechen. Und so weiss ich, dass alles, was ich dem weiblichen Geschlecht gegenüber empfunden habe, seinen Untergang und seine verklärte Auferstehung im Gefühle fand, das mich mit meiner Mutter vereinigte. Die Erinnerung an sie ist meine Ehe, eine unauflösliche Ehe. Sie war meine Mutter, mein Weib, mein Kind in der idealsten Bedeutung der Worte, und ob ich auch von aussen betrachtet als ein einsamer Junggeselle erscheinen mag, so habe ich doch das Weib und Kind, und welch ein Weib, welch ein Kind!“ – Durch den Tod der Mutter wurde das Band seiner Pflichten nur noch straffer angezogen. Er lebte noch drei Jahre lang ein Einsiedlerleben; gelegentlich durchstreifte er Felder und Wälder der Umgegend. „Ein Sonderling! sagten achselzuckend die guten Offenbacher, wenn ich an ihnen vorbeisauste.“ Als er auf die Abfassung des Conradin zu sprechen kommt, bemerkt er: „Ich schrieb ihn bereits mit dem vollen Bewusstsein, dass mir die Poesie mir ein Mittel für die Philosophie sei; eine andere Art mich auszudrücken. Die „letzten Hohenstaufen“ waren mir poetische Geschichtsphilosophie, Darstellung des historischen Gesetzes, dass alles im Leben wie das Leben selbst nur Mittel zu einem gewollten göttlichen Zwecke ist. Ist das Mittel verbraucht, so schleudert es der göttliche Atem auf die Seite. Der Tod meiner Mutter warf mich über tausend Felsen in meine Bahn und brachte mich weiter als die abgelaufenen 24 Jahre zusammengenommen. Jetzt verging kein Tag mehr, wo ich nicht meiner Opposition gegen Schopenhauer Worte, klar gedachte Sätze geliehen hätte. Die Mappe mit losen Blättern meiner Kritik wurde immer voller, und in undeutlichen Umrissen zeigte sich bereits mein Hauptwerk dem geistigen Auge. – Ich liess mir Hardys Manual of Buddhism und sein Eastern Monachism aus England kommen und vertiefte mich in den Buddhaismus. Daneben studierte ich die deutschen Mystiker des Mittelalters (den „Frankforter“, Tauler, Silesius) und altdeutsche Litteratur, namentlich den unübersehbar tiefen Parcival des grossen Wolfram.“ – Mitten in diesen Studien erregten ihn die Ereignisse des Jahres 1866. Er beschloss ins preußische Heer einzutreten, die rasche Entscheidung durch Königratz nahm ihn die Möglichkeit dazu. Über diese verschiedenen Versuche, Soldat zu [87] werden, unten mehr! 1868 verkaufte der Vater seine Fabrik, die Mainländer seither geleitet hatte; er wurde dadurch von geschäftlichen Verpflichtungen frei; nach abermals fehlgeschlagenen Versuchen, in die Armee einzutreten, beschloss er, das Finanzfach näher kennen zu lernen und fand nach fünf Monaten endlich in Berlin eine passende Stelle. „Diese Wartezeit“, fährt Mainländer fort, „verträumte ich nicht. Neben sehr gründlichen Sprachstudien versenkte ich mich zum erstenmale in Kants Kritik der reinen Vernunft. Dass ich dieses bedeutendste Werk der Philosophie erst im 27. Lebensjahre mit reifen geistigen Organen, die ausserdem nicht durch Fichte, Schelling und Hegel vergiftet, sondern vielmehr durch Schopenhauer kritisch gestählt waren, in Angriff nahm – das kann ich für meine Bildung gar nicht hoch genug anschlagen. Ich muss indessen gestehen, dass ich fast nur mechanisch die Kritik der reinen Vernunft zum ersten und zweitenmale las. Es waren für mich Worte, Worte, Worte; ihr Geist wollte nicht über mich kommen. Ich hatte das Gefühl, dass ich vor einer Goldgrube stände, aber ich sah kein Gold.“ – „Blicke ich“, so schliesst er den Bericht über diese ganze Zeit ab, „auf meinen beinahe fünfjährigen Offenbacher Aufenthalt d. h. auf ein Einsiedlerleben zurück, so preise ich mein Schicksal. Erst in dieser Zeit verknöcherten meine Charakterzüge. Ich hielt nur noch fest an meine Individualität.“ – In Berlin lebte er einsam für sich weiter; von seinen Studiengebieten führt er folgende an: deutsche Poesie, Geschichte, Socialpolitik, Naturgeschichte (nach Oken), Anthropologie und die bedeutenderen Philosophien: Heraklit, Plato, Aristoteles, Scotus Erigena, Locke, Berkeley, Hume, Hobbes, Helvetius, Fichte, Hegel, Herbart, Condillac u. s. w. „An Schopenhauer schloss ich mich immer enger an. In einer begeisterten Stunde gelobte ich: Ich will dein Paulus sein, und ich habe mein Wort gehalten.“ – Der Krieg von 1870 wirkte gewaltig auf ihn ein. „Die Gefühle, welche der Krieg in meiner Brust hervorrief, waren die Geburtswehen meiner Philosophie der Erlösung.“ – 1871 kam seine Schwester zu ihm und blieb hier, bis er die Stadt verliess. 1872 fasste er den Entschluss, seine Stelle aufzugeben und sich zurückzuziehen. In seiner Kaufmannschaft erkannte er ein grosses Mittel zum Zwecke. „Unter ihrer Hülle reifte ohne Treibhauswärme das, was ich als meinen Lebenszweck ansehen [88] muss, ja, ich wiederhole es, sie wirkte sogar auf die Reife dadurch, dass sie mich zu abstraktem und klarem Denken zwang. Es wird immer wahr bleiben, dass jede bedeutende philosophische Blüte nur auf dem Boden eines redlichen Handwerks gedeihen kann: der Atem der Mussestunden ist ihre Lebenslust und aus diesem Grunde sind auch die Dilettanten die grössten und stärksten Dieser der Wahrheit. Man kann diesen Satz sogar auf die Kunst, ja auf alle Wissenschaft anwenden. Wer um Lohn arbeitet, aber dem Genius der Kunst und Wissenschaft opfert, der allein ist auf dem rechten Wege, und es wird ihm für immer das Opfer eine tausendfache Belohnung.“

Um die nun folgenden Ereignisse der Jahre 1873 und 74 im Auszuge mitzuteilen, benutze ich den 1. Teil der Lebensgeschichte, in dem Mainländer hauptsächlich von seinem Triebe, Soldat zu werden, und von seinem Soldatenleben erzählt; es findet sich hier dann auch der wichtige Bericht über die Fertigstellung seines Werkes.

„Schon im 14 Jahre wollte ich Soldat werden“, erzählt er. „Die Freude des Knaben am Glanze der Uniform war so wenig das Motiv meines Wunsches als die Vorstellung von der Aufgabe eines Heeres in Friedens- und Kriegszeiten. Versetze ich mich in jene Zeit zurück und denke über meinen Zustand nach, so kann ich nur sagen, dass ich von einem wilden Dämon getrieben wurde, der ohne Bewusstsein nach einem Ziele eilt. Merkwürdig ist nur, dass sich dieser Instinkt zum Teil enthüllte. So sagte ich, kurz nachdem mir meine Bitte von den Eltern rundweg abgeschlagen worden war, zu einem Freunde: Ich habe ein ausserordentliches Verlangen, einmal unbedingt einem anderen in allem unterworfen zu sein, die niedrigste Arbeit zu thun, blind gehorchen zu müssen. – Dieser Wunsch ist in meinem Leben immer wieder aufgetaucht, und ich bin doch im Grunde genommen das freiheitsbedürftigste Wesen. Ich glaube, dass damals das Verlangen mit dem erwachenden Geschlechtstriebe in Verbindung stand, ob ich mir gleich keine Rechenschaft von diesem Zusammenhange geben kann.“ – Im Jahre 1859 hatte er den Entschluss gefasst, in die (österreichische) Armee einzutreten. Der Krieg verlief zu rasch. 1863 wieder; „damals war es mir bitterer Ernst mit der Absicht zu helfen, und es lag kein Instinkt, sondern selbstbewusste Vaterlandsliebe zu Grunde. Under deren Leitung steht seitdem der [89] unausrottbar lebende Trieb, Soldat zu werden. Es ist aber immerhin möglich, dass er einen ganz anderen, für mich unfassbaren Zusammenhang mit meinem zukünftigen Schicksale hat.“ – Im Jahre 1866 wendete er sich nun an den preussischen Kriegsminister. Die Schlacht von Königgrätz vereitelte auch diesen Versuch. 1868 und 1870 erreichte er auch wieder nicht das Ziel seiner wünsche. Ein Immediatgesuch an den Kaiser im Jahre 1874 hatte endlich erfolg. – Ehe ich davon weiter berichte, muss ich nun die Ereignisse zwischen 1872-74 noch nachtragen. – Im Juli 72 trat er aus dem Geschäfte in Berlin aus, um sich nach Offenbach zurückzuziehen. Da packte ihn der Dämon, Soldat zu werden, obgleich er gern die freie Zeit benützt hätte, sein philosophisches Werk zu entwerfen, „dessen Material total ungesichtet, ein wahres Chaos, teils schriftlich vor mir, teils nur in meinem Kopfe lag“. Er erklärte seiner Schwester, er müsse sein Ziel: Hingabe an das Allgemeine, nun erstreben; er wolle sich mit ihr allerdings nach Offenbach begeben, es sei aber sehr leicht möglich, dass er sie bald wieder verlassen müsse. Sie erwiderte, sie könne mit ihren Vater allein nicht zusammenleben. Er sah ein, dass er seinen Plan nicht ausführen könne, ohne grosses Unglück anzurichten. „Und als der Dämon merkte, dass er betrogen werden sollte, und sich gerade anschickte ungeberdig zu werden, sprang wie eine Rosenknospe unter dem Kusse des Lichts die seither geschlossene Liebe zu meiner philosophischen Arbeit auf. Sie wuchs täglich, bis sie mein Gemüt völlig gefangen genommen hatte.“ – So kommen sie zu Hause an. „Wollte ich jetzt schreiben, wie ich meinen ersten Entwurf in drei Monaten vollendete, wie ich ihn dann zur Seite legte und Kant und Schopenhauer nochmals Zeile für Zeile studierte, wie ich dann einen zweiten Entwurf, dreimal so umfangreich wie den ersten, in vier Monaten beendete, wie meine Erkenntnis wuchs, wie gleichsam ein Berg ins Rutschen kam und mir dadurch das wunderbarste Zauberschloss eröffnet wurde, in dem ich tausendmal mehr fand als ich im kühnsten Fluge meiner Gedanken gehofft hatte, wollte ich das jetzt beschreiben, so würde ich das Wesen des Schicksals, jedes Individuum, zum Glück der Erlösung sicher zu führen, deutlicher als irgendwo zeigen können.“ – Aber nun sprach der Dämon wieder auf ihn ein: „Also, liebes Väterchen, der Stand der Sterne ist vortrefflich günstig. Im Herbste wirst [90] Du Dein bedeutendes philosophisches System beendet haben. Du wirst unzweifelhaft eine grosse Leere in dir empfinden. Wie willst Du sie ausfüllen? Du hast deine ganze Seele, alles, was dich von Jugend auf erfüllte, den vollen Reichtum deiner Gedankenwelt in das Werk gelegt und wirst, wie ich dich kenne, keine neue philosophische Arbeit je wieder in Angriff nehmen. Ist es dann nicht notwendig, dass du mir endlich und dadurch auch dir den Frieden giebst? Die Theorie ist vollendet; nun muss die Praxis kommen. Und welche andere praktische That könnte der eminenten theoretischen folgen als der Eintritt in das glorreiche deutsche Heer? Du bist ja einer von den selten begnadeten Philosophen, wie Kleanthes und Spinoza, die gelebt haben wie sie lehrten; und soll ich dir das Geheimnis deines Werkes verraten? Dein philosophisches Werk ist nur der Reflex deiner Liebe zu mir; sie hat jedes Wort inspiriert, mich hast du darin allein verherrlicht, mich dadurch unsterblich gemacht. Und zwar, merke es wohl, ohne der Wahrheit, der keuschen herrlichen Göttin untreu geworden zu sein. Ich habe wahnsinnige Brüder, Teufelchen, ja Teufel. Wo sie wirken, da wird gesprochen und mit aller Kraft verteidigt, was nicht bestehen kann. Ich aber bin gut und rein, bin klar und hell, und weil ich so bin, ist mein Ungestüm, meine Leidenschaft eine unschätzbare Tugend. Ist es nicht zum Greifen deutlich: nur in der Verbindung deines Geistes mit mir konntest du dein Werk schreiben und dieses Werk ist deshalb so durch und durch wahr, ob es gleich nur der Reflex deiner Liebe zu mir ist, weil ich von Natur aus bin, was die Wahrheit lehrt: ein edelmütiger freier Charakter. – Was du in deiner Ethik lehrst, übst du schon lange, ja du hast es immer geübt. Was du aber in deiner Politik lehrst, die totale Hingabe an das Allgemeine, das erst wird deinem Leben die Krone aufsetzen. – Wer wie du eine feurige Seele hat, für den giebt es – da die sociale Frage jetzt noch nicht, wie du selbst gelehrt hast, von unten her gelöst werden wird – nur einen Platz, nämlich den, wo die Hauptbewegung sich vollzieht, an der Stelle der Menschheit, wo sie unter Blitz und Donner un den heftigsten Geburtswehen doe Form und das Gesetz einer neuen Zeit ins Dasein wirft. Diese Stelle ist das deutsche Heer.“ –

Auch die nachprüfende Vernunft beschloss das Gleiche. Er erklärt sich bereit, sein kleines in Berlin erworbenes Vermögen [91] so zu verwenden, dass seine Familie frei und ohne Friktionen leben könne, während er Soldat sei. „Ich musste jetzt längstens Ende September mit meinem Entwurfe fertig sein, und dieser Zwang gab mir eine Energie, wie ich sie vorher nicht in mir gekannt hatte. Ich arbeitete mit einer fabelhaften Leichtigkeit. Oft war es mir, als schriebe ich nur mechanisch nach, was ein fremder mächtigerer Geist aös der meinige diktierte: so konzentriert und wunderbar gesammelt war mein Wesen. Die Lust des Schaffens, die ich damals empfand, wie kann ich sie schildern?“ – Aber nun erfolgte der Wiener Krach – damit stürzten Mainländers Pläne zusammen. Ende September, als er den Entwurf zu Ende gebracht hatte, stand es ihm klar vor Augen: er konnte nicht Soldat werden, er konnte sein Werk nicht ausführen, er musste wieder Kaufmann werden. Er fand wieder eine Stelle in Berlin, bei der deutschen Bank. Er wurde nun, wie er sagt, unnatürlich objektiv. „Milde ausgedrückt, sass ein Teil meines Ichs im Parterre, erwartungsvoll, doch uninteressiert, um den anderen Teil sich auf der Bühne krümmen und winden zu sehen wie einen Wurm. Kräftiger ausgedrückt, war mein Geist fest entschlossen, ohne zu zucken an mir eine Vivisektion vorzunehmen.“ Zwei Monate dauerten die Qualen. Dann kündigte er nach inneren schweren Kämpfen seine Stellung. „Ich verblieb nun einige Tage in einer wahrhaft traumartigen Stimmung. Mein Wesen war wie konzentriert un im innersten Kerne bewegungslos. Da schlug plötzlich wieder ein zündender Geistesblitz in mein Herz, und es erfüllte mich eine neue unüberwindbare Todessehnsucht. Und mit ihr begann ein neues Leben für mich. Lebte ich bis dahin um unbedingten Gehorsam gegen das Schicksal in der Weise, dass ich den schauerlichsten Befehl wohl ausgeführt hätte, aber ohne Versöhnung mit dem Schicksal geblieben wäre, vielmehr offen mit ihm gehadert hätte, so begann jetzt eine Periode in der ich aus Überzeugung und mit Liebe dem Schicksal opferte. Es hatte sich dasselbe begeben, was die Christen Gnadenwirkung nennen. Wie das Herz des von der Gnade Gottes berührten Christen im Glauben aufglüht, der es befähigt, alles, was Gott schickt, Gutes und Böses mit gleichem Danke anzunehmen, so hatte sich in jenen schwülen Tagen meine Seele an der vom Geiste schon längst erworbenen Kenntnis des Schicksals entzündet. Die Wirkung war dieselbe wie beim vergotteten Christen: ich sorgte nicht mehr[92] um den nächsten Tag, sondern wandelte von jetzt ab in einem ruhigen, stets gleich bleibenden Vertrauen. Und was mir das Schicksal auch bringen mag, und sei es auch die schmerzvollste Krankheit oder ein jäher Tod, ich weiss, dass ich mir selbst vor der Welt alles, was mich trifft, zu meinem Besten gewählt habe.“ – „Und so habe ich“, schliesst Mainländer diesen Abschnitt, „in Berlin, wohin ich so widerstrebend gegangen bin, mit zerrissenem blutendem Herzen einen unermesslichen Gewinn gemacht, den mir niemand rauben kann.“

Nach Aufgabe seiner Stellung wollte er zuerst in Frankfurt eine andere Stelle suchen, beschloss aber dann, im Glauben an sein Schicksal, im Herbste endlich wirklich Soldat zu werden. Ein Gesuch an den Kaiser vom 6. April 1874 hatte den Erfolg, dass ihm gestattet wurde, sich zum Eintritt neu zu melden. Nach weiteren Verhandlungen wurde dann festgemacht, dass er im Herbste bei den Kürassieren in Halberstadt eintreten solle. Er hatte sich absichtlich den schweren Reiterdienst ausgesucht. Er wollte aus demselben asketischen Bedürfnis auch drei Jahre als gemeiner Soldat dienen, obwohl ihm geraten worden war, sich die Berechtigung zum einjährigen Dienste noch zu erwerben. In einem Briefe an den Oberst in Halberstadt spricht er sich noch einmal klar über sein Vorhaben aus: „Die Vaterlandsliebe ist die erste Triebfeier, die in mir wirkt. Die Erkenntnis, dass der Mensch sein Bestes dem Staate verdankt, seine Erziehung, seine Bildung, kurz sämtliche Grundlagen, auf denen er seine wahre Bestimmung erreichen kann, erweckte schon sehr frühe in mir die Dankbarkeit gegen den Staat und den Willen, die zu seiner Erhaltung und Macht nötigen individuellen Opfer freudig zu bringen. Ich gehöre nicht zu den Schlauen, die die Vorteile des Gemeinwesens wohl geniessen wollen, aber seinen Lasten sich zu entziehen trachten. Und so hielt ich mich nicht vom Militärdienst für befreit (er hatte sich früher, nach der herrschenden Sitte, in Offenbach losgekauft), sondern nur durch eigentümliche Umstände für zurückgestellt, und melde mich jetzt, wo keine Zeit mehr zu verlieren ist. – – Ein klarer Blick in das Weltgetriebe und eine gründliche Vertiefung in die Geschichte lehren, dass auch das grösste Volk, trotz seiner Selbstständigkeit, nur ein Glied der Menschheit ist, die einen zusammenhängenden einheitlichen Entwicklungsgang hat. Ferner ist es ein Gesetz [93] der Geschichte, dass immer ein Staat die Führerrolle hat und zwar so lange als er innerlich dazu berechtigt ist. Es ist aber keinem Zweifel unterworfen, dass auf das so glorreich entstandene deutsche Reich die Führerrolle für die nächste Geschichtsperiode untergegangen ist und dass unter dem Schutze seines Schwertes die allgemeine Kultur einen grossen Fortschritt machen wird. Hieran muss sich ein kräftiges Herz, das nicht mehr ganz in den engen Kreis des Egoismus gebannt ist, entzünden, und es entsteht in ihm das heftige Verlangen mitzuthun, wenn es gilt, für hohe Ziele der Menschheit zu kämpfen. – – Ich will meiner Pflicht gegen den Staat ohne Abbruch nachkommen und nach Kräften am Wohle der Menschheit mitwirken.“

Der Abschnitt schliesst mit den Worten: „Mein Dämon wollte den Schritt, und mein Geist billigte ihn. Schon dieser Einklang, so selten, stärkte mich für das, das meiner harrte. Wer aber aufmerksam diese Soldatengeschichte gelesen hat, der wird auch gesehen haben, dass noch ein viel bedeutenderer Einklang besteht, nämlich der zwischen meinem Wollen und der anderen Seite des Schicksals, die nicht in unserer Macht ist – dem Zufall. Er hat, so oft es nötig war, die Scenerie zu meinen Gunsten gewechselt. Meine Seele geht dem Kommenden mit unaussprechlich seliger Ruhe entgegen.“

Im folgenden Sommer (1874) nun wurde in Offenbach das Werk: „Die Philosophie der Erlösung“ fertig gestellt. „Nun begann ein zaubervolles Leben, ein geistiges Blühen voll Seligkeit und wonniger Schauer. Dieses Leben dauerte vier volle Monate; es erfüllte den Juni, Juli, August und September. Vollständig klar, konsequent und in sich abgerundet lag mein System in meinem Geiste und ein Schaffenstrieb belebte mich, der die Peitsche des Gedankens nicht nötig hatte, dass ich am 18. September fertig sein müsse, denn am 1. Oktober musste ich den Rock des Königs anziehen. Mein Vertrauen in das Schicksal war geradezu fantastisch. – – Meine Lebensweise war sehr einfach. Ich stand morgens um 7 auf und arbeitete bis um zehn. Dann nahm ich ein wonniges Bad im nahen Main. Der liebe heimatliche Strom hat mein Werk schreiben helfen. O wie er mich stärkte und kräftigte! Um 12 Uhr ass ich rasch Mittagbrot und arbeitete dann ununterbrochen bis 7 Uhr. Je heisser es war, desto behaglicher fühlte ich mich, desto fliessender wurde mein Gedankenstrom. In [94] der Mittagsglut sass ich selig brütend über meinem System. Und es gedieh. Die Analytik erhielt den doppelten Umfang; die Physik wurde vollständig umgearbeitet – Aber in deren Mitte stehen verlor ich plötzlich den Faden. Ich erschrak heftig, zog mich rasch an und schwärmte vier Stunden lang in der glühendsten Hitze durch die Wälder. Umsonst, ich fand ihn nicht mehr! Drei Tage lag ich in der Hölle. Ich verzagte und blickte mit Entsetzen auf den immer näher kommenden 28. September. Ich war der Verzweiflung nahe und beschloss Selbstmord, wenn es nicht bald anders würde. Aber eine milde Hand führte mich wieder aus der Hölle. Ich fand den Faden endlich, und glänzender war er als je; auch behielt ich ihn von da an immer in der Hand. – – So vergingen die Monate wie Tage, und das Werk ging seinem Abschluss entgegen. Die Ästhetik, Ethik und Politik wurden fast ganz umgearbeitet und bedeutend vermehrt, die Metaphysik ganz neu geschrieben. Im zweiten Entwurf füllte sie nur zwei Seiten. – Endlich war das Werk fertig.“

„Nun hab ich geschmiedet ein gutes Schwert;
„Nun bin ich wie andere Ritter wert;
„Nun schlag ich wie ein anderer Held
„Die Riesen und Drachen in Wald und Feld!“

So war es. Ich empfand selig, dass ich ein gutes Schwert geschmiedet hatte, aber zugleich auch eisige Schauer bei der Betretung einer Bahn, welche gefährlicher als die irgend eines Philosophen vor mir war. Ich griff furchtbare Riesen und Drachen, alles Bestehende, alles Heilige und Ehrwürdige in Staat und Wissenschaft an: Gott, das Ungeheuer „Unendlich“, die Gattung, die Naturkräfte, den modernen Staat, und liess in meinem splitternackten Atheismus nur das Individuum und den Egoismus gelten. Doch nein: über beiden lag der Glanz der vorweltlichen Einheit, Gottes, der unwiderstehliche Zug, der alle in dynamischem Zusammenhange stehenden Dinge der Welt leitet oder, um mit Christus zu reden: der heilige Geist, das grösste und bedeutendste der drei göttlichen Wesen. Ja, er lag „brütend mit Taubenflügeln“ über dem einzig Realen in der Welt, dem Individuum und seinem Egoismus, bis es erlischt im ewigen Frieden, im absoluten Nichts.“ –

Seine Schwester sollte einen Verleger suchen. Er wollte, nach der Zuschrift an den zukünftigen Verleger, niemals als der [95] Verfasser des Werkes genannt werden. „Für dieses Werk bin ich Philipp Mainländer und will es bis zum Tode und für alle Zeit bleiben.“ – Ende August lag die Philosophie der Erlösung in Reinschrift vor. Er hatte nun noch etwas Zeit bis zur Abreise, und da tauchte ein neuer Gedanke in ihm auf. Als er mit seiner Schwester über den „Frankforter“ sprach und ihn sich ausmalte als Ordensritter: „ich sehe ihn am offenen Fenster im zweiten Stockwerke des Deutschherrenhauses am Mainufer in Sachsenhausen stehen, die edlen milden Züge verklärt vom Golde der untergehenden Sonne. Er hat das Stahlwams an, das aus dem weissen Mantel hervorblitzt.“ – da kam ihm die Idee „eine freie Hochschule zu begründen, die sich nunmehr rasch in meinem Geiste in die Form eines modernen geistlichen Ritterordens, eines philosophischen Ordens von Schicksalskämpfern, von Rittern des heiligen Geistes, legte. Meine theoretische That war gethan. Die praktische war eingeleitet. Sie wurde vom Dämon unbewusst begonnen. Sollte die bewusste Fortsetzung in diesen Orden münden?“ – So entwarf er die Statuten eines „Heiligen-Geist-Ordens (Gralordens)“, die man im 2. Bande der Philosophie der Erlösung findet. –

Die letzten Tage des September kamen heran. Am 26., einem wunderschönen wolkenlosen Herbsttage, geht er noch einmal an das Grab seiner Mutter. Er bricht sich einen Zweig ab, und gelobt, die Hand auf den Hügel legend, in gesammelter ruhigster Stimmung: Virginität bis zum Tode. „Wie lange hätte ich die greiste Frau dort unten geliebt! Wie liebte ich noch verzehrend und ausschliesslich das Bild der leidenschaftlichen genialen Mutter! Was hatte sie gelitten, wie ungestüm war sie in ihren Schmerze! Wie eigenwillig zuckend und schaudernd, wie stolz lag diese grosse Individualität in dämonischer Frömmigkeit! Sie hatte oft, wie Jakob, mit Gott gerungen und ihn besiegt. So hatte sie, wie sie erzählte, ihren zweiten Sohn mit ihrem inbrünstigen Gebete Gott abgerungen, der ihm dem Tode geweiht hatte, und wer konnte nicht glauben, wenn sie erzählte. Und diese Frau mit der wilden Mutterliebe musste später bereuen, dass sie ihr Kind aus den Armen Gottes zurückerobert hatte! – Ich dachte daran, wie das in ihr schäumende tobende Meer in mir glatt und blau geworden sei. War es nicht dasselbe Meer? – Wunderbar gestärkt für alles Trübe, das meiner in Halberstadt wartete, verliess [96] ich den in den Strahlen der untergehenden Sonne liegenden Garten der Toten.“

Und nun folgte das Soldatenleben! Diese ganze Soldatengeschichte ist äusserst interessant, namentlich für solche, die unser Heer aus der eigenen Dienstzeit kennen. Mainländer ist ein ebenso guter Kamerad wie tüchtiger Soldat. Er that den schweren Dienst eines gemeinen Soldaten. Nach dem Manöver verliess er das Heer, dem er drei Jahre angehören wollte, als Gefreiter, aus zwingenden Gründen. – Ich teile hier nur noch weniges, besonders Charakteristisches aus dieser Zeit mit.

Mit einer kleinen Büchersammlung ausgerüstet reiste er nach Halberstadt: englischer, französischer und italienischer Grammatik, französischem Wörterbuch, Spence Hardys Manual of Buddhism, Tacitus, Gil Blas, Leopardi, einem arithmetischen Leitfaden und einer deutschen Grammatik („für etwaigen Unterricht armer Kameraden und strebsamer Unteroffiziere“) und der „Theologia deutsch“. Mit folgenden Worten kennzeichnet er noch einmal seine merkwürdige Situation bei seinem Eintritt:

„Ich wurde in einigen Tagen, am 5. Oktober, 33 Jahre alt und sollte Rekrut neben Jungen von 19 und 22 Jahren sein! Ich stieg aus behaglichen bürgerlichen Verhältnissen un die rauhen entbehrungsvollen des Soldatenstandes hinab. Ich hatte fast ausschließlich mit der Feder und dem Kopfe gearbeitet und geschwelgt mit den Genialen aller Zeiten – nun sollte ich Pferde kardätschen, den Stall misten, den Pallasch schwingen und mir genügen lassen am engen Denkkreise der untersten Volksschichten. Ich liebte die Einsamkeit und schreckte wie eine Sensitive vor der leichtesten Berührung von aussen in meine Individualität zurück: ich liebte leidenschaftlich die grösste lautlose Stille, und nun sollte ich drei lange Jahre un einer Kaserne hausen. Kein Mensch konnte und kann einen unbezwinglicheren Freiheitsdrang haben als ich – die Luft der Freiheit gehört zu meiner Existenz – und nun sollte ich unter die unbedingte Botmässigkeit achtzehnjähriger Kavallerieleutnants und junger roher Unteroffiziere, ja Gefreiter gestellt werden. Aber als ob zwei Geister mit mir sprächen, der eine, diese Gedanken in stechende spitze Worte fassend, der andere immer tröstend und die Wunden gleich heilend, so war's in mir.“ – Und den Haupterfolg nun seines Verkehrs mit den Kameraden spricht er in diesen Worten aus: „Ich habe [97] an der Brust meiner niedrig gestellten Kameraden gelegen, und wenn ich vorher aus allgemeinen Obersätzen der Gerechtigkeit und Humanität zu dem Schlusse gekommen war, mich ganz der Sache der Niederen und Verachteten weihen zu müssen, um ihnen ein höheres Leben zu verschaffen, so will ich jetzt aus Liebe zu ihnen für sie kämpfen. Nun leben Gestalten vor mir, liebe Freunde, die für mich ihr Leben lassen würden und die mich flehend ansehen, nun sehe ich auch die Vertierten und Schlechten vor mir, die nur mit eisernen Stangen zu bändigen sind, weil bei den socialen Verhältnissen unserer Tage in die dumpfen Löcher, die die Elenden lichtscheu bewohnen müssen, kein Strahl fallen, kein gutes Samenkorn dort aufgehen kann. Wie hat es in mir gewetterleuchtet, wenn ich in diese trostlose Öde blickte, wie haben die Finger vor Verlangen gezuckt, in diesem Menschenstoffe zu bilden, wie mild ist mein Urteil über Rohe und Niederträchtige , über Diebe und Mörder geworden, wie eifrig hat sich da der Entschluss aus der blutenden Seele gerungen, ein Wilhelm Tell, der keiner Partei angehörte und seinen eigenen einsamen Weg ginge, ein Tell der socialen Freiheit zu werden. Seid ruhig, liebe Waffenbrüder, gute Kameraden! Ein treues Auge wacht über euch, ein gesunder Kopf denkt für euch und zwei reine Hände wirken für euch!“ – Hier nun zwei Bilder aus dem Beginn seiner neuen Laufbahn! Der Philosoph hat auf der Kammer seine Montur erhalten und zieht damit nach seinem Bürgerquartier ab: „Ich suchte eine Droschke, aber vergeblich; auch nirgends ein Dienstmann oder Lastträger zu entdecken. „Es muss sein“ sprach ich zu mir und beherzte mich. Mir war genau so zu Mute, wie Buddha nach Spence Hardys Erzählung, als er, der verwöhnte Königssohn, zum erstenmale den erbettelten schmutzigen Reis essen sollte. Aber er ass ihn und ich ging, indem ich mich tröstete und aufrichtete, wie er sich getröstet und aufgerichtet hat. Der Weg war lang, und ich bot ohne Zweifel ein ganz schauerliches Bild dar. Ich war wie ein Esel bepackt. Auf dem linken Arme hing der Nachmittagskoller und die blaue Tuchhose; auf dem rechten der Mantel, mein Civilrock, meine Civilhosen und meine Weste. In der linken Hand hielt ich meine eigenen Stiefel und eine Kürassiermütze, in der rechten meinen Hut, zwei Blechdosen und zwei Bürsten. Dabei stiess ich mir alle paar Minuten die Sporen in die Stiefel, der [98] lange Pallasch geriet mir oft zwischen die Beine; der Stahlhelm schwankte auf dem Kopfe und glühend lag die Sonne auf mir.“ – Und etwas später der Anfang des Dienstes: Der Unteroffizier schickte ihn weg, das Wasserfass voll zu tragen. „Ich gehorchte. Er war 26 Jahre alt, ich 33. Ich suchte den Wassereimer und ging an den Brunnen. Aus dem obersten Stocke des Wachtmeisterhauses sahen die kleinen Töchter des Oberrossarztes heraus, kicherten und deuteten mit den Fingern auf den Kürassier mit der Brille und in der blauen Schürze, der etwas schwankte, wann er die beiden grossen vollen Wassereimer trug. Und wieder rief es in mir: „Lass deine Augen stracks vor sich sehen; wanke weder zur rechten noch zur linken“, während ich ein paar ungeborene Thränen herunterschluckte. „Du hast Knechtsgestalt angenommen wie ein Grösserer, als du bist. Sei standhaft!“ Und die Engel fehlten nicht, die mir dienten. Wie eine Taube mit ausgebreiteten schützenden Flügeln schwebte der Erlösungsgedanke über meiner Seele, und während ich das Wasser trug, verlor sich das geistige Auge in goldene Ferne voll Ruhe und Friedens. „And Buddha thought: Were I to endanger the reception of Buddhaship, how could the various orders of being be released from the sorrow of existence?“ – „Und so habe ich alles Bittere, allen Wermut meines neuen Wirkungskreises ertragen, immer schwebend erhalten über der niedrigen Beschäftigung durch den seligen Blick auf mein Ziel, den lichtvollen Gipfel inmitten dunkler Nacht, bis der schäumende Becher der freien Lust, die im Reiterleben liegt, an meine Lippen kam.“ – „Ich behaupte kühn, dass noch kein Soldat, so lange es Soldaten giebt, so rein die Lust, die ganze Poesie, die im Reiterleben liegt, genossen hat wie ich, weil ich mir erstens immer sagen konnte: „Du hast es ohne äusseren Zwang geschafft gewählt“, und weil ich ferner durch den Blick auf meine lichte Höhe sofort empfindungslos gegen die Nadelstiche und kleinen Armseligkeiten des täglichen Einerlei wurde. Das ist der Segen, der jedem zu teil wird, der der Welt entsagt. Auf seiner Tafel stehen nur die köstlichen freien und reinen Genüsse des Lebens.“

Der anstrengende Dienst nahm ihn nun ganz und gar in Anspruch; seine philosophische Arbeit nebst allen Gedanken an Heimat, Verwandte, Tagespolitik verlor er aus den Augen; „ich wurde“, bemerkt er, „wie Emerson sagt, a victim of the nearest object.“ „Aber“, heisst es weiter, „mein geistiges Leben pulsierte dabei [99] ganz frisch, obgleich es mir nicht zum Bewusstsein kam. Es floss wie ein Strom im Winter ruhig unter einer Eisdecke fort. Das merkte ich deutlich, wenn die Decke hie und da krachte und ein wildfremder Gedanke, eine Weiterbildung einzelner Punkte meines Werkes plötzlich wie ein Blitz in der Nacht durch mein Gehirn durchzuckte.“ Und im März 1875, als er jetzt ganz eingewöhnt und durch und durch Soldat geworden war – „da krachte die Eisdecke überall und – das Bild ist wirklich treffend – mein Geist ging auf und und flutete wie ein eisbedeckter Strom. Es war ein tolles Durcheinander, die Gedanken rieben, schoben und stauten sich, bis sich zuletzt wieder in seiner eisfreien Fläche Sonne und Mond und Sterne „wellenatmend“ spiegelten. Da lag dann der ausgebrütete Keim zu einem zweiten Bande der Philosophie der Erlösung vor mir: drei wunderbare Gestalten, während des Winters im verhüllten geheimsten Winkel der geistigen Werkstätte geboren, traten holdselig an die Oberfläche: der wahre Idealismus und die christliche Trinität im hellen warmen Lichte der Vernunft und der Socialismus.“

Einen zarten Zug des Menschen Mainländer teile ich hier noch aus dem Manöver, das er begeistert mitmachte, mit. Er besuchte gelegentlich mit einigen Kameraden eine Kinderblindenanstalt. Er war tief gerührt. „Ich empfand tiefes Mitleid mit den Kindern, das jedoch im Interesse an dem, was ich sah, überwogen wurde. Zum vollen Durchbruch aber kam es, als wir in den Musiksaal gingen, und zunächst von Mädchen und Knaben zweistimmig das Thüringer Volkslied: „Ach, wie ist's möglich dann u. s. w.“ gesungen wurde. Als ich in diese unbeweglichen Augen sah, die noch nie den Reiz des Lichtes empfunden hatten, die noch nie Vater und Mutter, noch nie einen Sonnenuntergang, noch nie die Morgenröte gesehen hatten – da fasste mich der Menschheit ganzer Jammer an. Ich meinte, die Wehmut solle mir das Herz abdrücken. Als sich aber schliesslich ein Knabe an die Orgel setzte und „Jesus, meine Zuversicht“ spielte, und ich während des Spiels zufällig aus dem Fenster sah und drüben auf einer Veranda Offiziere und die Damen des Hauses in fröhlichster Unterhaltung erblickte, da schnitt der furchtbare Kontrast von Arm und Reich und das entsetzliche Leid in dieser Welt so tief in meine Seele, dass ich mich nicht länger halten konnte und weinte wie ein Kind.“ [100]

„μὴ φῦναι τὸν ἅπαντα νι –
κᾷ λόγον · τὸ δ᾽, ἐπεὶ φνῇ,
βῆναι κεῖθεν ὅθεν περ ἥ –
κει, πολὺ δεύτερον, ὡς τάχιστα.“

[WS 2]

Am 1. November 75 kam er nach Ablauf des Militärdienstes in Offenbach an. Als er heimkehrte, glaubte er nur noch die Druckbogen des ersten Bandes der Philosophie der Erlösung besorgen und nebenbei eine kleine Ährenlese halten zu müssen. „Da keine Stimme in mir sprach und aussen Totenstille herrschte, so beantwortete ich die Frage: was dann? mit einem sehnsuchtsvollen Aufwallen des Herzens nach absoluter Ruhe.“ Aber es kam anders. Er sah das Manuskript seines Werkes durch. Dann begann er die zweite hälfte seiner Lebensgeschichte. Dann schrieb er in zehn Tagen eine Novelle, seine erste und letzte[5], mit dem Titel: Rupertine del Fino, sie wurde verfasst „nur, weil meine Schwester behauptete, ich könne keine Novelle schreiben“. Hierauf entwarf er den ganzen zweiten Band der Philosophie der Erlösung – und dies alles in nur fünf Monaten. „Und während des Schreibens wurde in meinem Herzen das erstickende Mitleid mit der Menschheit geboren: da sprach auf einmal laut und vernehmlich der göttliche Atem in mir: Noch bist du nicht verbraucht; du musst mir noch dienen. Dann gehe ein in den ewigen Frieden – Vor zwei Jahren noch hatte ich meiner Schwester erklärt: Ich kann nicht anders für das Volk und den Staat wirken als durch die Feder; mein ganzes Wesen lehnt sich dagegen auf, mich in die socialen Wirren zu stürzen. Heute treibt mich ein Wirbelwind mitten in das Volk. Und entstiege meine Mutter dem Grabe und würfe mich sich mir entgegen, ich würde über ihr gerechtes Haupt schreiten. Unbeweglich im Inneren, abgelöst von allem, will ich nur das Bewusstsein haben, für die Menschheit zu wirken; das einzige Wasser, das den Brand des Mitleids in meiner Brust löschen kann.

„Der Herr ist mein Licht und mein Heil;
Vor wem sollte ich mich fürchten?“
(David.)

Das ist meine Zuversicht! [101]

„Giebt's einen Harnisch wie des Herzens Reinheit?
Dreimal bewehrt ist der gerechte Streiter.
Und nackt ist der, obschon in Stahl verschlossen,
Dem Ungerecht das Gewissen angesteckt.“
(Shakespeare.)

Das ist meine Waffe!

Ich trete ganz einsam, ohne die geringste Aussicht auf Erfolg, in die Welt zurück, und dennoch weiss ich, dass ich siegen werde, weil ich nichts anderes will als Herzensfrieden.“ – Weil er sich nur auf seine Individualität stützen könne in dem bevorstehenden Kampfe, habe er, wie er am Schlusse ausspricht, auch nur sein Inneres in diesem Tagebuche enthüllt, als seine einzige Waffe, von der er so gern wie von einem Blumenkranze auf seinem Grabe geträumt habe. –

Aber der Schritt in die Welt wurde nicht mehr gethan. Es ist nicht aufgeklärt, was ihn veranlasst hat, seinen Entschluss zu ändern und den anderen Schritt zu thun - in den Tod zu gehen. – Das Tagebuch schliesst am 7. März 1876 ab. Am 31. dieses Monats hatte er den ersten Band seines Werkes in den Händen. Er äusserte, wie ich durch zuverlässige mündliche Mitteilung erfahren habe, sein Leben habe nun weiter keinen Zweck mehr. In der Nacht auf den 1. April machte er seinem Dasein ein Ende[6]. – Seine Gebeine ruhen auf dem Friedhofe zu Offenbach.

Anmerkungen

Bearbeiten
  1. 109. Bd. 2. Heft dieser Zeitschrift, S. 277 ff.
  2. Jetzt Verleger der „Philos. d. Erlös.“.
  3. Die Literatur über Mainländer ist von mir der Hauptsache nach in einer Abhandlung über Ms. Kantkritik zusammengestellt worden, die in den „Kantstudien“ nächstens erscheinen wird.
  4. Leipzig, Schmidt & Günther, ohne Jahreszahl.
  5. Ich habe diese merkwürdige Dichtung überarbeitet, sie liegt im Manuskript vor und wird voraussichtlich demnächst in der „Didaskalia“ (Beilage zum „Frankfurter Journal“) erscheinen.
  6. Dies ist nach dem Polizeibericht das richtige Datum. Danach wurde Mainländer erhängt aufgefunden. – Ganz bestimmt unzutreffend – besonders nach der letzten Bemerkung des Tagebuches – ist die Auffassung, Mainländer habe durch seinen freiwilligen Tod seine Lehre besiegeln wollen. Davon kann garnicht die Rede sein. –

Anmerkungen (Wikisource)

Bearbeiten
  1. Dieser Mann trug die Blume seiner Virginität intakt zu seinem Grab
  2. Aus Sophokles' Ödipus auf Kolonos (1225), zitiert nach der griechischen Wikisource. Übersetzung von Friedrich Ast in Sophokles: Die Trauerspiele, Leipzig 1804, S. 398 bei Google:

    Nicht geboren zu seyn, besiegt
    Jedes Glück; und erscheinst du hier,
    ja schnell dórthin zu geh'n, von wannen
    Du gelangtest, ist das nächste

    Übersetzung von D. E. Sattler aus sophokles ÖDIPUS AUF KOLONOS (Seite 53):

    nichtgeborensein scheint
    mir das höchste
    das nächste schnell
    dorthin zurückzukehren