Augspurg von einem stummen Teuffel besessen Weibspersohn
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[2] MAria Bihlerin / ledigs standts / von vngefahr 27. Jahren / zu Haustetten ein kleine Meil von der ReichsStatt Augspurg gelegen / gebürtig / begabe sich in den Weihenacht Feyrtagen / deß vergangenen Jahrs in jhr Haimet / deß willens ein Schneidergesellen / welchen sie lange zeit geliebt / daselbsten anzutreffen / vnd von dem Geistlichen Stand / den er anzutretten vorhabens ware / abzureden; Nach dem aber selbiger dahin nicht kommen / ist sie widerumb voll Vnmuts nacher Lechhausen / allwo sie gedienet / gantz vnwillig gegen Nacht haimb gangen / aber auff dem Weeg erschine jhr der laidige Sathan / in gedachten Schneiders gestalt ( A. ) gienge mit jhr doch abwegs durch das Gesträuß vnd Wald biß in das Dorff / was sie mit einander verübt / hat auß jhr zwar nit mögen gebracht werden / doch wurde sie hernach stehts trawrig / vnmutig / zitrent / vnd forchtsam gespiret / fiele auch bald darauff in so schweren Zustand / daß sie den sibenden Jenner dises Jahrs kranck vnd schwach nacher Haustetten zu jhrer Schwester gebracht worden. Nach zweyen Tagen besuchte sie / auff begehren jhrer Freund / der Pfarrherr daselbsten / befande sie aller ertattert ligen / vnd kundte nach vilfältigem zusprechen kein Wort von ihr vernemmen / vnd weiln ihme auß etlichen Zaichen dise Kranckheit verdächtig vorkommen / hat er Patrem Priorem bey S. Vlrich in Augspurg angeredt / zu diser Persohn zugehen / vnd der sachen beschaffenheit zuerfahren / welcher sich gern dahin bemühet / vnnd die Manipul deß H. Bischoffs Vdalrici zu sich genommen / die er heimblich vnder diser Persohn Haupt Polster erstlich geleget / hernach etliche Heyligthumb auff ihren Hals vnd Mund / allwo man sie zum meisten gequellet zuwerden verspüret / gehalten / aber gleich gesehen / daß sie sich ganz erschüttet / an dem Hals groß auffgeschwollen / die Augen verkehret / den Mund hart auff einander gebissen / die Armb von einander geworffen / vnd kein Ruhe gehabt / biß dise Heyligthumb von ihr hinweck / vnd die Manipul wider herfür gethan worden / welche ihr P. Prior offentlich gezeigt ( B. ) vnd disen grossen Bischoff S. Vlrich / welcher selbige vnder der H. Meß gebraucht hätte / in solchem ihren betrübten Zustand vmb sein Fürbitt bey Gott anzuruffen eyfferig ermahnet / kundte aber auch kein antwort von ihr erhalten / sondern nach dem er etliche Exorcismos gebraucht / vnd sie darunder die Augen abschewlich verkehret / auß ihrem Mund ein zweyspitzige Zungen herfür gereckt / hat er nicht mehr gezweyflet / daß sie hefftig verzaubert / vnnd mit dem Teuffel leibhaftig besessen seye / beynebens aber gabe er ihren Freunden gewisen Rath / daß sie sich bey andern Geistlichen auch vmb Hülff vnd Beystand bewerben solten / vnnd kehrete wider nacher Augspurg / die Freund aber baten die Herrn Patres Carmelitas, daß sie diser armseeligen beyspringen wolten. Darüber nun machten sich P. Franciscus à Puero I E S V, sampt einem andern Priester Carmeliter Ordens auff den Weeg / vnnd als sie in daß Hauß kommen / gabe er einem fürnemmen Catholischen Geschlechter von Augspurg / so mit ihm gangen / ein von vilen Heyligthumben zusamen gemachtes Gefäß / dasselbe diser Persohn heimblich auff das Haupt zuhalten ( C. ) als sie aber alsbalden die Augen abschewlich verkehrt / die Stirn gerümpffet / an dem Hals dick auffgeschwollen / die grosse Puls-Ader daran hoch auffgelauffen / vnnd sie mit beyden Händen solches von sich geschoben / wie auch vnder den gesprochnen Exorcimis, so wol in der Kirchen / als in ihrem Hauß abschewliche Zeichen von sich geben / erkennte gleichmässig auch diser Pater / daß sie warhafftig mit dem Teuffel besessen seye / wurde demnach die anstalt gemacht / daß sie nach etlich Tagen in die Statt Augspurg gebracht / vnd zweyen von ihren Eltern bestellten Weibspersohnen / nemblich einer alten / Namens Anna Schäfflerin von Ettingen / vnd einer jungen Barbara Frölin von Rieden / vnder die Warth geben worden.
Den 4. Februarij wurde sie in S. Vlrichs Kirchen morgens vor Tags geführt / vnd in der mit Heylthumb erfülten Sacrystey etlich Tag nach einander von P. Francisco, vnd P. Priore der stumme Teuffel mit vilfältigen Exorcismis angehalten / vnd gepeiniget / nach disem Abende aber fuhrten sie bemelte Patres zu der Grufft / darinn der H. Bischoff Vdalricus begraben ligt / muste aber / weil sie gleich auff den Boden / als wann jhr die Glider abwären / nider gesessen / hinein geschlaifft / vnd gezogen werden / allwo der Teuffel mit einem von allerhand Kräuter vnd Schwefel angemachten vnnd geweichten Rauch abermahlen hefftig gequelet worden. ( D. ) Den andern Tag / als bemelte Patres sie abermahlen bey dem Altar / darinn S. Digna ruhet / etlich Stund exorcisirt, name der Teuffel in diser besessnen die obere theil ihres Leibs hin vnnd her schwaiffendt ein / setzte sich in die rechte Hand / welche er gantz schwartz ( E. ) gemachet / vnd so vest geschlossen / daß man die Finger mit keinem Gwalt / biß selbige P. Franciscus mit dem Creutzzaichen bezaichnet / auffbringen möchte. Den dritten Tag / als in bemelter Capell bey der H. Meß vnd auffhebung deß hochwürdigen Sacraments / diser besessnen / daß sie jhren Schöpffer vnd Erlöser anschawen solle / zugesprochen worden / machte jhr der Teuffel die Augen also klein ( F ) vnd eingefallen / als wann sie gantz verschwunden / biß die auffhebung gar geendet.
Den 9. Febr. hernach / als die zween Patres die Exorcismos vnd beschwörungen wider den Teuffel in einer absonderlichen vnser lieben Frawen Capell vollbracht / vnd von der besessnen Persohn / die heylsame Wort IESVS MARIA außzusprechen begehrt / hat sie mit Vnwillen dreymaln / ich kan nit / gesagt / vnnd bald jhr Zungen weit auß dem Mund gestreckt / auff welcher etlich / sowol Geist- als Weltliche / den Teuffel / in gestalt einer schwartzen Spinnen ( G. ) Andere wie ein schwartze Kugel sichtbarlich verspiret / vnd wurde die Besessne selbige vnd volgende Nächt / gewiser Vrsachen halber nit mehr in jhr Hauß / wie vorhero geführt / sonder in dem Stübel neben der Sacrystey in verwahrung jhrer beiden Außwarterin vnnd eines Dieners behalten.
Den 10. Febr. hat man dise Persohn Abends in der Kirchen auff S. Vlrichs Altar gebracht / vnd von kleinen Kindern verspotten lassen / welches disen hoffärtigen Teuffel also geschmirtzt / daß er vilfältige Zaichen seines Zorns verspiren lassen / vnd als P. Franciscus mit in Händen gehaltnem hochw. Sacrament den Teuffel noch schärpffer zubeschwören fortgefahren / auch das zuschawende andächtige Volck inbrünstig zu Gott geruffen / hat die Besessne das Haupt / wie vormaln auch öffter / biß auff die Erd genaigt / ( H. ) Gleich folgende Nacht darauff / nach dem die Patres vor dem Tag hindurch den Teuffel mit steten Exorcismis, vnd Beyhilff anderer Priestern / so die Händ auffgelegt / hefftig gepeiniget / aber in Argwon gefallen / es müsse was anders in der sach stecken / daß so vil gute Werck / Gebett vnnd Andachten nichts früchten wöllen / begaben sie sich auß sonderer eingebung Gottes zu der besessnen / fanden sie gantz krafftloß auff der Erden ligen / darüber sie erschrocken / vnd selbige zu der Buß ermahnet / mit dem geweychten Oel gesalbet / vnnd mit Exorcismis streng fortgefahren / befanden aber ein halssterrig Gemüth / seytemahlen sie kein Trost annemmen wolte / sonder wurffe sich mit dem Leib vngestümb vmb / blasete das Wachsliecht / so ihr fürgehalten worden / bey sechsmahl ab / zündete es doch gleich mit einem Dampff / so ihr auß dem Hals gangen / wider an ( I. ) vnd als ein Pater etwas vngewohnliches in der besessnen Nasen stecken gesehen / zohe er zähe Stritzel mit einem Zänglein herauß / welche vber ein Wachsliecht gehalten / zwar bald das Fewr gefaßt / aber doch sich vmb das Zänglein wie ein Wurmb gewunden vnd langsamb verbrennen lassen.
Nachdem die Patres hernach ausser deß Stübels an der Thür gehört / daß die Besessne mit andern etwas wenigs rede / fragten sie die Barbaram / ob sie dann gar nicht esse oder trincke / welche alsbalden vermeldet / sie wisse wol / wie es daher gehe / sage aber nichts / doch als sie ferners mit angewendtem Exorcismo vnd verspirtem Zaichen in dem Angesicht / ob sie nit ein Hex seye / bespracht worden / bekennete sie rund herauß / daß sie die Besessne / vnd die alt Anna / alle drey Hexen seyen / vnd jhre Bulteuffel haben / bracht auch geschwind ein Fewrhaggen von dem Ofen herfür / ( K ) weiset jhn den Patribus, vnd vermeldte / was gestalten sie bey Nacht auß dem Stübel darauff sitzend / die alte zuvorderist / sambt jhrem Bulteuffel / an jhr die Besessne / vnd sie Barbara zu hinderst / anfangs zu dem P. Francisco / alsdann zu dem P. Prior / ( L. ) endtlich zu dem Mesner gefahren / selbige zubeschädigen / aber weiln die zween Priester zu hoch geweicht / der Mesner auch mit geweychten sachen wol versehen war / haben sie damahlen keinem nichts Leyds zufügen könden / zeigete auch ferners an / wie die alte allzeit auß Befelch deß Teuffels die Stolam von der Besessnen Hals aufflösen müssen / vnd weil er in bälde außfahren solte / die Mariam vor vmbzubringen / ein vergiffte Suppen / ( M. ) in aller Teuffel Namen außzutrincken gezwungen / ja auch zu befürderung deß Todts / selbe im zuruckfahren also schwach von dem Schirhaggen abgeworffen / wie auch die Barbaram selbsten / ( N. ) weil der Teuffel gefürcht / sie möcht alles an den Tag bringen / wie besetehen / entzwischen name die schwachheit bey der Besessnen jmmer zu / doch vnderließ P. Prior niemahlen jhr hertzlich zuzusprechen / sie aber name kein Trost vnd ermahnung an / sondern nach dem sie dreymal / helffe mir / geruffen / hat sie mit weit auffgespertem Mund ( O. ) jhren vnseeligen Geist auffgeben / vnd wurde jhr die Zungen von dem Teufel so tieff in Schlund gezogen / daß man sie weder sehen noch greiffen kundte.
Bey so offenbahren Dingen nun / welche die Barbara jederman frey bekennt / wurden dise zwo Hexen / Frölin vnd Schäfflerin in der Statt Gefäncknuß geführt / die Todte aber ( P. ) von den Henckersknechten vergraben. Die Junge bekennete allzeit vngepeiniget / daß sie erst jüngst vom Teuffel zur Hexerey / volgends aber von der Alten noch mehrers verführt worden / auch Gott / vnser liebe Frawen / vnd allen lieben Heyligen abgesagt / sich dem Teuffel eigen ergeben / vnd sich mit jhm Fleischlich vermischt. Die Alte aber wurde güt- vnd peinlich examiniert / ( Q. ) welche zwar das erstemal auff starckes zusprechen jhres Bulteuffels / so viermahl zu jhr in die Gefäncknuß kommen / alles abgeläugnet: Nachgehends aber auff verspürten mehreren Ernst / alsbalden vnd vorthin beständig angezaigt / was massen sie sich dem Teuffel auff ewig rechtschaffen ergeben / auff dessen begehren / Gott / seiner werthen Mutter / vnd allen lieben Heyligen abgesagt / mit dem Teuffel mehrmahls würcklich Vnzucht getriben / zwey vnderschidliche mahl das hochwürdige Sacrament nach der Communion auß ihrem Mund genommen / ( R. ) in gegenwart deß Teuffels darauff gespyen / mit Füssen getretten / die besessne Mariam / damit der stumme Teuffel am Donnerstag oder Freytag vorher nicht weichen oder außfahren müßte / gewaltthätig ermordt vnd vmbgebracht / vnd andere mehr Vbelthaten begangen. Wurden demnach beede zu dem Todt verurtheilt / auch zu Recht / vnd auß Gnaden den 18. Aprill / die Anna ( S. ) mit glüenden Zangen zweymahlen in die Brüst gezwickt / die Barbara ( T. ) vorhero / vnd alsdann die Anna ( V. ) enthauptet / beeder Leichnamb aber ( W ) mit Fewr zu Aschen verbrennet. GOTT der Allmächtig seye wegen diser wunderbarlich an Tag gebrachten erschröcklichen Geschicht in Ewigkeit gelobet / Amen.