Augsburger Postzeitung 2. September 1819
Karlsruhe, den 28. Aug.
BearbeitenDie Anzeigen des gegen die Juden gespannten Zeitgeistes, wovon früher schon mehrere öffentliche Anschläge von Drohungen den Beweis führten, haben sich heute Nacht den 27. dieß in voller Gährung gezeigt. Kaum war der Zapfenstreich vorüber, als das bekannte Hep! Hep! durch alle Straßen und Vieler Mund ertönte, und in dem geängstigtem Israeliten de höchste Furcht verbreitete. Da dieser Tag – nach dem Anschlagszettel – zum Angriffe auf die Juden bezeichnet war, so wurde schon früher Vorkehrung zur Aufrechterhaltung der Ordnung getroffen, und zahlreiche Abtheilungen von Infanterie, an deren Spitze des Stadtkommandant selbst ritt, durchstreiften die Straßen, sogar eine Abtheilung der Garde zu Pferd sprengte zuletzt im Galopp herbey, um die verschiedenen Haufen zu zersteuen. Uebrigens hatte kein wesentlicher Unfug Statt, und diesmal kamen die Juden mit der bloßen Furcht davon. Die Gährung wächst jedoch immer mehr, und verbreitet sich auch auf dem Lande sehr lebhaft. Es ist deshalb von der großherzogl. Polizeydirektion Folgendes verordnet worden: 1) Jedes lärmende Geschrey und jede Zusammenrottung, besonders zur Nachtzeit, ist auf das Strengste verboten. 2) Wer sich den Verfügungen der Polizey widersetzt, wird arretirt und nach der Strenge des Gesetzes bestraft. 3) Die Bürger und Einwohner werden aufgefordert, ihre Hausangehörigen, Kinder und Dienstboten, besonders bey eintretendem Abend, bey sich zu behalten, dieselbe zur gemeinsamen Mitwirkung an der allgemeinen Ordnung aufzufordern, endlich aber bey wieder eintretender Unordnung ihre Häuser sorgsam zu verschließen.