Textdaten
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Autor: Kurt Tucholsky
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Titel: Augen in der Großstadt
Untertitel:
aus: Lerne lachen ohne zu weinen. S. 383–384
Herausgeber:
Auflage: 11.–15. Tausend
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1932 (EA 1931)
Verlag: Rowohlt
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Erscheinungsort: Berlin
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: ULB Düsseldorf und Scans auf Commons
Kurzbeschreibung:
Erstdruck unter dem Pseudonym Theobald Tiger in: Arbeiter Illustrierte Zeitung, 1930, Nr. 11, S. 217
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[383]

     Augen in der Großstadt

 Wenn du zur Arbeit gehst
 am frühen Morgen,
 wenn du am Bahnhof stehst
 Mit deinen Sorgen:

5
 da zeigt die Stadt

 dir asphaltglatt
 im Menschentrichter
 Millionen Gesichter:
Zwei fremde Augen, ein kurzer Blick,

10
die Braue, Pupillen, die Lider –

Was war das? vielleicht dein Lebensglück …
vorbei, verweht, nie wieder.

 Du gehst dein Leben lang
 auf tausend Straßen;

15
 du siehst auf deinem Gang,

 die dich vergaßen.

[384]

 Ein Auge winkt,
 die Seele klingt;
 du hasts gefunden,

20
 nur für Sekunden …

Zwei fremde Augen, ein kurzer Blick,
die Braue, Pupillen, die Lider;
Was war das? kein Mensch dreht die Zeit zurück …
vorbei, verweht, nie wieder.

25
 Du mußt auf deinem Gang

 durch Städte wandern;
 siehst einen Pulsschlag lang
 den fremden Andern.
 Es kann ein Feind sein,

30
 es kann ein Freund sein,

 es kann im Kampfe dein
 Genosse sein.
 Es sieht hinüber
 Und zieht vorüber …

35
Zwei fremde Augen, ein kurzer Blick,

die Braue, Pupillen, die Lider.
Was war das?
 Von der großen Menschheit ein Stück!
Vorbei, verweht, nie wieder.