Auerswald und Lichnowsky/Die Tödtung des Generals von Auerswald

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aus: Auerswald und Lichnowsky
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von: Christian Reinhold Köstlin
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Die Tödtung des Generals von Auerswald.

Die Durchsuchung des Schmidt’schen Wohngelasses war einige Zeit fruchtlos, bis endlich der von der Jungfer Pfalz hinter das Sopha geworfene Schlüssel aufgefunden wurde. Einige (4–5) Bewaffnete stürmten nun die enge und steile Bodentreppe hinauf, worauf alsbald oben der Ruf gehört wurde: „herbei! wir haben Einen!“ Es polterte die Treppe herab, und schon hatten sich auf den gedachten Ruf die übrigen im Hause zerstreuten Bewaffneten in dem Hausgang des Schmidt’schen Wohngelasses gesammelt, welche sofort den General Auerswald lärmend und tobend in Empfang nahmen und unter fruchtlosen Protestationen der Hausbewohner die Treppe hinab in den Garten zerrten.

Als erhoben ist anzusehen, daß er von Bewaffneten durch die hintere Hausthüre über die Terrasse hinab in den Garten gegen das auf die Haide führende Thürchen zu gestoßen und gezerrt worden und hiebei der Gegenstand roher thätlicher Mißhandlungen gewesen ist, infolge deren er bereits am Kopfe und sonst blutete, zeitweise auch die Perrücke verlor oder taumelte und dgl.

Eine Zeitlang hatte er sich noch des Schutzes eines unter dem Haufen angesehenen Mannes zu erfreuen, der [30] mit einem Hirschfänger die Schläge und Stöße von ihm abzupariren und die Rotte zu bereden suchte, daß sie den Mißhandelten gehen lassen, mindestens warten sollten, bis er vor dem Garten draußen sei. Er wurde jedoch von diesem seinem Beschützer (Simon Rau), an den er sich festgeklammert, weggerissen und, nachdem das Gezerre etwa 10 Minuten gedauert hatte, vor das Gartenthürchen hinausgeschleppt.

Vergebens bat der Mißhandelte um Schonung, erwähnte, daß er fünf unerzogene Kinder habe, denen erst vor Kurzem die Mutter weggestorben sei, und fragte, ob denn unter seinen Peinigern kein Familienvater sei, dessen Kinder sich freuten, wenn sie den Vater wieder sähen? Ebensowenig Erfolg hatten die Fürbitten der Hausbewohner und mehrerer unbetheiligten Anwesenden, die dem Mißhandelten bezeugten, daß er nicht „der Gesuchte“ sei, oder überhaupt die Wuth zu mäßigen suchten.

Nach einer Aussage soll der General wirklich erkannt worden sein, was aber im höchsten Grade unwahrscheinlich ist, sowohl aus allgemeinen, als aus ganz concreten Gründen. Zum Theil scheint der Mißhandelte für den Fürsten Lichnowsky, zum Theil für den General Radowitz gehalten worden zu sein; die Masse bekümmerte sich übrigens schwerlich um den Namen, sondern wollte überhaupt ein Opfer haben.

Gewiß ist ferner nach allen Ermittlungen, daß weder die Vorstellungen Auerswalds selbst, noch seiner wirklichen oder vermeintlichen Beschützer das Mindeste fruchteten. Die Fürbitten verhallten unter tobendem Geschrei: „Haben wir ihn, den Parlamentshund? Er muß sterben! Schießt ihn todt, den schlechten Kerl, den Hurenkerl! Den Parlamentskerl! [31] Den Hallunken! Den Dieb! etc.“ Es wurde ihm mit Stöcken, Schirmen, Säbeln, Sensen, Flintenkolben etc. auf Kopf, Brust und in’s Genick geschlagen und gestoßen, daß er das eine Mal taumelte, das andere Mal niederfiel.

Selbst sein (zweideutiger) Beschützer hatte ihm nur bis vor das Gartenthor hinaus Frist gegeben. Und in der That war er da kaum angelangt, als auch sofort schnell die Katastrophe eintrat.

Das sichere Ergebnis. der von hier an mannigfach abweichenden Zeugenaussagen ist: daß Auerswald, vor dem Gartenthor angekommen, einen Schlag oder Stoß oder irgend eine gewaltsame Behandlung erfuhr, die ihn stürzen machte, daß er sich aber wieder erhob, wenigstens einigermaßen, jedoch nur, um sofort die zwei Schüsse zu empfangen, die seinem Leben erweislich ein rasches Ende machten.

Wenn nun aber schon über das Zusammensinken, resp. Niederstürzen oder Niederspringen Auerswald’s in den Graben, sowie über die Ursachen dieses augenblicklichen Verschwindens, und noch mehr über die Urheber der (nach den meisten Zeugnissen) veranlassenden Stöße, Schläge etc. die Zeugenaussagen mehrfach differiren, so finden eben solche Differenzen über die Schüsse statt.

Die Legalsektion hat zwei Schußwunden ergeben; gleichwohl wollen einige Zeugen bald nur von Einem Schusse, bald von dreien wissen; die meisten dagegen erzählen allerdings von zwei Schüssen. Noch bedeutender sind die Abweichungen in Beziehung auf die Urheber und die Reihenfolge derselben. Die meisten Zeugen stimmen darin überein, daß Auerswald den ersten Schuß erhalten [32] habe, eben wie er nach dem Sturz oder Sprung in den Graben (zwischen dem Garten und der Haide) ganz oder doch nahezu wieder aufgestanden gewesen sei, daß er infolge dieses Schusses in den Graben gesunken und liegend von dem zweiten Schuß getroffen worden sei.

Ebenso ist nach den meisten Zeugenaussagen der erste Schuß auf die Mitte des Körpers, der zweite (schon dem äußern Anschein nach unmittelbar tödtende) auf den Kopf gerichtet gewesen.

Damit stimmt auch das ärztliche Gutachten überein, welches sagt: „von den wichtigsten Verletzungen [den Schußwunden] ist nach unserem Dafürhalten das Wahrscheinlichste, daß die Bauchwunde zuerst erfolgte, der Körper hierauf zusammenstürzte, und nun von oben nach unten in perpendikularer Richtung die Schußwunde durch den Kopf erfolgte.“

Sehr abweichend sind dagegen die Angaben über die Personen, von denen die Schüsse, resp. die Mißhandlungen mit Kolbenschlägen etc. herrühren.

Ganz isolirt stehen hier zunächst zwei Zeugenaussagen da:

Joh. Kramm, Handelsmann, 73 Jahre alt, behauptet, – ein und dieselbe Person – „ein großer schlanker Mensch von bösartigem Aussehen, mit schwarzem Schnurrbart, dunkelm Tuchrock, gewöhnlichem schwarzem Hute, bewaffnet mit einer langen, mit Bajonett versehenen Flinte, habe sich schon vor der Entstehung irgend eines Tumults am Schmidt’schen Garten zum Abfeuern in Bereitschaft gesetzt, dem Zeugen erklärt, daß „hinten schon besetzt sei“, die von der Friedberger Chaussee herbeikommende Schaar von Bewaffneten nach dem Schmidt’schen Garten hergerufen, [33] – sofort nach 10 Minuten bei der Herausführung des Gefangenen diesen als „den Spitzbuben, den Volksverräther, den Auerswald“ bezeichnet, dann denselben gepackt und in den Graben geworfen, auf den Liegenden (ohne das Gewehr an den Backen zu halten) geschossen, nachher ihm mit dem Gewehrkolben auf den Kopf geschlagen und hierauf noch einen zweiten Schuß (ob mit demselben oder einem anderen, jedenfalls einläufigen Gewehr?) abgefeuert, worauf an dem Getroffenen kein Lebenszeichen mehr bemerkbar gewesen sei.“

In dem kurhessischen Prozesse hat der Zeuge als die fragliche Person den in Hanau verurtheilten Joh. Pflug erkannt.

Anna Maria Magnus, 27 Jahre alt, beschreibt sehr genau zwei Männer, die den von einem Trupp umringten Auerswald vorzugsweise aus dem Gartenthürchen herausgeschleppt hätten. „Der eine war von untersetzter Statur und hatte einen langen rothen Kinnbart; seine Nase war stark, wenn ich nicht irre, zweimal gebogen; der Andere war etwas größer, schlank, und hatte etwas blonderes Haar. Er hatte auch einen Bart, aber nicht so lang, als der Erstere, und flachsblond. Sein Haar war hinten ganz kurz verschnitten, während der Erstgenannte längeres Haar hatte. Beide hatten helle Turnerkleider an und waren, als ich sie sah, ohne Kopfbedeckung und ohne Waffen. Der mit der gebogenen Nase hatte ein rothes Gesicht, der andere war bleich.“ Von beiden soll sich nun Auerswald losgerissen und einige Schritte nach dem Graben zu gemacht haben, worauf er von einem Unbekannten in den Graben hinuntergestoßen worden sei. Nun seien die beiden Schüsse von jenen oben Beschriebenen [34] (ohne das Gewehr an den Backen zu halten) abgefeuert worden, der erste von dem Blonden, der zweite von dem Andern; beide hätten das Gewehr dazu von Andern aus dem Trupp genommen, der Blonde insbesondere ein „nicht langes Gewehr, woran etwas Grünes gewesen sei.“

Etwas mehr Uebereinstimmung findet sich in den übrigen Zeugenaussagen.

Joh. Heil, Taglöhner, 20 Jahre, sagt, vor dem Gartenthürchen habe Auerswald einen Kolbenstoß auf die Brust, wovon er in den Graben geworfen worden sei, von einem großen Kerl mit einem Kittel und einer Wachstuchkappe und Flinte erhalten, der eben erst vom Hause her nachgekommen sei und gerufen habe: „Haben wir Einen? Sterben muß er, der Hund!“ Ueber die Schießenden weiß er nichts zu sagen.

Maria Kiehl, Dienstmagd, 32 Jahre, erwähnt gleichermaßen einen heftigen Stoß mit dem Gewehrkolben auf die Brust, worauf Auerswald in den Graben gefallen sei. Sie beschreibt als den Beschützer Auerswald’s einen Mann in einem grünen, neben aufgestülpten Hut mit einer Feder drauf, einem Rock mit stehendem grünen Kragen und grünen Klappen und Aufschlägen, den sie für ein Mitglied der Bockenheimer Schutzwache gehalten habe, – und fährt dann fort, den Stoß mit dem Gewehrkolben habe Auerswald von einem Manne erhalten, der, wenn sie nicht irre, ähnlich gekleidet gewesen sei, wie der zuvor beschriebene.

Reinstein, Gärtner, 46 Jahre, erwähnt keines Kolbenstoßes, sagt dagegen: als Auerswald von den ihn Festhaltenden sich losgerissen habe und über den Graben gesprungen [35] sei, so sei ein junger Mensch in einer Turnjacke ihm nachgesprungen und habe eine kurze Schießwaffe in seine Seite abgedrückt, worauf Auerswald in den Graben gestürzt sei. Gleich darauf hätten 2 andere Menschen ihre Gewehre auf ihn abgefeuert, die dem Zeugen Ueberröcke mit Turnerhüten zu tragen schienen.

Andr. Spahn, Lohnbedienter im Landsberg, 47 Jahre, sah einen Menschen auf Auerswald zutreten und ihm mit dem Gewehr einen Schlag nach dem Kopf führen, der jedoch nur gestreift habe. Auerswald, sofort in den Graben gestürzt, habe von einem Menschen, den der Zeuge nicht näher zu beschreiben weiß, einen nach dem mittleren Körper gerichteten Schuß erhalten. Darauf habe in einer Entfernung von höchstens drei Schritten ein junger Mensch in Turnerkleidung ihm auf den Kopf geschossen. Später sagt derselbe Zeuge (der, wie der vorige, aus ziemlicher Entfernung beobachtete), der Schlag mit dem Gewehr habe Auerswald in’s Genick getroffen, und er wisse nicht, wohin der zweite Schuß gegangen sei.

Julius Birkenholz,18 Jahre, lief vom Schmidt’schen Garten weg, ehe sie den Auerswald zum Garten herausschleppten, und sah dann (etwa hundert Schritte entfernt?) hinter sich. Er weiß nicht, ob ein oder zweimal geschossen wurde? Dagegen beschreibt er zwei Personen. Einer – wenn er nicht irre – in einem blauen Kittel habe den Auerswald hinten im Genick gefaßt und niederzuwerfen gesucht. Nach dem (ersten) Schusse sodann habe ein Mann in grüner Schützenuniform mit seinem Gewehr in den Graben hinabgestoßen, (untersetzter Statur, trug eine neue Büchse mit braunem Lauf, einen grünen Waffenrock mit Stehkragen und blanken Knöpfen, und einen [36] schwarzen Hut, wie die Bockenheimer Bürgergarde). Dieser Mann sei übrigens erst in den Garten gestürmt, als Auerswald auf die Terasse geführt worden sei.

Gerson Sonneberg dagegen, 27 Jahre, Israelit, hat schon ¼ Stunde vor der Auffindung Auerswald’s im Schmidt’schen Garten unter den die Auslieferung der Flüchtlinge Begehrenden besonders „einen Bockenheimer Scharfschützen mit Büchse und Hirschfänger“ bemerkt. Schon im Garten habe dieser dem Auerswald mit seinem Gewehrkolben einen Schlag auf den Kopf versetzt. Dasselbe habe er nochmals nach der Herausführung aus dem Garten auf dem Brückchen gethan, worauf Auerswald zusammengebrochen sei. „Ehe er noch hingefallen war, fiel ein Schuß auf ihn; ich weiß aber nicht, ob der Bockenheimer Scharfschütze geschossen hat oder ein anderer in einem blauen Kittel und einer sog. östreichischen blauen Kappe mit geradestehendem Schilde. Ich sah aber diese beiden im Anschlag.“ Auf diesen Schuß sei Auerswald in den Graben gestürzt, und dann noch ein Schuß gefallen. – Später will er nur den „Bockenheimer Schützen“ im Anschlag gesehen haben.

Franz Jakoby, 17 Jahre 11 Monat alt, weiß nur von den beiden Schüssen zu berichten. Den, der zuerst schoß, kann er nicht beschreiben. Als darauf der alte Mann in den Graben gefallen war, „trat einer an den Graben und schlug ihn mit seinem Gewehrkolben auf den Kopf, worauf er seine Büchse umdrehte, solche anschlug und den alten Mann oben auf den Kopf schoß … Dieser Mensch kann 36–38 Jahre alt sein, hatte einen grünen Waffenrock, graue, rothpaßpoilirte Hosen und einen grünen Turnerhut auf. [37] Sein Haar und sein starker Bart waren dunkel und sein Gesicht frech und ziemlich roth.“

Derselbe Zeuge sagte übrigens vor dem Hanauer Schwurgerichte: – „ein Andrer in der Bürgerwehrkleidung von Ginnheim in grünem Rock, dunklem Turnerhut und schwarzem Backenbart schoß ihn durch den Kopf.“

Eben dort nannte er ihn aber auch wieder: den Bockenheimer in grüner Schützenuniform, und sagte: derselbe habe einen Hirschfänger in schwarzem Lederzeug an der Seite gehabt.

Mich. Rettenbacher, Gärtnerbursche bei Schmidt, 20 Jahre, sagt: „Zwei legten auf ihn an; der eine in weißen Turnerkleidern zielte ihm nach dem Kopf und schoß los (Auerswald sei damals schon im Graben gelegen, der Andere in grünem Rock mit grünem Hut und grüner Feder, mit einem Hirschfänger an der Seite, von kurzer untersetzter Statur, feuerte gleich darauf los und schoß, wie ich bemerkt zu haben glaube, dem Daliegenden in den Leib. Sein Bart war nicht schwarz, und nicht blond.“

Pius Lorey, 19 Jahre, erzählt: »Als der Mann auf dem Brückchen war, ließ ihn Simon Rau gehen. Ein andrer schlankgewachsener junger Mann in Turnerkleidung, mit blassem bartlosem Gesicht, bewaffnet mit einem kurzen Gewehr, rief: jetzt schieß ich, …. legte an und schoß ab, worauf der alte Mann in den Graben hinunterfiel.“

Elise Diehl, Dienstmagd, 24 Jahre, giebt an, einer, den sie nicht näher beschreiben könne, habe jenseits des Brückchens Auerswald einen Stoß versetzt, daß er in den nahen Gräben gefallen sei. „Darauf legte ein Mensch in Turnerkleidung sein Gewehr an und schoß es auf den [38] alten Mann ab. Dieser Mensch hatte einen großen wilden dunkeln Bart, eine weiße Turnerjacke und dergl. Hosen an. Ich meine, er hätte auch einen Turnerhut aufgehabt; doch ist mir die Farbe desselben nicht mehr erinnerlich.“

Joh. Schwab, 42 Jahre, Schuhmacher, erzählt: „Die Kerls brachten den Auerswald nun aus dem Garten heraus, führten ihn über das Brückchen, und, während zwei Kerls den Auerswald hielten, legte ein Dritter an und schoß nach dem Auerswald. Dieser sank zusammen, erhielt aber gleich darauf von einem andern Kerl noch einen zweiten Schuß, worauf er in den Graben fiel. Die Person, welche den ersten Schuß that, hatte einen dunkelblauen Oberrock an, war mittlerer, schmächtiger Statur, glatt im Gesicht, frisch von Farbe; es kann sein, daß er einen kleinen blonden Schnurrbart hatte. Er trug eine Kappe, denen der Bockenheimer Bürgergardisten gleich, und führte einen sogenannten Karabiner, wie die Kavallerie zu tragen pflegt. Er schien mir in den 30er Jahren zu stehen. Der Mann, welcher dem Auerswald den zweiten Schuß versetzte, trug einen grünen Waffenrock, wie die Bockenheimer Schutzwehr, führte eine Büchse und einen Hirschfänger; er war gesetzter von Statur, wie der Andere, und trug einen grünen Hut, wie die Bockenheimer Schutzwache. Das Gesicht war mit dem Bart ganz verwachsen; er hatte ein volles Gesicht und stand dem Ansehen nach ebenfalls in den 30er Jahren. – Er setzt bei: als Auerswald das Bergelchen herab nach dem Gartenthörchen geführt worden sei, habe ihm unterwegs derselbe Bockenheimer Schütze, der nachher schoß, mit dem Kolben seiner Büchse einen Stoß auf die Brust gegeben, daß der Herr zurückgetaumelt sei.

[39] Vor dem Hanauer Schwurgericht sagte der Zeuge im Wesentlichen ganz dasselbe, fügte aber noch bei, der Bart des Bockenheimer Schützen sei schwarz gewesen.

Aus dem Bisherigen ergiebt sich, daß die Angaben über die Person dessen, der zuerst auf Auerswald schoß, in weit höherem Grade übereinstimmen, als die über die Person desjenigen, welcher den zweiten, nach der Mehrzahl der Aussagen auf den Kopf gerichteten und nach dem Urtheil der Sachverständigen unmittelbar tödtenden Schuß gethan hat. Sie führen für den ersten Schuß mit einer unter den bewandten Umständen merkwürdigen Uebereinstimmung auf die Thäterschaft des in Hanau verurtheilten Schneidergesellen P. Ludwig.

Was in Hinsicht auf den Absender des zweiten Schusses die im Jahr 1850 nach der Verhaftung des Angeklagten Nispel wiederaufgenommene Untersuchung an Resultaten geliefert hat, beschränkt sich auf Folgendes.

Joh. Pflug, zu Hanau verurtheilt, Stockhausgefangener in Marburg, sagt: ein Schütze in grüner Uniform habe dem Auerswald verschiedentlich mit seiner Büchse auf den Kopf geschlagen, so daß das Blut aus den Kopfwunden geflossen sei (namentlich mit dem Hahn der Büchse). Zeuge habe sich für den um sein Leben flehenden Auerswald verwendet, darauf aber von dem Grünen zur Antwort erhalten: „Die haben uns in Frankfurt auch nicht geschont.“ Während dessen sei ein Schuß gefallen und Auerswald in den Graben niedergesunken. Darauf habe sich der Mann in der Schützenuniform nahe vor den Graben gestellt und ihm auf den Kopf geschossen. Der Mann habe gerade eine solche grüne Uniform getragen; wie Zeuge gegen Mittag an vielen Bürgergardisten in Bockenheim [40] wahrgenommen habe. Später gab derselbe auf genaueres Befragen an, er meine eher, daß der Schütze eine Mütze, als daß er einen Hut getragen habe; auch habe er in der Nähe und bei dem eigentlichen Angriffe auf Auerswald nur Einen solchen Schützen gesehen. Soviel ihm vorstehe, habe der fragliche Schütze einen ganz schwarzen Bart getragen.

Christian Edel, Schneidergeselle, wegen Entwendung des Huts des Generals von Auerswald verurtheilt, hatte schon im Februar 1849 angegeben: bei der Leiche Auerswalds habe ein Mensch von mittlerer Größe mit einer Büchse gestanden, etwa 40 Jahr alt, mit Backenbart; er habe grüne Bürgerwehruniform mit einem grünen Hut und grüner Feder drauf getragen. Die umstehenden Leute hätten gesagt, er sei von Ginnheim, und er habe den ersten Schuß auf Auerswald gethan. Eben dieser, mit einer Büchse, Patrontasche und einem Hirschfänger versehene Mann habe den Auerswald aus dem Garten herausführen helfen; er habe einen vorn fast zusammenlaufenden Backenbart getragen. (Vor dem Hanauer Schwurgericht sagte er, auf der Haide sei erzählt worden, daß ein Bornheimer Turner und ein Bockenheimer Schütze die Schüsse auf Auerswald abgefeuert hätten.)

Besonders zu bemerken ist noch, daß nach mehreren Zeugenaussagen eine Frauensperson (die Angeklagte Zobel) auf den im Graben liegenden General Auerswald Steine geworfen hat.

Die Zeugin Anna Maria Magnus sagt: mehrere Steine, welche dieselbe von dem Haufen in der Nähe genommen habe, – übrigens erst nach dem zweiten Schusse.

Kath. Kraus sagt: „Nach dem ersten Schuß ergriff jenes Frauenzimmer unter dem wiederholten Ruf: schlagt [41] ihn todt, den Hund! er muß sterben! – einen schweren, etwa 5 Zoll im □ haltenden Stein auf den Kopf des Grafen;“ – „schon als er zum Gartenthürchen herausgeführt wurde, warf sie mehrmals auf ihn mit kleineren Steinen, die sie von dem dort liegenden Haufen nahm.“ Sie beschreibt jenen Stein, den die Zobel grade auf Auerswalds Kopf geworfen habe, noch weiterhin als einen Sandstein, ungefähr Handlang und Handbreit, von der Dicke einer starken Sandsteinplatte. Daß übrigens Auerswald auf den Wurf irgend eine Bewegung gemacht habe, ist von ihr nicht bemerkt worden.

Heinr. Heuß sagt – nachdem Auerswald in den Graben gesprungen und auf den ersten Schuß zusammengestürzt sei, – „da sprang die Weibsperson nach dem dortliegenden Steinhaufen, nahm einen Stein, etwas dicker als eine Kegelkugel, und warf ihn dem Auerswald gerade auf den Hinterkopf. Der General fuhr noch mit der Hand nach der getroffenen Stelle hin. In diesem Augenblick fiel aber noch ein Schuß etc.“ Auch Gerson Sonneberg giebt an: nach dem zweiten Schusse habe die „Weibsperson“ von dem dortliegenden Haufen mehrere Steine genommen und auf die Leiche geworfen, mit den Worten: „Hund! Spitzbub! So geht es ihnen all’!“

Franz Jacoby giebt an, daß, nachdem Auerswald schon beide Schüsse (in den Leib und in den Kopf) erhalten habe, die Weibsperson herbeigekommen sei und ungefähr dreimal mit dicken Steinen auf den Kopf des alten Manns geworfen habe, an dem noch einige Lebenszeichen bemerkbar gewesen seien.

Die Leiche des Generals von Auerswald blieb ungefähr eine Stunde in dem vor dem Garten hinziehenden [42] Graben liegen, ohne daß erweislicher Maßen etwas davon (goldene Ringe etc.) entwendet worden wäre. Nur der Paletot und der Hut, welche Auerswald bei seiner Umkleidung im Schmidt’schen Hause abgelegt hatte, kamen abhanden, und es ist Christian Etzel aus Wehrheim wegen Entwendung des Huts mit vier Wochen Gefängniß bestraft worden. Nach einer Stunde wurde die Leiche in den Schmidt’schen Garten verbracht, wo sie eine Zeitlang am Wege liegen blieb, gegen 7 oder 8 Uhr aber in einem der Gewächshäuser niedergelegt wurde. Nachts 10½ Uhr wurde sie unter militärischer Bedeckung in das Logis des Generals von Auerswald zu Frankfurt abgeführt.

Tags darauf wurde der Leichnam von zwei Reichstagsabgeordneten (deren einer der Schwager des Verlebten war) anerkannt. Die sofort ordnungsmäßig veranstaltete Sektion und Obduction ergab im Wesentlichen: außer einer Luxation des linken Schlüsselbeins, Zerbrechung des rechten, einer Hiebwunde am Kopfe und mehreren unbedeutenden Verletzungen: zwei Schußwunden, die eine in den Schädel dringend, die andre die Bauchdecken an zwei Stellen durchbohrend.

Das Gutachten sagt: „Es zeigt sich, daß zweimal Schießwaffen, einmal eine schneidende Hiebwaffe und wiederholt stumpfe Werkzeuge angewendet wurden. Die Hiebwunde würde wahrscheinlich am schnellsten und ohne allen weiteren Nachtheil geheilt sein. Die andern Mißhandlungen durch Schlagen oder Stoßen mit stumpfen Werkzeugen würden längere Zeit erfordert haben, vorzüglich der Schlüsselbeinbruch. Anders verhielt es sich mit den Schußwunden; beide mußten nothwendig und schnell den Tod zur Folge haben.