Antwort auf die Frage: Ob es der katholischen Religion und wahren Andacht gegen das allerheiligste Altarssacrament nachtheilig ist etc.

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Autor: Anonym
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Titel: Antwort auf die Frage: Ob es der katholischen Religion und wahren Andacht gegen das allerheiligste Altarssacrament nachtheilig ist, wenn die Processionen vor den Engelämtern an den Donnerstagen, und bey den monatlichen Brüderschaften abgeschaffet werden?
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aus: Journal von und für Franken, Band 6, S. 173-177
Herausgeber: Johann Caspar Bundschuh, Johann Christian Siebenkees
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1793
Verlag: Raw
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Erscheinungsort: Nürnberg
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Quelle: UB Bielefeld, Commons
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[173]
III.
Antwort auf die Frage:
Ob es der katholischen Religion und wahren Andacht gegen das allerheiligste Altarssacrament nachtheilig ist, wenn die Processionen vor den Engelämtern an den Donnerstagen, und bey den monatlichen Brüderschaften abgeschaffet werden?

Die vorgelegte Frage, beantworte ich schlechtweg mit Nein. Es ist weder [174] der katholischen Religion, noch der wahren Andacht gegen das H. Sacrament nachtheilig, wenn die Processionen, von welchen die Rede ist, abgeschaffet werden. Meine Gründe sind folgende:

Dergleichen Processionen sind nichts wesentliches in der katholischen Religion. Die Glaubenslehre in Ansehung dieses Sacraments, in so ferne sie anderswo vestgegründet ist, bleibt unerschüttert, wenn auch jene nicht mehr sind: es ist also nicht abzusehen, wie die katholische Religion dabey leiden sollte, wenn oben genannte Umgänge eingestellet werden. Sollte jemand einwenden: die Glaubenslehre von dem H. Altarssacrament würde aber doch den Christen dadurch tiefer eingeprägt; so sage ich ihm dagegen, daß dieß eigentlich und weit mehr und besser durch einen gründlichen Unterricht geschehe, da nebst dem immer noch Processionen mit dem Hochwürdigen gehalten würden.

Auch wird in dem gegebenen Falle die wahre Andacht zum H. Sacrament nicht geschwächet: denn diese wird durch guten Unterricht, durch lebhafte Vorstellung der Erhabenheit des Stifters dieses Sacraments, der unschätzbaren Liebe, die er gegen uns gezeiget hat, erwecket, erhalten und befördert. [175] Es gab Zeiten in der katholischen Kirche, wo benannte Processionen noch nicht eingeführet waren, und wer wird behaupten mögen, daß es damahls den Christen an einer wahren Andacht zum H. Sacrament gefehlet habe? Es gibt noch jetzt viele katholische Gemeinden in Franken, bey welchen solche Umgänge zu genannten Zeiten nicht im Brauche sind, und wer wird glauben, sie seyen darum keine wahren und eifrigen Verehrer unsers Herrn im Sacrament?

„Aber das Volk hängt vom Sinnlichen, Aeusserlichen ab, dadurch wird seine Andacht unterhalten und angefeuert.“ – Das gebe ich, so ferne nur das Sinnliche nicht übertrieben wird, gar gerne zu. Aber ich behaupte auch, daß, wenn auch die Processionen, von welchen die Frage ist, abgeschaffet werden, es darum der Andacht noch gar nicht an äusserlichem Reize fehlet. Wie oft, an wie vielen Festen wird das Hochwürdige noch ausgesetzet? Werden nicht auch dann noch Processionen mit demselben und ohne dasselbe geführet? – Die wahre Andacht zu H. Altarssacrament würde also durch Einstellung dieser donnerstägigen und monatlichen Umgänge nicht nur allein nichts leiden, sondern ich glaube auch, sie würde dadurch [176] noch mehr gewinnen, denn die Erfahrung lehrt: quo rarius, eo charius. Was alltäglich, was zu gewöhnlich wird, verliert an Achtung der Menschen, so schätzenswehrt es immer dabey bleiben mag. Quotidiana vilescunt. Es würden dadurch mancher Unschicklichkeiten weniger. So z. B. wenn ein Umgang um die Kirche geführet wird, da singen die Schullehrer mit ihrer Jugend ein lateinisches Lied, die Männer beten einen Rosenkranz, und die Mädchen singen ein Lied, oft von der seel. Jungfrau, auch wenn das Allerheiligste mitgetragen wird, und die alten Weiber beten wieder den Rosenkranz. Ein wahres Durcheinander! – Der halbe Zug ist schon in der Kirche, der Geistliche gibt den Seegen mit dem Hochwürdigen, das lateinische Seegenslied wird gesungen, während dessen kommt die andere Hälfte des Zuges nach, singt noch ihr angefangenes Lied, woraus ein widerliches Getön und Unordnung entstehet.

Aber wer freylich die Abschaffung unternehmen wollte, der müßte mit Klugheit zu Werke gehen, die Gründe dem Volke so vorlegen, daß sie wenigstens den Vernünftigen einleuchteten. Hat er diese auf seiner Seite, so muß er die Sache mit Muth und [177] Standhaftigkeit ausführen, und das Murren der Unvernünftigen nicht achten; nach einiger Zeit sind sie der Processionen entwohnt, so wie sie derselben vorher gewohnt waren. Schon vor vielen Jahren hat der Pfarrer eines gewissen Städtchens in Franken diese Processionen aus der Ursache abgestellet, weil sie seinem armen Gotteshause Kosten verursachten, und jetzt denkt kein Mensch mehr an dieselben.