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Titel: Anton Rubinstein †
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aus: Die Gartenlaube, Heft 51, S. 876
Herausgeber: Adolf Kröner
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Erscheinungsdatum: 1894
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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[876] Anton Rubinstein †. Einen Ruhm hinterlassend, den er in, erster Linie seinem großen Talent, dann aber auch seinen edlen Herzenseigenschaften zu danken gehabt hat, ist einer der bedeutendsten Musiker der Gegenwart, Anton Rubinstein, in der Nacht auf den 20. November in seiner Villa in Peterhof jählings am Herzschlag verschieden. Aus kleinen Anfängen war derselbe in die glänzende Laufbahn eines der gefeiertsten Tonkünstler eingelenkt, auf welcher er in der letzten Zeit eine großartige Wohlthätigkeit entwickelt hat, indem er den meist sehr bedeutenden Ertrag seiner Konzerte gemeinnützigen Anstalten, den Armen und Notleidenden, überwies. Aber auch die Mehrzahl der musikalischen Bildungsanstalten Europas ist von ihm auf diesem Wege vielfach gefördert worden und eines seiner letzten Konzerte, das er in Deutschland gab, hat zum Besten des Beethovenhauses in Bonn stattgefunden. Am 30. November 1830 zu Wechwotynetz bei Jassy geboren, verbrachte er seine Kindheit in Moskau, wo seine Mutter, eine vortreffliche Klavierspielerin, die aus Deutschland stammte, Lehrerin an einem kaiserlichen Erziehungsinstitut war. Seine Begabung entwickelte sich unter ihrer Leitung schon frühe sehr glänzend; er gehörte zu den „Wunderkindern“, deren gesundes Wachstum durch diesen Vorzug nicht beeinträchtigt wurde.

[Ant. Rubinstein.]

Nach einer Aufnahme von W. Höffert, Hofphotograph in Berlin.

So trat er bereits mit zehn Jahren, begleitet von seinem Lehrer Villoing, nicht nur in Rußland, sondern auch in Paris in öffentlichen Konzerten auf, und als ihn damals in letzterer Stadt Franz Liszt gehört hatte, prophezeite sich dieser in dem genialen Knaben, dessen Antlitz ihn an das Beethovens erinnerte, seinen Nachfolger. Unter Liszts mächtigem Schutz und seinem Beispiel folgend, sehen wir Rubinstein danach seinen Konzertreisen immer weitere Ausdehnung geben, bis ihn sein schöpferischer Trieb zur Komposition veranlaßte, in Berlin festen Fuß zu lassen, um hier durch ernste Studien sich auch für diese Richtung seines Talents auszubilden. 1848 ließ er sich in St. Petersburg nieder, das ihm dann mit der Villenstadt Peterhof bis zum Tode die eigentliche Heimat blieb, so lang sich auch einzelne seiner Konzertreisen ausdehnten und so gern er auch in einzelnen deutschen Städten, wie Stuttgart und Dresden, längeren Aufenthalt nahm. Was in Rußland seitdem zur Fördernng des musikalischen Kunstlebens geschah, war in der Hauptsache auf seine Anregung zurückzuführen; so auch die Gründung der Russischen Musikgesellschaft, der er seit 1859, und der des St. Petersburger Konservatoriums, dem er seit 1862 als Direktor eine Reihe von Jahren vorgestanden hat.

Rubinstein gehörte zu den Klavierspielern, bei denen die absolute Beherrschung alles Technischen mit geistvoller Auffassung und leidenschaftlichem Temperament Hand in Hand ging. Seine zahlreichen eigenen Kompositionen sind von verschiedenem Wert; von seinen Opern haben sich die „Makkabäer“, von seinen Oratorien „Das verlorene Paradies“ am meisten eingebürgert. Die Klavierlitteratur hat er durch glänzende originelle Werke bereichert. Unter seinen Liedern finden sich viele von großem Reiz und warmer Empfindungsfülle. Das Ideal seines schöpferischen Strebens war in der späteren Zeit seines Lebens eine Wiedergeburt des Oratoriums aus dem Geiste der Oper. Solcher geistlicher Opern hat er mehrere – „Moses“, „Christus“ etc. – geschaffen. Die Verwirklichung dieses Ideals durch die Mittel der Bühne hat er aber nicht mehr erlebt.