Angenehme Nachrichten
[724] Angenehme Nachrichten. (Zu unserer Kunstbeilage.) Wer an stillen Nachmittagen in das kleine Kanalgewirr von Venedig eindringt und seine Gondel zwischen den halbverfallenen Mauern durchlenkt, der sieht an jeder Hausthür Scenen ähnlicher Art wie die hier dargestellte. Licht und Luft ist nur draußen auf dem schmalen Plattenstreifen längs des Wassers zu finden, drinnen im Hause ist’s dunkel und kühl: Grund genug, alle mögliche Arbeit und Erholung aus ersteren heraus zu verlegen! Gefährlich ernst ist es freilich mit der Arbeit niemand: die schwarze Luisa aber bedarf reichlich das Fünffache an Aussprache als etwa eine deutsche Kollegin während ihres Nähgeschäftes und kommt deshalb ziemlich langsam vorwärts. Jetzt freilich verzichtet sie überhaupt aufs Weitersticheln, denn was ihr da die blonde Nachbarin Carlotta vorliest aus dem Brief ihres Bersagliere, der jetzt in Cremona steht und nächstens auf Urlaub kommen darf, das ist zu interessant, das muß mit Sammlung angehört werden! Vielleicht auch noch mit etwas anderer Empfindung – wenigstens möchte man, wenn man sie so ansieht, darauf wetten, daß es nicht lange Zeit mehr dauern wird, bis Luisa auch einen Brief in der Tasche hat und der Freundin die Vorlesung vergilt! Das sprechen die sehnsuchtsvollen Schwarzaugen so deutlich aus, daß man kein Prophet zu sein braucht, um es vorherzusagen! Bn.