An Johann von Häring
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An Johann von Häring.
O Jüngling, deine Geige
Wie voll von Harmonie,
Und unter deinen Fingern
Wie lieblich tönet sie!
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Jüngst, als dir die VersammlungZuhorchete, mein Ohr
Von deinen Zaubertönen
Nicht Einen Ton verlor;
Dann Kenner und nicht Kenner
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Dich Spielenden erhob,Und zwanzig Fächer rauschten
Zu meines Häring Lob;
Da jauchzt’ ich dir im Stillen,
Da strahlete mein Blick
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Die Freude meiner SeeleUnd meinen Stolz zurück.
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O Jüngling, deiner GeigeLaß gleich dein Leben seyn:
Es halle nie der Mißlaut
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Von einem Laster drein:
Weh dem, der im Allegro
Der Mäßigung vergißt,
Weh dem, der im Andante
Zu weich, und kraftlos ist;
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Das heißt, weh dem, deß FreudeGleich einem Sturme lärmt;
Der zagend und unmännlich
Sich in den Schmerzen härmt:
Drum, was dir auch im Busen
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Sich noch so mächtig regt,Acht auf den Takt gegeben,
Den die Vernunft dir schlägt!