Amerikanische Flugmaschinen

Textdaten
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Autor: Bw.
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Titel: Amerikanische Flugmaschinen
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aus: Die Gartenlaube, Heft 51, S. 875–876
Herausgeber: Adolf Kröner
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1896
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[875] Amerikanische Flugmaschinen. In die Reihe derer, die es zu ihrer Lebensaufgabe gemacht haben, dem Menschen, der bereits Erde und Wasser unumschränkt beherrscht, auch die Luft zu erschließen, sind in den letzten Jahren mehrmals namhafte amerikanische Konstrukteure eingetreten. Als echte Kinder ihres energievollen Landes packen sie meist auch diese Aufgabe gleich im großen Umfang an: langsam fortschreitende Uebungen, Segelapparate und dergleichen Mittel, mit denen man wohl diesseit des Oceans das Problem zu lösen hofft, gelten ihnen nichts, sondern meistens ist es gleich der Dampf, mit dessen Hilfe sie die Luft im großen Maßstab zu bemeistern suchen. Zwei der neueren Versuche dieser Art haben einige Erfolge gehabt und werden wohl fortgesetzt werden, da es ihren Erfindern nicht an Mitteln fehlt. Der eine der beiden Konstrukteure, Herr Maxim, hat sich bei dem bestehenden Ueberfluß von noch unerprobten „Lösungen“ der Flugfrage nicht lange mit Erfinden aufgehalten, sondern ist frisch daran gegangen, denjenigen Lösungsgedanken, der ihm am meisten Gewähr des Gelingens zu versprechen schien, in die That umzusetzen. Eine Möglichkeit, sich selbst und große Massen in der Luft schwebend zu erhalten, liegt nun, wie kein Physiker bestreitet, in der Anwendung schräg geneigter Flächen, die mit einer gewissen Schnelligkeit horizontal vorwärts bewegt werden. Jeder im Winde stehende Drachen liefert einen Beweis [876] für diese Theorie, und da es ganz gleichgültig ist, ob sich der Wind gegen den Drachen oder der Drachen gegen die Luft bewegt, so ist ohne weiteres klar, daß man selbst schwerere Massen durch die Luft befördern könnte, sobald man hinreichend große drachenartig gestellte Segelflächen mit großer Geschwindigkeit und unter Beherrschung des Gleichgewichtes vorwärts zu treiben vermöchte. Aus solchen Drachen- oder Segelflächen mit ihren verbindenden Konstruktionsteilen ist Maxims Flugapparat zusammengesetzt, und da er für Versuche im größten Maßstabe dienen sollte, so trug gleich das erste Modell nicht weniger als 500 bis 600 qm Segel, welche durch einige starke Propellerschrauben mit großer Geschwindigkeit fortbewegt werden sollten. Eine Dampfmaschine mit ganz besonders sinnreichem und leichtem Kessel, welche angeblich trotz ihres geringen Gewichtes über 300 Pferdestärken entwickeln sollte, setzte das ganze Werk in Bewegung. – Um der Maschine zunächst die zum Auffliegen nötige Schnelligkeit zu erteilen, ließ man, sie auf Geleisen abfahren und gewissermaßen einen Anlauf nehmen, worauf beim ersten Versuch auch wirklich ein gewisser Auftrieb stattfand. Nun hatte aber der Erfinder, der Lenkung des großen Ungetüms noch nicht so ganz gewiß, auch über der Versuchsstrecke eine Schienenführung angebracht, welche die Maschine hindern sollte, beliebig hoch zu steigen. In dieses obere Geleise gerieten die Flügelräder, sie zerbrachen, und die Maschine fiel schwer beschädigt zu Boden. Jedenfalls sind aber die Erfolge für den Unternehmer nicht entmutigend gewesen, da er seine Versuche fortzusetzen beabsichtigt.

Besser gelangen die in diesem Sommer angestellten Versuche mit einer von dem amerikanischen Meteorologen Prof. Langley erfundenen Dampfflugmaschine, welche, zwar vorläufig im kleinen Maßstab erbaut wurde – sie wog noch nicht soviel Pfunde wie die Maximsche Centner – aber überraschende Resultate ergab. Die über einer Bucht des Potomacflusses veranstalteten Proben, denen viele bekannte wissenschaftliche Größen beiwohnten, erregten allgemeine Bewunderung. Die Maschine, an Gestalt und Arbeitsweise einem riesigen Vogel gleichend, erhob sich bei dem ersten Abflug, der von Bord eines Schiffes (und natürlich ohne Bemannung) stattfand, etwa 25 m hoch in großen Kurven und senkte sich dann, als die noch unvollkommene Dampfmaschine ihre Arbeit einstellte, langsam aufs Wasser herab, wo man sie wieder einfing. Ein zweiter Versuch gelang in ähnlicher Weise, der Apparat flog vom Schiffe über ein Vorgebirge des Ufers hinweg und kam auch diesmal unbeschädigt wieder herab. Jeder Flug wurde auf beinahe einen Kilometer geschätzt und dauerte etwa anderthalb Minuten. Natürlich ist auch durch solche, immerhin günstigen Resultate, das Problem der Flugmaschine noch lange nicht gelöst, aber es bedeutet jedenfalls wiederum einen großen Fortschritt, eine Maschine erfunden zu haben, welche ohne die ständige Lenkung des Menschen das Gleichgewicht ihrer Lage behält und größere Flüge auszuführen vermag. Es beschäftigen sich jetzt so viele ausgezeichnete Köpfe mit der Flugfrage, und auf so verschiedenen Wegen ist man bestrebt, sich dem Ziel zu nähern, daß kaum noch ein Zweifel an dem endlichen Gelingen übrig bleibt. Bw.