1. Als ich schlummernd lag heut Nacht, lock=ten sü=ße
Träume, schimmernd in der Ju=gend Pracht mich in fer=ne Räume.
Krasses Füchslein saß ich schlank in der Kneipe
[211] wie=der, und in vol=lem Cho=re klang laut das Lied der
Lieder: Gau-de-a-mus i-gi-tur, iu-ve-
nes dum sumus! post iu-cun-dam iu-ven-tu-tem,
post mo-les-tam se-nec-tu-tem nos ha-be-bit hu-mus,
nos ha-be-bit hu-mus.
2. Tabakswolkenduft umkreist, bläulich, Rheinweinbecher; desto
heller flammt der Geist in dem Haupt der Zecher. Füchslein fühlt im
Weltenrund sich der Schöpfung Krone; und er singt mit keckem Mund
und mit keckem Tone: Ubi sunt qui ante nos in mundo fuere? Vadite
ad superos, transite ad inferos, |: ubi iam fuere. :|
3. Jäh erwacht ich. – Glockenklar tönt mir's in den Ohren: Heut
sind's runde siebzig Jahr, seit Du warst geboren. Heut schon liegen
hinter dir der Semester hundert! – Hell rieb ich die Augen mir,
summte still verwundert: Vita nostra brevis est, brevi finietur, venit
mors velociter, rapit nos atrociter, nemini parcetur.
4. Schnell vom Lager sprang ich auf, rief: Mir hat das Leben
viel in seinem kurzen Lauf, Leid und Lust, gegeben. Sei vergessen,
was gedrückt mich mit Sorg und Plage; heut ein Hoch dem, was be=
glückt meine jungen Tage: Vivat academia, vivant professores, vivat
membrum quodlibet, vivant membra quaelibet, semper sint in flore!
5. Goldne Burschenzeit entflog schnell – daß Gott erbarme! –
Ledern Philisterium zog mich in dürre Arme. Doch philistern lernt ich
nicht, hoch, auf goldnen Schwingen, trug mich lieb zum Himmelslicht,
jubelnd durft ich singen: Vivant omnes virgines, graciles, formosae!
vivant et mulieres, tenerae, amabiles, bonae, laboriosae!