Allgegenwart des Salzes auf Erden

Textdaten
<<< >>>
Autor:
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Allgegenwart des Salzes auf Erden
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 1, S. 16
Herausgeber: Ferdinand Stolle
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1858
Verlag: Verlag von Ernst Keil
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Leipzig
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite

[16] Allgegenwart des Salzes auf Erden. Bei der Unentbehrlichkeit des Salzes konnte die Erde nur bewohnbar sein, wenn dasselbe auf der Oberfläche überall zu finden war, und daß dem so ist, weiß Jedermann. Auch ist bekannt, daß es in drei ganz allgemeinen Formen aufzutreten pflegt, als Steinsalz, Soolquelle und Weltmeer. Mit Steinsalz sind die Berglandschaften versehen, mit Soolquellen die Abdachungen und Mittelstufen, während die fruchtbaren thonigen Marschebenen, in denen keine Quellen mehr aufsteigen, an das benachbarte Meer gewiesen sind. Die großen niedrigen Binnenländer, welche nicht regelmäßig nach dem Meere hin abdachen, sehen sich durch das minder allgemeine Vorkommen des Steppen- und Wüstensalzes versorgt, und die vulcanischen Districte, die gewissermaßen noch kein Bergland, sondern ein werdendes Bergland darstellen, empfangen ihre Gabe aus den Kratern und Feuerschlünden als Sublimation und als Auswurf. Ja was noch mehr sagen will, auch die Luft wird zur Trägerin des Salzes gemacht, um es allgemein zu verbreiten und das Dasein der lebendigen Welt überall zu gestatten. Mit Recht überrascht uns die Beobachtung, daß das Vieh, dessen Salzbedürfniß doch physiologisch bestimmt nachgewiesen ist, selbst da gedeiht, wo ihm eigentliche Salznahrung nicht geboten wird. Es muß daher in der Regel einen wenigstens ausreichenden Ersatz seines täglichen Salzverlustes und das für einen gewöhnlichen Stoffwechsel erforderliche Quantum auch in dem scheinbar ungesalzenen Futter vorfinden.

In der That treffen wir in fast allen Culturpflanzen und der größeren Zahl der wild wachsenden das Kochsalz als einen Bestandtheil der Asche an, wodurch sich eben so bestimmt, wie durch die directen Analysen selbst, eine allgemeine Verbreitung in der fruchtbaren Ackerkrume kundgibt.

Auch die Pflanze, um es kurz zu sagen, hat im beschränkteren Maße ein Bedürfniß nach Kochsalz; und indem sie es hat und befriedigt, sorgt sie für den Salzbedarf derjenigen Thiere, denen die Pflanze als Nahrung dient. Wir erkennen hierin einen Schritt in dem ewigen Kreislauf des Stoffes.

Das grüne Irland, England und die cimbrische Halbinsel, diese unter steten Seewinden liegenden Länder, deren Graswüchsigkeit, da sie die Trefflichkeit der Rinder bedingt, ein Neid der Nachbarländer ist, verdanken sie theilweise dem leichten Salzstaube, der unausgesetzt auf sie niederfällt, und den zwar andere Länder Europa’s auch, aber wenige in solchem Maße empfangen.

Die Brandung der Küste zerschlägt das salzige Meerwasser in Schaum, dessen Bläschen wie Nebel von den an der Küste senkrecht aufsteigenden Winden emporgerissen werden. Wer sich dem feuchten Winde aussetzt, sieht sich alsbald von einer weißen Salzkruste überzogen, und die Fensterscheiben der Häuser, selbst meilenweit von der Küste, werden blind durch einen salzigen Beschlag.

Aber nicht blos, wo die Nebelbläschen an feste Körper anschlagen, sondern auch in der freien Luft verdampft das Wasser derselben, und anstatt des einen Bläschens, das hohl und doch schon so klein war, bleibt nur 1/30 desselben dem Gewichte, 1/60 dem Maße nach, zu unzähligen Würfeln zersplittert, daher unsichtbar, selbst dem Mikroskope unerreichbar klein, schwebend in der Luft zurück, und hat seiner Kleinheit halber nicht Gewicht genug, die Luft zertheilend, zu Boden zu fallen, sondern wird mit den Winden durch die ganze Welt getragen, und in Regen, Schnee und Thau der Pflanzenwelt ununterbrochen zugeführt. Aber so gering die Gabe für jede einzelne Pflanze, so groß ist sie das ganze Jahr hindurch für die gesammte Pflanzendecke eines Landstriches.

Der Salinendirector Brandes in Salzuflen hat durch Versuche nachgewiesen, daß auf eine Quadratmeile westphälischen Landes mehr als eine Million Pfund Kochsalz alljährlich mit dem Regen niederfällt.

Auch diese Thatsache hat wieder ihre ökonomische Seite. Denn da die Binnenländer weniger Salz aus der Atmosphäre empfangen, als die Küstenstriche, so lehrt uns die Natur handgreiflich, ihren Bestrebungen zur Hülfe zu kommen. Mit Maß gegeben, wirkt selbst in England das Kochsalz noch als ein Dünger, der besonders einen vermehrten Körnerertrag hervorruft; mit Maß gegeben, zwingt es den ungesunden Moorboden, wohlschmeckende Gräser hervorzutreiben, wie es der Umkreis der Salzquellen lehrt, welche so häufig in moorigen und sumpfigen Wiesen entspringen; mit Maß gegeben, wirkt es auf einige Culturpflanzen, wie den Spargel und den Flachs, sogar specifisch treibend, und indem selbst ein geringeres Maß schon einigen dem Landwirth unwillkommenen Pflanzen von niederer Organisation feindlich ist, verjagt es von den Wiesen das Moos und die Pilze, und zuletzt, bei beharrlicher Anwendung, sogar die schädlichen Schachtelhalme (Equiseten).

Daher wird denn nicht blos in England, sondern mehr oder weniger überall, wo einsichtsvolle Landleute thätig sind, das Salz auch zum Düngen gebraucht (seit urältesten Zeiten in China, nach den Berichten von Plinius auch im alten Rom), indem man, den Fingerzeig der Natur beachtend, die seine Vertheilung, welche sonst schwer zu erreichen sein würde, dadurch bewirkt, daß man es in anderweitig gesammelte Dünger- und Composthaufen streut und sich vorher in diesen auflösen läßt, oder es auf die Brache bringt, wo der Pflug und der Wechsel der Witterung die völlige Vertheilung im Boden bewirken.