Textdaten
Autor: A. Gleichmann
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Titel: Ae Nachtwachtersträch
Untertitel: Aene Bega’mhät, die wirklich passiert sein soll
aus: Allgemeiner Harz-Berg-Kalender für das Jahr 1919, S. 49–50
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Kurzbeschreibung: Gedicht
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[49]

Ae Nachtwachtersträch.
Aene Bega’mhät, die wirklich passiert sein soll.
(Von dem verstorbenen Harzdichter A. Gleichmann, dem unser Kalender manchen Beitrag verdankt, aus dem Jahre 1902.)


     Nachtwachter gitt’s in jeder Schtadt
Zum Schutz in dunkler Nacht
Ae jedes Dorf sän’n Wachter hot
Darsch gut un trei bewacht.
Wenn Ihr von Eiern Togwart ruht
Denn wacht dar brave Mann,
Beschitzt Eich, wenn Gefahr wu druht,
Doß Eich nischt schoden kann.

     Dan besten Wachter, dan’s je gob,
Hot Buntenbock gehatt,
Noch heit ertönt dos größte Lob
Von mancher schienen That.
Schlank war sei Wuchs, ä blonder Bart
Schmückt’ seine edle Back’,
Har war von echter Harzer Art
Von Kopp bes an der Hack.

     „Bewahrt Eier Feier un Eier Licht“,
Kunnt m’r ihn warnend här’n,
„Domit dodurch kä Schoden geschicht,
Un Lobet Gott dan Herrn“.
Su tönt sei Ruf des Ohmt’s punkt zahn,
Dos Horn thot’s Jedem kund,
Uem viere war sei Dienst gethan,
Denn schwieg sei Horn un Mund.

     „Dr Tog vertreibt die finstre Nacht“,
Ließ har im vier sich här’n,
„Ihr lieben Christen, seid munter un wach
Un lobet Gott dan Herrn“,
Denn gäng har häm un pflagt d’r Ruh’,
Verdient hot se dar Mann,
Denn drickt die miden Aag’n har zu
Un schnarcht, su gut har kann.

     Aenst log in warmer Summernacht
Dar Wachter schin verschteckt,
Schlief wie ä Bär, schtatt daß har wacht,
Im Koll’nwog’n ausgeschtreckt.
Koll’nwog’n go’s do an jeder Schteht,
Die waren dicht und huch,
Do kunnt’r schlofen, wie im Bett,
Bes daß es viere schlug.

     Eb har am Tog of’ner Hochzig war,
Oder zu än Kindtäfsschmaus,
Vielleicht zu än Begräbniß gar,
Das freg ich niemols raus.
Bei sechen Feiern wärd geschnackt,
A manchmol Kart geschpielt,
Gehärig äner wackgelackt,
Gar oft ä Schwipps erzielt.

[50]

     Denn freilich wärd ä Mensch racht müd,
Ja, gläbt mant meinem Wort,
Un wenn de Walt in Trimmern gieht,
Su schlefft ’r ruhig fort.
Es gäng die Nacht su unnern Mann,
Har log in sießer Ruh’,
Was käner ihm verdenken kann,
Off’n Futtersack im Schtruh.

     Dar Wog’n, wu Fritz nu drinne log,
Härt ’n Borrmanns Julius,
Dar annern Morrings frih vor Tog
In Lauterbarg sein muß.
Drim schpannt’ üm Mitternacht har ahn
Fährt fort mit hüh! un hoh!
Un war Eich, hoste net gesahn,
Es Morrings halb viere do.

     De Pfare wurden ausgeschpannt
Un in d’n Schtall getreckt,
Doß Fritz sich in d’n Wog’n befand
War gar noch net entdeckt.
Dar trämt su sieß von Grußstadtluft,
Buntenbock war gruß geworn,
Wachtmäster wurde har gerufft
Un trug än Däg’n und Schporrn. –

     Doch Alles hat ämol sei’ End’;
Weil’s gerode viere fchlet,
Do krappelt ’r aus’m Wog’n behend,
Verschlofen thet har net.
Präzis obdanken muß ’r jetzt,
Klaupt ärscht es Schtruh sich rob,
Drauf wärd dos Horn a’n Mund gesetzt,
Rasch setzt’ ’rsch wieder ob.

     Fritz reibt de Aag’n, zuppt sich an Rock,
Doch rihrt er noch känn’ Fuß,
War, wos har sohg, sei Buntenbock?
Dos kläne, jetzt su gruß?
Hot sich su rasch sei Traam erfüllt,
In äner änzing’n Nacht;
War seine Sehnsucht denn geschtillt?
War hätte dos gedacht!

     Jetzt rufft die Pflicht, vom Horn schallt’s „t–u–d“,
De Zeit wärd abgerufft,
Doch wos is dos, do gieht’s „t–u–d! t–u–d!“
„T–u–d! t–u–d!“ schallt’s durch d’r Luft.
Un „Feier! Feier!“ härt er schrein,
Ae jeder fregt, wu’s brennt.
„Mog’s uhm in Lauterbarg denn sein?“
Vull Angst ä jeder rennt.

     Wos, Lauterbarg? O, Esel du,
Wos hoste do gemacht?
Schtörst hier in Lauterbarg de Ruh’,
Machst Unfug in d’r Nacht?
Du wäßt, daß hier d’r Wachter pfeift,
Dos Horn blest, wenn es brennt.
Wenn Dich de Polizei jetzt greift
Denn mach dei Testament.

     Hu denkt dar Mann: Nu häßt’s, gerihrt,
Ae Schprung in’n Wog’n gethan.
Jetzt is dei dummer Schträch pariert,
Nischt gieht Dir mehr wos ahn.
Doch draußen, na, do gäng’s noch tull,
Wie’s gieht, wenn Feier is,
Wäß jeder aus Erfahrung wull,
Bes daß es: „is nischt!“ hieß.

     Wie’s wätter kam, ist bald bericht’t,
Borrmann fährt in d’n Wald,
Noch’n Köhler, wu ’r die Koll’n har kriegt,
Bezohlt drfür sei Gald.
Daß hämlich Fritz aus’n Wog’n raus kroch,
Wie’s ichzen gäng, ist klar,
Drhämm war’er su zeitig noch,
Eh’s Friehschtick fellig war.

     Dr Borrmann brängt die Neiigkät,
Mit hämm, erzehlt se Fritz,
Dar ihm begeg’nt, – wie dar sich frät,
Lacht über diesen Witz.
Har lacht drhämm jich scheef un krumm,
Weil’er de Walt bethört. – – –
War sich verbliffen lett, is dumm,
Wie disser Fall Eich lehrt.

     Buntenbock, ä Kurort is es jetzt,
Un es is wirklich schod,
Doß Fritz kä Denkmal is gesetzt,
Wie harsch verdient doch hot,
Wu d’r Koll’nwog’n schtand, wus hingehärt.
Wos wär dos for ’ne Zier!
Doch doß har net vergassen wärd,
Sorgt mei Gedicht drfür.