Textdaten
Autor: Susanne von Bandemer
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Titel: Abschied an Selmar
Untertitel:
aus: Neue vermischte Gedichte, S. 178–182
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Erscheinungsdatum: 1802
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Erscheinungsort: Berlin
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Quelle: Google, Kopie auf Commons
Kurzbeschreibung:
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[178]

Abschied an Selmar.

So nimm es hin, das Opfer meiner Thränen,
Das dir der bittre Schmerz betrog’ner Liebe bringt.
Sey glücklich! fühle nicht dies martervolle Sehnen
Des Herzens, das so qualvoll ringt.

5
Nie werd’ ich dich und meiner Liebe fluchen,

Obgleich in meiner Brust die Angst der Hölle glüht:
Vergebens würd’ ich jetzt mir Trost und Ruhe suchen,
Da beides mir mit dir entflieht.

Du raubtest mir – das mag dir Gott vergeben –

10
Was mir im Unglückssturm des Schicksals treulich blieb:
[179]

Den hohen Muth sich selber zu erheben,
Der mich zum edlen Dulden trieb.

Da sink’ ich nun von meines Lebenshöhen
Durch deine Wankelmuth vernichtet, tief herab.

15
O, mußt ich einst nur darum dich verstehen,

Um schnell zu reifen für das Grab?

Ich fand in dir, was ich so lang’ vergebens
In Idealen mir geschaffen und ersehnt;
In dir, genoß ich jetzt des bessern höhern Lebens,

20
Worin der Mensch sich göttlich wähnt.


Und trauend ihm, dem schönsten der Phantome!
Lebt ich allein für dich, dir huldigte mein Herz;
Was that ich, Grausamer! daß du zu meinem Lohne,
Mir giebst der Seele höchsten Schmerz?

[180]
25
Du willst von mir nur Freundschaft nicht mehr Liebe;

Ists möglich! hör’ ich recht? seit wann genügt sie dir?
O, der allmächtigste und süßeste der Triebe,
Ist ja der beßre Theil von mir.

Für dich allein durchglühte mich dies Feuer,

30
Das von der Gottheit stammt, und nur im Tod’ erlischt:

Sey frey! kannst du es seyn – du bist mir ewig theuer,
Bis einst dein Bild das Grab verwischt.

Du findest nie, was du zurück gegeben;
Ein Herz so liebevoll, so ganz an dir gebannt;

35
So treu, so einzig dein, das selbst in jenem Leben

Mein Himmel ruht in deiner Hand.

[181]

Du brichst den Bund, und meine Thränen fließen
Der bängsten Wehmuth voll auf dies zerriß’ne Herz. –
O, möchtest du sie einst aus Reue nicht vergießen,

40
Aus Jammer über meinem Schmerz.


Wenn ich den Kampf bald überstanden habe,
Des Lebens Lüge flieht, die Wahrheit mich umgiebt:
Dann komm’ und weine sanft auf meinem stillen Grabe
Um die, so dich zu heiß geliebt.

45
Du täuschtest sie, und raubtest ihrem Blicke

Der Liebe Ideal, das mich mit dir vereint.
Der Zauber ist gelös’t, und nichts bleibt mir zurücke –
Ists möglich –! als ein kalter Freund?

[182]

Wohlan es sey! – zerrissen sey die Kette

50
Die stark und magisch sich um unsre Seelen schloß.

O, daß ich nie in dir den Mann gesehen hätte,
Dem glühend diese Thräne floß!