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Artikel „Ziegler, Franz“ von Max Hippe in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 45 (1900), S. 167–168, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Ziegler,_Franz&oldid=- (Version vom 8. Dezember 2024, 12:38 Uhr UTC)
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Ziegler: Franz Wilhelm Z., Politiker, ward geboren am 3. Februar 1803 zu Warchau bei Brandenburg als Sohn eines Pastors. Auf dem Gymnasium zu Brandenburg vorgebildet, bezog er die Universität Halle, um die Rechte zu studiren, ging nach Absolvirung der Universität auf Reisen nach England, Frankreich und der Schweiz und ward zuerst Rechtsanwalt, 1840 Oberbürgermeister in Brandenburg. Hatte er schon in früher Jugend in die Schäden althergebrachter märkischer Feudalzustände manchen tiefen Blick gethan, so bot ihm seine amtliche Wirksamkeit in Brandenburg reiche Gelegenheit, seine volksfreundlichen, humanen Gesinnungen zum Wohle seiner Mitbürger zu bethätigen. Im J. 1848 in die preußische Nationalversammlung, dann in die zweite Kammer gewählt, schloß er sich in jener dem linken Centrum, in dieser der äußersten Linken an. Der Steuerverweigerungsbeschluß der Nationalversammlung, dem er beigetreten war, brachte ihn auf die Anklagebank. Er wurde wegen Hochverraths und Aufruhrs seines Amtes entsetzt, der Nationalkokarde und seiner Orden verlustig erklärt und zu längerer Festungsstrafe verurtheilt, die er in Magdeburg verbüßte. Sein demokratischer Stolz hat ihn nie wieder ein öffentliches Amt annehmen oder erstreben lassen. Er bedurfte dessen auch nicht. Denn Z. war ein so vielseitig begabter, sich auch in neuen Verhältnissen so leicht zurecht findender Mann, daß es ihm, der sein Amt und sein Vermögen verloren hatte, durch Umsicht und praktische, in industriellen Unternehmungen bewährte [168] Tüchtigkeit gelang, sich in verhältnißmäßig kurzer Zeit zu einer sehr beachtenswerthen wirthschaftlichen Unabhängigkeit emporzuarbeiten. Daneben beschäftigte sich Z. eifrig mit volkswirthschaftlichen Studien und arbeitete als politischer Correspondent für Berliner und auswärtige Blätter. In den sechziger Jahren nahm Z. die parlamentarische Wirksamkeit wieder auf. Als Vertreter der Stadt Breslau, für die er schon früher publicistisch thätig gewesen war, wurde er 1865, 1866 und 1867 in das Abgeordnetenhaus, 1867 in den Reichstag des Norddeutschen Bundes, 1871 und 1874 in den deutschen Reichstag gewählt. Z. erfreute sich bei seinen Wählern und bei seinen politischen Gesinnungsgenossen überhaupt großen Einflusses und unbegrenzten Vertrauens, und er hatte beides in vollem Maaße verdient. Denn er war ein kernfester, hochgesinnter, rücksichtslos bis zur Selbstopferung für politische und sociale Freiheit kämpfender Volksmann, der sich allen Verfolgungen zum Trotz aus den tausend Bitternissen seiner politischen Vergangenheit eine so vornehme Gesinnung und insbesondere eine so unerschütterliche, bei dem überzeugten Demokraten doppelt erfrischende Vaterlandsliebe gerettet hatte, daß auch scharfe politische Gegner ihm ihre Anerkennung und Hochschätzung nicht versagt haben. Unvergessen bleibt das Wort, mit welchem Z. in einer Rede vor dem österreichischen Kriege – es war zu Breslau am 17. April 1866 – seine Wähler zu lauter Begeisterung fortriß: „Das Herz der Demokratie ist allemal da, wo die Fahnen des Landes wehen“. – Litterarisch ist Z. nicht nur als Politiker, sondern auch als Dichter hervorgetreten. Er hat eine Reihe von Novellen und Reisebriefen geschrieben, die ein reiches Erzählertalent bekunden und durch ihr warmes Heimathsgefühl, wie durch die frische Anschaulichkeit ihrer Schilderungen sich zahlreiche Verehrer gewonnen haben. Z. starb in Berlin am 1. October 1876.

Von seinen volkswirthschaftlichen Schriften sind zu nennen: „Wie ist dem Handwerkerstande zu helfen?“ (Berlin 1850); „Zur socialen Reform des preußischen Abgabenwesens“ (Berlin 1850); „Die Fabriken-Credit-Gesellschaft für Deutschland“ (Brandenburg 1854). – Seine politischen Reden sind veröffentlicht worden unter dem Titel: „Gesammelte Reden von Franz Ziegler. Herausgegeben von Franziska v. Béguelin, geb. Ziegler“ (2. Aufl. Berlin 1882). – An erzählenden Schriften sind vorhanden: „Nondum. Erzählungen“ (2 Theile. Berlin 1860); „Landwehrmann Krille. Eine Erzählung“ (Berlin 1865); „Gesammelte Novellen und Briefe aus Italien“ (3 Bde. Berlin 1872). Die Erzählung „Saat und Ernte“ erschien im deutschen Novellenschatz, hsg. von Paul Heyse, Bd. 24. – Ein Bild von Ziegler’s Leben und politischem Wirken entwarf Karl Jaenicke in seiner Schrift „Der Volksmann Franz Ziegler“. Glogau [1895].