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Artikel „Wimmer, Gottlieb August“ von Wilhelm Sillem in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 43 (1898), S. 322–326, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Wimmer,_Gottlieb_August&oldid=- (Version vom 22. Dezember 2024, 08:45 Uhr UTC)
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Wimmer: Gottlieb August W., lutherischer Prediger, geboren am 12. August 1791 (nach Anderen am 20. August 1791, auch 1793) in Wien, † daselbst am 12. Mai 1863, von hervorragender Bedeutung für die Erweckung lebendigen evangelischen Glaubenslebens und die Hebung des Schulwesens in der lutherischen Kirche Ungarns, zunächst in den deutschen Gemeinden. Die Eltern waren arme Evangelische, der Vater, aus Oberösterreich, stand in Diensten eines adligen Herrn, die Mutter, geb. Roth, stammte aus Regensburg. Sie hatte den Knaben fromm erzogen und noch auf ihrem Todtenbette den neunjährigen Sohn, der den Vater bereits verloren hatte, ermahnt, zu studiren und ein Geistlicher zu werden. Dieser Wunsch der sterbenden Mutter blieb im Herzen des Knaben haften und gab seinem Lebensweg die Richtung. In die Lehre zu harten Meistern gethan, angeekelt von dem wüsten Treiben der Gesellen verließ W. mit zehn Jahren Wien, mit dem Vorsatz in Schemnitz eine Schule zu besuchen, das er nach achttägiger Fußwanderung, mittellos, bald bei deutschen Bauern, bald in einem Kloster übernachtend, erreichte. Unter vielfachen Entbehrungen besuchte er verschiedene evangelische Gymnasien Oberungarns, – „traurige Jahre der Prüfung, der Läuterung“ nennt sie W. Am evangelischen Lyceum zu Oedenburg studirte er 1813/14 Theologie, war dann Lehrer der deutschen Sprache am Gymnasium zu Gyönk (jetzt nach Bonyhad in dem Tolnaer Comitat verlegt) und zwei Jahre, „die schönsten seines Lebens“, Hofmeister in der Familie des Stephan v. Szontagh. Nach einer achtmonatlichen Reise durch Oberungarn, Oesterreich und Deutschland, die ihn auch im October 1816 nach Jena führte, wo er Collegia hörte, aber wegen mangelnder Unterstützung nicht bleiben konnte, kehrte er nach Oedenburg zurück, von wo er am 18. October 1818 nach Oberschützen als Pfarrer berufen wurde. Mit einer geringen Unterbrechung von zwei Jahren hat er hier während dreißig Jahren eine vielseitige, für die evangelische Kirche und Schule höchst segensreiche Thätigkeit entfaltet, welche durch manche Besonderheit und Eigenthümlichkeit seiner Gemeinde begünstigt wurde. Oberschützen, im Eisenburger Comitat belegen, etwa zwei Stunden entfernt von dem Punkt, wo die Grenzen Niederösterreichs, Steiermarks und Ungarns zusammenstoßen, gehört zu den wenigen Gemeinden Ungarns, die ausschließlich aus deutschen evangelischen Bauern bestanden, sogenanten Hiënzen (Czörnig, Die Vertheilung der Völkerstämme in der oesterreichischen Monarchie. Wien 1856, S. 8), Nachkommen der frühesten fränkischen Ansiedlungen, die besonders im Eisenburger und Oedenburger Comitat sich finden. Es liegt in einem von der Verkehrsstraße abgelegenen Nebenthal der Lasnitz, das, von den östlichen Abhängen des Wechsels ausgehend, in die ungarische Ebene zwischen Güns und Steinamanger führt. Da der Boden des obern Thales nicht sehr ergiebig ist, haben sich die Bauern Oberschützens, wie so viele Gebirgsbewohner Oesterreichs und Ungarns auf den Hausirhandel und andere Nebenbeschäftigungen verlegt. So waren diese Oberschützer Bauern trotz ihrer Abgelegenheit, indem sie Manufacturwaaren von den Großhändlern in Wien und Graz einkauften und sie hausirend in den österreichischen Alpenländern und in den ungarischen Comitaten an den Mann brachten, in steter Berührung mit beiden Hälften der Monarchie geblieben und auch in der magyarischen Sprache nicht unbewandert. Bis zum Toleranzedict Josef’s II. 1781 war diese evangelische Gemeinde für ihre kirchlichen Bedürfnisse auf die beiden sogenannten Articulargemeinden des Comitats, auf Dömölk und Nemes-Csoo, jenseits Güns, angewiesen. Hierhin mußten sie, acht Stunden weit, ihre Kinder zur Taufe bringen. Trotzdem hatte Oberschützen und die zahlreichen in gleicher Lage befindlichen evangelischen Gemeinden der Umgegend an ihrem Bekenntnisse festgehalten. Das kirchliche Leben wurde zwar nur durch die häusliche Erbauung [323] gepflegt, aber um so fester hingen die Kinder an dem, wozu sie von den Eltern gewöhnt waren. Im J. 1781 hatte auch Oberschützen, von seiner Grundherrschaft, dem Grafen Theodor Batthyányi, wohlwollend unterstützt, sich eine evangelische Kirche erbaut und einen Prediger angestellt. Als W. dorthin kam, der dritte Pfarrer seit 1781, war er bestrebt, die noch von Alters her vorhandenen kirchlichen Formen mit neuem evangelischem Glaubensleben zu erfüllen, u. a. auch, wie aus den spärlichen Nachrichten hervorgeht, eine strengere Kirchenzucht zu üben. In seinen Anordnungen fand er manchen Widerspruch, doch konnte sich die Gemeinde schließlich nicht der Wahrnehmung verschließen, daß er ihr Bestes anstrebte. Seine Hingebung und sein Eifer beschränkte sich nicht nur auf das kirchliche Gebiet: da kein Arzt am Orte war, impfte er die Schutzpocken; er zog Leidenden die Zähne aus; stand ihnen in ihren Krankheiten helfend zur Seite; er sorgte für die Einführung edler Obstsorten, lehrte sie die Veredlung ihrer Bäume durch das Pfropfen und wenn heute „ganz Oberschützen in einem Obstgarten gelegen ist“, so ist das auch die Frucht seines gesegneten Wirkens. Ein Wort von W., an einem Grabe gesprochen, soll die Veranlassung gewesen sein, daß eine Klage wider ihn anhängig gemacht wurde und seine Widersacher seine Entfernung zuwege brachten. Im October 1833 verließ er Oberschützen und wurde Prediger zu Modern bei Preßburg. Nun erkannten seine Pfarrkinder, was sie an ihm verloren hatten. Nach wenigen Monaten begehrten sie seine Rückkehr, die aber erst nach einem langen Proceß, dessen Kosten (2500 fl.) die Gemeinde zu tragen hatte, vom Kirchendistricte im October 1835 erlaubt wurde. Vom Vertrauen seiner Gemeinde getragen konnte W. nun ausführen, was er zur Neubelebung christlichen Gemeindelebens für heilsam erachtete. Er führte zunächst 1839 ein neues Gesangbuch, das ältere Berliner, ein, das seither wiederholte Auflagen für die Oberschützener Pfarrei erlebt hat. Vor seiner Zeit war eine Bibel eine Seltenheit in der Gemeinde: W. trat mit den evangelischen Kreisen Deutschlands in Berlin und Herrnhut, mit denen der Schweiz, besonders mit dem ehrwürdigen Pfarrer Legrand in Basel, sowie mit England in Verbindung. Ueberall dorthin unternahm er Reisen. Nun verbreitete er die Bibel weithin in Ungarn. In der Zeit von 1838–1848 hat er über 100 000 Bibeln und Neue Testamente in den drei Hauptsprachen des Landes, in magyarischer, deutscher und slavischer Sprache verkauft und vertheilt; daneben auch das Neue Testament in serbischer und rumänischer Sprache. Im Nachmittagsgottesdienste lehrte er seine Bauern, die Bibel aufschlagen und zur Erbauung gebrauchen. Ein alter Bauer bezeugte noch lange nachher den Eindruck dieser Bibelstunden mit den Worten: „Wir waren wie im Himmel, wenn unser geistlicher Herr W. uns die Bibel erklärte“. Indeß so lange Wimmer’s Gemeinde noch ihrer Grundherrschaft, den Grafen Batthyányi in Bernstein unterthänig war, konnte sie und ihr Pfarrherrr in Gemeindeangelegenheiten, namentlich auch in der Verbesserung des Schulwesens nicht selbständig handeln. So bewog W. die Gemeinde im J. 1840 sich von der Herrschaft Bernstein mit 40 000 fl. loszukaufen. Eine bedeutende Leistung für eine Gemeinde von 1000 Seelen, die ohne Wimmer’s Initiative, ohne einen mäßigen Wohlstand und den weiteren Gesichtskreis in praktischen Dingen, den sich manche Bauern bei ihrem Hausirhandel angeeignet hatten, wol kaum möglich gewesen wäre. Hatte sich bisher doch nur eine einzige Gemeinde im ganzen Königreich von ihrer Herrschaft losgekauft; eine Befreiung der Gemeinden wurde erst in den fünfziger Jahren von der Regierung überall durchgeführt. Im folgenden Jahre schaffte W. die verschiedenen Stolgebühren ab und bestimmte eine mäßige Kirchensteuer für jedes Haus. Dann begann er sich der Schule zu widmen, deren nothwendige Hebung er selbst durch häufig ertheilten Unterricht erkannt hatte. Die Gemeindeschule [324] sollte eine Musterschule für andere werden; ein Seminar mit vierjährigem Cursus sollte die Lehrer heranbilden. Die Bedeutung dieser Pläne tritt um so mehr hervor, wenn man bedenkt, daß bisher die Lehrer nur durch einen Lehrcursus von zwei bis vier Monaten an den Elementarschulen vorbereitet wurden und erst in den vierziger Jahren einige römisch-katholische Präparandien mit zweijährigem Cursus ins Leben traten. Für die Ausführung seiner Verbesserungen fand W. leider keine Unterstützung bei den kirchlichen Behörden des Landes. Auf dem lutherischen Districtualconvent gefragt, woher er denn die Mittel nehmen wolle, ein solches Institut zu gründen und zu erhalten, antwortete W.: „Ich glaube, unser Herr Jesus hat noch nicht Bankrott gemacht“. Hier sowie schon bei der Einführung des neuen Gesangbuchs zeigte es sich, daß er sich nicht des Vertrauens der kirchlichen Behörden zu erfreuen hatte. Kam es doch soweit, daß die Oberschützener Gemeinde auf einem Senioratsconvente erklärte, sich von ihrem Seniorat trennen zu wollen. Freilich blieb diese Erklärung ohne weitere Folgen. Aber mit reichhaltiger Unterstützung auswärtiger evangelischer Freunde – W. brachte 1845 für den Bau des Seminars 10 000 fl. von Friedrich Wilhelm IV. von Preußen, 2500 fl. von Pfarrer Legrand in Basel – und der eignen Gemeinde konnte 1845 im Frühjahr das Seminar mit zwölf Zöglingen, denen Wohnung, Unterhalt und Unterricht kostenlos gewährt wurde, eröffnet werden. W. zog Lehrer aus Deutschland heran, er ließ die Calwer Schulbücher vom ABCbuch bis zur Kirchengeschichte in Güns drucken und übersetzte sie selbst ins Magyarische, sowie er für slavische Uebersetzungen sorgte. Es war somit von W. das erste evangelische Schullehrerseminar für Ungarn und für Oesterreich ins Leben gerufen. Denn aus Kärnten, Oberösterreich, auch aus der westlichen Hälfte des Reichs, fanden evangelische Lehrer Aufnahme. Der Ruf der gesammten Anstalten verbreitete sich bald in Ungarn, sodaß Pensionäre aus der Nähe und Ferne Oberschützen besuchten und neben den Elementarclassen auch eine Art Mittelschule entstand. Ein im Juli 1848 herausgegebener Prospect kennzeichnet den entschieden christlichen Geist, dessen Förderung W. sich in seinen Schulen und im Internat zur Aufgabe gemacht hatte, ohne dem damaligen Zeitgeist auch nur die geringste Concession zu machen. „Die Religion“, so heißt es darin, „ist keine Sache, die veraltet, welche je gleichgiltig werden dürfte. Wenn alle menschlichen Einrichtungen schwanken, wenn Himmel und Erde vergehen, die Offenbarung und das Wort Gottes bleiben, sie bleiben unentwegt ewig dieselben. Deswegen unterrichten wir unsere Kinder unter Gottes gnädigem Beistand auf das gründlichste im reinen Worte Gottes, wie solches im Alten und Neuen Testament geschrieben ist und wie solches in unserer evangelischen Kirche gelehrt und gepredigt werden muß“. Fügen wir nun noch hinzu, daß W. im J. 1845 auch einen evangelischen Unterstützungsverein in seiner Gemeinde gründete, der nach Art der Gustav Adolf-Stiftung Diasporagemeinden mit Geld unterstützte und in den Jahren 1845–1885 über 10 000 fl. dazu verwandte, daß W. seine Pfarrkinder für die Heidenmission zu erwärmen wußte, und der erste evangelische Missionar, der aus Ungarn hervorgegangen ist, Samuel Böhm, der im Dienst der Baseler Mission sein Leben in Afrika beschlossen hat, aus Wimmer’s Gemeinde stammte, so werden wir nicht anstehen, W. zu den thätigsten und gesegnetsten Arbeitern im Reiche Gottes zu zählen. Daneben hat W. außer verschiedenen Werken ascetischen und liturgischen Inhalts auch namentlich umfangreiche geographische Werke über die fremden Erdtheile, sowie zwei Monographien über die Comitate Oedenburg und Aba-Ujvar verfaßt. Wimmer’s Thatkraft wurde auch allmählich anerkannt und trotz mancher Differenzen mit seinen Amtsgenossen erfreute er sich in einer wahrhaft patriachalischen Stellung, wie sie wol nur bei [325] den eigenthümlichen Verhältnissen des Landes und seiner selbständigen Gemeinde möglich war, eines großen Vertrauens von nah und fern. Aus diesem patriarchalischen Leben wurde er durch die politischen Umwälzungen des Jahres 1848 herausgerissen.

Wie schon Wimmer’s Uebersetzungen evangelischer Bücher ins Ungarische bezeugen, hatte er bei seinen Arbeiten stets auch das Wohl und die Förderung seines nunmehrigen Vaterlandes, Ungarns, im Auge. Mit der ihm eigenen Energie begrüßte er auch die Erhebung Ungarns, ohne zu ahnen, daß dies in Wien als Hochverrath angesehen würde. W. bot bei der Annäherung von Jellacic’s Scharen, die bereits das Oedenburger Comitat verwüsteten, den Landsturm seiner Gemeinde auf und rettete das Eisenburger Comitat vor dem Schicksal des Oedenburger, und „ich ahnte gar nicht“, so schreibt W., „daß ich, treuster der Patrioten, der Urheber so vieles Schönen und Guten, der Retter des Comitats, zum Hochverräther erklärt war. Was wußte ich, was in Wien geschah?! daß mich dies augenblicklich verbitterte, wer kanns verdenken?!“ Sobald Windischgrätz die Grenze überschritten hatte, im December 1848, erschienen zwei Mal Kroaten in Oberschützen, um den auf der Liste der Geächteten stehenden W. gefangen zu nehmen. Am 27. December verließ W., nachdem er noch einmal in der Kirche das Frühgebet gehalten hatte, seine Gemeinde und seine Familie und, bald als Kraxenträger, bald als Kutscher verkleidet, überschritt er die steirische Grenze, von den Spähern unerkannt. In München hielt er sich sechs Wochen auf, um seine erfrorenen Füße zu heilen. Unstät begab er sich nach der Schweiz, dann ist er im August 1849 in Berlin, wo er der Regierung, freilich erfolglos, eine Denkschrift über die ungarischen Verhältnisse überreichte. (Majlath, Geschichte der Magyaren, Regensburg 1853, Bd. V, S. 301.) In London traf W. mit Coryphäen Ungarns, Klapka und Pulszky, zusammen und entschloß sich mit seiner Tochter Adele nach Amerika auszuwandern. In New-York im Januar 1850 angekommen, wurde er von deutschen Predigern daselbst gebeten, sie dann und wann zu vertreten. Auch hier zündete sein Wort und nach der letzten Predigt im August desselben Jahres wurde ihm neben andern Ehrengeschenken ein silberner Becher als Andenken „an die letzte Predigt in der Matthäuskirche“ verehrt. Indeß die amerikanischen Verhältnisse, auch wie er sie in Tennessee, wo er seine Ansiedlung beabsichtigte, kennen gelernt hatte, sagten ihm nicht zu. Dies und die Schwierigkeit für seine Gattin, die Reise von Ungarn nach Amerika allein unternehmen zu müssen, bestimmten W. nach Europa zurückzukehren. Im September 1850 landete er wieder in Bremen, wo er eine zweite Heimath fand und seinen Lebensabend zubrachte. Eine amtliche Stellung hat er hier nicht innegehabt. Aber sein positiv-gläubiger Standpunkt, seine große Beredsamkeit veranlaßten die gleichgesinnten Kreise, die seinen Bibelstunden beigewohnt hatten, in der reformirten S. Martinikirche einen Abendgottesdienst für W. einzurichten. Er wirkte dadurch in großem Segen. Mit der Politik befaßte er sich nicht, was vielleicht die demokratische Partei in Bremen von ihm erwartet hatte, zu deren Führern damals u. a. auch der Pastor Dulon gehörte. Diese Partei sah sich in W. gründlich getäuscht und damit mag der pöbelhafte Auftritt zusammenhängen, der W. in einem dieser Abendgottesdienste, am 11. März 1852, bereitet wurde, indem rohe Haufen in die Kirche drangen, zu lärmen anfingen, sich Cigarren anzündeten u. s. w. Erst in spätern Jahren gingen die Gottesdienste Wimmer’s an dieser Kirche ein. Dagegen betheiligte er sich an den Arbeiten der innern Mission und u. a. an der Seelsorge an den Gefängnissen, so lange er in Bremen war. Infolge der Strapazen auf der winterlichen Flucht im J. 1849 war der Greis von Gichtleiden heimgesucht. Trotzdem blieb er auch noch litterarisch thätig und schrieb [326] u. a. auch im „Courier an der Weser“ manche Artikel. Als in Oberschützen die renovirte Kirche am 16. November 1862 eingeweiht wurde, schrieb er ein Wort der Ermahnung und Segens, voll heiligen Ernstes an seine einstmalige Gemeinde, in dem Vorgefühl, daß dies das letzte Wort an sie sein werde. Von Sehnsucht nach seinen Kindern in Oesterreich ergriffen, wagte W. im Mai 1863, obgleich noch nicht amnestirt, sich nach Wien zu begeben. Die Erlaubniß, sich hier vier Wochen aufhalten zu dürfen, wurde ihm gewährt, überdies ließ der Erzherzog Rainer ihm sagen, er möge nicht ängstlich sein, eine völlige Begnadigung werde gewiß folgen. In Oberschützen erweckte die Nachricht von Wimmer’s Ankunft in Wien eine freudige begeisterte Erregung. Allein seine Tage waren gezählt: schon am 12. Mai endete eine acute Lungenentzündung in Gegenwart seiner beiden Töchter und Schwiegersöhne sein Leben. Einer derselben, Pfarrer Kühne aus Efferding, hielt die Leichenrede in der evangelischen Pfarrkirche Wiens. Unerschütterliches Gottvertrauen, herzliche Liebe zum Volke waren die Triebfedern seiner rastlosen Thätigkeit, um evangelischen Glauben und Leben zu wecken.

Angaben über W. finden sich zerstreut bei: Joh. Ebenspranger, 50jähr. Geschichte der ev. Schulanstalten in Oberschützen. 1895. – Jul. Stettner, Zur 100jähr. Jubelfeier des ersten Kirchweihfestes v. Oberschützen. 1885. – Ernst Blochmann, Gedächtnißpredigt z. Andenken an Wimmer. Wien 1863. – J. Fr. Iken, Die Wirksamkeit von P. Dulon in Bremen. Bremen 1894, S. 28. – Auf Grund von Wimmer’s eigenen und seiner Tochter Aufzeichnungen sind die genannten Angaben ergänzt, resp. berichtigt in Sam. Kurz, ev. Lehrer: G. A. Wimmer. Schilderung seines Lebenslaufs. Budapest 1895. – Ein erschöpfendes Bild seines Lebens fehlt.