ADB:Wild, Johannes (Forschungsreisender im Orient)

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Artikel „Wild, Johannes“ von Viktor Hantzsch in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 42 (1897), S. 487–488, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Wild,_Johannes_(Forschungsreisender_im_Orient)&oldid=- (Version vom 26. Dezember 2024, 05:38 Uhr UTC)
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Band 42 (1897), S. 487–488 (Quelle).
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Wild: Johannes W., Reisender, ward 1585 in Nürnberg geboren. Ueber seinen Bildungsgang liegen keine Nachrichten vor. Im Alter von 19 Jahren begab er sich nach Ungarn und nahm Dienste bei den kaiserlichen Truppen, um gegen den Erbfeind der Christenheit zu kämpfen, gerieth aber bald in türkische Gefangenschaft und mußte, nachdem er mehrmals verkauft und verschenkt worden war, seinem Herrn, dem Pascha von Belgrad, nach Konstantinopel folgen. Hier ging er in den Besitz eines Kaufmanns über, der ihn mit nach Aegypten nahm und in Kairo an einen Perser verkaufte. Dieser schloß sich mit seinem neuen Diener der großen Pilgerkarawane an, die alljährlich von Suez nach der Geburtsstadt des Propheten abgeht. W. hielt sich längere Zeit in Mekka auf, trotzdem das Betreten der Stadt allen Christen bei Todesstrafe verboten war, besichtigte eingehend die heiligen Orte, namentlich die große Moschee mit der Kaaba, und begab sich dann im Gefolge seines Herrn nach Medina. Hier sah er das Grab Mohammed’s und überzeugte sich durch den Augenschein von der Nichtigkeit der Sage, daß der eiserne Sarg, durch Magnete gehalten, in der Luft schwebe. Als die Rückkehr der Karawane nach Kairo bevorstand, traf die Nachricht ein, daß räuberische Wüstenstämme einen Angriff planten. Wild’s Herr zog deshalb vor, sich nach Dschidda zu begeben. Hier traf er einen Deutschen, Hans Hey von Straßburg. Von Dschidda aus fuhr W. durch das rothe Meer nach Mokka in der Landschaft Jemen. Hier sah er den Kaffee wachsen und mußte mehrere Wochen warten, bis der Monsun indische Schiffe mit Waaren für seinen Herrn brachte. Die Weiterfahrt durch das rothe Meer dauerte infolge anhaltender Windstille volle neun Monate. Endlich landeten die ganz erschöpften Reisenden in Suez. Nachdem der Perser in Kairo seine indischen Waaren verkauft hatte, trat er mit seinem Sklaven eine Handelsreise nach Damaskus an. Unterwegs besuchten sie das heilige Grab in Jerusalem. Nach der Rückkehr wurde W. in Kairo an einen alten Türken verkauft, der ihn [488] als Aufseher über seine fellachischen Frohnbauern setzte. Als er eines Tages seinen neuen Herrn mit eigner Lebensgefahr aus den Händen arabischer Räuber befreite, gelobte dieser, ihn freizulassen. Er beschenkte ihn reichlich, versah ihn mit einem Vorrath gangbarer Handelswaaren und rieth ihm, als Kaufmann nach Konstantinopel zu reisen. Allein das Schiff, auf dem sich W. befand, scheiterte an der Küste von Cypern. Er verlor bei diesem Schiffbruch alle seine Güter außer dem Freibrief. Da er keine Gelegenheit fand, nach der Heimath zurückzukehren, begab er sich wieder nach Kairo zu seinem früheren Herrn und verdingte sich ihm als Diener. Als er endlich das erforderliche Reisegeld erspart hatte, fuhr er nach Stambul, fand hier bei dem kaiserlichen Geschäftsträger Michael Startzer freundliche Aufnahme und wurde von ihm mit der nächsten Gelegenheit nach Deutschland geschickt. Gegen Ende des Jahres 1611 traf er wieder in Nürnberg ein. Bald nach der Heimkehr verfaßte er eine Schilderung seiner Erlebnisse, „Neue Reysbeschreibung eines Gefangenen Christen, Wie derselbe neben anderer Gefährligkeit zum sibenden mal verkauffet worden“, die handschriftlich erhalten ist (München cgm. 1272) und mehrfach gedruckt wurde (Nürnberg 1613, 1623; auszugsweise Helmstedt 1639; Erlangen 1761). Das Buch, dem eine Vorrede des Nürnberger Predigers Salomon Schweigger vorausgeht, der sich gleichfalls durch eine Reisebeschreibung in die türkischen Länder bekannt gemacht hat, ist wichtig wegen seiner Schilderung des Volkslebens in Aegypten, der Mekkakarawane und der heiligen Stätten des Islam, die unter allen älteren deutschen Reisenden außer W. nur der Augsburger Emanuel Oertel besucht und beschrieben hat.