Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Wetzel von Bernau“ von Konrad Zwierzina in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 42 (1897), S. 260–261, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Wetzel_von_Bernau&oldid=- (Version vom 22. November 2024, 22:19 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Wetzel, Thomas
Band 42 (1897), S. 260–261 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Kein Wikipedia-Artikel
(Stand Juli 2015, suchen)
Wetzel von Bernau in Wikidata
GND-Nummer 120951347
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|42|260|261|Wetzel von Bernau|Konrad Zwierzina|ADB:Wetzel von Bernau}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=120951347}}    

Wetzel: W. von Bernau, ein Dichter aus der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts, stammte aus dem Aargau. Er gehörte einer freien Herrenfamilie (liberi de Bernowe) an, die in oberrheinischen Urkunden vom Ende des 12. und Anfang des 13. Jahrhunderts ziemlich häufig erscheint; ein „Wetzel“ von Bernau aber ist urkundlich nicht nachzuweisen. 1236 scheint das Geschlecht schon ausgestorben zu sein, denn Ulrich von Klingen und die Johanniter in Leuggern theilen sich in diesem Jahre in den von Reinhard v. B. hinterlassenen Besitz (Herrgott, Geneal. Habsburg. II 1, 251). Von diesen Bernauern zu unterscheiden sind die Gutenburg-Bernau, die sich, nachdem die Burg der alten Bernauer, Bernau am Ausgange des Frickthales, durch Ulrich von Gutenburg erworben worden war, später (seit 1262) öfter einfach von Bernau nannten. – W. dichtete ein „Leben der h. Margareta“ (1180 Verse); darin nennt er sich V. 90 selbst als Verfasser. Dieses Gedicht war Rudolf von Ems bekannt, als er seinen Alexander schrieb, und er hebt es in seinem bekannten litterarischen Excurs lobend hervor. Dabei spricht er von W. „seinem Freunde“ als von einem Lebenden und führt seinen Namen unter den dort aufgezählten Dichtern an vorletzter Stelle an: nach dem Stricker und vor Ulrich von Türheim. Der litterarische Excurs in Rudolf’s Wilhelm nennt W. nicht. Da W. nun in seiner Margaretenlegende den Barlaam benutzt, so hat er also nach Rudolf’s Barlaam (terminus ad quem: 1222) und vor desselben Dichters Alexander (entstanden zwischen 1230 und 1250) gedichtet. Bald nach Vollendung der Legende mag er gestorben sein. – Nach seiner eigenen Angabe (V. 80 f.) hat W. vorher „vil gelogen ân einger âventiure guot“, also wol sowie Hartmann von Aue und Rudolf von Ems weltliche Gedichte verfaßt, ehe er sich der geistlichen Poesie zuwandte; jedoch ist uns nur das Margaretenleben erhalten. Dieses erzählt den Legendenstoff in rasch fortschreitender Darstellung ohne bei Einzelheiten zu verweilen oder die Rede auszuschmücken. Die Reime sind rein und die Reimbrechung ist nach Art der höfischen Epik gehandhabt. Aber W. liebt die Formel mehr als andere Dichter seines Kreises, und so bewegt sich sein ganzes Gedicht durchaus in den formelhaften Reimbindungen, sei es denen der neuen höfischen Kunst, sei es denen der alten geistlichen Dichtung. Hartmann und Rudolf kannte er und entlehnte dem Gregorius, armen Heinrich, Iwein und dem Barlaam einige Verse. Der Einfluß Wolfram’s oder Gottfried’s macht sich nirgends bemerkbar. – Die Quelle der mittelhochdeutschen Legende war die zuerst im 2. Bande von Boninus Mombritius’ Sanctuarium (Mailand, c. 1470) gedruckte passio Margaritae. Die Thatsachen der Erzählung werden genau wiedergegeben, Nebenumstände und Reden der Quelle sind hie und da an eine andere Stelle des Verlaufs der Begebenheiten versetzt, als an der sie in der passio erscheinen. Der Dichter hatte also zur Zeit der Ausarbeitung seines Werkes den lateinischen Codex wol nicht mehr zur Hand und dichtete nach dem Gedächtniß. – Das Margaretenleben, welches bis vor kurzem nur dem Namen nach aus Rudolf’s Alexander bekannt war, ist uns in einer aus dem Ende des 14. Jahrhunderts stammenden Sammelhandschrift des Constanzer Stadtarchivs erhalten, worin es erst vor einigen Jahren von mir aufgefunden wurde. Das Fragment, das K. Bartsch, Germanist. Studien, 1872, Bd. I, 1 ff. als „Wetzels heilige Margareta“ herausgab, hat mit dem Gedichte Wetzel’s nichts zu thun.

Herausg. in: Wetzel’s von Bernau Margaretenleben, herausg. von K. Zwierzina. Innsbruck, Wagner’sche Buchhandlung (in Vorbereitung); in Beziehung auf seine Quelle besprochen in: Die Legende der h. Margareta im [261] Mittelalter, Untersuchungen und Texte von K. Zwierzina, 2. Bd. Leipzig, Teubner (im Druck).