ADB:Walther, Friedrich (Kriminalist)

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Artikel „Walther, Friedrich“ von Johann August Ritter von Eisenhart in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 41 (1896), S. 106–107, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Walther,_Friedrich_(Kriminalist)&oldid=- (Version vom 28. März 2024, 21:57 Uhr UTC)
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Walther: Friedrich W., Criminalist, geboren am 6. August 1822 zu Bonn, † am 1. October 1874 zu München. W. war der dritte Sohn des Chirurgen und Ophthalmologen Philipp Fr. W., der zuletzt in München lebte; dessen Schwester (eine Tante unsres Walther) war mit dem Heidelberger Germanisten Mittermaier verheirathet. Friedrich W. begann seine humanistischen Studien am Gymnasium zu München, und besuchte sodann als Rechtscandidat die Universität dortselbst. Die criminalistischen Fächer hörte er bei Dollmann, wurde am 8. Januar 1848 mit der Inauguralabhandlung „über den Funddiebstahl“ (München 1848) zum Doctor der Rechte promovirt, und habilitirte sich am 13. August 1849 als Privatdocent an der Münchner Juristenfacultät mit der Schrift „Beitrag zum hochverrätherischen Complott“ (München 1849). Am 5. März 1854 wurde er zum außerordentlichen – sechs Jahre später, am 4. Juli 1860, zum ordentlichen Professor des Criminalrechtes und -Processes in der juristischen Facultät der Universität München ernannt. Fortdauernde Krankheit nöthigte ihn, im J. 1871 um Versetzung in den Ruhestand nachzusuchen, und erlag er am 1. October 1874 seinem langwierigen Leiden.

W. verkehrte infolge seiner äußerst zarten Gesundheit seit seinem Knabenalter nur mit einem kleinen Kreise von Bekannten, in dem er wegen seines offenen, biederen Charakters, seiner Liebenswürdigkeit, seiner gediegenen Bildung und seines anspruchslosen Wesens stets gern gesehen war. Als Gelehrter zeichneten ihn gründliche Forschung, umfassende Litteraturkenntnisse und Klarheit der Darstellung aus, während sich in seinen Lehrvorträgen kritische Schärfe bemerkbar machte. Als zeitweiliges Mitglied des Verwaltungsausschusses und des akademischen Senates hat er sich auch um die Universität verdient gemacht. – Außer zahlreichen Aufsätzen und Abhandlungen in Hitzig und Schletter’s Annalen, Seuffert’s Blättern f. Rechtsanwendung, im Neuen Archiv f. Criminal-Recht und Proceß, in der (Münchner) Kritischen Ueberschau, in Bluntschli’s Staatswörterbuche, endlich im Gerichtssaale, dessen Mitherausgeber er seit 1864 geworden, sind von litterarischen Arbeiten Walther’s noch hervorzuheben: „Die Rechtsmittel im Strafverfahren nach den Grundsätzen des englisch-französischen Strafprozeßrechtes“ (München 1853–55, 2 Abthl.), und „Lehrbuch des bayrischen Strafprozeß-Rechtes mit Rücksicht auf andere Gesetzgebungen“ (München 1859) – wissenschaftliche Leistungen, welche ihm eine dauernde Stelle unter den juristischen Vertretern der deutschen Wissenschaft sichern.

Neben seinem Berufe beschäftigte sich W. eifrig mit der deutschen Politik – in selbstloser Liebe zum engeren und weiteren Vaterlande. Eine machtgebietende Neugestaltung Deutschlands unter preußischer Hegemonie war das Ziel seiner Wünsche. Fest und überzeugungstreu stand er bei jenen, welche schon damals die Führung zur nationalen Einigung Preußen zuwiesen, „durch seine Geschichte und die maßgebenden Verhältnisse“ hierzu berufen. In religiösen Dingen hatte er nach seinen Worten „die confessionellen Fesseln längst abgestreift“, und bekämpfte mit Schärfe die Beschlüsse des vaticanischen Concils, in welchen er eine ernste Gefahr für die katholischen Staaten erblickte. Seinen Anschauungen [107] und Wünschen hat er zum öfteren sowol in der Tagespresse Ausdruck verliehen wie in zwei anonymen Broschüren: „Ueber den Anschluß Süddeutschlands an den Norddeutschen Bund“, von denen die eine in Nördlingen 1866, die andere in München 1867 erschien, letztere mit dem Beisatze: „Hohenlohe, Bayern und Deutschland“. W. war verheirathet mit der jüngeren Tochter des Oberstabsarztes Dr. Wurm in München, die Ehe blieb jedoch kinderlos. Während der Herbstferien pflegte er sich auf seiner reizend gelegenen Villa zu Ambach am Starnbergersee aufzuhalten.

Chronik der Ludwigs-Maximilian-Universität München für das Jahr 1874/75, S. 7. – Beilage zur Allgemeinen Zeitung vom 12. Decbr. 1874, Nr. 346, S. 5413 u. flg. (Nekrolog). – Meyer’s Convers. Lexicon, 16. Band, S. 374.