ADB:Tschinkel, August

(Weitergeleitet von ADB:Tschinkel)

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Tschinkel, August“ von Hermann Arthur Lier in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 38 (1894), S. 720–721, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Tschinkel,_August&oldid=- (Version vom 17. November 2024, 05:17 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
Nächster>>>
Tschirch, Wilhelm
Band 38 (1894), S. 720–721 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Kein Wikipedia-Artikel
(Stand August 2018, suchen)
August Tschinkel in Wikidata
GND-Nummer 138787999
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|38|720|721|Tschinkel, August|Hermann Arthur Lier|ADB:Tschinkel, August}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=138787999}}    

Tschinkel: August T., einer der hervorragendsten Großindustriellen Oesterreichs und der Begründer der berühmten Firma „August Tschinkel’s Söhne“, stammte aus Schönfeld bei Kreibitz in Böhmen, von wo aus er den Hausirhandel mit Zwirnen nach Baiern betrieb. Dort lernte er die Fabrikation von Cichorienkaffee und anderen Surrogaten für den Kaffee kennen, der zur Zeit der Continentalsperre einen kaum noch erschwinglichen Preis erreicht hatte, und faßte den Plan, diese Fabrikation auch in Oesterreich einzuführen. Er verschaffte sich also Kenntnisse von der Productionsweise und erwarb sich im Jahre 1806 die Erlaubniß, in Schönfeld Kaffeesurrogate erzeugen zu dürfen. Aber obwohl er unermüdlich arbeitete, hatte er doch mit solchen unüberwindlichen Schwierigkeiten, namentlich bei Beschaffung des Rohmaterials, der Zuckerrüben und Cichorienwurzeln, die aus Deutschland bezogen werden mußten, zu kämpfen, daß er bereits nach kurzer Zeit den Versuch aufgeben und zu seiner früheren Hantirung zurückkehren mußte. Als er jedoch nach sechsjähriger Unterbrechung die Fabrikation wieder aufnahm, war er mehr vom Glück begleitet, so daß er und seine Söhne hinreichend Arbeit fanden und sie sich mit der Zeit auch verbesserte Betriebsmaschinen anschaffen konnten. Das Geschäft hatte bereits eine solche Ausdehnung gewonnen, daß [721] täglich 10 Centner Surrogate erzeugt wurden, als August T. im Jahre 1833 starb. Die Witwe und die drei Söhne Augusts, Emanuel (geb. am 1. Jan. 1814 zu Schönfeld), Anton und Franz übernahmen nun seine Weiterführung und gaben ihm eine solche Ausdehnung, daß sich die Nothwendigkeit herausstellte, die nöthigen Rohproducte im Lande selbst zu erbauen. Nachdem die ersten Proben in Schönfeld mißlungen waren, machte man im Jahre 1844 bei Lobositz die ersten Anbauversuche mit Magdeburger Zuckerrüben. Das Ergebniß war zufriedenstellend und so konnten die Brüder in Lobositz eine neue Cichorienfabrik mit der Firma „Brüder Tschinkel“ anlegen, die sie bereits im Jahre 1857 um das Doppelte vergrößerten. Ein Jahr darauf eröffneten sie gleichfalls in Lobositz eine Zuckerfabrik und um dieselbe Zeit in Schönfeld auch eine Chokoladenfabrik. Seitdem nahmen die Unternehmungen der Brüder die größte Ausdehnung an, so daß sie bald zu den bedeutendsten Großindustriellen in Oesterreich gezählt werden mußten. Im Jahre 1869 kauften sie die Herrschaft Tschischkowitz mit Trebnitz und Kostialow an und verlegten sich nunmehr auch auf die Bierbrauerei. Außerdem begründeten sie noch Brodbäckereien, Dampfmühlen und Canditenfabriken und betheiligten sich in der Duxer Gegend am Kohlenbergbau und in Hüttengrund bei Teplitz an der Tafelglasfabrikation. Sie beschäftigten ein Heer von circa 4000 Arbeitern und die entsprechende Anzahl von Beamten. Der eigentliche Leiter des Geschäftes scheint Emanuel T. gewesen zu sein. Er erwarb sich für ganz Nordböhmen bleibende Verdienste, da er energisch für den Bau der Nordbahn eintrat. Er starb am 5. Juli 1871.

Vgl. Mittheilungen der Nordböhmischen Excursionsclubs VI, 262–265. Böhm.-Leipa 1883. – Wurzbach XLVIII, 49–52.