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Artikel „Trattinick, Leopold“ von Ernst Wunschmann in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 38 (1894), S. 498–499, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Trattinick,_Leopold&oldid=- (Version vom 21. November 2024, 21:23 Uhr UTC)
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Trattinick: Leopold T., geboren zu Klosterneuburg b. Wien am 26. Mai 1764, † zu Wien am 14. Januar 1849. Ursprünglich für das Rechtsstudium bestimmt, wandte sich T., der von Jugend auf eine große Vorliebe für die Naturwissenschaften zeigte und sich abwechselnd mit Entomologie, Mineralogie und Botanik beschäftigt hatte, bald ausschließlich der letzteren zu und opferte im [499] Interesse dieser Wissenschaft alle seine Zeit und sein nicht unbeträchtliches Vermögen. Lange Zeit ohne bestimmte Berufsbeschäftigung, erhielt er 1806 vom dem niederösterreichischen ständischen Collegium den Titel eines Landschafts-Phytographen und wurde 1808 durch den ihm besonders wohlwollenden Kaiser Franz I. Custos der vereinigten Hof-Naturaliencabinette. Aus dieser Stellung schied er 1835 oder 36 mit einer Pension, auf deren Bezug er in seinen letzten Lebensjahren allein angewiesen blieb, da die Herausgabe seiner sehr kostspieligen Bücher und die Erwerbung einer umfangreichen und kostbaren Bibliothek sein Vermögen verschlungen hatten. Seine Pflanzensammlungen verleibte er dem Cabinet ein, in dessen Herbarium sie einen werthvollen Bestandtheil bilden. Neben seinen wissenschaftlichen Arbeiten unterhielt er eine eifrige Correspondenz mit aus- und inländischen Fachgelehrten und andern hervorragenden Männern, zu denen auch Goethe und A. v. Humboldt gehörten. Er war Mitglied vieler gelehrten Vereine und Gesellschaften und hinterläßt seinen Namen in der wissenschaftlichen Welt auch durch einige nach ihm benannte Pflanzenarten. Er starb 85 Jahre alt in Wien.

T. hat außerordentlich viel geschrieben. Ein vollständiges Verzeichniß seiner Publicationen findet sich in Wurzbach’s Lexikon Bd. 46, 1882. Seine Werke sind fast alle phytographischen Inhalts. Schon 1792 versuchte er, als der erste in Oesterreich, eine Flora austriaca exsiccata herauszugeben, von welcher aber nur 5 Centurien erschienen. Hierauf veranstaltete er 1804–6 eine Ausgabe in Wachs gearbeiteter österreichischer Pilze mit beschreibendem Text. Dieser folgte 1809 ein Werk über Oesterreichs eßbare Schwämme, das 1830 eine zweite Auflage erlebte. 1805 begannen der „Thesaurus botanicus“, 20 Fasc. in Folio mit 80 Tafeln und 1811 sein Hauptwerk „Archiv der Gewächskunde“, 2 Bände mit 250 Tafeln, zu erscheinen. Diese Kupferwerke, welche in- und ausländische Pflanzen in beliebiger Reihenfolge darstellten, konnten, da die meisten der hierin aufgestellten neuen Arten von späteren Autoren nicht anerkannt wurden, auch nur wenige Abbildungen Originale waren, sich keinen bleibenden Werth verschaffen und ihre Fortsetzung gerieth schon nach einigen Jahren ins Stocken. Gleiches Schicksal hatten die zum Archiv gehörigen „Observationes botanicae“ (4 Fasc. 1811–1816) und die „Rosacearum Monographia“ (1823 u. 24). Auch die 1816–22 erschienene „Flora des österr. Kaiserthums“, 2 Bände umfassend, blieb unvollendet. Ihre Abbildungen sind dem „Archiv“ entnommen und der Text ist mit mehr poetischen, als botanischen Betrachtungen angefüllt. Die 1821 durch Herausgabe eines „Botan. Taschenbuchs“ beabsichtigte Gründung einer Zeitschrift, welche alle Zweige der Botanik umfassen sollte, hatte keinen Erfolg und der erste Jahrgang blieb der einzige. Für die Popularisirung der Botanik haben Trattinick’s Schriften viel beigetragen, die wissenschaftliche Botanik aber nicht wesentlich gefördert, so daß sie bei den Fachgelehrten nicht diejenige Anerkennung fanden, die der aufgewendeten Mühe und den Kosten entsprochen hätte.

Verhandl. des zoolog.-bot. Vereins in Wien, Bd. V, 1855. – Wurzbach, Biogr. Lexikon, 46. Bd. – Pritzel, thes. lit. bot.