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Artikel „Tasman, Abel Janszon“ von Friedrich Ratzel in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 37 (1894), S. 404–407, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Tasman,_Abel_Janszon&oldid=- (Version vom 23. November 2024, 13:04 Uhr UTC)
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Tasman: Abel Janszon T., der größte geographische Entdecker und Seefahrer der Niederländer im 17. Jahrhundert, stammt aus Lutjegast bei Groningen in Friesland und ist in den ersten Jahren des Jahrhunderts, wahrscheinlich 1602 oder 1603 geboren. Die erste Spur seines Lebens findet man in einem Amsterdamer Kirchenbuche, wo 1631 als 28jähriger Matrose ein Abel Janß van Lutjegast seine zweite Ehe schließt. Schon vor 1638 war er nach Java gefahren; in diesem Jahre führt er ein Schiff „De Engel“ nach Batavia, das zu einer von der Kammer von Amsterdam ausgerüsteten Flotte gehörte. Außer einem in seiner Abwesenheit gemachten Testamente seiner Frau von 1636 liegt kein einziger Beitrag zu seiner Lebensgeschichte in dieser für seine spätere hervorragende Stellung so wichtigen Zeit vor. Alle Umstände seiner Heirath im J. 1631 deuten auf eine niedere Lebensstellung, und nun finden wir ihn 1639 als zweiten Führer einer großen Expedition. Das Schiff Gracht des Matthys Hendricksz Quast und das Schiff Tasman’s wurden zur Aufsuchung von angeblich goldreichen Inseln östlich von Japan ausgesandt, auf die die Niederländer in Firando aufmerksam geworden waren. Quast wird als Commandeur, T. als Schipper bezeichnet. Es scheint nicht zweifelhaft, daß die beiden Niederländer, die zwischen dem 37. und 46. Grad 600 Seemeilen nach Osten kreuzten, die Entdecker der Bonin-Inseln sind. Sie kehrten über Japan und Formosa zurück und brachten außer ihrer Entdeckung, die allerdings eine Enttäuschung hochgespannter Erwartungen war, Aufnahmen der japanischen Küsten mit. 1640 gehörte T. zu den Führern einer Flotte von elf Kauffahrteischiffen; sein Schiff führte eine der kostbarsten Ladungen, und er gehörte in schwierigen Umständen zu den Beiräthen des Vorstandes der Ostindischen Matschappei in Firando. Denn in diesem Jahre befahl die japanische Regierung die Niederlegung aller Gebäude, die die Matschappei auf japanischem Boden erbaut hatte. In demselben Jahre siedelte sie nach der Insel Desima vor Nagasaki über. Im darauf folgenden Jahre fuhr T. mit dem Schiffe Oostkappel nach dem kambodschanischen Hafen Lauwek, von wo aus die Portugiesen chinesische Waaren, die sie von Makao gebracht hatten, nach Japan in kambodschanischen Dschunken zu verschiffen suchten. T. nahm ein Fahrzeug von zweien, deren Abreise ihm angezeigt worden war, weg; weil er das andere entkommen ließ, wurden ihm zwei Monatssolde abgezogen. Am 20. Juli 1641 lag T. vor dem Fort Zeelandia auf Formosa vor Anker. Auf der Fahrt nach Nagasaki überfiel ihn ein heftiger Sturm, der ihn zwang, in Taiwan anzulegen und [405] im December mit Nothmast nach Batavia zurückzukehren. Im April 1642 finden wir ihn auf einer neuen Fahrt nach Palembang, wo ein Chinese den Sultan gegen die Niederländer aufzustacheln suchte. Er hatte vier Fahrzeuge unter seinem Befehl, und seine Instruction lautete auf friedliche oder kriegerische Lösung der Schwierigkeiten. Es gelang ihm, den friedlichen Weg zu beschreiten, und er brachte den chinesischen Unruhestifter nach Batavia, wofür er hohes Lob von dem Generalgouverneur erntete.

T. hatte sich in wenigen Jahren in den verschiedensten Unternehmen ausgezeichnet und scheint das Vertrauen der indischen Regierung in Batavia im höchsten Maaße besessen zu haben. Nur einem erprobten Charakter und tüchtigen Seemann konnte die seit zwei Jahren geplante größte Entdeckungsreise aufgetragen werden, die bisher amtlich von den Niederländern geführt worden war. Kein kleinerer Gedanke lag ihr zu Grunde, als den indischen Besitz der Niederländer zu einem südäquatorialen Reiche mit dem Mittelpunkte Batavia zu erweitern. Als am 14. August 1642 T. auf Befehl des indischen Generalstatthalters van Diemen mit zwei Schiffen Batavia verließ, um das Südland zu umsegeln, neue Länder im Süden des Stillen Oceans zu entdecken und in Besitz zu nehmen und bequeme Handelswege nach der Westküste Südamerikas zu finden – dieses letztere Ziel stellt van Diemen in einem Bericht vom 23. December 1642 an den Rath der Siebzehn in Amsterdam als das wichtigste hin; mehrmals betont er die Bedeutung eines kurzen Weges nach Chile –, war ein großer Theil der Küsten der Westhälfte Australiens bekannt. Aber nur mosaikartig und mit manchen Lücken hatten die nach keinem großen Plane und zum Theil ganz zufällig gemachten Entdeckungen holländischer Schiffer sich aneinanderreihen lassen. T. verband und vervollständigte sie, als er am 8. October 1642 Mauritius verließ, um nach Süden und in ungewohnt hohen Südbreiten, 44–49°, nach Osten zu schiffen. Am 24. November befand er sich in 42° 25’ vor einer hohen Küste, die er im Süden umschiffte und deren östliche Fortsetzung er bis 42° verfolgte. Dieses „het eerste Land in de Zuytsee, dat ons ontmoet is, en van geen europische volckeren noch bekent“ nannte er Anthoony van Diemenslandt. Eine kleine Insel wurde Tasman Eyland genannt und außerdem hier wie bei andern Gelegenheiten Maria van Diemen – der der Sage nach T. verlobt gewesen sein soll – und Schouten verewigt. Auf diesem Parallel ging er östlich vorwärts und stieß am 13. December auf eine zweite hohe Küste mit wolkenverhüllten Bergen, die der Südinsel Neuseelands angehörte, fuhr ihr entlang nach Norden, verweilte, ohne die Cookstraße zu ahnen, in der Nähe des 40. Grades im westlichen Eingang dieser Straße und umfuhr nach einem blutigen Treffen mit den Neuseeländern in der „Moordenaars-Bai“ am 19. December in den ersten Tagen des Jahres 1643 die Nordspitze Neuseelands. Das erste Land hatte er Van-Diemens-Land genannt, welcher Name allmählich vor dem wohlverdienten Tasmania verschwindet; ohnehin war der Name van Diemen’s schon seit 1636 an der Nordküste Australiens vergeben. Daß aber T. dem zweiten Lande den Namen Staatenland beilegte, läßt seine Anschauung von dem unbekannten Südlande ahnen, denn es hing für ihn als „vaste cust van het onbekend Zuytlandt“ mit jenem Staatenland zusammen, das Schouten und Lemaire 27 Jahre früher bei ihrer Fahrt um die Südinseln Südamerikas gefunden hatten. Ueberhaupt war die Reise gerade dieser Vorgänger für T. und van Diemen offenbar von besonderem Interesse. War ihm doch in der Instruction empfohlen, über die Hoorn-Inseln zurückzukehren. Diese suchte er nun auf, wobei er aber schon am 19. Januar Pylstaart und am 20. die Freundschafts-Inseln erreichte. Die Durchfahrt zwischen seinem Südland und diesen Inseln nannte er Abel-Tasman-Passage. Tongatabu, Eua und Nomuka nannte er Amsterdam, Middelburg und Rotterdam. Er blieb [406] einige Tage bei diesen Inseln, um Wasser einzunehmen, fuhr dann durch den Viti-Schwarm durch, erreichte nach schweren Kämpfen mit dem regenreichen Nordwestmonsun am 22. März Ontong Java, das Schouten und Lemaire entdeckt hatten, fuhr an Neu-Mecklenburg und Neu-Pommern hin, die er als mit Neu-Guinea zusammenhängend auffaßte und erschien am 15. Juni 1643 wieder vor Batavia. Für die Geographie hatte diese erste Reise Tasman’s den großen Gewinn gebracht, daß von einem Zusammenhang des großen Landes im Südosten Asiens mit der geträumten Terra Australis weiter keine Rede sein konnte; bedeutete sie doch eine große Fahrt rings um Neuholland und seine Nebenländer. Die wichtigen Entdeckungen des „südlichen“ Van-Diemens-Landes (Tasmaniens) und Neuseelands sind nicht weiter verfolgt worden. Nun handelte es sich um die Festlegung Neuhollands nach Größe und Gestalt. Waren Neu-Guinea und das südliche Van-Diemens-Land Inseln? War vielleicht ganz Neuholland eine Inselgruppe? Um diese Zweifel zu lösen, fuhr T. am 30. Januar 1644 mit drei Schiffen von Batavia nach der Nordküste Neuhollands, um in der Richtung des Golfes von Carpentaria vorzudringen, wo eine Meeresstraße nach Süden führen konnte. Er nahm die West- und Ostküste dieses Golfes auf und kehrte, ohne die Torresstraße zu erkennen, in demselben Jahre nach Batavia zurück. T. scheint keine Entdeckungsreisen mehr unternommen zu haben. Van Diemen’s Nachfolger waren weniger dafür eingenommen; van Diemen war im April 1645 gestorben. T. wurde 1648 mit 8 Fahrzeugen nach den Philippinen gesandt, um der spanischen Silberf1otte aufzulauern, vermochte sie zwar wegen Stürmen nicht wegzunehmen, kam aber mit reicher Beute zurück. Er sollte auf der Insel Baviauw einen seiner Matrosen eigenhändig ohne Urtheil und Gericht aufgehängt haben und wurde 1649 seiner Stelle als „Schipper-Commandeur“ entsetzt. Die Strafe dauerte nur zwei Jahre. Seit 1651 finden wir T. als wohlhabenden Mann von ansehnlichem Grundbesitz im besten Theile Batavias, in einem Hause an der vornehmen Tijgersgracht, als Aeltester der Reformirten Gemeinde. Er machte 1657 als schwerkranker Mann sein Testament und ist vor dem October 1659 zu Batavia gestorben. Wo er begraben ist, ist unbekannt. Die Kühnheit der ersten Reise Tasman’s fand bis zu Cook’s zweiter Reise ihres Gleichen nur in den größten Fahrten des Entdeckungszeitalters. Was T. geographisch festgelegt hat, hat sich fast überall als genau bestimmt erwiesen, besonders seine Zeichnung der Lage und Gestalt des Golfes von Carpentaria, die Flinders bei seinen entscheidenden Aufnahmen von 1802 u. f. in Erstaunen setzte. T. gibt sehr treffende Schilderungen. Seine allgemeine Auffassung des südlichen Stillen Oceans haben Cook’s Reisen zum Theil bestätigt. Zuerst lenkte er die Aufmerksamkeit auf das eigenthümliche Verhalten der Magnetnadel jenseits des 40. Grades S. B. in der Länge von Tasmanien, auf das Eindringen des Nordwest-Monsuns in die Südsee; ein Seebeben an der Küste von Neu-Pommern hat er sehr klar beschrieben; seine Schilderungen der Eingeborenen der von ihm besuchten Länder sind so reich an Einzelheiten, als sie bei der flüchtigen Berührung sein konnten.

T. mag sich wenig um die Anerkennung der Mitwelt und seinen Nachruhm gekümmert haben. Er hat jedenfalls nichts gethan, um die Zeitgenossen mit seinen Reisen und Entdeckungen bekannt zu machen. Er theilt darin die Neigung einiger seiner Landsleute, deren Verdienste um die Entdeckungsgeschichte so zu sagen ausgegraben werden mußten. Bekannt wurden im 17. Jahrhundert nur die Umrisse seiner Entdeckungen durch einige Karten, deren früheste vor 1648 erschienen sein müssen. Sie wurden benützt bei der Zeichnung der merkwürdigen Karte, die die Stadtherren von Amsterdam im Boden des Großen Saales ihres Stad-Huys einlegen ließen. Karten mit seinen Cursen und Tiefenangaben wurden kurz darauf in Indien und Europa benutzt. In einem Werke von Witzen aus dem Jahre 1705 [407] findet man sogar nähere Angaben über die Eingeborenen von Neu-Guinea und Nordaustralien, die aus Tasman’s Berichten stammen müssen. Da aber kein Bericht von T. selbst erschien, konnten Irrthümer sich festsetzen, die seinen Ruhm verdunkelten. Die Zeitgenossen legten seinen Reisen keinen großen Werth bei; man findet erst in Rembrandsz van Nierop’s Oefeningen, die 1669–1674 erschienen, eine Hindeutung, und eine ausführliche Darstellung gab erst Valentyn 1724–1726. Schon 1663 sprach Thévenot van Diemen und Carpenter die Entdeckungen Tasman’s an der Süd- und Nordküste von Neuholland zu! Cook und Forster haben Tasman’s Verdienst nicht voll gekannt und verstanden. Einer gerechten Würdigung begegnen wir zuerst bei Flinders. Sie fand aber eine feste Grundlage erst durch die Herausgabe des Tagebuchs Tasman’s durch Swart 1860.

Journal van de Reis naar het onbekende Zuidland door Abel Jansz Tasman. Amsterdam 1860 (herausgeg. von Jacob Swarts). Biographien von G. Lauts in Verhandelingen en berigten betr. het zeewezen etc. IV und (vollständiger) von Dozy in Bijdragen to de Kennis van Nederl. Indie. S. V, Bd. II [1887]. — Major, Early Voyages to Terra Australis 1859 (Einl.) — Eyries in Nouv. Ann. des Voyages, T. II. — Aeltere Quellen bei Van der Aa, Biogr. Woordenboek XI, 7.