ADB:Straß, Karl Friedrich Heinrich

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Artikel „Straß, Karl Friedrich Heinrich“ von Heinrich Pröhle in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 36 (1893), S. 501–502, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Stra%C3%9F,_Karl_Friedrich_Heinrich&oldid=- (Version vom 28. März 2024, 13:39 Uhr UTC)
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Straß: Karl Friedrich Heinrich St., in den zwanziger und dreißiger Jahren ziemlich bekannt unter dem Schriftstellernamen Otto v. Deppen. Er war als Sohn von Friedrich St. (s. o.) in Berlin am 18. Januar 1803 geboren. Bis zum Alter von nur 17 Jahren erhielt er seine Gymnasialbildung in der Provinz Sachsen, seit 1820 studirte er in Berlin und Leipzig. 1823 wurde er Auscultator am Stadtgerichte in Berlin, später Referendar am Kammergerichte. 1826 finden wir ihn zu Leipzig im Verkehr mit Storch, Bechstein und Anderen. 1836 legte er die dritte oder Rathsprüfung ab, wurde Assessor am Kammergerichte in Berlin und dann Mitglied des Oberlandesgerichtes von Westpreußen. Während seines damaligen zweijährigen Aufenthaltes in Marienwerder ließ er Gedichte im Morgenblatte, Gesellschafter, Merkur und in der Hebe drucken. Auf seinen Wunsch wurde er 1832 an das Oberlandesgericht zu Frankfurt a. O. versetzt, wo er in manchem Vierteljahre 180 Spruchsachen erledigte. 1834 verheirathete er sich mit der Tochter von Justus Gruner (s. A. D. B. X, 42). Er war nun Kreisjustizrath zu Friedeberg in der Neumark. Doch konnte seine Stellung zu seinem Vorgesetzten v. Gerlach, dem späteren Rundschauer der Kreuzzeitung, trotz der großen persönlichen Liebenswürdigkeit dieses bekannten preußischen Gerichtspräsidenten nicht immer gleich freundlich bleiben. Hat doch St. später für Ronge Partei ergriffen. Vielleicht wurde ihm der Ort auch durch seine Ehe, die geschieden werden mußte, verleidet. Mit Beibehaltung seines Titels als Gerichtsrath kehrte er 1837 als Rechtsanwalt beim Stadtgerichte und den obersten Gerichtshöfen nach Berlin zurück. Er verheirathete sich hier mit einer Frau aus einer der ersten bürgerlichen Familien. 1847 wurde er als Kenner des Deutschen Rechtes in einem großen Processe der Jenny Lind nach London berufen. Doch hatte er sich in der glänzenden Laufbahn als Notar bald überarbeitet und begann früh zu kränkeln, so daß er aus einem Bade ins andere reiste. Die Folge eines Badeaufenthaltes zu Aachen war es wol, daß er daselbst in die erste preußische Kammer gewählt ward. Er bildete daselbst mit Heinrich v. Arnim, v. Brünneck und Camphausen die Opposition. Solange es seine Gesundheit noch erlaubte, machte er sich als Stadtverordneter von Berlin im höchsten Grade nützlich. Er starb in Berlin am 30. Juni 1864, über 61 Jahre alt. Seine gesammelten Gedichte waren 1842 in Leipzig erschienen. Der von ihm herrührende Urtext des Schleswig-Holsteinliedes befindet sich also noch nicht darin. Nach gütigen Ermittelungen des Freiherrn v. Liliencron in Schleswig sandte St. für das 1844 daselbst geplante Sängerfest drei kleine Lieder, welche (wie es nach der Schleswiger Angabe scheint, sämmtlich) von dem Cantor des Johannisklosters, Bellmann, componirt wurden. Zu einem derselben, „Schleswig-Holstein, schöne Lande“, erfand Bellmann die Melodie des nachmaligen Volksliedes. Der namentlich seit dem Schlusse des letzten Provinziallandtages sehr erregten Stimmung in Schleswig entsprachen aber die harmlosen Worte von St. nicht mehr. Der damalige Rechtsanwalt Matthäus Friedrich Chemnitz in Schleswig dichtete deswegen einen im wesentlichen neuen Text. Vom Urtexte behielt er außer dem Strophenbau nur die erste Zeile des Refrains „Schleswig-Holstein stammverwandt“ und vier Zeilen, zwei davon in veränderter Fassung, bei. Auf dem Titel des ersten, bei Bruhn in Schleswig 1844 erschienenen Druckes ist dies Verhältniß angedeutet durch die Worte „Nach einem Gedichte von Straß“. Auf dem Sängerfeste am 24. Juli 1844 hatte das Lied [502] in dieser Fassung einen durchschlagenden Erfolg und verbreitete sich namentlich durch den im August 1845 in Würzburg abgehaltenen Sängertag über ganz Deutschland. Ein 1852 von St. für den Unterzeichneten aufgesetzter, sehr ausführlicher Lebensabriß irrt darin, daß er den Ursprung des Gedichtes und ebenso das Fest in Schleswig in das Jahr 1842 verlegt. Auch gibt er an, daß Bellmann den Urtext von St. componirt und Chemnitz erst später seine Dichtung verfaßt habe. Die betreffenden Worte von St. lassen jedoch vollkommen die Auslegung zu, daß der nicht mehr vorhandene Urtext niemals auf einem Liederfeste gesungen ist, besonders da dasjenige zu Schleswig erst 1844 stattfand. Eine ähnliche Fassung mag St. inbezug auf seinen Urtext den Notizen, die er für Koner’s Berliner Gelehrtenlexikon niederschrieb, gegeben haben, und insofern sind auch die aus Koner geschöpften Angaben bei Karl Goedeke, 2. Aufl. S. 379 und bei Brümmer, Lexikon II, 379 mit den Ermittelungen in Schleswig zu vereinen. Weniger läßt es sich zusammenreimen, daß im Obigen nur vier oder fünf Verse des Liedes St. zugestanden werden, während Karl Goedeke von „einigen Strophen“ spricht. Indessen schon der erste Vers des Urtextes mit „schöne Lande“ steht so sehr hinter dem malerischen und lebensvollen „meerumschlungen“ zurück, daß in diesem Liederkampfe der beiden Advocaten jedenfalls dem schleswiger Rechtsanwalte die Palme gebührt. Schleswig ist die Heimath des Liedes wie der Melodie. – S. auch Gartenlaube 1864, S. 44 f.