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Artikel „Steinhauser, Anton“ von Siegmund Günther in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 35 (1893), S. 712–713, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Steinhauser,_Anton&oldid=- (Version vom 24. April 2024, 02:39 Uhr UTC)
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Steinhauser: Anton St., Geograph und Mathematiker, geboren am 17. November 1802 in Wien, † ebenda am 15. Januar 1890. Das äußere Leben des verdienten Mannes verlief in einfacher Weise; von früh an widmete er sich den mathematischen und geographischen Wissenschaften und trat in die Lehrerlaufbahn ein, welcher er eine lange Reihe von Jahren hindurch angehörte (seit 1862 in Wien); erst als hoher Siebziger nahm er, mit dem Titel eines kaiserlichen Rathes, seinen Abschied und verlebte seine letzten Jahre in Linz oder dem nahegelegenen Wilhering, bis zur letzten Minute wissenschaftlich thätig. Ihn beweinten die Gattin und eine verheirathete Tochter; sein den gleichen Namen führender Neffe ist als geachteter mathematischer Schriftsteller in Wien thätig.

Steinhauser’s mathematisches Interesse concentrirte sich hauptsächlich auf die Vervollkommnung der Zahlentafeln, als deren gründlichster Kenner er, im Vereine mit dem Engländer Glaisher, gelten durfte. Leider ist sein von ihm mit unermüdlichem Fleiße gefördertes Hauptwerk nicht zum Drucke gelangt, doch soll Hoffnung bestehen, daß noch nachträglich die Veröffentlichung des Manuscriptes erfolgen werde. Dasselbe führt den Titel „Sammlung fünfstelliger Logarithmen nebst anderen nützlichen Hülfstafeln“ und umfaßt von diesen letzteren eine ganze Anzahl, so zur Zinseszinsrechnung, zur Höhenmessung u. dgl. Aufs lebhafteste betrieb er ferner die Berechnung von Tafeln vielstelliger Logarithmen; 1865 gab er „Hilfstafeln zur Berechnung fünfzehnstelliger Logarithmen“, 1880 (mit Unterstützung der k. k. Akademie in Wien) „Hilfstafeln zur präcisen Berechnung zwanzigstelliger Logarithmen“ heraus. Als in neuerer Zeit Kaufmann Blater (jetzt zu Rastatt, früher zu Wörstadt in Rheinhessen), einer der unerschrockensten Calculatoren der Gegenwart, mit der Herausgabe seiner Tabellenwerke begann, hatte er sich der hingebenden Unterstützung Steinhauser’s zu erfreuen; derselbe lieferte auch das Vorwort zu Blater’s verdienstlicher „Tafel der Viertelquadrate aller ganzen Zahlen von 1 bis 200 000“ (Wien 1889).

Als Geographen lagen St. Theorie und Praxis der Kartographie ganz besonders am Herzen. Schon in den vierziger Jahren begannen seine kritischen Aufsätze in einer damals vielgelesenen Zeitschrift (Oesterr. Blätter f. Litteratur u. Kunst) die Aufmerksamkeit der Fachkreise auf sich zu ziehen; später veröffentlichte er seine Arbeiten in den Mittheilungen der Wiener Geographischen Gesellschaft, der D. Rundschau f. Geographie u. Statistik, der Zeitschr. f. wissenschaftl. Geographie und der Zeitschr. f. d. Realschulwesen, welch letztere ihn seit ihrer Begründung (1876) zum treuen Mitarbeiter hatte und ihm eine Reihe trefflicher didaktischer Artikel verdankte. Seine „Grundzüge der mathematischen Geographie und der Landkartenprojection“ (3. Aufl., Wien 1887) sind [713] für Anfänger überaus geeignet, und auch die übrigen pädagogisch-wissenschaftlichen Werke des rastlosen Schriftstellers („Geographie von Oesterreich-Ungarn“, 1872; „Lehrbuch der Geographie“, 1875–76) haben einen weiten Leserkreis sich erworben.

Nicht bloß mit Rath jedoch suchte St. die Kartenprojectionslehre und Situationszeichnung fortzubilden, sondern er zeigte auch durch die That, wie man es zu machen habe. Das Princip der „Höhenschichten“, jetzt allseitig adoptirt, rührt allerdings von dem General v. Hauslab her, ist aber erst durch St. für Schulzwecke verwerthet und consequent durchgeführt worden, und auch auf die Einheitlichkeit des Maßstabes bei Atlanten legte er hohen Nachdruck. Für die Ausführung seiner Pläne fand er volles Verständniß und energische Hülfe bei der berühmten Wiener Firma Artaria. So entstanden folgeweise die nachstehend verzeichneten Arbeiten: „Atlas zum geographischen Unterrichte in den österreichisch-deutschen Schulen“ (1864–68); „Handatlas, in Verbindung mit v. Scheda edirt“ (1869–76); „Vierzehn Karten zur physikalischen und mathematischen Geographie“ (ein ausgezeichnetes Lehrmittel); „Schulwandkarte der Alpen“ (1874); „Karte der Balkanländer“ (1880); „Karte von Südosteuropa“ (1887). Hiemit sind nicht einmal alle, sondern nur die wichtigsten Kartenwerke namhaft gemacht, welche bei Artaria verlegt wurden; außerdem lieferte er vorzügliche Karten für das Kronland Niederösterreich und, in Verbindung mit dem bekannten Militärschriftsteller v. Streffleur, eine Serie von hypsometrischen Handkarten der österreichisch-ungarischen Monarchie. Im J. 1876 erfolgte die Publication einer „Hypsometr. Gesammtkarte Oesterreich-Ungarns“. Zahlreiche Entwürfe von Steinhauser’s Hand sind noch außerdem zu erwähnen, so z. B. der einer Weltkarte in der von St. erfundenen konopterischen (Flügel-)Projection. Eine in den Händen des Berichterstatters befindliche, überaus fein und getreu ausgeführte Handzeichnung zur Hydrographie Ober- und Niederösterreichs ist anscheinend nicht der Vervielfältigung theilhaftig geworden.

Daß solche Leistungen auch die gebührende äußere Anerkennung fanden, wird nicht überraschen. Seine Regierung verlieh St. den Franz-Josephs-Orden und ernannte ihn (1873) zum Specialberichterstatter für die Wiener Weltausstellung; er war Mitglied einer Menge von gelehrten Gesellschaften und erhielt auf den geographischen Congressen von Antwerpen (1871), Paris (1875) und Venedig (1881) die ehrenvollsten Auszeichnungen. Die gesammte Fachwelt aber blickte mit Ehrfurcht zu ihm auf, als zu dem Altmeister der deutschen Kartographie.

Nekrolog der Firma Artaria u. Comp. zu Wien. – Privatmittheilungen.