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Artikel „Staub, Johann Jakob“ von Hermann Wartmann in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 35 (1893), S. 507–508, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Staub,_Johann_Jakob&oldid=- (Version vom 23. November 2024, 05:29 Uhr UTC)
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Staub: Johann Jakob St., zürcherischer Industrieller, geboren am 18. December 1803 in Horgen, Kanton Zürich, † am 27. December 1888 ebendaselbst. – Aus einer Familie geschickter Leineweber hervorgegangen, ist J. J. St. einer der tüchtigsten Seidenfabrikanten geworden, der sich um diese Hauptindustrie des Kantons Zürich die größten Verdienste erworben hat. Zu seiner Ausbildung als praktischer Weber begab er sich in seinem 21. Altersjahre an den Mittelpunkt der französischen Seidenweberei, nach Lyon, wo soeben die Jacquardmaschine zu allgemeiner Anwendung kam. Auf das gründlichste machte St. sich hier während eines Jahres mit dem Stoff und der Technik der Seidenweberei vertraut und stellte nach seiner Rückkehr in die Heimath die ersten fünf Jacquardstühle in Horgen auf. Façonnirte Gilets und Bettdecken in Seide, Wolle und Baumwolle waren die Producte der bescheidenen Weberei, die erst nach Association mit seinem Schwager, dem Seidenfabrikanten Abegg in Obermeilen (1830), unter der Firma Abegg & Staub, zu einer wirklichen Fabrik von 28 Stühlen erweitert wurde. Zu der Anfertigung der Jacquardmaschinen für das erweiterte Geschäft war der alte Leineweberkeller in eine mechanische Werkstatt umgewandelt worden; auch eine sehr gute Schlagmaschine (lissage) zur mechanischen Herstellung der Mustercartons ging aus ihr hervor. Durch Aufnahme neuer Artikel fand das Geschäft seinen gedeihlichen Fortgang und in einem angesehenen zürcherischen Seidenhändler einen Commanditär, der die nöthigen Mittel zur Erbauung einer Fabrik für 130 Jacquardstühle lieferte (1835).

[508] Die in so bedeutend vergrößertem Maßstabe betriebene Fabrikation empfand indeß erst recht die Schwierigkeiten, mit ihren Modeartikeln von einem Dorfe am Zürchersee aus gegen die Concurrenz der übermächtigen Lyoner Weberei aufzukommen, so daß der geschäftliche Erfolg hinter den Hoffnungen und Erwartungen zurückblieb. Dafür erwies St. der ganzen zürcherischen Seidenweberei einen außerordentlichen Dienst durch Errichtung einer Privatwebschule in Horgen, der ersten derartigen Anstalt im Kanton Zürich. Theorie und Praxis wurden in einem drei Jahre umfassenden Curse gründlich gelehrt. Acht Jahre lang wirkte St. durch sein gemeinnütziges Institut mit dem besten Erfolge, bis die Entmuthigung, welche der amerikanische Bürgerkrieg unter den Fabrikanten hervorrief, es an Schülern fehlen ließ und zur Schließung der Schule führte.

Was St. aber damals begonnen hatte, das ist 20 Jahre später durch Gründung der öffentlichen Seidenwebschule Zürich auf breiterer Grundlage und mit größeren Mitteln wieder aufgenommen und weiter geführt worden. Und ebenso erging es den Versuchen, welche die Firma Abegg & Staub anfangs der sechziger Jahre mit der Fabrikation von Peluche und Sammt als Doppelgewebe, statt der alten Methode des Ruthenschnitts, unternommen hatte, doch aus Mangel an den nöthigen Hülfsindustrien wieder aufgeben mußte. – Erwähnung verdient auch, daß St. anfangs der fünfziger Jahre den Fabrikanten Kaspar Honegger in Rüti zum ersten Versuche in der mechanischen Seidenweberei veranlaßte. – So ist am 27. December 1888 mit dem hochbetagten Greise ein Mann dahin gegangen, der in stiller Bescheidenheit Bleibendes und in seiner Art Bedeutendes gewirkt hat.

Ad. Bürkli-Meyer, Geschichte der Zürcherischen Seidenindustrie vom Schlusse des XIII. Jahrhunderts an bis in die neuere Zeit, S. 214–216. – Neue Zürcher Zeitung. Jahrgang 1888, Nr. 364, zweites Blatt.